Die Geschichte der mittelalterlichen Visionsliteratur beginnt im 6. Jahrhundert mit Papst Gregor dem Grossen, der im vierten Buch seiner „Dialogi“ eine ganze Reihe von Visionen, die der mündlichen Tradition entstammen, zusammengestellt hat. Mit diesen Berichten, die das Weiterleben der Seelen nach dem Tod beweisen sollten, verfolgte Gregor eine ganz klar erzieherische Absicht, die auch Wirkung hatte: Das Buch wurde viel gelesen, und die darin enthaltenen Visionen hatten in der Folge auch Vorbildcharakter für die späteren Aufzeichner von Visionen. Zudem beeinflussten sie teilweise auch direkt das visionäre Erleben der Charismatiker und Charismatikerinnen, welche die „Dialogi“ kannten.
Im letzten Drittel des 7. Jahrhundert entstand die erste Einzelvision, die Vision des Barontus. Sie trägt bereits fast alle Züge, die ein einzeln überlieferten Visionstext in der Regel enthält: die Überschrift, den Prolog mit Angaben über die Begründung der Aufzeichnung und Bemerkungen zur Person des Sehers, den Bericht über die Umstände, die zur Ekstase führten, dann natürlich die Vision selbst und schließlich den Epilog.
In der karolingischen Epoche entstehen eine ganze Reihe von Jenseitsvisionen, darunter viele mit politischem Inhalt und entsprechender Funktion. Die bekannteste und im Mittelalter verbreitete unter ihnen ist die Schauung der anderen Welt des Mönches Wetti von Reichenau.
Unbestreitbar ihren Höhepunkt erreicht die Gattung der Jenseitsvisionen allerdings erst im 12. Jahrhundert. Viel mehr Laien als früher beginnen sich jetzt mit religiösen Fragen zu beschäftigen, und die nach wie vor für die endgültige Formulierung der Visionen zuständigen schreibkundigen Kleriker schenken ihnen entsprechend mehr Aufmerksamkeit. In all diesen Visionen finden sich trotz aller individuellen Unterschiede immer wieder dieselben Motive, was zum Teil mit bewusster Motivübernahme erklären lässt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Zum Begriff Frauenmystik
- 2. Zur Geschichte der Frauenbewegung: Die Beginen
- 3. Die deutschen Mystikerinnen des Mittelalters
- 3.1. Hildegard von Bingen
- 3.2. Elisabeth von Schönau
- 3.3. Mechthild von Magdeburg
- 4. Sprachliche Mittel in der Sprache der Mystik
- 5. Textanalyse
- Schlussfolgerungen
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Einfluss der Frauenmystik auf die Entwicklung der deutschen Sprache. Die Arbeit analysiert die Lebensläufe und Werke wichtiger Vertreterinnen der Visionsliteratur und des Beginentums, insbesondere Hildegard von Bingen, Elisabeth von Schönau und Mechthild von Magdeburg.
- Der Begriff der Frauenmystik und seine Unterscheidung von der Männermystik
- Die Geschichte der Frauenbewegung im Mittelalter, insbesondere die Beginen
- Die Rolle von Visionen und Mystik in der Entwicklung der deutschen Sprache
- Die sprachlichen Mittel der Mystik, insbesondere in den Werken von Mechthild von Magdeburg
- Die Bedeutung der Frauenmystik für die Entstehung eines neuen weiblichen Selbstbewusstseins im Mittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den Kontext der mittelalterlichen Visionsliteratur und die Entwicklung der Jenseitsvisionen vom 6. Jahrhundert bis zum 12. Jahrhundert dar. Es wird auf die Bedeutung von Visionen für die religiöse Erfahrung und die Entstehung einer neuen Form der Mystik, die besonders von Frauen geprägt wurde, hingewiesen.
- 1. Zum Begriff Frauenmystik: Dieser Abschnitt definiert den Begriff der Frauenmystik als eine eigenständige Form der Mystik, die sich von der Männermystik unterscheidet. Es werden verschiedene Formen mystischer Erfahrungen wie Wegemystik, Minnemystik und Leidens- und Kreuzesmystik vorgestellt und ihre Rolle für die Entwicklung der Frauenmystik erläutert.
- 2. Zur Geschichte der Frauenbewegung: Die Beginen: Dieser Abschnitt behandelt die Geschichte der Beginen, einer Frauenbewegung im Mittelalter, die sich gegen die traditionellen Normen und Strukturen der Gesellschaft wandte. Die Beginen führten ein Leben am Rande der Gesellschaft und setzten sich für die Gleichstellung von Frauen und die Erneuerung des christlichen Glaubens ein.
- 3. Die deutschen Mystikerinnen des Mittelalters: Dieser Abschnitt stellt die Lebensläufe und Werke dreier wichtiger deutscher Mystikerinnen des Mittelalters vor: Hildegard von Bingen, Elisabeth von Schönau und Mechthild von Magdeburg. Es werden ihre Visionen, ihre theologischen Ideen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Frauenmystik und der deutschen Sprache erläutert.
Schlüsselwörter
Frauenmystik, Beginen, Visionsliteratur, Hildegard von Bingen, Elisabeth von Schönau, Mechthild von Magdeburg, deutsche Sprache, mittelalterliche Literatur, religiöse Erfahrung, Selbstbewusstsein, Gleichstellung der Frauen.
- Arbeit zitieren
- Magistra Artium Julia-Maria Warkentin (Autor:in), 2004, Der Einfluss der Frauenmystik auf die Entwicklung der deutschen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/181299