Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Seminararbeit, 2007
25 Seiten, Note: 1,7
Geschichte Deutschlands - Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg
Gliederung und Ziel der Arbeit; Leitfragen
Mediale Zugangsarten zur NS-Vergangenheit und ihre Rezeption am Beispiel von Spielbergs „Schindlers Liste“
1. Inhalt
1.1 Inhaltliche Gliederung und kurze Inhaltsangabe
1.2 Einführung der Personen Schindler, Stern und Göth
1.3 Charakterisierung der drei Hauptpersonen
2. Gegensatz: Historische Wirklichkeit und filmische Umsetzung
2.1 Figur des Itzhak Stern
2.2 Liquidierung des Ghettos
2.3 Erstellung der rettenden Liste
2.4 Transport von Plaszów nach Brünnlitz
3. Filmanalytisches - Gestaltungsmittel und ihre Wirkung
3.1 Schwarzweiß und Farbe, Licht und Schatten
3.2 Inserts
3.3 Montage
3.4 Kamera
3.5 Humoristische Elemente
3.6 Musik
4. Stimmen zum Film
4.1 Steven Spielberg
4.2 Negative Kritik
4.3 Positive Kritik
Schlussbetrachtung
Quellenverzeichnis - Filme, Literatur, Abbildungen
Deutschland geht seit dem Kriegsende 1945 durch mehrere Phasen der Vergangenheitsbewältigung, die von Vergessen über Verdrängen bis hin zur intensiven Auseinandersetzung mit den Kriegsverbrechen bzw. dem faschistischen Regime unter Hitler allgemein reichen. Schließlich startete man mit Hilfe verschiedener Medien, u.a. auch mit Hilfe des Mediums Film, den Versuch, die nationalsozialistische Geschichte aufzubereiten. Besonderen Aufruhr erregte Mitte der 90er Jahre Spielbergs „Schindlers Liste“. In der vorliegenden Arbeit wird möglichst genau auf „Schindlers Liste“ eingegangen. Dabei ist zuerst dessen Inhalt zu klären, genauer gesagt, eine kurze Inhaltsangabe zu leisten und die wichtigsten Personen (Oskar Schindler, Amon Göth und Itzhak Stern) vorzustellen. Danach steht der Aspekt „Gegensatz zwischen historischer Wirklichkeit und filmischer Umsetzung“ im Blickfeld der Argumentation, bevor auf Filmanalytisches hingewiesen wird, was den thematischen Schwerpunkt der Arbeit bildet. Hierbei sollen dann einige Gestaltungsmittel, die Spielberg deutlich zur Beeinflussung des Publikums einsetzt, erwähnt und an Beispielszenen nachvollzogen werden. Im Anschluss daran mündet die Arbeit in den letzten wichtigen Punkt, die Rezeption des Films. Dort werden verschiedene Positionen zu Wort kommen. Als Hauptquelle diente die DVD-Ausgabe von „Schindlers Liste“, auf der im Bonusmaterial auch Informationen über Spielbergs „Shoa Foundation“ enthalten sind. Beim Aufzeigen des Gegensatzes zwischen Historie und Film kam Crowes „Oskar Schindler - Die Biographie“ als passende Literatur in Frage. Für die filmanalytische Betrachtung stellten sich Stahleckers und auch Kortes Sichtweisen als sehr brauchbar heraus. Die Stimmen zum Film stammen aus unterschiedlichen Quellen: Das Interview mit Spielberg führte Hellmuth Karasek und erschien im Spiegel. Einige kritische Worte sind der „Historischen Anthropologie“ und dem Sammelwerk „Der gute Deutsche“, das Christoph Weiss herausgab, entnommen. Ziel der Arbeit ist eine Untersuchung der medialen Zugangsarten zur NS-Vergangenheit und ihre Rezeption in Deutschland am Beispiel von Spielbergs „Schindlers Liste“.
