Die vorliegende Arbeit untersucht, wie Sprache als Mittel der Identitätskonstruktion fungiert und welchen besonderen Stellenwert Anredepronomen im kolumbianischen Spanisch dabei einnehmen. Im Zentrum steht die Frage, wie Sprecherinnen und Sprecher durch die Wahl zwischen tú, vos, usted und sumercé ihre soziale Position aushandeln und Beziehungen zum Gegenüber gestalten. Dabei werden sowohl Nähe und Distanz, Gruppenzugehörigkeit, Machtverhältnisse als auch kulturelle Werte reflektiert.
Auf Grundlage soziolinguistischer Theorien – etwa zur Indexikalität, zu Goffmans Konzept des „Impression Management“ sowie zum „Audience Design“ nach Allan Bell – wird aufgezeigt, dass Anredeformen weit mehr sind als Höflichkeitsfloskeln. Sie spiegeln gesellschaftliche Strukturen wider, können diese aber auch verändern. Durch die Analyse empirischer Studien in Bogotá und Medellín werden regionale Unterschiede, geschlechtsspezifische Muster sowie Einflüsse von sozialem Status und Stadt-Land-Gefälle herausgearbeitet.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Sprache ein dynamisches Instrument sozialer Selbstverortung ist. Anredepronomen sind in Kolumbien nicht nur grammatische Formen, sondern lebendige Marker von Identität, Macht und Zugehörigkeit.
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- Viviane Gehlmann (Author), 2025, Identitätskonstruktion durch Sprache, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1618277