Eine Eigenart des französischen Geisteslebens ist dafür verantwortlich, daß philosophische Schriften in Frankreich nicht nur hauptsächlich von Universitätsphilosophen gelesen und besprochen werden, sondern zu Themen eines breiteren Publikums werden können. Philosophie gehört in Frankreich, zumindest dem Anspruch nach, zur Allgemeinbildung und ist schon an der Schule verpflichtendes Unterrichtsfach. Es existieren zahlreiche Zeitschriften, wie z.B. das monatlich erscheinende Magazine littéraire, in denen philosophische Denker ganz selbstverständlich neben Schriftstellern vorgestellt werden. Dadurch finden philosophische Themen Eingang in benachbarte Diskurse. In dieser Weise verhält es sich auch mit Nietzsches Denken. Es war vom Beginn seiner französischen Rezeption an stets auch Thema bei verschiedenen Schriftstellern wie z.B. Arthur Rimbaud, Antonin Artaud oder Albert Camus. Durch diese allgemeine Präsenz von Philosophie kann es natürlich zu ganz verschiedenartigen Berührungen mit diesen Gedanken kommen. Dies trifft sowohl auf Nietzsche in Frankreich generell, als auch auf Foucaults Annäherung an Nietzsche zu.
Daß Nietzsche in Frankreich bereits seit über hundert Jahren gegenwärtig ist, zeigen einige neuere Untersuchungen zu diesem Thema. Jacques Le Rider beispielsweise setzt in Nietzsche in Frankreich (1997) mit seinen Untersuchungen zur französischen Nietzsche-Rezeption bereits um 1890 an und zeigt bei aller Verschiedenheit der Schwerpunktsetzung die Kontinuität von Nietzsches Einfluß auf das französische Denken bis in die heutige Zeit hinein. Alan D. Schrift legt in Nietzsche′s French Legacy (1995) den Untersuchungsschwerpunkt auf Deleuze, Foucault und die nachfolgenden französischen Nietzsche-Interpreten (Jacques Derrida, Hélène Cixous, Sarah Kofman u.a.).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorbemerkung
- Vorhaben: Foucaults Nietzsche
- Vorgehensweise
- Zitierweise
- Foucaults Nietzsche-Rezeption in der deutschen Sekundärliteratur
- Vorbemerkung
- Auswahl der Schriften Foucaults
- Thematische Anknüpfungspunkte
- Machtanalytik
- Ausschlußmechanismen
- Moralische Fragen, Konzept der Ästhetik der Existenz
- Subjektbegriff, Kritik am Anthropozentrismus
- Methodische Anknüpfungspunkte
- Archäologie und Genealogie
- Geschichtsschreibung
- Weiterführungen Foucaults
- Die französische Nietzsche-Rezeption vor 1960
- Nietzsches „französische Augenblicke“
- Erste Phase: Nietzsche in Frankreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts
- Zweite Phase: Die Nietzsche-Rezeption in der französischen Germanistik
- Erster Weltkrieg und Dreißiger Jahre
- Nietzsche-Rezeption in Frankreich vor dem Hintergrund des deutschen Nationalsozialismus
- Dritte Phase: Beginn der philosophischen Nietzsche-Rezeption
- Die „Wiedergutmachung an Nietzsche“ im Acéphale
- Georges Bataille
- Pierre Klossowski
- Jean Wahl
- Maurice Blanchot
- Zusammenfassung: Themen der philosophischen Nietzsche-Rezeption in Frankreich vor 1960
- Foucaults Bezug zu Bataille und Blanchot
- Nietzsche bei Foucault
- Nietzsche als Anleitung zum Selbstdenken
- Foucaults Umgang mit Nietzsche
- Nietzsche ernst nehmen
- Zeitliche Einordnung
- Zusammenhang mit der impliziten Nietzsche-Rezeption
- Thematische Übernahmen von Nietzsche
- Tod Gottes, Ende des Menschen
- Veränderter Subjektbegriff
- Weitere Themen
- Methodisches Interesse an Nietzsche
- Genealogie als direkte Anlehnung an Nietzsche
- Unzulänglichkeit und Unendlichkeit der Interpretation
- Erweiterung der Philosophie
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert Foucaults Beschäftigung mit Nietzsche. Dabei liegt der Fokus auf der direkten Rezeption des Philosophen durch Foucault, untersucht werden die Textstellen, in denen Foucault explizit auf Nietzsche Bezug nimmt. Die Arbeit beleuchtet insbesondere die methodischen und thematischen Übernahmen von Nietzsche durch Foucault, untersucht die Bedeutung der Genealogie und die Übertragung des Konzepts des „Tod Gottes“ auf Foucaults Denken.
- Foucaults direkte Nietzsche-Rezeption
- Methodische Übernahmen von Nietzsche
- Thematische Übernahmen von Nietzsche
- Genealogie als Methode
- „Tod Gottes“ in Foucaults Denken
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Rezeption Foucaults in der deutschen Sekundärliteratur, untersucht die Themenfelder und Methoden, die Foucault von Nietzsche übernahm, und analysiert die Rezeption des Philosophen durch Foucault im Hinblick auf den Diskurs der Macht, das Subjektverständnis, die Ästhetik der Existenz sowie die Methoden der Archäologie und Genealogie.
Das zweite Kapitel widmet sich der französischen Nietzsche-Rezeption vor 1960. Es stellt die verschiedenen Phasen der Rezeption dar, von den ersten Berührungen mit Nietzsche durch französische Autoren wie Rimbaud und Artaud, bis hin zu den philosophischen Auseinandersetzungen mit Nietzsche durch Denker wie Bataille, Blanchot und Klossowski.
Das dritte Kapitel untersucht Foucaults direkte Auseinandersetzung mit Nietzsche. Es analysiert Foucaults Umgang mit Nietzsche, die thematischen Übernahmen wie den „Tod Gottes“, das veränderte Subjektverständnis, sowie die methodische Anlehnung an die Genealogie.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die explizite Nietzsche-Rezeption durch Foucault, wobei die Themenbereiche Genealogie, Machtanalytik, Subjektverständnis, „Tod Gottes“ und Ästhetik der Existenz im Vordergrund stehen.
- Quote paper
- Alexandra Popp (Author), 2001, Nietzsche bei Foucault. Eine Untersuchung der expliziten Nietzsche-Rezeption bei Foucault, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1621