Gerade in den letzten Jahren gab es zahlreiche Unternehmenszusammenschlüsse bzw. Spaltungen, die wohl hauptsächlich getätigt wurden, um sich dem neuen wirtschaftlichen Umfeld anzupassen, das sich aus dem Zusammenwachsen Europas und damit dem EU-Binnenmarkt ergeben hat. Die Unternehmen sehen sich verstärktem Wettbewerb ausgesetzt, dem sie mit Übernahmen und Fusionen, oder auch dem Outsourcing1 von Unternehmensbereichen entgegentreten, um ihre Marktstellung behaupten zu können.
Neben vielen Aspekten, die in solchen Situationen zu erörtern sind, muss sich das Management unbedingt die Frage stellen, ob § 613a BGB zur Anwendung kommt, da sodann einige Punkte beachtet werden müssen.
§ 613a BGB regelt die Übernahme von Arbeitsverhältnissen bei einem Betriebsübergang und verfolgt als Hauptzweck den Schutz des Arbeitnehmers, indem sein Arbeitsverhältnis bei einem Betriebsübergang auf den neuen Inhaber übergeht und somit erhalten bleibt. Ursprünglich sollte § 613a BGB die betriebliche Mitbestimmung bei einem Betriebsübergang regeln und wurde daher durch § 122 BetrVG am 19.07.1972 erstmalig in das BGB eingefügt. Von diesem Hintergrund kam man allerdings ab und verständigte sich auf eine Regelung zum Kündigungsschutz.2
1980 wurde der Paragraph um die Abs. 1, S. 2-4 und Abs. 4 erweitert, um der RL 77/187/EWG3 nachzukommen, die die Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten sowie die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens - und Betriebsteilen zum Inhalt hatte. Daraufhin erweiterte sich der Zweck des § 613a BGB neben dem Arbeitnehmer-Schutz und den Haftungsfragen zwischen altem und neuen Inhaber, auf die Kontinuität des bestehenden Betriebsrates und der tarifvertraglichen Regelungen.
Die obige Richtlinie wurde durch die am 29.06.1998 erlassene RL 98/50/EG4 modifiziert, um sich den seit 1977 veränderten Gegebenheiten anzupassen.
Die letzte Erweiterung erfuhr § 613a BGB zum 01.04.2002, welche ebenfalls auf einer EG-Richtlinie beruht. Aufgrund der RL 2001/23/EG5, die eine Vereinheitlichung der Vorgaben über die Wahrung der Ansprüche von Arbeitnehmern bei Betriebsübergängen zum Ziel hatte, wurden die Abs. 5 und 6 eingefügt. Diese enthalten klare Regelungen zum Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers, das von der Rechtsprechung entwickelt worden war und sehen eine Verpflichtung vor, den Arbeitnehmer über einen bevorstehenden Betriebsübergang zu informieren.
§ 613a BGB beruht somit größtenteils auf europäischem Recht, da die Vorschrift in ihrer jetzigen Form der Umsetzung von Richtlinien dient, zu der die Mitgliedstaaten der EU gemäß § 249 EGV verpflichtet sind. Dies bedeutet für die deutschen Arbeitsgerichte, dass sie bei der Rechtsprechung zu § 613a BGB den Sinn und Zweck der RL 77/187/EWG bzw. der RL 2001/23/EG beachten müssen. Daher sind die Entscheidungen des EuGH zu diesem Thema auch für die deutsche Rechtsprechung von Bedeutung.
