"Herr Lehmann erklärte es ihr noch einmal, dann bat er sie, sich die wichtigsten Eckpunkte doch einfach mal eben1 zu notieren, und dann wurde sie pampig und sagte, daß er ganz schön frech sei […]." (Regener 102003: 256). Dieser amüsante Auszug aus dem Roman Herr Lehmann (Regener 102003) von Sven Regener zeugt von einer sprachlichen Besonderheit des Deutschen und vermittelt eine erste Vorstellung eventueller Probleme, die bei der Übersetzung dieses Werkes auftreten können. Mit welcher Intention macht Sven Regener in dieser Textstelle - bewusst oder auch nicht - Gebrauch der Wörter doch, einfach, mal und eben? Zeugt die Verwendung dieser sogenannten Abtönungspartikeln schlichtweg von umgangssprachlichem oder gar schlechtem Stil? Oder verleihen sie der Aussage vielmehr eine bestimmte Nuance, die bei der Auslassung dieser Partikeln verloren ginge?
Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit liegt in der Klärung dieser und weiterer Fragestellungen, die in die Kategorie des sprachlichen Phänomens der Abtönung fallen.
Das primäre Bestreben liegt darin, zu analysieren, ob und inwieweit der von Sven Regener im Ausgangstext zum Ausdruck gebrachte Stil, der von den gehäuft auftretenden Abtönungspartikeln geradezu lebt, auch auf den Leser der französischen Übersetzung eine entsprechende Wirkung entfaltet. Um dies herauszufinden, werden in einem theoretischen Teil zunächst die Möglichkeiten der Abtönung im Deutschen und im Französischen aufgezeigt und anschließend die Frage ihrer Übersetzbarkeit beleuchtet. Das Hauptaugenmerk soll hierbei auf die Abtönungspartikeln, die im Deutschen die relevanteste Subkategorie der Abtönungsformen darstellen, gerichtet werden. Diese theoretischen Überlegungen dienen als Grundlage für den anschließenden Übersetzungsvergleich des Romans Herr Lehmann (Regener 102003) hinsichtlich der Abtönung; so soll anhand konkreter Beispiele zu den Partikeln ja und eigentlich aufgezeigt werden, welche Methoden die Übersetzerin Colette Kowalski zur Lösung der spezifischen Übersetzungsprobleme, die sich durch die Komplexität des Phänomens der Abtönung ergeben, angewandt hat. Es soll herausgearbeitet werden, ob die französische Übersetzung von Kowalski hinsichtlich der Abtönung als äquivalent zum deutschen Original des Romans Herr Lehmann (Regener 102003) bezeichnet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung.
- 1. Das Phänomen der Abtönung
- 2. Abtönung im Deutschen
- 2.1 Modalwörter
- 2.2 Modalverben
- 2.3 Modifizierende Verben
- 2.4 Tempusformen mit Modalfaktor
- 2.5 Präpositionalgruppen
- 2.6 Ethischer Dativ
- 2.7 Explizit-performative Formulierungen
- 2.8 Abtönungspartikeln
- 2.8.1 Heterosemie
- 2.8.2 Nichtbetonbarkeit
- 2.8.3 Nichtsatzgliedfähigkeit
- 2.8.4 Positionierbarkeit
- 2.8.5 Kombinierbarkeit
- 2.8.6 Distribution
- 2.8.7 Nichtvorhandensein referentieller Semantik
- 2.8.8 Skopus
- 2.8.9 Funktion
- 3. Abtönung im Französischen
- 3.1 Performative Verben
- 3.2 Modalverben
- 3.3 Kognitionsverben
- 3.4 Adverbien
- 3.5 Idiomatisierte Wendungen
- 3.6 Vergewisserungsfragen
- 3.7 Rhetorische Fragen
- 3.8 Gliederungssignale
- 3.9 Interjektionen
- 3.10 Abtönungspartikeln
- 4. Übersetzbarkeit von Abtönungsformen.
