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Seminararbeit, 2010
45 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung
2 Merkmale und Problemfelder des traditionellen Controllings
2.1 Klassisches Verständnis des Controllings
2.2 Der ökonomische Ansatz
2.2.1 Homo Oeconomicus als Basis des traditionellen Controllings
2.2.2 Der Ansatz im Detail
2.3 Problemfelder
2.3.1 Probleme des konventionellen Ansatzes
2.3.2 Information Overload als spezifisches Problem
2.3.2.1 Begriffserläuterung und Ursachen
2.3.2.2 Konsequenzen für das Controlling
2.3.2.3 Konsequenzen für das Management
3 Psychologie & Controlling als Bezugsrahmen verhaltensorientierten Controllings
3.1 Der Mensch im psychologischen Verständnis
3.2 Soziale Einflüsse
4 Verhaltensorientierung im Controlling
5 Konzeptionen des verhaltensorientierten Controllings
5.1 Principal-Agent-Theorie
5.1.1 Grundlagen
5.1.2 Annahmen
5.1.3 Auftretende Probleme
5.2 Das interne/mentale Modell
5.3 Transaktionskostenansatz
5.3.1 Grundlagen
5.3.1.1 Grundbegriffe
5.3.1.2 Annahmen über Akteure und Rahmenbedingungen
5.3.2 Kurze Historie
5.3.3 Determinanten der Transaktionskostenhöhe
5.3.4 Hauptaussagen
6 Möglichkeiten und Grenzen des verhaltensorientierten Controllings
7 Schlussbetrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Abbildung 1 Zusammenhang zwischen Informationsbelastung und Entscheidungsqualität
Abbildung 2 Dimensionen und Wirkungszusammenhänge
Abbildung 3 Bedürfnispyramide
Abbildung 4 Informationsasymmetrien
Abbildung 5 C.P. Kostenwirkung
Abbildung 6 Anforderungen an den Controller
„Quo vadis Controlling?“
Das Controlling ist ein noch sehr junges betriebswirtschaftliches Forschungsgebiet mit praxisorientiertem Ursprung.[1] Es ist seit jeher einem steten Wandel unterworfen, es befindet sich quasi in einem Selbstfindungsprozess.[2] Der Alltag ist voller Phänomene die mit den bisherigen Erkenntnissen und Methoden nicht mehr adäquat erklärt werden können.[3] Bisher wird Controlling mit Rationalität, Nüchternheit, Analytik und stringenter Zahlenfixiertheit assoziiert. Neben den Fakten besteht kein Platz für Emotionen oder Intuition. Doch der Controller muss nicht nur allgemeingültige Messinstrumente als Grundlage einer Orientierung oder Koordination zur Verfügung stellen, vielmehr muss er auch auf Eigenschaften, Präferenzen oder Zielvorstellungen der Manager eingehen können. Dies alles differiert von Mensch zu Mensch, da jeder einen individuellen Charakter besitzt. Je nach Situation muss der Controller in der Lage sein, abzuschätzen ob es sich um ein eigenes Ziel des Managers oder um ein Unternehmensziel handelt und die Menge und Komplexität der grundlegenden Informationen dementsprechend anzupassen.
Mit dieser Thematik befasst sich der verhaltensorientierte Controlling Ansatz. Denn jedes Unternehmen ist abhängig von den Entscheidungen, die ein Mensch zu treffen hat. Ein Mensch, der wie alle anderen über limitierte Fähigkeiten und menschliche Eigenschaften verfügt. Doch in der Controlling Forschung, speziell hierzulande, wurde das Thema Mensch viel zu lange vernachlässigt.[4] Dies wird nun langsam im Zuge einer Bewusstseinserweiterung nachgeholt. Ein Bewusstsein darüber, dass ein Controller neben dem Rechenschieber auch Konfliktlösung und Kommunikationsinstrumente beherrschen muss. Jedoch sollte nichtsdestotrotz der sichere Grund des entscheidungsorientierten Modells nicht vorschnell verlassen oder gar aufgegeben werden.[5] Es muss ein geeignetes Mittelmaß gefunden werden, dass die reine Analytik mit dem Wesen Mensch und seinem Charakter vereint.
