In der alltäglichen Kommunikation neigt man dazu, Organisationen oder Unternehmen in Schubladen zu stecken und einzelnen gesellschaftlichen Teilsystemen zuzuordnen, ohne sich über die Plausibilität der Kategorisierung Gedanken zu machen. In der Soziologie ist man dem Alltagsdenken zumindest einen kleinen Schritt voraus. Ihre Vertreter haben sich differenziertere Gedanken über die Rolle von Organisationen in modernen Gesellschaften gemacht und verschiedene Theorien entwickelt. Zum einen besteht die Annahme, dass verschiedene Organisationstypen existieren und diese sich den ausdifferenzierten Subsystemen der Gesellschaft zuordnen lassen (Differenzannahme). Zum anderen herrscht eine Sichtweise vor, dass sich Organisationen in ihrer Funktionsweise immer stärker annähern (Isomorphismusannahme), d.h. die Logiken von Funktionssystemen immer weniger Bedeutung haben. Beide Positionen sind jedoch mit Mängeln hinsichtlich ihrer Erklärungsleistung unserer modernen funktional differenzierten Gesellschaft und der Rolle von Organisationen in ihr behaftet, d.h. können die Wirklichkeit nicht vollständig abbilden. Grundlage der nachfolgenden Organisationsanalyse ist die daran anknüpfende Behauptung, dass es sehr wohl strukturell unterschiedliche Organisationen gibt, sie aber nicht immer und eindeutig einem spezifischen Funktionssystem zugerechnet werden können. Dies soll anhand des Beispiels der Organisation Krankenhaus eingehender erörtert werden.
Deswegen wird der Analyserahmen für die Betrachtung durch die von Ingo Bode und Hanns-Georg Brose beschriebene intersystemische Organisation gebildet. Sie definieren diese als zwischen den (System-)Grenzen liegend und dem unterschiedlichen systemspezifischen Funktionslogiken vermittelnd (Vgl. Bode & Brose, 2001, S. 113). Die Autoren verweisen darauf, dass insbesondere durch Privatisierungs- oder Deregulierungsprozesse der jüngeren Vergangenheit die gesellschaftliche Vermittlungsfunktion deutlicher zu Tage getreten ist. Eine Entwicklung, die insbesondere für das Gesundheits- und Wirtschaftssystem von Bedeutung war und spürbare Auswirkungen auf die Organisation Krankenhaus hatte. Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, das Spannungsfeld herauszuarbeiten, in dem Organisationen gefangen sind, die sich nicht eindeutig einem Funktionssystem zuordnen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Funktionssysteme in der Systemtheorie
- Das Wirtschaftssystem
- Das Gesundheitssystem
- Das Spannungsfeld zwischen den Systemen
- Die Rolle von Organisationen in einer funktional differenzierten Gesellschaft
- Der Erklärungsansatz von Niklas Luhmann
- Die intersystemische Organisation nach Bode und Brose
- Hybride Strukturen
- Universalistische Leistungserwartungen oder Zweckbindungen
- Intermediärer Charakter
- Detailbetrachtung der Organisation Krankenhaus
- Die Entwicklungsgeschichte des Krankenhauses
- Der intersystemische Charakter des Krankenhauses
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rolle von Organisationen in modernen Gesellschaften, wobei der Fokus auf Organisationen liegt, die sich nicht eindeutig einem spezifischen Funktionssystem zuordnen lassen. Anhand des Beispiels des Krankenhauses wird das Spannungsfeld zwischen Wirtschafts- und Gesundheitssystem herausgearbeitet, in dem diese Organisationen gefangen sind.
- Untersuchung der Rolle von Organisationen in einer funktional differenzierten Gesellschaft
- Analyse der Funktionssysteme in der Systemtheorie, insbesondere Wirtschaft und Gesundheit
- Die Darstellung der Spannungslinien zwischen den Systemen
- Die Rolle von Organisationen in den Funktionssystemen aus systemtheoretischer Perspektive
- Die Analyse der Organisation Krankenhaus als intersystemische Organisation
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Problematik der Einordnung von Organisationen in gesellschaftliche Teilsysteme vor und erläutert die Differenzannahme und die Isomorphismusannahme als zwei gegensätzliche Sichtweisen. Das Krankenhaus dient als Beispiel für die strukturell unterschiedlichen Organisationen, die nicht immer eindeutig einem spezifischen Funktionssystem zugeordnet werden können.
- Funktionssysteme in der Systemtheorie: Dieses Kapitel führt in die Systemtheorie von Niklas Luhmann ein und erläutert die Unterscheidung zwischen System und Umwelt sowie die spezifischen Funktionen verschiedener Funktionssysteme, wie z.B. Religion, Wirtschaft oder Gesundheit.
- Das Spannungsfeld zwischen den Systemen: Dieses Kapitel beleuchtet die Spannungslinien zwischen den verschiedenen Funktionssystemen, die durch die unterschiedlichen Funktionslogiken entstehen.
- Die Rolle von Organisationen in einer funktional differenzierten Gesellschaft: In diesem Kapitel werden die Erklärungsansätze von Niklas Luhmann und Ingo Bode und Hanns-Georg Brose vorgestellt, die unterschiedliche Sichtweisen auf die Rolle von Organisationen in einer funktional differenzierten Gesellschaft bieten. Insbesondere die intersystemische Organisation wird als ein wichtiger Faktor für die Beschreibung von Organisationen wie dem Krankenhaus betrachtet.
- Detailbetrachtung der Organisation Krankenhaus: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung und dem intersystemischen Charakter des Krankenhauses. Es untersucht, wie die Organisation Krankenhaus im Spannungsfeld zwischen Wirtschafts- und Gesundheitssystem agiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Systemtheorie von Niklas Luhmann, insbesondere mit dem Konzept der Funktionssysteme. Im Mittelpunkt steht die Analyse der intersystemischen Organisation nach Bode und Brose am Beispiel des Krankenhauses. Die Arbeit befasst sich mit Themen wie Differenzierungstheorien, gesellschaftliche Teilsysteme, Privatisierung, Deregulierung, Wirtschafts- und Gesundheitssystem, und der Funktionsweise von Organisationen in einer funktional differenzierten Gesellschaft.
- Quote paper
- Stefan Lippmann (Author), 2010, Organisationen im Spannungsfeld von Funktionssystemen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/155443