„Weltweit triumphiert die Transplantationsmedizin über immer größere, immer unfaßbar anmutende Erfolge. Der Mensch ist zum Recyclingobjekt geworden. Das menschliche Organ zur Mangelware.
Dieses Zitat zeigt die essentielle Bedeutung der Transplantationsmedizin für die heutigen modernen Gesellschaften. Die tatsächliche Anzahl von Organspenden kann den stetig wachsenden Bedarf an Organen allerdings nur unzureichend erfüllen. Insbesondere die demografischen Entwicklungen in Deutschland offenbaren die Notwendigkeit eines konkreten politischen Handelns sowie einer offenen Diskussion innerhalb der breiten Bevölkerungsschichten bezüglich einer Erhöhung der Bereitschaft, Organe nach seinem Tod der Transplantationsmedizin zur Verfügung zu stellen.
Die Frage, inwiefern die Organspende einen Akt der christlichen Nächstenliebe darstellt und sich daraus eine moralische Verpflichtung zur Organspende ergibt oder ob wir nicht das Recht haben, eine Entscheidung derartigen Ausmaßes zu treffen, steht im Mittelpunkt dieser Arbeit.
In den Industrienationen steigt durch eine verbesserte medizinische Grundversorgung nicht nur die Lebensdauer der Menschen stetig an, sondern auch die Zahl derjenigen, die durch diese Entwicklung auf ein fremdes Organ angewiesen sind. Parallel sinkt jedoch durch die abfallende Geburtenrate die Zahl derjenigen, die als mögliche Organspender in Frage kommen würden. Die Debatte, wie sich die Organspenderanzahl erhöhen lässt, wird gerade in den gegenwärtigen Politikdiskussionen in Deutschland kontrovers geführt. Diese unvergängliche Relevanz begründet die aufgezeigte Fragestellung und rechtfertigt die ausführliche Beschäftigung mit diesem Themenbereich.
Der Hauptteil dieser Arbeit fokussiert sich auf die Erörterung der Fragestellung, inwieweit die Toten für die Lebenden im Hinblick auf die Organspende in Anspruch oder sogar in die Pflicht genommen werden dürfen. Um eine zufriedenstellende Antwort auf die dargestellte Problematik zu erhalten, wird zunächst das Verhältnis von Ethik und Recht in der Bundesrepublik Deutschland und die daraus resultierende Notwendigkeit der Verabschiedung eines Transplantationsgesetzes detailiert herausgearbeitet. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Lösungsansätze für die rechtliche und ethische Legitimierung der Organspende hinterfragt, um anschließend mögliche Maßnahmen im Hinblick auf eine Erhöhung der Spendenbereitschaft differenziert bewerten zu können. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Ethik und das deutsche Recht - Die Notwendigkeit eines Transplantationsgesetzes
- 3. Die Entscheidung zur Organspende - Moralische Verpflichtung oder unzumutbare Aufgabe?
- 3.1. Lösungsansätze für eine Legitimierung der Organentnahme bei Verstorbenen
- 3.1.1. Die Widerspruchslösung
- 3.1.2. Die Zustimmungslösung
- 3.1.3. Passive Zustimmung nach Information – Die Informationslösung
- 3.1.4. Die Erklärungslösung
- 3.1.5. Ergebnis
- 3.2. Lösungsansätze für eine Erhöhung der Organspenderzahl
- 3.3. Der Standpunkt der Katholischen- und der Evangelischen Kirche zur Organspende
- 3.4. Problem- und Diskussionspunkte innerhalb des deutschen Transplantationsgesetzes
- 3.4.1. Der Ablauf einer Organentnahme
- 3.4.2. Diskussionspunkt: Hirntodkonzept
- 4. Ergebnis und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der ethischen und rechtlichen Frage der Organspende in Deutschland. Im Zentrum steht die Frage, ob die Toten im Hinblick auf die Organspende für die Lebenden in Anspruch genommen werden dürfen oder ob eine solche Handlung eine unzumutbare Belastung darstellt.
- Ethische und rechtliche Legitimierung der Organentnahme bei Verstorbenen
- Lösungsansätze zur Erhöhung der Organspenderzahl
- Der Standpunkt der katholischen und evangelischen Kirche zur Organspende
- Problem- und Diskussionspunkte innerhalb des deutschen Transplantationsgesetzes
- Die Rolle des Hirntodkonzepts in der Organentnahme
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Relevanz der Organspende im Kontext des wachsenden Bedarfs an Organen und der gleichzeitig abnehmenden Spenderzahlen. Sie stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor und skizziert den methodischen Ansatz.
Kapitel 2 analysiert das Verhältnis von Ethik und Recht im deutschen Kontext und zeigt die Notwendigkeit eines Transplantationsgesetzes auf. Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung unbestimmter Rechtsbegriffe wie "gute Sitten" und "Treu und Glauben" in Bezug auf ethische Fragen.
Kapitel 3 befasst sich mit verschiedenen Lösungsansätzen zur Legitimierung der Organentnahme bei Verstorbenen. Dazu werden die Widerspruchslösung, die Zustimmungslösung, die Informationslösung und die Erklärungslösung im Detail betrachtet. Zudem werden Lösungsansätze zur Erhöhung der Organspenderzahl diskutiert.
Kapitel 3.3 präsentiert die Positionen der katholischen und evangelischen Kirche zur Organspende. Die Arbeit zeigt die kontroversen und vielschichtigen Standpunkte auf, die innerhalb der christlichen Kirchen zum Thema Organspende vertreten werden.
Kapitel 3.4 beleuchtet Problem- und Diskussionspunkte im Zusammenhang mit dem deutschen Transplantationsgesetz. Hierbei werden sowohl der Ablauf einer Organentnahme als auch die Debatte um das Hirntodkonzept kritisch betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die zentralen Themen der Organspende, der Transplantationsmedizin, der ethischen und rechtlichen Aspekte der Organentnahme, der christlichen Ethik, des Hirntodkonzepts und des deutschen Transplantationsgesetzes. Sie analysiert die aktuelle Diskussion um die Organspende in Deutschland und untersucht verschiedene Lösungsansätze zur Steigerung der Spendenbereitschaft.
- Arbeit zitieren
- Susanne Lossi (Autor:in), 2011, Die Entscheidung zur Organspende: Moralische Verpflichtung oder unzumutbare Aufgabe?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/178847