Die vorliegende Arbeit analysiert die Darstellung von Frauenfiguren und weiblicher Handlungsmacht im dramatischen und erzählerischen Werk Heinrich von Kleists unter dem Fokus von Emanzipation, Kontingenz und Machtverhältnissen. Ziel ist es, systematisch zu untersuchen, inwiefern Kleists weibliche Figuren als autonom handelnde Subjekte erscheinen oder ob ihre vermeintliche Emanzipation primär ein literarischer Effekt bleibt.
Ausgehend von einer theoretischen Einordnung zentraler Emanzipationsbegriffe beleuchtet die Arbeit unterschiedliche Formen weiblicher Selbstbestimmung in ausgewählten Dramen und Erzählungen Kleists. Analysiert werden dabei sowohl soziale, psychologische als auch narrative Konstellationen, in denen Frauenfiguren Handlungsspielräume gewinnen, verlieren oder bewusst überschreiten. Die Untersuchung macht deutlich, dass Kleists Texte einfache Fortschritts- oder Opfererzählungen unterlaufen und stattdessen ambivalente Macht- und Abhängigkeitsstrukturen inszenieren.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Frage nach Kontingenz: Weibliche Figuren agieren häufig an der Schnittstelle von Zufall, gesellschaftlicher Norm und individueller Entscheidung. Die Arbeit zeigt, wie Kleist Emanzipation nicht als linearen Prozess, sondern als fragiles, situationsabhängiges Moment literarisch gestaltet. Dadurch wird die Spannung zwischen Selbstermächtigung und struktureller Begrenzung sichtbar.
Abschließend erweitert die Arbeit die literarische Analyse um einen Blick auf Kleists Korrespondenz, um mögliche Bezüge zwischen literarischer Konstruktion und zeitgenössischem Frauenbild zu reflektieren. Die Studie richtet sich an Studierende und Forschende der Germanistik, Literatur- und Kulturwissenschaft und bietet eine fundierte, differenzierte Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen, Emanzipationsdiskursen und narrativer Komplexität im Werk Heinrich von Kleists.
- Arbeit zitieren
- Sascha Grylicki (Autor:in), 2015, Von Feminismus bis femme fatale, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1681729