Die folgende Ausarbeitung befasst sich mit einem Controlling Ansatz, der in der aktuell in der Controllingpraxis und -forschung in Deutschland für Aufsehen sorgt und in Zukunft sicher eine wichtige Rolle spielen wird.
Dabei wird im ersten Teil der Arbeit das traditionelle, entscheidungsorientierte Controlling beleuchtet und erläutert was unter „traditionellem Controlling“ verstanden wird. Die Grundlage dieses Ansatzes liefert der ökonomische Ansatz basierend auf dem „Homo Oeconomicus“ als Subjekt des wirtschaftlichen Handelns. Nach einer einführenden Erklärung dessen, wird der Ansatz genauer untersucht. Dem Leser werden die Probleme, die der konventionelle Controllingansatz mit sich bringt, aufgezeigt und kurz umrissen. Welche Konsequenzen der Information Overload als spezifisches Problem für das Controlling im Allgemeinen und das Management im Speziellen mit sich bringt, wird nach einer einführenden Definition des Begriffs und der Problemstellung sowie den Determinanten und Ursachen dieses Phänomens beleuchtet.
Im darauffolgenden Kapitel wird der Schwerpunkt auf ein anderes Gebiet der Schnittmenge des verhaltensorientierten Controllings gelegt - die Psychologie. Dabei liegt das Augenmerk auf dem psychologischen Verständnis des Menschenbildes, sowie auf sozialen Einflüssen, die die Entscheidungen und das Handeln des Menschen beeinflussen und bestimmen.
Die Verhaltensorientierung im Controlling wird im darauffolgenden Teil behandelt.
Sie stellt die Grundlage für die verschiedenen Konzeptionen der Umsetzung dieses Ansatzes dar, die im nächsten Abschnitt erläutert werden. Es wird das interne bzw. mentale Modell vorgestellt, das unter den aufgeführten Modellen wohl am stärksten mit dem Feld der Psychologie verknüpft ist. Der Fokus wird aber hauptsächlich auf den agencytheoretischen sowie den transaktionskostenbasierten Ansatz gelegt. Der Principal-Agent-Ansatz wird in seinen Grundlagen und den daraus resultierenden Annahmen beleuchtet und dabei auftretende Probleme vorgestellt. Die Grundlagen des Transaktionskostenansatzes werden ebenso behandelt und einige Grundbegriffe erklärt. Nachdem die Annahmen über die Beteiligten und die Rahmenbedingungen angeschnitten wurden, folgt ein kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Ansatzes und wie sich die Höhe der Transaktionskosten determiniert. Abschließend werden die Hauptaussagen vorgestellt.
Es folgt eine grundlegende kritische Würdigung der Möglichkeiten die ein verhaltensorientierter Controlling Ansatz im Allgemeinen und die oben erwähnten Ansatzmöglichkeiten im Speziellen mit sich bringen, jedoch auch die dabei auftretenden Probleme und Grenzen werden beleuchtet.
Abschließend wird in der Schlussbetrachtung ein Fazit über dieses zukunftsweisende Feld der Controlling Ansätze gezogen.