Wichtig bei der Arbeit sind folgende Leitfragen: Inwiefern stellt „Schindlers Liste“ ein Mittel zur NSVergangenheitsbewältigung dar? Auf welche Weise gelingt es Spielberg mit seinem Film die Menschen derart zu fesseln und für Aufregung zu sorgen? Gibt es bestimmte Gestaltungsmittel, die dazu verwendet werden? Wie legitim ist es, dass ein Amerikaner und nicht Deutsche das Thema Holocaust in Filmen verarbeiten? Wie reagierten die Menschen auf den Film?
Nach Korte lässt sich der Film in acht größere inhaltliche Blöcke, Sequenzen, einteilen, die sich dann wiederum in mehrere Subsequenzen gliedern, wie Korte in einer Sequenzgraphik deutlich macht: Oskar Schindler kommt 1939 nach Polen, um dort im Zuge des Zweiten Weltkrieges sein wirtschaftliches Glück zu versuchen. Schnell knüpft er Kontakte zu wichtigen SS-Leuten und kann diese Beziehungen für sich nutzen. In Itzhak Stern findet er einen ausgezeichnet n Buchhalter für seine künftige Emailwarenfabrik, der ihm sowohl zu Investoren als auch zu jüdischen Arbeitern verhilft. Mit dem brutalen Lagerkommandanten von Plaszów, Amon Göth, pflegt Schindler bald ein freundschaftliches Verhältnis und kann ihn für seine Zwecke gebrauchen. Angesichts der grausamen Tätlichkeiten gegenüber den Juden, vor allem durch die Räumung des Krakauer Ghettos, die Schindler als Augenzeuge mitbekommt, beginnt er sich zu wandeln. Sein Profitgedanke rückt in den Hintergrund, er ist immer mehr dazu bereit, den Juden - „seinen“ Juden - zu helfen. Von Stern veranlasst, führt Schindler immer wieder Bestechungen höherer SS-Männer durch, um Juden aus dem Lager Plaszów in die „Deutsche Emailwarenfabrik“ (DEF) zu holen. Um sie schließlich vor der Deportation nach Auschwitz zu bewahren, verlagert er seine gesamte Produktion nach Brünnlitz und kauft die Arbeiter vom Lagerkommandanten Göth frei. Zusammen mit Stern fertigt Schindler die rettende Liste - „Schindlers Liste“ - an. Die männlichen Schindler-Juden gelangen ohne Probleme nach Brünnlitz, die Frauen müssen den Weg über Auschwitz gehen. Aber Schindler sorgt am Ende dafür, dass alle heil in Brünnlitz ankommen und somit gerettet sind. Als die Kapitulation Deutschlands verkündet wird, sind die Juden frei, Schindler muss fliehen.1
Wie werden die sehr unterschiedlichen Charaktere - die drei wichtigsten Personen im Film: Schindler, Stern und Göth in die Geschichte eingeführt?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nachdem im Prolog die Kerzen erloschen sind, werden Szenen von der Registrierung der Juden gezeigt. Über das Tippen der Schreibmaschinen ist Musik gelegt, die zu Schindler überleitet. Es folgt ein Schnitt zu Schindler und man erkennt, dass die Musik aus seinem Radio kommt. Zunächst ist die Identität des gezeigten Mannes unklar. Man sieht einen Mann, der sich wohl auf eine Festlichkeit vorbereitet. Er sucht sich dafür passende, elegante Kleidung aus, nimmt viel Geld mit und steckt sich die NSDAP-Parteinadel an. Man folgt dem Unbekannten in ein Lokal, wo er den Ober besticht, um einen Platz zu bekommen. Nachdem sich der Mann gesetzt hat, wird zum ersten Mal sein Gesicht gefilmt. Nebenan wird der Ober gefragt, wer dieser Mann sei, aber der Ober antwortet, er kenne ihn nicht. Der