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Referat (Ausarbeitung), 2011
7 Seiten
Niccolò Machiavellis „ Discorsi sopra la prima deca di Livio “
Niccolò Machiavelli, eigentlich Niccolò di Bernardo dei Machiavelli, wurde am 3. Mai 1449 in Florenz geboren und starb dort am 21. Juni 1527. Er lebte somit zum einen während einer Zeit, in der die „Grundfesten der mittelalterlichen Welt […] erschüttert (waren)“, und man „nach neuen Formen“[1] suchte, die man nach der Abkehr von der heiligen Scheu und der Jen-seitsorientierung in der Hinwendung zum Diesseits und der Entdeckung des Individuums fand: der Renaissance; zum anderen lebte er in einem Land, in dem „in den besten Köpfen die Sehnsucht nach […] einem einheitlichen Nationalstaat“[2] brannte, für dessen Gestaltung je-doch im Italien der Renaissance aufgrund komplizierter Machtkonstellationen kein Raum war. Machiavellis Vater ermöglichte seinem Sohn trotz seines geringen Verdienstes als An-walt und der hohen Kosten eine „ausgezeichnete Einführung in die ,studia humanitatis’“[3], also der damals aufkommenden Geisteshaltung des Humanismus, zu deren führenden Vertretern M. heute gezählt wird. Im Rahmen dieser Ausbildung erwarb er umfassende Kenntnisse über antike Autoren sowie deren Schriften und lernte „Grammatik und Latein […] in einem Alter, in dem man nach dem Aufbau modernen Schulunterrichts noch in der Muttersprache weder lesen noch schreiben kann“[4]. Somit ist es nicht verwunderlich, dass M. in seinen Discorsi, al-so seiner Auseinandersetzung mit den „Problemen der inneren und äußeren Politik, der Staatsführung, der Verfassung und Verwaltung, der Volkswirtschaft, Kolonialpolitik und Kriegsführung“[5] einen antiken Geschichtsschreiber zu Rate zog. Dass er sich letztlich für Ti-tus Livius entschied, statt z.B. für Tacitus, liegt nach Zorn zum einen am Stoff, da sich nur Li-vius mit der Gründung des römischen Staates befasst habe, zum anderen an der Tatsache, dass beide überzeugte Republikaner gewesen seien.[6] Allerdings handelt es sich bei den Discorsi nicht, wie der Titel vermuten läßt, nur (um) ein(en) (typisch humanistischen) Kommentar zu den ersten zehn Büchern des Livius oder eine gelehrte Untersuchung über die römische Geschichte. Diese ist vielmehr nur der Stoff, an dem sich das politische Ingenium Machiavellis entzündete, und zugleich das Mittel, seine Ge-danken, Erkenntnisse und Thesen, die ihm zum guten Teil auch die eigene Erfahrung eingab, seinen Zeit-genossen in einer ihrem Bildungsstand angemessenen Weise verständlich zu machen.[7]
Ferner beschränkt sich M. nicht nur auf die erste Dekade des Livius, sondern führt Beispiele aus allen uns erhaltenen Büchern an sowie zum Teil aus Werken anderer lateinischer und griechischer Autoren. M. kritiklose Übernahme von Livius’ Darstellung geschichtlicher Vor-gänge dabei ist irrelevant, da der Wert der Discorsi in den Schlussfolgerungen liegt, die er „aus den historischen Beispielen für die praktische Politik zieht und die sein überlegener, scharfsichtiger Geist in fest gefügten Lehrsätzen niederlegt“[8].
Damit reihen sich die Discorsi, die M. zwar bereits in den Jahren 1513-17 verfasste, jedoch erst posthum 1532 in der päpstlichen Offizin veröffentlicht wurden,[9] schließlich in die Gruppe seiner vier Hauptwerke ein, zu denen noch folgende Werke zählen: Il Principe (Der Fürst) von 1513[10], Istorie fiorentine (Geschichte von Florenz) und Dell’Arte della guerra (Von der Kriegskunst), beide aus dem Jahr 1521.