In der heutigen Unternehmenspraxis spielt das Controlling eine essentielle Rolle. Das Controllingkonzept hat sich dabei in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt und stellt nun eine wichtige Führungsfunktion im Unternehmensgefüge dar. Allerdings scheiden sich die Geister auch nach dieser langen Zeit noch immer wenn es um eine exakte Definition des Begriffes geht.[6] Unterschiedliche Literaturen zeichnen sich durch verschiedene Auffassungen der Definitionssätze aus.[7] Missverständnisse über die Funktionen des Controllings sind selbst nach jahrzehntelanger Forschung und Praxis noch längst nicht ausgeräumt.[8] Oft wird der Controller auch nur auf einen kleinen Teil seiner tatsächlichen Aufgaben reduziert, da Controlling oft synonym zu Kontrolle verwendet wird.[9] Im Verständnis der Allgemeinheit wird der Controller auch oft als Zahlenjongleur fern ab der Realität betrachtet. Er sitzt an seinem Schreibtisch und versucht die Wirklichkeit mit einem Rechenschieber abzubilden. Typischerweise wird einem Controller im Unternehmen die Funktion zugewiesen, Fehlentscheidungen des Managements zu korrigieren.[10] Jedoch auch in der betriebswirtschaftlichen Theorie wird über die Funktion des Controllings kontrovers diskutiert.[11]
Auch wenn eine allgemeingültige Definition nicht möglich ist, so ist doch unumstritten, dass das Controlling durch Koordination einen Teil zur Führungsarbeit des Unternehmens beiträgt.[12] Dabei muss durch Koordination der Führungsbereiche[13] Organisation, Planung, Kontrolle, Information, und Personalführung sichergestellt werden, dass die Unternehmensziele erreicht werden.[14] Sprich, es soll die Entscheidungsqualität auf allen Führungsebenen[15] verbessern.[16] Diese Koordination teilt sich in zwei Aufgabenfelder: die systemkoppelnde und die systembildende Koordination. Die systembildende Koordination legt dabei den Grundstein durch die Schaffung eines formalen Systems. Anhand dieses formalen Systems wird dann das Planungssystem festgelegt. Die einzelnen Planungen innerhalb des bestehenden formalen Systems zusammenzuführen ist wiederum die Aufgabe der systemkoppelnden Koordination. Die Planungen werden zu einem Gesamtbild „gekoppelt“ und aufeinander abgestimmt.[17]
Generell kann man die Bausteine des Controllings - operativ sowie auch strategisch - Planung, Kontrolle, Steuerung, Informationsversorgung und Koordination nennen.[18] Eine dieser Funktionen sei hier noch hervorgehoben, da sie in einem späteren Kapitel eine entscheidende Rolle spielen wird. Die Informationsfunktion, bestehend aus Informationsgewinnung, -verarbeitung und - aufbereitung.[19] Um vernünftig zu planen, eine Entscheidung zu treffen und diese schlussendlich auch zu kontrollieren, werden Informationen benötigt.[20] Die Grundlage dieser Informationen liefert die objektive Realität. Der Controller muss dem Entscheidungsträger das richtige Informationsbündel zur Verfügung stellen. Dabei muss er auf Objektivität, Nachvollziehbarkeit und Problemadäquanz achten.[21] Einen Großteil dieser Informationen kann der Controller dem betrieblichen Rechnungswesen entnehmen.[22]
Der Homo Oeconomicus ist ein Abstraktum, dies sei von vorneherein klargestellt. Er verkörpert zwar die Verhaltensannahme des ökonomischen Prinzips, jedoch sollte nicht übersehen werden, dass es sich dabei nicht um einen Menschen aus Fleisch und Blut handelt. Fritz Machlup schlug vor, ihn für „Schwachverständige“ als „Homunculus Oeconomicus“ zu bezeichnen, um jedem vor Augen zu führen, dass es sich um Fiktion handelt.[23]
Beim Homo Oeconomicus handelt es sich um einen fiktiven Akteur, der in Eigeninteresse (a) rational (b) handelt um seinen Nutzen zu maximieren (c), dabei auf Restriktionen reagiert (d), feste Präferenzen hat (e) und über vollständige Informationen verfügt (f).[24] So lässt er sich zunächst in einem Satz beschreiben. Doch nun zu den einzelnen Eigenschaften:
