„Wenn es im Staate besser funktionieren soll,
muss bei den Kindern angefangen werden“.
Martin Luther
Der Vorschulbereich und die Schule sind seit der PISA-Studie in den Blickpunkt der bildungspolitischen Diskussionen gerückt. Die beiden Länder Deutschland und Türkei blieben von solchen bildungspolitischen Diskussionen nicht befreit. In Deutschland wurde darüber diskutiert, dass die frühkindliche Bildung erst spät einsetzt oder dass solche Kinder die aus bildungsfernen Schichten kommen, geringere Chancen haben eine höhere Bildung zu erfahren. In der Türkei wurde darüber diskutiert, dass es starke sozioökonomische Mängel bei der staatlichen Bildung gibt. Ein weiteres Diskussionsthema war auch, dass der Unterricht mehr lehrerzentriert als schülerzentriert verläuft, so dass die Schüler viel auswendig lernen statt problemorientiert zu lernen.
In meiner Arbeit werde ich versuchen einen Bildungsvergleich zwischen Deutschland und der Türkei aufzustellen. Diese Länderauswahl habe ich zunächst getroffen, da ich, als Deutsch-Türkin, gut über beide Bildungssysteme Bescheid weiß. Außerdem erschienen mir die beiden Länder im Hinblick auf die einerseits föderative Struktur Deutschlands und andererseits auf die zentralstaatliche Struktur der Türkei interessant für einen solchen Vergleich.
Mit dieser Arbeit möchte ich schwerpunktmäßig die bildungspolitischen Strukturen im Elementar- und Primarbereich der beiden Länder Türkei und Deutschland darstellen, analysieren und bewerten. Der Kern dieser Arbeit möchte den Stellenwert sowie die Handhabung der Vorschulerziehung und die Gestaltung des Primarbereichs der beiden Länder genauer darstellen und vergleichen. Im Fokus dieser Arbeit sollen die Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Problematiken der beiden Bildungssysteme
dargestellt werden. Ich möchte versuchen auf folgende erkenntnisleitenden Fragen Antworten zu finden:
- „Wo liegen die Hauptunterschiede, wo die Gemeinsamkeiten der Bildungssysteme?“
- „Welche Auswirkungen hat eine föderativ orientierte Bildungspolitik und welche eine zentralstaatlich orientierte?“
- „Welche historischen Aspekte spielen eine Rolle im Hinblick auf die Gestaltung der beiden Bildungssysteme?“
- „Welche Bedeutung hat der Elementarbereich? In welcher Form findet die frühkindliche Bildung in den beiden Ländern statt?“
- „Welche Formen von Bildungsbenachteiligung gibt es in den beiden Ländern und welche Ursachen liegen diesen zu Grunde?“
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Das Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland
1. Geschichte
2. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungswesens
3. Struktur und Inhalt
3.1. Elementarbereich
3.1.1. Geschichte
3.1.2. Rechtliche Grundlagen
3.1.2.1. Das Ausführungsgesetz des Landes NRW – Kinderbildungsgesetz KiBiz
3.1.3. Aufgaben und Ziele der Kindertageseinrichtungen
3.1.4. Erziehungsansätze/ Erziehungsprogramm
3.1.5. Gestaltung des Übergangs in die Grundschule
„Das Schulfähigkeitsprofil NRW“
3.1.6. Statistische Erhebungen
3.1.7. Erzieherausbildung (NRW)
3.2. Primarbereich
3.2.1. Entstehung der Grundschule
3.2.2. Aufbau der Grundschule
3.2.3. Aufgaben und Ziele der Grundschule