Die nachfolgende Arbeit befasst sich zunächst mit den relevanten Aspekten zum Betriebsübergang nach § 613a BGB, um sodann auf das Verhältnis zwischen § 613a BGB und UmwG bzw. § 613a BGB und InsO näher einzugehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Bedeutung und Entstehung der Vorschrift
- 2 Allgemeine Darstellung des Betriebsübergangs nach § 613a BGB
- 2.1 Anwendungsbereich der Vorschrift
- 2.2 Tatbestandsvoraussetzungen
- 2.2.1 Betrieb und Betriebsteil
- 2.2.2 Übergang des Betriebs bzw. des Betriebsteils
- 2.2.3 Übergang durch Rechtsgeschäft
- 2.2.4 Neuer Inhaber
- 2.2.5 Zeitpunkt des Übergangs
- 2.2.6 Unterrichtung der Arbeitnehmer
- 2.3 Rechtsfolgen des Betriebsübergangs
- 2.3.1 Übergang der individualarbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten auf den Erwerber
- 2.3.1.1 Allgemeines
- 2.3.1.2 Behandlung ausgewählter Inhalte aus dem Arbeitsvertrag
- 2.3.2 Weitergeltung von Tarifverträgen
- 2.3.3 Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen
- 2.3.1 Übergang der individualarbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten auf den Erwerber
- 2.4 Haftungssystem des § 613a Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB
- 2.4.1 Haftung des Erwerbers
- 2.4.2 Haftung des bisherigen Arbeitgebers
- 2.4.2.1 Gesamtschuldnerische Haftung
- 2.4.2.2 Haftung im Innenverhältnis
- 2.5 Besonderer Kündigungsschutz wegen eines Betriebsübergangs
- 2.5.1 Kündigung wegen eines Betriebsübergangs
- 2.5.2 Kündigung aus anderen Gründen
- 2.6 Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers
- 2.6.1 Ausübung des Widerspruchsrechts
- 2.6.1.1 Adressat des Widerspruchs
- 2.6.1.2 Form des Widerspruchs
- 2.6.1.3 Frist für die Ausübung des Widerspruchs
- 2.6.1.4 Verzicht auf das Widerspruchsrecht
- 2.6.2 Folgen eines wirksam ausgeübten Widerspruchs
- 2.6.2.1 Widerspruch vor dem Übergang
- 2.6.2.2 Widerspruch nach dem Betriebsübergang
- 2.6.1 Ausübung des Widerspruchsrechts
- 3 Die Bedeutung des § 613a BGB im UmwG
- 3.1 Einleitung
- 3.2 Umwandlungsarten
- 3.3 Übergang der Arbeitsverhältnisse
- 3.4 Inhalt der übergegangenen Arbeitsverhältnisse
- 3.5 Die kündigungsrechtliche Stellung der Arbeitnehmer bei Unternehmensumwandlungen
- 3.6 Haftungsschutz umwandlungsbetroffener Arbeitsverhältnisse
- 3.7 Zusammenfassung
- 4 Die Bedeutung des § 613a BGB in der InsO
- 4.1 Einleitung
- 4.2 Das Regelinsolvenzverfahren
- 4.3 Anwendbarkeit des § 613a BGB bei Betriebsveräußerungen in der Insolvenz
- 4.4 Besonderheiten hinsichtlich der Haftung
- 4.5 Besonderheiten bei der Kündigung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des § 613a BGB im Kontext von Betriebsübergängen, insbesondere im Hinblick auf das Umwandlungsgesetz (UmwG) und die Insolvenzordnung (InsO). Ziel ist es, die Anwendung und die Rechtsfolgen des § 613a BGB in diesen besonderen Situationen umfassend darzustellen.
- Anwendungsbereich des § 613a BGB
- Rechtsfolgen des Betriebsübergangs für Arbeitnehmerrechte und -pflichten
- Haftung des bisherigen und neuen Arbeitgebers
- Kündigungsschutz im Zusammenhang mit Betriebsübergängen
- Spezifische Aspekte im UmwG und der InsO
Zusammenfassung der Kapitel
1 Bedeutung und Entstehung der Vorschrift: Dieses Kapitel legt den Grundstein für die gesamte Arbeit, indem es die Entstehung und die Bedeutung des § 613a BGB im deutschen Recht erläutert. Es wird die historische Entwicklung und die Notwendigkeit dieser Regelung im Kontext des Arbeitnehmerschutzes beleuchtet. Die Bedeutung des Paragraphen als zentraler Bestandteil des Rechtsrahmens für Betriebsübergänge wird hervorgehoben und die weiteren Kapitel angekündigt.
2 Allgemeine Darstellung des Betriebsübergangs nach § 613a BGB: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Darstellung des § 613a BGB. Es analysiert detailliert die Tatbestandsmerkmale des Betriebsübergangs, beginnend mit der Definition von "Betrieb" und "Betriebsteil", über den Übergang selbst und die Rolle des neuen Inhabers bis hin zum Zeitpunkt des Übergangs und der Unterrichtung der Arbeitnehmer. Besondere Aufmerksamkeit wird den Rechtsfolgen des Betriebsübergangs gewidmet, einschließlich des Übergangs der Arbeitsverträge, der Weitergeltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, sowie den Aspekten des Haftungssystems für den bisherigen und neuen Arbeitgeber. Schließlich wird der besondere Kündigungsschutz und das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer im Detail untersucht. Das Kapitel integriert die verschiedenen Unterkapitel zu einer kohärenten Analyse des rechtlichen Rahmens.
3 Die Bedeutung des § 613a BGB im UmwG: In diesem Kapitel wird die Bedeutung des § 613a BGB im Kontext des Umwandlungsgesetzes (UmwG) analysiert. Es werden die verschiedenen Umwandlungsarten (Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung, Formwechsel) untersucht und die jeweilige Anwendung des § 613a BGB erläutert. Der Fokus liegt auf den Besonderheiten des Übergangs der Arbeitsverhältnisse bei unterschiedlichen Umwandlungsformen, inklusive der kündigungsrechtlichen Stellung der Arbeitnehmer und des Haftungs-schutzes. Die Zusammenhänge zwischen dem UmwG und dem § 613a BGB werden präzise dargestellt und die jeweiligen Regelungen detailliert untersucht.
