Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den ca. 1077-1078 von dem Hersfelder Mönch Lampert verfassten Annalen. Dieses Werk kann seit seiner „Wiederauffindung“ durch die Humanisten im 15. Jh., die erstmals eine größere Verbreitung zur Folge hatte, auf eine sehr wechselhafte Rezeptionsgeschichte zurückblicken, die sich zwischen großer Wertschätzung und heftiger Kritik bewegt. Wegen seines Inhaltsreichtums und der scheinbar tendenzlosen Berichterstattung wurde ihm lange Zeit große Bedeutung zugemessen insbesondere als Quelle für die Regierungszeit Heinrichs IV., den Investiturstreits und die damit verbundenen Vorgänge in Canossa.
Mit dem Aufkommen der historischen Quellenkritik im 19. Jh. gelangten verschiedene Historiker jedoch zu sehr ernüchternden Urteilen, was die Glaubwürdigkeit des Mönchs angeht, angefangen bei Leopold von Ranke in seinem Vortrag „Zur Kritik fränkisch-deutscher Reichsannalisten“ vor der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1854. Bei Oswald Holder-Egger, Mitarbeiter der Scriptores der MGH und Editor der aktuell relevanten Ausgabe von Lamperts Annalen, fällt die Kritik vernichtend aus: Die Annalen seien eine gehässige Tendenzschrift, Lampert ein planvoller Lügner. Bereits bei Gerold Meyer von Knonau war dieses Urteil milder ausgefallen, doch erst seit den Arbeiten Tilman Struves 1969/70 erfuhr das Lampert-Bild in der Geschichtsforschung eine nachhaltigere Rehabilitierung und Differenzierung. Ungeachtet, zu welchem Urteil man in Bezug auf ihren Quellenwert gelangt, haben die Annalen doch einigen Einfluss auf heutige Vorstellungen von den in ihnen geschilderten Ereignissen. So haben verschiedene Autoren darauf hingewiesen, wie unser Bild von der Absolution des Königs vor Papst Gregor VII. von Lamperts Schilderungen geprägt ist.
Diese Hausarbeit setzt sich zum Ziel, nach einer kurzen Einführung in die Biographie Lamperts, seiner Einordnung als Historiograph, einem Überblick über Charakteristika der Annalen sowie der Erörterung seines Standpunkts im Investiturstreit, seine Darstellung der Ereignisse in Canossa zu untersuchen, auf der Basis der zuvor gewonnenen Erkenntnisse verständlich zu machen und kritisch zu werten. Dies umfasst die Beantwortung der Frage, warum sie in der gewählten Form und nicht anders erscheint, welche Tendenz ihr innewohnt und wie diese aus dem persönlichen Standpunkt des Autors sowie aus zeitgeschichtlichen Besonderheiten erklärbar sein könnte.
Inhaltsverzeichnis
- I.) Einleitung
- II.) Aspekte zu Lampert von Hersfeld
- II. 1. Leben und Werk Lamperts
- II. 2. Lamperts Umfeld: Das Kloster Hersfeld
- II. 3. Lampert als Historiograph des 11. Jhs.
- III.) Die Annalen
- III. 1. Stammbaum der Handschriften
- III. 2. Gegenstand und Zeitbereich
- III. 3. Stil
- IV.) Die Debatte um die Glaubwürdigkeit Lamperts
- V.) Voraussetzungen und Hintergrund
- V. 1. Der Investiturstreit
- V. 2. Lamperts Position in dem Konflikt
- VI.) Lamperts Bericht über die Absolution Heinrichs
- VI. 1. Der Weg nach Canossa
- VI. 2. Heinrich vor den Toren von Canossa
- VI. 2. 1. Analyse der Textstelle
- VI. 2. 2. Das Problem der Bewertung
- VI. 3. Die Vereinbarungen
- VII.) Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Annalen Lamperts von Hersfeld, insbesondere seinen Bericht über die Absolution Heinrichs IV. in Canossa. Sie zielt darauf ab, Lamperts Darstellung im Kontext seiner Biografie, seines Umfelds und des Investiturstreits zu analysieren und kritisch zu bewerten. Der Quellenwert der Annalen und die Frage nach Lamperts Glaubwürdigkeit werden dabei ebenfalls thematisiert.
- Biographie und Werk Lamperts von Hersfeld
- Das Kloster Hersfeld und sein historischer Kontext
- Die Annalen als Quelle zur Geschichte des Investiturstreits
- Analyse von Lamperts Bericht über Canossa
- Bewertung der Glaubwürdigkeit Lamperts und seiner Darstellung
Zusammenfassung der Kapitel
I.) Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Annalen Lamperts von Hersfeld und deren wechselhafte Rezeptionsgeschichte ein. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Bewertungen der Glaubwürdigkeit Lamperts von der hohen Wertschätzung bis hin zur vernichtenden Kritik, und skizziert das Ziel der Arbeit: die Analyse und kritische Bewertung von Lamperts Bericht über die Ereignisse in Canossa im Kontext des Investiturstreits.
II.) Aspekte zu Lampert von Hersfeld: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Aspekte des Lebens und Werkes Lamperts. Es behandelt seine Biografie, basierend auf den spärlichen Informationen, die aus seinen eigenen Schriften hervorgehen. Der Fokus liegt auf seiner Ausbildung, seinem Eintritt ins Kloster Hersfeld, seinen Reisen und seinen verschiedenen Funktionen innerhalb des Klosters. Weiterhin wird sein Wirken als Historiograph des 11. Jahrhunderts und seine Beziehung zu den Hersfelder Annalen diskutiert. Die Bedeutung des Klosters Hersfeld als historischer und kultureller Kontext für Lamperts Werk wird ebenfalls untersucht.