Unbekannte beobachtet die anwesenden SS-Offiziere. Dann lässt er den Ober Getränke zu einem Tisch bringen, auf eigene Rechnung. Der erste Kontakt ist geknüpft. Immer weiter steigert sich die Szene, bis der Mann schließlich mit fast allen Gästen am Tisch sitzt und feiert. In diese Situation gerät SS-Offizier Scherner und wird zu seinem Platz geführt. Er wird auf die Feier aufmerksam und fragt den Ober, wer denn der Mann sei. Der Ober antwortet, das sei Oskar Schindler. Erst nach ca. zehn Minuten Laufzeit des Films fällt der Name der wichtigsten Person, nämlich „Oskar Schindler“. Schindler wird durch bestimmte Attribute in die Geschichte eingeführt, die er später für die Rettung der Juden einsetzt: Geld, Alkohol und das NSDAP-Parteiabzeichen. Wenige Augenblicke später folgt man Schindler zum Judenrat. Er läuft an wartenden Juden vorbei, direkt zu den dort Arbeitenden und fragt explizit nach Itzhak Stern. Dieser blickt erstaunt, gibt auf weitere Nachfrage Schindlers an, dass er es ist. Die beiden führen ein Gespräch. Erst fast 40 Minuten später wird Amon Göth Teil des Films. Ein harter Schnitt von den sich im Ghetto unterhaltenden Juden führt zu einer Autofahrt durch eben dieses. Der Beifahrer erklärt einem Mann auf dem Rücksitz des Wagens den Aufbau des Ghettos. Ein Schnitt auf die Rückbank des Autos zeigt einen SS-Mann und das Insert „Untersturmführer Amon Göth“ erklärt, um wen es sich dabei handelt. Die drei Hauptakteure werden unterschiedlich in die Geschichte eingeführt, aber schon in der ersten Szene der jeweiligen Person werden bestimmte Charakterzüge deutlich, die sich mit Hilfe weiterer Szenen und Dialoge zu Gesamtbildern ergänzen:2
Schindler macht im Film eine Entwicklung durch. Zunächst ist er geprägt von der Gier nach Geld und Erfolg. Der Krieg kommt ihm bei seinem Vorhaben, geschäftlichen Ruhm zu erlangen, äußerst gelegen. Die Juden sind anfangs nur billige Arbeitskräfte für ihn: Stern: „ Der Lohn des jüdischen Arbeiters - den bekommt die SS, nicht der Arbeiter. Der kriegt nichts. “ Schindler: „ Aber es ist weniger. Weniger als ein Pole bekäme. “ Stern: „ Weniger, ja. “ Schindler: „ Das will ich ja damit sagen. Polen sind teurer. Warum sollte ich Polen einstellen? “3 Im Gespräch zwischen Emilie und Oskar wird seine eigentliche Absicht deutlich, nämlich das Erreichen von Reichtum und gesellschaftlichem Ansehen, und was ihm dabei hilft: Oskar: „ Mein Vater hatte 50 Mitarbeiter auf der Höhe seines Erfolges. Ich habe 350. 350 Arbeiter in der Fabrik,
die nur einem Zweck dienen. “ Emilie: „ Töpfe und Pfannen herzustellen? “ Oskar: „ Geld zu verdienen. Für mich. Fragt man nach mir? “ Emilie: „ Zu Hause? Alle die ganze Zeit. “ Oskar: „ Hier wird man den Namen Schindler nicht vergessen, das sag ich dir. „ Oskar Schindler “ , werden sie sagen. „ Jeder erinnert sich an ihn, Er hat etwas Au ß ergewöhnliches geschaffen. Er hat etwas getan, was sonst niemand getan hat. Er kam mit leeren Händen her - mit einem Koffer - und hat aus einer bankrotten Firma eine wichtige Manufaktur gemacht. Und er machte sich mit einemüberseekoffer davon - mit zweiüberseekoffern voller Geld. Mit all dem Reichtum dieser Welt “ . “ Emilie: „ Es ist tröstlich zu sehen, dass sich