a) Handelt eigeninteressiert: Dies ist die grundlegendste Annahme, die den Homo Oeconomicus identifiziert. Laut Kirchgässner handelt es sich dabei um das Eigennutzaxiom: das Individuum handelt nur entsprechend seinen eigenen Interessen und Präferenzen.[25]
b) Handelt rational: Ein zentraler Aspekt der Wirtschaftswissenschaften ist das rationale Handeln.[26] Wobei rationales Handeln als Handeln gemäß dem ökonomischen Prinzip, also zielorientiert, definiert wird.[27] Generell kann man zwei Formen der Rationalität unterscheiden: die formale und die substantielle Rationalität.[28] Unter formaler Rationalität versteht man die Art und Weise wie der Akteur seine Entscheidungen trifft; nämlich systematisch aus den zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen auf Basis des zugrundeliegenden Wertesystems.[29] Die substantielle Rationalität des Handelns bezieht sich auf eine zielgerichtete Entscheidung: die Nutzenmaximierung.[30]
c) Maximiert seinen Nutzen: Die Nutzenmaximierung ist das oberste Ziel des menschlichen rationalen Handelns.[31] In der Wirtschaftstheorie ist der oberste Nutzen die Gewinnmaximierung.[32] Es wird davon ausgegangen, dass der Akteur, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel rational dazu einsetzt, sein Ziel zu erreichen.[33] d) Reagiert auf Umweltbedingungen (Restriktionen): Ändert der Homo Oeconomicus sein Verhalten, so ist dies auf Veränderungen der strukturellen, äußeren Bedingungen zurückzuführen.[34] Die Umwelt gibt dem Akteur seinen Handlungsspielraum vor. Sie ermöglicht ihm Handlungen, aber begrenzt diese auch gleichzeitig. Der Fokus auf die vorhandenen Restriktionen ist deshalb notwendig und wichtig, um zu verhindern, dass Verhaltensänderungen des Akteurs auf eine Veränderung seiner Präferenzen zurückgeführt wird.[35]
e) Hat feste Präferenzen: Die Präferenzen des Homo Oeconomicus werden als stabil betrachtet, da eine Änderung der Präferenzen auch eine Veränderbarkeit des Charakters bedeuten würde. Da dies aber nur schwerlich zu erfassen ist, wird davon Abstand genommen.[36]
f) Verfügt über vollständige Information: Die Reaktion des Akteurs auf die Restriktionen geschieht ohne Transaktionskosten. Er ist vollständig über alle Handlungsalternativen informiert und kann deren Folgen und Auswirkungen komplett abschätzen. Denn die bestmögliche Handlungsalternative kann nur so getroffen werden.[37]
Aufbauend auf dem Homo Oeconomicus kennt das ökonomische Prinzip drei anerkannte Formulierungen nach welchen ein Handeln als rational erscheint:
1. Das Maximalprinzip: Mit einem gegebenen Input den maximalen Output erzielen (Ertragsmaximierung)
2. Das Minimalprinzip: einen gegebenen Output mit dem minimalen Input zu erreichen (Aufwandsminimierung)
3. Das generelle Optimumprinzip: ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Input und erreichbarem Output zu erzielen (Aufwands- und Ertragsoptimierung)[38]
Diese drei alternativen Handlungsweisen erscheinen vor dem Hintergrund der Güterknappheit als vernünftig (=rational).[39] In der Betriebswirtschaft spricht man für gewöhnlich von einer Zweckrationalität.[40] Erst durch Einhaltung des ökonomischen Prinzips wird aus ökonomischer Sicht das Unternehmen zu einer organisierten Wirtschaftseinheit.[41] Das ökonomische Prinzip, oder Rationalprinzip, lässt eine normative und eine positive Interpretation zu. Wobei sich der normative Ansatz auf Handlungsempfehlungen oder -vorschriften bezieht und der positive Ansatz auf empirisch widerlegbare, beobachtete Sachverhalte.[42] Um jedoch eine optimale Entscheidung zu treffen, müssen zunächst alle effizienten Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Denn eine optimale Lösung ist auch immer effizient und gleichzeitig unabhängig von persönlichen Präferenzen.[43]