3.2.4. Grundsätze der Unterrichtsgestaltung
3.2.5. Lehrerausbildung (Grundschule NRW)
4. Grundzüge weiterführender Bildungsbereiche
5. Hauptprobleme des deutschen Bildungssystems im Elementar- und Primarbereich
III. Das Bildungssystem in der Republik Türkei
1. Geschichte
2. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungswesens
3. Struktur und Inhalt
3.1. Vorschulbereich
3.1.1. Entstehung des Vorschulbereichs
3.1.2. Aufbau des Vorschulbereichs
3.1.3. Wesentliche rechtliche Grundlagen der Vorschulerziehung
3.1.4. Aufgaben und Ziele des Vorschulbereichs
3.1.5. Erziehungsansätze/ Erziehungsprogramm
3.1.6. Statistische Erhebungen
3.1.7. Übergang in die Grundschule
3.1.7.1. Schulfähigkeitskriterien
3.1.8. Erzieherinnenausbildung
3.2. Grundschule - 8 jährige Einheitsschule
3.2.1. Entstehung der Grundschule
3.2.2. Aufbau der Grundschule
3.2.3. Aufgaben und Ziele der Grundschule
3.2.4. Grundsätze der Unterrichtsgestaltung
3.2.5. Lehrerausbildung
4. Grundzüge weiterführender Bildungsbereiche
5. Hauptprobleme des türkischen Bildungssystems im
Elementar- und Primarbereich
IV. Leitfadeninterviews mit Erzieherinnen und Lehrer/innen
aus Deutschland und aus der Türkei
1. Leitfadeninterviews mit Erzieherinnen und einer Pädagogin
im Elementarbereich
1.1. Interview mit einer Erzieherin
1.2. Interview mit einer Erzieherin
1.3. Interview mit einer Pädagogin
2. Leitfadeninterviews mit Lehrer/innen im Primarbereich
2.1. Interview mit einem Lehrer
2.2. Interview mit einer Lehrerin
2.3. Interview mit einer Lehrerin
3. Auswertung
3.1. Auswertung der Leitfadeninterviews
im Elementarbereich
3.2. Auswertung der Leitfadeninterviews im Primarbereich
V. Kritische Würdigung der Bildungssysteme
1. Deutschland
2. Türkei
VI. Resümee
VII. Literaturverzeichnis
VIII. Anhang
1. Das Bildungswesen in Deutschland
2. Das Bildungswesen in der Türkei
I. Einleitung
„Wenn es im Staate besser funktionieren soll,
muss bei den Kindern angefangen werden“.
Martin Luther
Der Vorschulbereich und die Schule sind seit der PISA-Studie in den Blickpunkt der bildungspolitischen Diskussionen gerückt. Die beiden Länder Deutschland und Türkei blieben von solchen bildungspolitischen Diskussionen nicht befreit. In Deutschland wurde darüber diskutiert, dass die frühkindliche Bildung erst spät einsetzt oder dass solche Kinder die aus bildungsfernen Schichten kommen, geringere Chancen haben eine höhere Bildung zu erfahren. In der Türkei wurde darüber diskutiert, dass es starke sozioökonomische Mängel bei der staatlichen Bildung gibt. Ein weiteres Diskussionsthema war auch, dass der Unterricht mehr lehrerzentriert als schülerzentriert verläuft, so dass die Schüler viel auswendig lernen statt problemorientiert zu lernen.
In meiner Arbeit werde ich versuchen einen Bildungsvergleich zwischen Deutschland und der Türkei aufzustellen. Diese Länderauswahl habe ich zunächst getroffen, da ich, als Deutsch-Türkin, gut über beide Bildungssysteme Bescheid weiß. Außerdem erschienen mir die beiden Länder im Hinblick auf die einerseits föderative Struktur Deutschlands und andererseits auf die zentralstaatliche Struktur der Türkei interessant für einen solchen Vergleich.
