Nur wenige Themenkomplexe sind in der Vergangenheit aber auch in der aktuellen Wahrnehmung in den Sozialwissenschaften so kontrovers diskutiert worden, wie das soziale Phänomen der Armut, was sicherlich in der Mehrdimensionalität des Themas an sich aber
auch an der Mannigfaltigkeit der Theorien und Paradigmen begründet liegt, die versucht sind, Armutsforschung zu betreiben, um die Problematik und ihre Ursachen einigermaßen zu erfassen und ggf. Konzepte zur Armutsbekämpfung zu entwickeln.
Dabei kann global ein Anstieg der Armutsquote beobachtet werden: Aktuellen Berichten zufolge verfügt ein Sechstel der Weltbevölkerung (also mehr als eine Milliarde Menschen)
nicht einmal über Zugang zu sauberem Trinkwasser. Gerade in den Entwicklungsländern ist der Anteil derer an der Gesamtbevölkerung, die ihr tägliches Überleben kaum bis gar nicht gewährleisten können, beträchtlich, wobei die genaue Zahl der tatsächlich in Armut Lebenden
stark von der angewandten Armutsdefinition abhängt. Gerade in Bezug auf die Einkommensarmut müssen zur Messung und Auswertung der Daten Vereinfachungen vorgenommen und bestimmte Vorüberlegungen manifestiert werden, die zwangsläufig verzerrende Auswirkungen haben.
Aber nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern auch den westlichen Industriestaaten (der so genannten 1. Welt) ist Armut als soziales Phänomen zu finden, wenngleich freilich in anderer Qualität. Auch die Bundesrepublik Deutschland als eine der führenden
Industrienationen und „Exportweltmeister“ ist hiervon in zunehmendem Ausmaß betroffen.
Wurde das Problem noch vor wenigen Jahren ignoriert, indem z.B. unter der Regierung Kohl lapidar behauptet wurde, dass es so etwas wie Armut in Deutschland aufgrund der Institution der Sozialversicherung überhaupt nicht gäbe und auch gar nicht geben könne, wird sich mittlerweile vor allem auch staatlicherseits des Problems wesentlich differenzierter und auch sensibler angenommen. Vor allem seit der Reformierung der Sozialsysteme und der Einführung von „Hartz-4“ unter Kanzler Schröder ist das Thema „Armut“ in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt.
Im Folgenden wird nun eine Bestandsaufnahme zur Armutssituation in Deutschland ausgearbeitet, wofür zunächst einige Grundüberlegungen angestellt werden, um danach die Armutsquote und die Gründe der spezifischen Armut Deutschlands zu erörtern. Schließlich wird die Armut in Deutschland im internationalen Kontext untersucht.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1.) Grundüberlegungen: Begriffserklärung, Ansätze und Formen von Armut
- 1.1) Zum Begriff der Armut
- 1.2) Einkommensarmut: absolute vs. relative Armut
- 1.3) Armutsdimensionen
- 1.4) Armut als Mangel an Verwirklichungschancen (Sen)
- 1.5) Armutskategorien
- 2.) Die Armutssituation der Bundesrepublik Deutschland
- 2.1) Aktuelle Armutsquoten der Bundesrepublik
- 2.2) Die Armutssituation gemäß den Armutsberichten der Bundesregierung
- 2.3) Die Armutsverteilung der BRD: Der Armutsatlas des Paritätischen Gesamtverbandes
- 3.) Ursachen der Armut in Deutschland
- 3.1) Die Armutsentwicklung seit Ende der 90er-Jahre
- 3.2) Ursachen der individuellen Armut und der Erhöhung der Armutsquote
- 3.3) Die Armutsbilanz der Bundesrepublik
- 4.) Armut in Deutschland im internationalen Vergleich
- 4.1) Armut in Deutschland im EU-Vergleich
- 4.2) Der Human Development Index und der Human Poverty Index
- Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit nimmt eine Bestandsaufnahme der Armutssituation in Deutschland vor. Sie analysiert die Entwicklung und die Ursachen der Armut sowie die aktuellen Armutsquoten und die Verteilung der Armut innerhalb der Bundesrepublik. Der Text vergleicht die Armutssituation in Deutschland außerdem im internationalen Kontext.
- Definition und Abgrenzung des Begriffs Armut
- Analyse der Armutsquoten und der Armutsentwicklung in Deutschland
- Identifizierung der Ursachen individueller Armut und der Erhöhung der Armutsquote
- Bewertung der Armutsbekämpfung in Deutschland
- Einordnung der Armut in Deutschland im internationalen Vergleich
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das erste Kapitel befasst sich mit grundlegenden Überlegungen zum Begriff der Armut. Es werden verschiedene Ansätze und Formen von Armut vorgestellt und diskutiert, darunter die eindimensionale Einkommensarmut, die mehrdimensionale Armut und der Capability Approach. Das zweite Kapitel analysiert die Armutssituation in der Bundesrepublik Deutschland. Es werden aktuelle Armutsquoten dargestellt und die Ergebnisse der Armutsberichte der Bundesregierung zusammengefasst. Des Weiteren wird die Armutsverteilung in Deutschland mithilfe des Armutsatlas des Paritätischen Gesamtverbandes betrachtet. Das dritte Kapitel untersucht die Ursachen der Armut in Deutschland. Es werden die Armutsentwicklung seit Ende der 90er-Jahre, die Ursachen individueller Armut und die Gründe für die Erhöhung der Armutsquote beleuchtet.
Schlüsselwörter (Keywords)
Armut, Einkommensarmut, Armutsquoten, Armutsentwicklung, Ursachen der Armut, Armutsbekämpfung, Deutschland, Internationale Vergleiche, Human Development Index, Human Poverty Index.
- Arbeit zitieren
- Joachim Graf (Autor:in), 2009, Armut in Deutschland - eine Bestandsaufnahme, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/174328