- 5. Übersetzungsvergleich des Romans Herr Lehmann von Sven Regener
- 5.1 Die Abtönungspartikel ja
- 5.1.1 Ja in Deklarativsätzen
- 5.1.1.1 Ja als bekanntheitssignalisierendes Element
- 5.1.1.2 Ja als kommentarsignalisierendes Element
- 5.1.1.3 Ja als erwiderungssignalisierendes Element
- 5.1.1.4 Ja als erklärungs- und rechtfertigungssignalisierendes Element
- 5.1.1.5 Ja als einräumungssignalisierendes Element
- 5.1.2 Ja in Nebensätzen
- 5.1.3 Ja in Exklamativsätzen
- 5.1.4 Fazit
- 5.2 Die Abtönungsartikel eigentlich
- 5.2.1 Eigentlich in Deklarativsätzen
- 5.2.1.1 Eigentlich als oppositionssignalisierendes Element
- 5.2.1.2 Eigentlich als verstärkendes Element der persönlichen Meinung
- 5.2.2 Eigentlich in Verbindung mit Satzäquivalenten
- 5.2.3 Eigentlich in Verbindung mit der Negationspartikel nicht
- 5.2.4 Eigentlich in Interrogativsätzen
- 5.2.5 Fazit
- 5.3 Veränderte Wirkung bei Nullübersetzungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Abtönung, einem sprachlichen Phänomen, das den Bezug des Sprechers zum Gesagten und dessen kommunikative Absicht ausdrückt. Die Arbeit analysiert die Abtönung im Deutschen und im Französischen, beleuchtet die Übersetzbarkeit von Abtönungsformen und untersucht, wie die Abtönung im Roman "Herr Lehmann" von Sven Regener im Deutschen und in der französischen Übersetzung umgesetzt wurde.
- Die Rolle der Abtönung in der Kommunikation und ihr Ausdruck im Deutschen und im Französischen.
- Die Übersetzbarkeit von Abtönungsformen und die Herausforderungen, die sich bei der Übersetzung ergeben.
- Die Analyse der Verwendung von Abtönungspartikeln im Roman "Herr Lehmann" von Sven Regener und deren Umsetzung in der französischen Übersetzung.
- Die Untersuchung der Wirkung von Abtönung auf den Leser in beiden Sprachversionen.
- Die Frage, ob die französische Übersetzung von "Herr Lehmann" hinsichtlich der Abtönung als äquivalent zum deutschen Original angesehen werden kann.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel erläutert das Phänomen der Abtönung als sprachliches Universal und stellt verschiedene Ansätze zur Definition und Analyse der Abtönung dar. Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Abtönungsformen im Deutschen, wie Modalwörter, Modalverben, Abtönungspartikeln und andere, vorgestellt. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Abtönungsformen im Französischen, wobei insbesondere Performative Verben, Modalverben, Adverbien und Abtönungspartikeln beleuchtet werden. Das vierte Kapitel thematisiert die Übersetzbarkeit von Abtönungsformen und diskutiert verschiedene Herausforderungen, die sich bei der Übersetzung ergeben. Der fünfte Kapitel untersucht die Übersetzung des Romans "Herr Lehmann" von Sven Regener hinsichtlich der Abtönung. Es werden insbesondere die Abtönungspartikeln "ja" und "eigentlich" in beiden Sprachen analysiert, um die Übersetzungstechniken der Übersetzerin Colette Kowalski zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Abtönung, Sprachliches Phänomen, Übersetzung, Übersetzungsvergleich, Deutscher Sprachraum, Französischer Sprachraum, "Herr Lehmann", Sven Regener, Colette Kowalski, Modalwörter, Modalverben, Abtönungspartikeln, Illokutionäre Akte, Konversationelle Implikaturen, Kommunikationsabsicht.
- Quote paper
- Annika Thoden (Author), 2010, Abtönung im Deutschen und im Französischen , Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/159389