nichts geändert hat. “ Oskar: „ Das stimmt nicht, Emilie. Ich konnte das vorher nicht wissen, aber da war immer etwas, was mir fehlte. Bei jeder Unternehmung, die ich anfing, war nicht ich derjenige, der versagte. Etwas hat mir gefehlt. Selbst wenn ich gewusst hätte, was, ich hätte nichts tun können, weil man es nicht erschaffen kann. Und dabei entscheidet esüber Erfolg oder Scheitern. “ Emilie: „ Glück? “ Oskar: „ Krieg. “4 Schindlers anfänglicher Egoismus ist z.B. sichtbar an der Szene, in der er Stern aus dem Zug holt: Schindler: „ Und was wenn ich mich verspätet hätte? Wie würde ich dann dastehen? “5 Zu diesem Zeitpunkt geht es Schindler noch um seinen persönlichen Erfolg. Nach und nach verändert sich seine Einstellung. Mehrmals wird er Zeuge von Gewaltakten gegenüber den Juden und wandelt sich so zum Retter. Bereits in der ersten Feier-Szene wird deutlich, dass Schindler Charme und ausgezeichnetes Verhandlungsgeschick besitzt, was ihm bei der Rettung der Juden von äußerst großem Nutzen sein wird. Er ist ein Lebemann, was in mehreren Feierszenen (in Göths Villa; Schindlers Geburtstag) ausgedrückt wird, am politischen Geschehen uninteressiert (vgl. Lokalszene: Während die SS über Politisches redet, ist Schindler mit der Weinauswahl beschäftigt.) und nimmt die NS-Rassengesetze nicht ernst (vgl. Geburtstagsfeier: Schindler küsst eine Jüdin.). Oskar Schindler ist ein widersprüchlicher Charakter: „Einerseits verdient er an den Juden, führt ein zügelloses Leben als Trinker und Frauenheld, gibt sich mit Nazis ab und denkt sehr materialistisch, andererseits setzt er sich im nächsten Atemzug selbstlos für die Rettung der Juden ein.“6 Itzhak Stern stellt im Film das gute Gewissen Schindlers dar. Er ist die treibende Kraft bei Schindlers Wandlung und bei der Rettung der Juden. „Geschickt setzt Stern sich, zunächst mit Schindlers Duldung, später mit seiner Hilfe, für die Interessen der Juden ein.“7 „Schritt für Schritt […] läßt er Schindler erkennen, in welcher lebensbedrohlichen Situation die Juden sich befinden. […] Auf diese Art und Weise lenkt er Schindler vorsichtig in die Richtung des Retters. Jedoch nimmt Stern zu keiner Zeit eine fordernde Position ein, sondern gibt Schindler lediglich Denkanstöße und veranlaßt ihn dadurch indirekt zum Handeln.“8 Stern arbeitet im Judenrat und Schindler bittet ihn um Hilfe bei seinem Vorhaben, eine Fabrik zu eröffnen. Stern verhilft Schindler zu jüdischen Investoren und Arbeitern, übernimmt die Organisation. Insgesamt zeigt sich Stern im Film als misstrauischer, zurückhaltender Buchhalter, der nach und nach Vertrauen zu Schindler fasst. Gegen Ende hin, als den Juden Auschwitz bevorsteht, verliert Stern alle Hoffnung auf Rettung. Doch Schindlers Idee, die gesamte Fabrik zu verlegen und damit Juden vor dem Tod zu bewahren, bringt Stern dazu, ihn als den guten Deutschen zu erkennen.9 Sterns Neutralität ändert sich in Emotionalität, er und Schindler sind im Lauf der Geschichte Freunde geworden. Bei Amon Göth handelt es sich um den bösen Gegenspieler Schindlers. „Als personifiziertes Böses und Repräsentant der SS-Schergen versetzt der Kommandant des Zwangsarbeitslagers Plaszow die Häftlinge mit seinen willkürlichen Übergriffen in Angst und Schrecken und ist ständig darauf bedacht, seine Macht brutal zu demonstrieren.