Das erste Problem des konventionellen Controlling-Ansatzes auf Basis des ökonomischen Prinzips ist die generelle Vereinbarkeit betriebswirtschaftlicher Aussagen mit eben diesem Prinzip. Den Blickwinkel auf ein ausschließlich rationales Verhalten (nicht zu verwechseln mit rationaler Verwendung von Gütern!) des Menschen zu verengen, kann viele betriebliche Verhaltensweisen nicht erklären.[44] Desweiteren schließt die Ermittlung von effizienten Lösungsvorschlägen bzw. Handlungsalternativen das Vorhandensein persönlicher Präferenzen kategorisch aus.[45] Generell verlässt sich das traditionelle Controlling viel zu sehr auf die reine Zahlenwelt.[46] Dass hinter jeder Informationsaufbereitung und Entscheidung auch ein Mensch steht, der persönliche oder soziale Präferenzen aufweist, wird dabei vollkommen außer Acht gelassen.[47]Die Auswahl der nun für richtig erachteten Handlungsalternative auf Basis des zugrundeliegenden Wertesystems wirft das nächste Problem auf. Denn sowohl ein Mönch, der auf alles verzichtet, und ein Gangster, der alles an sich reißt, handeln in ihrem Wertesystem völlig rational.[48] Im Übrigen werden alle Entscheidungen im Unternehmen von Menschen getroffen, die sich hinsichtlich Fähigkeiten und Motivation deutlich voneinander abheben und zusätzlich eigenmotiviert handeln.[49] Diese Faktoren werden vom entscheidungsorientierten Controlling nicht berücksichtigt.
Betrachtet man das Wesen des Homo Oeconomicus, so dürfte es wohl als selbstverständlich erachtet werden, dass ein derartiges Individuum nicht existiert.[50] Es handelt sich um ein theoretisches Erklärungskonzept und kann in keinster Weise zur Analyse individuellen Verhaltens herangezogen werden, da es von der Realität abstrahiert.[51]
„Man kann die raffiniertesten Computer der Welt benutzen und alle Diagramme und Zahlen parat haben, aber am Ende muss man alle Informationen auf einen Nenner bringen[…][52]
Lee Iacocca
Häufig findet eine Gleichsetzung des Terminus Information Overload mit Wissensüberangebot statt. Die Bedeutung bereitgestellter Informationen im Controlling ist allgemein anerkannt. Sie sollen zu fundierten und möglichst rationalen Entscheidungen von Managern führen.[53] Landläufig wird die Meinung vertreten, „je mehr Informationen, desto besser die Entscheidung“. Diese Meinung wird oft eins zu eins in die Unternehmenspraxis übertragen. Nach einer Studie des Marktforschungsinstitutes Vanson Bourne von 2007, sind rund zwei Drittel der befragten Manager der Meinung, dass eine Lösung mit Zugriff auf alle Informationen die Qualität der Entscheidung verbessern würde.[54] Liest man eine allgemeine Definition des Begriffs Information, so handelt es sich dabei um zweckorientiertes Wissen, soll heißen: nur Wissen, das zu Handlungs- und/oder Entscheidungsvorbereitung dient, ist auch tatsächlich Information.[55] Häufig werden jedoch dem Entscheidungsträger auf dessen eigenen Wunsch viel zu große Mengen an Information zur Verfügung gestellt, da er sich sonst in seiner Entscheidung unsicherer fühlt als bei geringerem Informationsangebot.[56] Nun führt dieses vorhandene Überangebot an Information zu einem Kapazitätsproblem des Entscheiders. Somit kann Information Overload als der Anteil am Informationsvolumen, der die kognitiv beschränkte Informationsverarbeitungskapazität des Entscheiders übersteigt, definiert werden.[57] Der Information Overload wird von drei Determinanten beeinflusst: der vorhandenen Anzahl an Informationen, deren Komplexität sowie der zur Verarbeitung notwendigen Zeit im Vergleich zu einem vorhandenen Zeitlimit.[58] Das Schroder/Driver/Streufert-Modell stellt den Information Load in einen Zusammenhang mit der menschlichen Fähigkeit der Informationsverarbeitung. Unter Information Load wird dabei die Informationsbelastung des Individuums verstanden.