Mit dieser Arbeit möchte ich schwerpunktmäßig die bildungspolitischen Strukturen im Elementar- und Primarbereich der beiden Länder Türkei und Deutschland darstellen, analysieren und bewerten. Der Kern dieser Arbeit möchte den Stellenwert sowie die Handhabung der Vorschulerziehung und die Gestaltung des Primarbereichs der beiden Länder genauer darstellen und vergleichen. Im Fokus dieser Arbeit sollen die Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Problematiken der beiden Bildungssysteme dargestellt werden. Ich möchte versuchen auf folgende erkenntnisleitenden Fragen Antworten zu finden:
- „Wo liegen die Hauptunterschiede, wo die Gemeinsamkeiten der Bildungssysteme?“
- „Welche Auswirkungen hat eine föderativ orientierte Bildungspolitik und welche eine zentralstaatlich orientierte?“
- „Welche historischen Aspekte spielen eine Rolle im Hinblick auf die Gestaltung der beiden Bildungssysteme?“
- „Welche Bedeutung hat der Elementarbereich? In welcher Form findet die frühkindliche Bildung in den beiden Ländern statt?“
- „Welche Formen von Bildungsbenachteiligung gibt es in den beiden Ländern und welche Ursachen liegen diesen zu Grunde?“
Das zweite Kapitel der Arbeit dient der Darstellung des Bildungssystems der Bundesrepublik Deutschland. Hier werden die allgemeinen rechtlichen Grundlagen und die Verwaltung des deutschen Bildungswesens vorgestellt. Desweiteren wird das deutsche Bildungssystem in seinem Aufbau und seiner Struktur dargestellt, der Elementar- und Primarbereich wird hier besonders hervorgehoben. In diesen Bereichen stelle ich die historischen, rechtlichen, methodischen sowie statistischen Aspekte vor, gehe auf die Ausbildungsformen des fachlichen Personals ein und versuche somit die Hauptprobleme der beiden Bereiche darzustellen. In den beiden Bereichen orientiere ich mich an dem Bundesland Nordrhein-Westfalen um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen.
In dem dritten Kapitel gehe ich in einer ähnlichen Abfolge wie in dem zweiten Kapitel auf die wesentlichen Aspekte des Bildungssystems der Republik Türkei ein und versuche zum Schluss des Kapitels die Hauptprobleme des Elementar- und Primarbereiches in der Türkei darzustellen.
Das Kapitel Vier widmet sich den Leitfadeninterviews mit Erzieherinnen und Lehrer/innen aus Deutschland und aus der Türkei. Dazu habe ich drei Interviews mit Fachkräften aus dem Elementarbereich durchgeführt und ausgewertet und drei Interviews mit Lehrkräften, aus dem Primar- und Sekundärbereich. Für die Leitfadeninterviews in der Türkei habe ich eine Exkursion in die Türkei durchgeführt. Die Interviews zielen darauf ab, die Erfahrungen, Einschätzungen und Anregungen von Fachkräften aus der Praxis mit einzubeziehen. Insofern war es mir wichtig mit den Leitfadeninterviews den Bezug zur Praxis herzustellen.
Kurz vor dem Ende meiner Arbeit im fünften Kapitel betrachte ich die beiden Bildungssysteme aus einer kritischen Perspektive.
Im Resümee werden die zentralen Gedanken der Arbeit nochmals zusammengefasst und kritisch beleuchtet. Außerdem möchte ich in diesem letzen Kapitel versuchen die anfangs gestellten erkenntnisleitenden Fragen zu beantworten.
