Es „müssen Zweifel aufkommen bei der Verteilung von Recht und Unrecht, Tugend und Laster und Gut und Böse“ schreibt Jürgen Schröder in seinem bahnbrechenden „Plädoyer für Nicolo“ über die Novellen-Welt im „Findling“. Denn „alles Sein ist zum Schein geworden.“ Wie sind diese Aussagen Schröders aufzufassen? Ist Nicolo doch nicht „ein das menschliche Maß überschreitendes absolut Böses“? Und wie steht es mit seinen gütigen Adoptiveltern? Gibt es etwa Umstände und Verhaltensweisen, welche die Figuren in ein anderes Licht rücken? Um Antworten auf diese Fragestellungen zu finden, widmet sich die vorliegende Seminararbeit der Familie Piachi in Heinrich von Kleists „Der Findling“ und nimmt dabei die drei Hauptfiguren Antonio, Elvire und Nicolo sowie deren Beziehungen untereinander in den Blick.
Ziel ist es, anhand ausgewählter Textstellen die komplexe, von Projektionen und Polaritäten geprägte Familienstruktur der Piachis zu beleuchten, da in der Erzählung nichts so ist, wie es anfangs erscheint. Indem zunächst die Eheleute und damit die familiären Verhältnisse, in denen der Findling aufwächst, erarbeitet werden, kann sodann eine vollumfängliche Darstellung Nicolos erfolgen, um abschließend die Schuldfrage in Kleists Erzählung aufzugreifen.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2022, Mehr Schein als Sein. Die Familie Piachi in Heinrich von Kleists "Der Findling", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1585203