[59] Gemäß der Psychologie ist Information Load gleichzusetzen mit Mental Workload, also der im Gehirn benötigten Menge an mentalen Ressourcen zur Bewältigung einer Aufgabe.[60] Verdeutlicht man dies in folgendem grafischen Modell, so kann man erkennen, dass bis zu einem Schwellenpunkt die Performance[61] der menschlichen Informationsverarbeitung linear ansteigt. Ist dieser Punkt überschritten, so verschlechtert sie sich drastisch, was die Qualität der Lösung der Problemstellung oder Aufgabe negativ beeinflusst:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Zusammenhang zwischen Informationsbelastung und Entscheidungsqualität (Quelle: In Anlehnung an: Eppler, M.J./Mengis, J. (2004), S.326)
Die Ursachen des Information Overload begründen sich in den folgenden fünf Faktoren:
a) Persönliche Faktoren: Diese Faktoren sind die begrenzte kognitive Informationsverarbeitungskapazität, die persönliche Situation und Erfahrung jedes Individuums[62] sowie seiner grundsätzlichen Motivation bzw. Demotivation.
b) Charakteristik der Information: Bestimmt durch die Quantität, Intensität, Häufigkeit, Mehrdeutigkeit und Qualität der zu verarbeitenden Informationen.[63]
c) Prozess- und Aufgabenparameter: Die Komplexität der Aufgaben sowie der Unterbrechung in deren Bearbeitung aufgrund der Komplexität in Verbindung mit existierendem Zeitdruck.
d) Organisationsstruktur: Die verschiedenen Informationssuchen des Endnutzers und des Experten, der seine Informationssammlung zu Machtdemonstrationszwecken einsetzt bzw. missbraucht.
e) Informationstechnologie: Einsatz von existierenden Verteilungskanälen für gleichen Inhalt, großer Speicherkapazität und geringen Vervielfältigungskosten.[64] Als bestes Beispiel hierzu fungiert wohl die E-Mail. Sie bietet Informationsversand ohne großen Aufwand in minimaler Größe ohne Vervielfältigungskosten zu verursachen.
Im Regelfall tritt das Phänomen Information Overload nicht aufgrund eines einzelnen der oben aufgelisteten Faktoren auf, sondern durch ein Zusammenwirken aller fünf. Als Beispiel kann hier die Qualität einer Information angeführt werden. So ist die Informationsverarbeitungskapazität eines Entscheiders eindeutig abhängig von der Qualität der vorliegenden Informationen. Je höher die Qualität, desto höher ist auch die kognitive Kapazität zu deren Verarbeitung.[65]
Dieses Phänomen bringt gewisse Konsequenzen für die Entscheidungsträger und das Controlling im Allgemeinen mit sich. Im Folgenden werden diese Konsequenzen dargestellt.
Der Entscheidungsprozess im Management beginnt bei der Informationssuche im Controlling. Dabei versucht der Controller dem Manager oder Entscheidungsträger durch gezieltes zur Verfügung stellen von Informationen die Grundlage seiner Entscheidung zu liefern. Allerdings kann die Entscheidung durch ein Überangebot von Informationen nur allzu leicht beeinträchtigt werden.[66] Die Filterung der relevanten Informationen gestaltet sich zunehmend schwieriger und führt nicht selten zu einer erheblichen Zeitverzögerung der Entscheidung.[67] Betrachtet man z.B. eine Investitionsentscheidung innerhalb eines Unternehmens, so wird die Problematik erkennbar. In vielen Fällen umfassen Investitionsentscheidungen ein großes finanzielles Volumen und haben eine essentielle Bedeutung für die Zukunft des Unternehmens. Aus diesem Grund wird dem Entscheider, beispielsweise in einer Präsentation oder einem Report als Grundlage der Investitionsentscheidung, eine unglaubliche Fülle an Informationen in komprimiertem Zustand vorgelegt. Hier besteht eine akute Gefahr des Information Overload.[68] Somit können Fehlentscheidungen, hervorgerufen durch Informationsüberlastung, den Erfolg oder gar den Fortbestand eines Unternehmens immens beeinflussen. Ob dieses Bewusstsein allerdings in den Köpfen der Beteiligten verankert ist, darf bezweifelt werden.