II. Das Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland
1. Geschichte
Schon im frühen Mittelalter gab es schon Ansätze zur Bildung. Die schulische Bildung war aber bis ins 19. Jahrhundert nicht für jeden gedacht. In der christlichen Zeit lag die Bildungsgewalt in den Händen der Klerus. Damals ging es überwiegend um die Bildung des Kleriker-Nachwuchses. Zu dieser Zeit gab es die Dom- und Klosterschulen. Erst mit der Reformation im späten Mittelalter gab es Ansätze zur Volksbildung, da die protestantische Theologie bei allen Gläubigen Kenntnisse der Bibel voraussetzte. Es entstanden weitere Schulen wie die städtischen Lateinschulen und die deutschen Schreib- und Rechenschulen. Jedoch blieb die Bildung immer noch ein Privileg für wenige. In Preußen wurde dann im 19. Jahrhundert das Bildungsmonopol des Adels und der Kirche abgeschafft. Dadurch wurde in Deutschland der erste Grundstein für die staatlichen Schulen gelegt. Die Weimarer Republik war die wichtigste Periode für das heutige gegliederte Schulwesen. Während der Weimarer Republik 1920 wurde mit dem Reichgrundschulgesetz die allgemeine obligatorische vierjährige Grundschule eingeführt. Die nationalsozialistische Diktatur zwischen 1933-1945 brachte es auch nicht zu einer umfassenden Neustrukturierung des Bildungswesens. Das damalige dreigliedrige allgemeinbildende Schulwesen wurde mit einigen Änderungen beibehalten. Nach dem die NS - Regimes im Mai 1945 zusammenbrachen, übernahmen die alliierten Mächte in Berlin und in den vier Besatzungszonen auch die Kontrolle über das Bildungswesen. „Der Alliierte Kontrollrat beschränkte sich auf allgemeine Prinzipien (…) wie Entnazifizierung, Entmilitarisierung und Demokratisierung des deutschen Bildungswesens.“(Anweiler 1999, 73) In der Sowjetischen Besatzungszone wurden Gesetze zur Demokratisierung der deutschen Schulen erlassen, durch die dann auch eine achtjährige gemeinsame Grundschule eingeführt wurde. In der Westzone knüpfte man weiter an die Schulstruktur von 1933 an. Somit entstanden eine föderalistische Struktur des Bildungswesens im Westen und eine zentralistisch orientierte Bildungsstruktur im Osten. Mitte der sechziger Jahre begann die Zeit der umfassenden Reformbestrebungen in der BRD, die etwa zehn Jahre dauerten. Es ging um die Verbesserung der sozialen Chancengleichheit im Bildungswesen. „1970 verabschiedete der Bildungsrat den Strukturplan für das deutsche Bildungswesen“ (Schäfer 1976, 42), welcher eine horizontale Gliederung des Bildungssystems vorsah. 1970 wurde auch die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung gegründet. Hier konnten alle Bund und Länder ihre gemeinsamen Fragen im Bildungswesen klären. Am 15. Juni 1973 wurde der Bildungsgesamtplan von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung verabschiedet. Dieser Bildungsgesamtplan berücksichtigte auch den Strukturplan des Deutschen Bildungsrates und die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zum Hochschulwesen. Dieser stellte den ersten gemeinsamen Gesamtplan für das Bildungswesen in der Bundesrepublik dar. Nach dem Einigungsvertrag von 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik mussten die fünf ostdeutschen Länder das Bildungswesen gesetzlich neu regeln. Auf der Grundlage des Ländereinführungsgesetzes vom Juli 1990 richteten die ostdeutschen Länder Kultus- und Wissenschaftsministerien ein. Diese traten dann im Dezember 1990 der Kultusministerkonferenz bei, um eine gemeinsame und vergleichbare Grundstruktur im Bildungswesen herzustellen
2. Rechtliche Grundlagen und Verwaltung des Bildungswesens