III.) Die Annalen: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Annalen selbst. Es untersucht die Überlieferung der Handschriften, den Gegenstand und den Zeitbereich der Annalen sowie ihren Stil und ihre literarischen Merkmale. Es liefert einen wichtigen Rahmen für die nachfolgende Analyse von Lamperts Darstellung der Ereignisse in Canossa.
IV.) Die Debatte um die Glaubwürdigkeit Lamperts: Dieses Kapitel widmet sich der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Glaubwürdigkeit von Lamperts Darstellung. Es beleuchtet die unterschiedlichen Positionen und Bewertungen, beginnend mit der Kritik von Ranke und Holder-Egger bis hin zu den rehabilitierenden Arbeiten von Struve. Es wird gezeigt, wie sich das Bild Lamperts in der Geschichtsforschung im Laufe der Zeit verändert hat und welche methodischen Ansätze dabei eine Rolle spielten.
V.) Voraussetzungen und Hintergrund: Der Investiturstreit wird als historischer Kontext für Lamperts Annalen und seine Position darin dargestellt. Dieses Kapitel liefert die notwendigen Hintergrundinformationen um die Ereignisse in Canossa und Lamperts Perspektive zu verstehen. Es analysiert den Konflikt und seine Bedeutung für die damalige Zeit und macht deutlich, warum dieser Konflikt für die Interpretation der Annalen entscheidend ist.
VI.) Lamperts Bericht über die Absolution Heinrichs: Das Kernstück der Arbeit, dieses Kapitel bietet eine detaillierte Analyse von Lamperts Bericht über die Ereignisse in Canossa. Es untersucht den Weg Heinrichs IV. nach Canossa, seine Begegnung mit Papst Gregor VII. und die darauf folgenden Vereinbarungen. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Textstelle und den möglichen Tendenzen in Lamperts Darstellung, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Position und des historischen Kontextes, bildet den Schwerpunkt dieses Kapitels.
Schlüsselwörter
Lampert von Hersfeld, Annalen, Investiturstreit, Heinrich IV., Papst Gregor VII., Canossa, Historiographie des Mittelalters, Quellenkritik, Glaubwürdigkeit, Geschichtswissenschaft, Kloster Hersfeld.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu den Annalen Lamperts von Hersfeld
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Annalen Lamperts von Hersfeld, insbesondere seinen Bericht über die Absolution Heinrichs IV. in Canossa. Sie untersucht Lamperts Darstellung im Kontext seiner Biografie, seines Umfelds und des Investiturstreits und bewertet kritisch den Quellenwert der Annalen und Lamperts Glaubwürdigkeit.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Lamperts Biografie und Werk, das Kloster Hersfeld und sein historischer Kontext, die Annalen als Quelle zur Geschichte des Investiturstreits, eine detaillierte Analyse von Lamperts Bericht über Canossa, die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Lamperts Darstellung und die wissenschaftliche Debatte um seine Glaubwürdigkeit.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, Aspekte zu Lampert von Hersfeld (Leben, Werk, Kloster Hersfeld), Die Annalen (Handschriften, Gegenstand, Stil), Die Debatte um die Glaubwürdigkeit Lamperts, Voraussetzungen und Hintergrund (Investiturstreit), Lamperts Bericht über die Absolution Heinrichs (Weg nach Canossa, Ereignisse in Canossa, Vereinbarungen) und Fazit.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist die Analyse und kritische Bewertung von Lamperts Bericht über die Ereignisse in Canossa im Kontext des Investiturstreits. Es geht darum, Lamperts Darstellung im Licht seiner Biografie, seines Umfelds und der damaligen politischen Situation zu verstehen und einzuschätzen, wie glaubwürdig seine Schilderung ist.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Hauptquelle ist der Text der Annalen Lamperts von Hersfeld selbst. Die Arbeit bezieht sich außerdem auf die wissenschaftliche Literatur zur Person Lamperts, zum Investiturstreit und zur Quellenkritik des Mittelalters. Die Arbeit berücksichtigt verschiedene Interpretationen und Bewertungen der Glaubwürdigkeit Lamperts, von der hohen Wertschätzung bis hin zur vernichtenden Kritik.
Wie wird die Glaubwürdigkeit Lamperts bewertet?
Die Arbeit untersucht die wissenschaftliche Debatte um die Glaubwürdigkeit Lamperts. Sie beleuchtet unterschiedliche Positionen und methodische Ansätze, um die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Lamperts Bericht über Canossa zu differenzieren. Der historische Kontext und Lamperts persönliche Position werden dabei berücksichtigt.
Was sind die wichtigsten Schlüsselwörter?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Lampert von Hersfeld, Annalen, Investiturstreit, Heinrich IV., Papst Gregor VII., Canossa, Historiographie des Mittelalters, Quellenkritik, Glaubwürdigkeit, Geschichtswissenschaft, Kloster Hersfeld.
Welche Aspekte von Lamperts Bericht über Canossa werden analysiert?
Die Analyse von Lamperts Bericht über Canossa umfasst den Weg Heinrichs IV. nach Canossa, seine Begegnung mit Papst Gregor VII., die darauf folgenden Vereinbarungen und eine kritische Auseinandersetzung mit der Textstelle und möglichen Tendenzen in Lamperts Darstellung.
- Quote paper
- Malte Sachsse (Author), 2009, Die Annalen des Lampert von Hersfeld und sein Bericht über die Absolution Heinrichs IV. in Canossa, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/178625