Daher muss zukünftig auf eine stärkere Sensibilisierung für dieses Phänomen geachtet werden. Denn wenn das Bewusstsein dafür fehlt, ist auch nicht mit einem anstehenden Optimierungsprozess zu rechnen. Aber auch der Entscheidungsträger kann seinen Teil zur Problemlösung beitragen, indem er verstärkt Feedback über die erhaltenen Informationen gibt. Bleibt dieses Feedback aus, kann der Controller dieses jedoch auch forcieren, denn in den seltensten Fällen kann von einer Deckungsgleichheit von Informationsbedarf und Informationsnachfrage ausgegangen werden.[69]
Der Controller muss sich also ein Bewusstsein über die Relevanz der Informationsüberlastung verschaffen und die Entscheidungsträger für dieses Phänomen zu sensibilisieren.[70] Gelingt es dem Controller, den Manager von der Wichtigkeit der Informationsüberlastung im Hinblick auf die Entscheidungsqualität zu überzeugen, besteht seine Aufgabe darin, zusammen mit dem Manager die wichtigen Informationen für eine Entscheidung auszuarbeiten und die Informationsflut zu begrenzen.[71] Gelingt es ihm auch noch zu erkennen welcher Manager mit welchem Informationsvolumen belastet werden kann und darf, so steht einer Verhinderung des Information Overload nichts mehr im Wege.
Auch für Manager gilt, dass die Anzahl und die Komplexität der vom Controlling zur Verfügung gestellten Information als Entscheidungsgrundlage und der vorgegebene zeitliche Entscheidungsrahmen eine große Rolle spielen.[72] Als direkte betriebliche Konsequenz können Fehlentscheidungen von nicht definierbarem Ausmaß getroffen werden.[73]
Belegt in zahlreichen Studien, hier beispielhaft eine Studie von Waddington von 1996, hat der Information Overload eine erhebliche Wirkung sowohl auf die psychische als auch auf die physische Gesundheit des Entscheidungsträgers.
[...]
[1] Vgl. Bramsemann, U./Heineke, C./Kunz, J. (2004), S. 550
[2] Vgl. Müller, K./Wilmsmann, D. (2008), S.457
[3] Vgl. Hirsch, B./Schäffer, U./Weber, J (2008), S. 5
[4] Vgl. Weber, J. et al. (2003), S. 7
[5] Vgl. Hirsch, B./Schäffer, U./Weber, J (2008), S. 8
[6] Vgl. Horváth & Partner (1998), S. 5
[7] Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1999), S. 732
[8] Vgl. Bornemann, H. (1985), S. 11
[9] Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2006), S. 232
[10] Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 41
[11] Vgl. Barth, T./Barth, D. (2004), S. 9
[12] Vgl. Weber, J. (1991), S. 33
[13] Vgl. Remmel, M. (1991), S. 10
[14] Vgl. Wöhe, G/Döring, U. (2002), S. 219
[15] Vgl. Lebefromm, U. (1997), S. 1
[16] Vgl. Reichmann, T. (1997), S. 12
[17] Vgl. Horváth, P. (2009), S. 141
[18] Vgl. Langguth, H. (1994), S. 23
[19] Vgl. Baum, H.-G./Coenenberg, A./Günther, T. (2007), S. 4
[20] Vgl. Ziegenbein, K. (2007), S. 163
[21] Vgl. Volnhals, M./Hirsch, B. (2008), S. 50
[22] Vgl. Schröder, E. (1992), S. 27
[23] Vgl. Machlup, F. (1961), S. 21
[24] Vgl. Franz, S. (2004), S. 4
[25] Vgl. Kirchgässner, G. (1991), S. 16
[26] Vgl. Jacob, H. (1990), S. 21 f.