Machiavelli geht bei seiner Untersuchung von zwei grundlegenden Prämissen aus. Zum einen von der Annahme, dass „alle Städte und alle Völker von jeher die gleichen Wünsche und die gleichen Launen hatten“ (D 107[11] ), was sowohl einen synchronen, als auch besonders einen diachronen Vergleich möglich macht. Zum anderen betrachtet er Geschichte als einen zykli-schen Prozess, innerhalb dessen sich bestimmte Ereignisse, insbesondere die Entstehung und der Verfall von Staaten, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wiederholen. Gründe dafür sieht M. einerseits im permanenten Wandel menschlicher Dinge (vgl. D 161) bei gleich-zeitiger Gültigkeit des Energieerhaltungssatzes[12], andererseits in der von ihm festgestellten Tatsache, „daß alle Menschen schlecht sind und daß sie stets ihren bösen Neigungen (ambizi-one) folgen, sobald sie Gelegenheit dazu haben“ (D 17). Folglich gebe es „bei allen Staaten eine Tendenz, sich von der anfänglichen ,virtù’ ihrer Gründer zu entfernen und ,in einen schlechteren Zustand zu geraten’[…], (so)dass selbst die ausgezeichnetsten Gemeinwesen dem Verfall unterliegen“[13]. Aus diesen beiden Prämissen schlussfolgert M., dass es bei einer sorgfältigen Untersuchung der Geschichte „ein leichtes (sei), in jedem Staat die Zukunft vor-herzusehen und die gleichen Mittel anzuwenden, die auch von den Alten angewandt wurden, oder bei ähnlichen Ereignissen neue auszudenken, wenn bereits erprobte Mittel nicht zur Hand sind“ (D107).[14] Um seine Prämissen nun an der Wirklichkeit messen und sie in einer pragmatischen und zweckorientierten Untersuchung einsetzen zu können, brauchte M. nun nur noch ein geeignetes Untersuchungs- bzw. Anschauungsobjekt. Gemäß seiner humanisti-schen Ausbildung fand er in der Geschichte Roms jedoch schnell eine naheliegende und pas-sende Kandidatin. Nun galt es herauszufinden, wie es möglich war, dass „sich mehrere Jahr-hunderte lang eine außerordentliche Tüchtigkeit in dieser Stadt erhalten hat und dass sich aus diesem Gemeinwesen später ein Weltreich entwickelt hat“ (D 7), das „große Erfolge […] er-zielen“ (D 24) und „ungeheure Macht“ (D 184) erlangen konnte. „Die erfrischende Hoff-nung, die den gesamten Discorsi zugrunde liegt und sie belebt, ist also die, dass, wenn wir die Ursache von Roms Erfolg herausfinden, wir imstande sein könnten, ihn zu wiederholen.“[15]
[...]
[1] Zorn (1966) XVII.
[2] Ebd. XIX.
[3] Skinner (52008) 16.
[4] Hoeges (2000) 132.
[5] Zorn (1966) XLI.
[6] Vgl. ebd.
[7] Zorn (1966) XLI.
[8] Ebd. XLII.
[9] Vgl. ebd. XLVIII.
[10] Ebenfalls 1532 posthum erschienen.
[11] D für Discorsi, Seitenzahl nach Zorn (1966).
[12] „Die Welt blieb jedoch immer dieselbe, nur mit dem Unterschied, daß sich ihre gesammelten Energien zu-nächst in Assyrien entluden, dann in […], bis sie schließlich auf Italien und Rom übergingen“ (D 161).
[13] Skinner (52008) 86f.
[14] Den Vorteil bei der Betrachtung von Vergangenem sieht M. zudem darin, dass es „weder schaden noch Neid erregen“ (D 160) kann. Gleichzeitig betont er aber, „daß man von den Begebenheiten der Vergangenheit nie die ganze Wahrheit erfährt“ (ebd.), sondern sie entweder beschönigt oder aufgebauscht wurden.
[15] Skinner (52008) 80.
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