“10 Er interessiert sich nicht für die Juden, ist komplett in der NS-Ideologie gefangen. Göth ist äußerst brutal, kalt und unberechenbar. Kaum im Lager Plaszów, lässt er schon einen Jüdin erschießen. Morgens begeht er gern seinen makaberen Frühsport: Willkürliche Erschießungen von seinem Balkon aus.11 Schindler versucht Göths Verhalten zu erklären, Stern lenkt auf Göths Brutalität: Schindler: „ Göth steht unter enormem Druck. Sie müssen es mal von seiner Warte aus betrachten. Er muss diesen ganzen Laden beaufsichtigen. Er ist für alles hier, für all die Menschen, verantwortlich. Er macht sich Sorgen um so Manches. Und dann ist da noch der Krieg, der das Schlimmste in uns hervorbringt. Nie das Beste, immer das Schlechteste. Immer das Schlechteste. Aber unter normalen Umständen wäre er nicht so. Er wäre ganz in Ordnung. Er würde nur die positiven Aspekte herauskehren. Er ist ein wunderbarer Gauner. Ein Mann, der gutes Essen schätzt, guten Wein, die Frauen, das Geldverdienen. “ Stern: „ Das Morden. “ Schindler: „ Das kann er doch nicht genie ß en. “ Stern: „ Bejski sagte mir, vor einigen Tagen sei jemand von einem Arbeitseinsatz au ß erhalb des Stacheldrahts geflohen. Göth lie ß alle Gefangenen aus der Baracke des Flüchtigen antreten. Er erschoss den Mann links von Bejski, und den Mann rechts neben ihm. Er schritt die Reihe ab und richtete jeden Zweiten mit der Pistole hin. Fünfundzwanzig Mann. “12 Zwischen Schindler und Göth entwickelt sich ein engeres Verhältnis und Schindler versucht, Göth zum Positiven hin zu verändern: Göth: Wissen Sie, ich sehe Sie. Ich beobachte Sie. Sie sind nie betrunken. Das ist echte Selbstbeherrschung. Beherrschung ist Macht. Das ist Macht. “ Schindler: „ Fürchtet man uns deshalb so? “ Göth: „ Wir haben die verdammte Macht zu töten, deswegen fürchtet man uns. “ Schindler: „ Man fürchtet uns, weil wir die Macht haben, willkürlich zu töten. Verübt einer ein Verbrechen, sollte er es besser wissen. Wir lassen ihn hinrichten, und fühlen uns wohl dabei. Oder wir töten ihn selbst und fühlen uns noch besser. Aber Macht ist das nicht. Sondern Gerechtigkeit. Das ist etwas anderes als Macht. Macht ist, wenn man jeden Grund zum Töten hat, es aber nicht tut. “ Göth: „ Sie glauben, dass das Macht ist? “ Schindler: „ Die Kaiser hatten diese Macht. Ein Mann hat was gestohlen, man führt ihn dem Kaiser vor. Er wirft sich ihm zu F üß en und bittet um Gnade. Er wei ß , dass er sterben wird. Und der Kaiser begnadigt ihn. Diesen unwürdigen Mann. Er lässt ihn frei. “ Göth: „ Ich glaube, Sie sind doch betrunken. “ Schindler: „ Das ist Macht, Amon. Das ist Macht. Amon der Gute. “ Göth: „ Ich vergebe dir. “13 Kurze Zeit gelingt das auch, aber schnell fällt Göth in sein altes Verhalten zurück.
Es bestehen große Unstimmigkeiten zwischen historischer Wirklichkeit und filmischer Umsetzung. Spielberg drehte „Schindlers Liste“ nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Keneally. Schon der Roman entspricht nicht immer der Wirklichkeit. Die wichtigsten Aspekte, die sich in der Realität ganz anders als im Film darstellen, sollen nun richtiggestellt werden.