[27] Vgl. Bofinger, P. (2007), S. 136
[28] Vgl. Tietzel, M. (1981), S. 121
[29] Vgl. Franz, S. (2004), S. 5
[30] Vgl. Tietzel, M. (1981), S. 122
[31] Vgl. Pietschmann, B./Vahs, D. (1997), S. 9
[32] Vgl. Jacob, H. (1990), S. 368
[33] Vgl. Franz, S. (2004), S. 6
[34] Vgl. Kirchgässner, G. (1991), S. 27
[35] Vgl. Franz, S. (2004), S. 6
[36] Vgl. Suchanek, A. (1994), S. 93
[37] Vgl. Franz, S. (2004), S. 9
[38] Vgl. Bofinger, P. (2007), S. 136
[39] Vgl. Schierenbeck, H. (1989), S. 3
[40] Vgl. Berg, H./Cassel, D./Hartwig, K.-H. (2007), S. 245 ff.
[41] Vgl. Wöhe, G./Döring, U (2005), S. 50
[42] Vgl. Neus, W. (2009), S. 4
[43] Vgl. Neus, W. (2009), S. 41 f.
[44] Vgl. Neus, W. (2009), S. 5
[45] Vgl. Neus, W. (2009), S. 41
[46] Vgl. Witt, K./Witt F.-J. (2010)
[47] Vgl. Stefani, U. (2008), S. 13
[48] Vgl. Herder-Dornenreich, P./Groser, M. (1977), S 27
[49] Vgl. Müller, K./Wilmsmann, D. (2008), S. 457
[50] Vgl. Franz, S. (2004), S. 9
[51] Vgl. Schilke, O./Reimann, M. (2007), S. 248
[52] Vgl. Hildebrand, P. (2008), S. 267
[53] Vgl. Kreis-Engelhardt, B./Pichler, R. (1999), S. 470
[54] Vgl. Kaiser, J. (2007)
[55] Vgl. Wittmann, W. (1959), S. 14
[56] Vgl. Raffé, H./Fritz, W. (1987), S. 84
[57] Vgl. Arnold, W./Eysenck, H.J./Meili, R. (1971), S. 183
[58] Vgl. Volnhals, M./Hirsch, B. (2008), S. 51
[59] Vgl. Volnhals, M./Hirsch, B. (2008), S. 51
[60] Vgl. Schvaneveldt, R./Gomez, R.L./Reid, G. (2007), S. 2
[61] Vgl. Bachmann, B. (1992), S. 304
[62] Vgl. Swain, M./Haka, S. (2000), S. 181
[63] Vgl. Schneider, S. (1987), S. 147
[64] Vgl. Eppler, M./Mengis, J. (2004), S. 332
[65] Vgl. Volnhals, M/Hirsch, B. (2008), S. 53
[66] Vgl. Waddington, P. (1996)
[67] Volnhals, M./Hirsch, B. (2008), S. 54
[68] Vgl. Zayer, E./Hirsch, B. (2006), S. 648
[69] Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2006), S. 82
[70] Vgl. Kaufmann, L. (2002), S. 35 ff.
[71] Vgl. Volnhals, M./Hirsch, B. (2008), S. 55
[72] Vgl. Weber, J./Schaier, S./Strangfeld, O. (2005), S. 16
[73] Vgl. Volnhals, M/Hirsch, B. (2008), S. 53
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Politik - Internationale Politik - Thema: Völkerrecht und Menschenrechte
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