4 Die Bedeutung des § 613a BGB in der InsO: Dieses Kapitel widmet sich der Anwendung des § 613a BGB im Insolvenzrecht. Es behandelt die Anwendbarkeit der Regelung bei Betriebsveräußerungen im Insolvenzverfahren und beleuchtet die besonderen Aspekte der Haftung und des Kündigungsschutzes in diesem Kontext. Die Einschränkungen und Erweiterungen des § 613a BGB durch die Insolvenzordnung werden präzise erläutert und die spezifischen Herausforderungen im Zusammenspiel von Insolvenzrecht und Arbeitnehmerschutz werden analysiert.
Schlüsselwörter
§ 613a BGB, Betriebsübergang, Umwandlungsgesetz (UmwG), Insolvenzordnung (InsO), Arbeitnehmerrechte, Kündigungsschutz, Haftung, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Rechtsfolgen.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Thema "§ 613a BGB: Betriebsübergang im Umwandlungs- und Insolvenzrecht"
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet eine umfassende Übersicht über den § 613a BGB, der den Betriebsübergang im deutschen Recht regelt. Der Fokus liegt auf der Anwendung und den Rechtsfolgen dieses Paragraphen im Kontext des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und der Insolvenzordnung (InsO). Es enthält ein Inhaltsverzeichnis, eine Zielsetzungserklärung, Kapitelzusammenfassungen und ein Stichwortverzeichnis.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt die Bedeutung und Entstehung des § 613a BGB, die allgemeinen Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB (inkl. Haftung, Kündigungsschutz und Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers). Es analysiert detailliert die Anwendung des § 613a BGB im Zusammenhang mit Unternehmensumwandlungen (UmwG) und Insolvenzverfahren (InsO), wobei jeweils die Besonderheiten hinsichtlich Haftung und Kündigungsschutz beleuchtet werden.
Was sind die wichtigsten Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB?
Zu den wichtigsten Rechtsfolgen gehören der Übergang der individualarbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten auf den Erwerber des Betriebs, die Weitergeltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, sowie ein besonderer Kündigungsschutz für die betroffenen Arbeitnehmer. Der bisherige und der neue Arbeitgeber können zudem eine Haftung übernehmen.
Wie ist der Kündigungsschutz bei einem Betriebsübergang geregelt?
§ 613a BGB sieht einen besonderen Kündigungsschutz vor. Kündigungen aufgrund des Betriebsübergangs sind in der Regel unzulässig. Die genauen Regelungen und Ausnahmen werden im Dokument detailliert erläutert, insbesondere im Hinblick auf die Besonderheiten im Umwandlungs- und Insolvenzrecht.
Welche Rolle spielt das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers?
Arbeitnehmer haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen. Das Dokument beschreibt die Voraussetzungen, die Form und die Frist für die Ausübung dieses Widerspruchsrechts sowie die Rechtsfolgen eines wirksamen Widerspruchs.
Wie wird § 613a BGB im Umwandlungsgesetz (UmwG) angewendet?
Das Dokument analysiert die Anwendung von § 613a BGB bei verschiedenen Umwandlungsarten (Verschmelzung, Spaltung etc.) nach dem UmwG. Es wird erläutert, wie die Arbeitsverhältnisse auf den Rechtsnachfolger übergehen und welche Besonderheiten hinsichtlich Haftung und Kündigungsschutz zu beachten sind.
Welche Besonderheiten gelten bei der Anwendung von § 613a BGB im Insolvenzrecht (InsO)?
Das Dokument beleuchtet die Anwendung von § 613a BGB bei Betriebsveräußerungen im Insolvenzverfahren. Es werden die Besonderheiten hinsichtlich Haftung und Kündigungsschutz im Kontext der Insolvenzordnung detailliert erläutert.
Wer haftet nach einem Betriebsübergang?
Das Dokument beschreibt das Haftungssystem des § 613a BGB. Sowohl der bisherige als auch der neue Arbeitgeber können für die Erfüllung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen haften, wobei die genaue Haftung je nach Sachverhalt unterschiedlich ausgestaltet sein kann. Die Details der gesamtschuldnerischen Haftung und der Haftung im Innenverhältnis werden erörtert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für das Verständnis des Dokuments?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: § 613a BGB, Betriebsübergang, Umwandlungsgesetz (UmwG), Insolvenzordnung (InsO), Arbeitnehmerrechte, Kündigungsschutz, Haftung, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Rechtsfolgen.
- Quote paper
- Katrin Welzbacher (Author), 2003, Darstellung des § 613a BGB einschließlich seiner Bedeutung im Umwandlungsrecht und der Insolvenzordnung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/17041