Die Filmfigur „Itzhak Stern“ besteht aus drei Personen: „Spielberg, genauer: Steven Zaillian, der Verfasser des endgültigen Drehbuchs […] setzte die Filmfigur aus drei realen Personen zusammen: aus Abraham Bankier, Mietek Pemper und eben Stern. […] Spielbergs Entscheidung war gut für den Film, geschichtlich ist sie falsch. Denn Abraham Bankier war das Finanzgenie, das Schindlers Fabrik in Krakau geführt hat“.14 Abraham Bankier leitete mit Schindler die Emalia und sorgte für jüdische Arbeiter. „Bankier konzentrierte sich vor allem auf den Schwarzmarkt, seinem Geschick waren die hohen Gewinne zu danken, die Schindler erzielte: das Geld, mit dem es ihm möglich war, die jüdischen Arbeiter zu unterstützen. Bankier besorgte weitaus mehr Bleche, als dem Werk zugeteilt wurden, und das damit mögliche Mehrprodukt an Töpfen und Pfannen konnte dann auf dem Schwarzmarkt gegen andere Güter getauscht werden. Stets sei es Bankier gewesen, dem die Schuld dafür zugeschoben wurde, wenn die Schwarzmarktgeschäfte schlecht liefen. Dabei […] habe er mit diesen Geschäften immer wieder sein Leben riskiert; Schindler blieb unbehelligt.“15 Im Film stellt Stern die treibende Kraft für Schindler dar, Bankier wird von Stern nur einmal kurz erwähnt: „ Hier sind zehn Arbeitsbewilligungen für die Deutsche Emailwarenfabrik unterzeichnet von Herrn Bankier und mir. “16 Schindlers erstes Treffen mit Stern fand nicht im Judenrat, sondern über Josef Aue statt: „Von Stern hören wir, daß sein erstes Treffen mit Oskar Schindler am 18. oder 19. November 1939 stattfand, nicht Ende Oktober. An diesen Tagen sei er zu Hause gewesen, krank und mit hohem Fieber. Aue, der die Firma Buchheister gerade als Treuhänder übernommen hatte, ließ Stern in sein Büro kommen, um eine Kassendifferenz zu klären. […] Daraufhin habe „Aue Stern mit Schindler bekanntgemacht“.“17 „Stern blieb zunächst bei J.L. Buchheister&Co., arbeitete dann in der Metallverarbeitungsfabrik Progress, zunächst in Krakau, dann im KZ Plaszów. Treuhänder dieser beiden Unternehmen war ein gewisser Unkelbach, dessen Werk Progress von Amon Göth, dem Plaszówer Lagerkommandanten, geschlossen wurde, weil Unkelbach zu nachsichtig war mit seinen jüdischen Arbeitern. So kam Stern in Göths Schreibstube.“18 Die wirklich helfende Kraft für Schindler war Abraham Bankier, nicht Itzhak Stern.
[...]
1 Vgl. „Schindlers Liste“ (1993). Regie: Steven Spielberg. Länge: Ca. 187 Minuten.
2 Vgl. ebd.
3 Ebd. DVD1 00:23:11-00:23:28.
4 Ebd. DVD1 00:34:21-00:36:34.
5 Ebd. DVD1 00:45:50.
6 Stahlecker, Markus F.: Steven Spielbergs „Schindlers Liste“. Aachen, 1999. S.4.
7 Ebd. S.56.
8 Ebd. 58f.
9 Vgl. ebd. S.56f.
10 Ebd. S.49.
11 Vgl. „Schindlers Liste“ (1993). Regie: Steven Spielberg. Länge: Ca. 187 Minuten. DVD1 01:12:05-01:13:25.
12 Ebd. DVD1 01:31:55-01:33:05.
13 Ebd. DVD1 01:39:32-01:45:00.
14 Crowe, David M.:Oskar Schindler - Die Biographie. Frankfurt am Main, 2005. S.125.
15 Ebd. S.127f.
16 „Schindlers Liste“ (1993). Regie: Steven Spielberg. Länge: Ca. 187 Minuten. DVD1 00:26:50.
17 Crowe, David M.:Oskar Schindler - Die Biographie. Frankfurt am Main, 2005. S.123f.
18 Ebd. S.125.