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine genaue gesetzliche Regelung für das gesamte Bildungswesen. Es herrscht das Prinzip der Kulturhoheit der Länder. Die Länder haben also Vorrang vor den bundeseinheitlichen Regelungen gerade im Bereich der Bildung. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 enthielt ursprünglich nur Aussagen über die Freiheit der Kunst und Wissenschaft, über Forschung und Lehre, das Elternrecht, die staatliche Schulaufsicht, den Religionsunterricht und die Privatschulen. Durch die Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 erhielt der Bund die Rahmenkompetenz für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens, wodurch 1976 das Hochschulrahmengesetz ermöglicht wurde, ferner das Recht der konkurrierenden Gesetzgebung für die Ausbildungsförderung, worauf das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beruht. Im Wesentlichen ist die berufliche Ausbildung einheitlich geregelt durch das Berufsbildungsgesetz. Bei der Koordinierung der Schul-, Hochschul- und Kulturpolitik stellt die Kultusministerkonferenz ein wichtiges Organ der Länder dar. Das 1970 errichtete Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft kann nur begrenzt in die Bereiche der beruflichen Bildung, des Hochschulbereichs und der Bildungsforschung eingreifen. Die Kultusministerkonferenz besitzt zwar keine gesetzgebenden Kompetenzen, es müssen aber ihre Beschlüsse und Empfehlungen zu fast allen strukturellen und inhaltlichen Fragen im Bildungswesen einstimmig gefasst werden und ein Mindestmaß an Einheitlichkeit gewährleisten. Die Bildungspolitik wird letztendlich auch nicht nur von den parteipolitisch regierenden Ländern bestimmt, sondern auch von interessiert organisierten Gruppen wie z.B. Lehrerverbände, Elternvereinigungen, Gewerkschaften, Unternehmerverbände oder Kirchen. Außerdem haben auch politikberatende Expertengremien wie z.B. der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen oder der Deutsche Bildungsrat eine bestimmte Rolle. Am stärksten kommt die Gesamtverantwortung des Staates für das Bildungswesen im allgemeinbildenden Schulwesen zum Ausdruck. Hier wird die allgemeine Schulpflicht staatlich kontrolliert ob sie auch erfüllt wird. Dies geschieht am schwächsten an den Universitäten und in der Erwachsenenbildung. Es gibt aber keine Bundesverwaltung im Bildungswesen. Die Länder haben ein zwei- oder dreistufiges System der Schulverwaltung. An deren Spitze sitzt das Kultusministerium und darunter befinden sich die Schulämter. In einigen Ländern gibt es dazwischen noch als mittlere Instanz die Oberschulämter. Für die Finanzierung und Regelung materieller Belange sind überwiegend die Gemeinden verantwortlich. Die Universitäten und Hochschulen unterstehen rechtlich in einem sehr eingeschränkten Sinn einer Fachaufsicht des Wissenschaftsministeriums des Landes. Die administrative Ordnung der beruflichen Aus- und Weiterbildung ist Ausdruck geteilter Verantwortung und Kompetenzen. Für die beruflichen Schulen sind die Landesbehörden zuständig, für die betriebliche und überbetriebliche Ausbildung die Kammern der Wirtschaft. Bei der Ausarbeitung der Ausbildungsordnungen wirken staatliche Stellen sowie Arbeitgeber und Gewerkschaften zusammen. Für die Abstimmung der Berufsausbildung innerhalb des dualen Systems bestehen auf Bundes- und auf Länderebene Ausschüsse.
3. Struktur und Inhalt
3.1. Elementarbereich
3.1.1. Geschichte
Die vorschulische Erziehung hat in Deutschland eine lange Vorgeschichte. Der Beginn der Kindertageseinrichtungen geht in die Zeit der Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Aufgabe solcher Einrichtungen war damals in erster Linie die Kinder aus der Industriearbeiterschaft zu erreichen, da die Eltern tagsüber arbeiteten sollten die Kinder vor einer Verwahrlosung geschützt werden. Es ging aber weniger um eine pädagogische Förderung der Kleinkinder. Nun gab es aber für die Kinder des Bürgertums noch die Kleinkinderschulen, welche die Kinder als familienergänzende Einrichtung auf den weiteren Besuch der Lernschule vorbereiteten. „Aus einem von Fröbel geleiteten Spielkreis ging 1840 der erste Kindergarten in Rudolstadt (Thüringen) hervor. Bei der Eröffnung waren 24 Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren mit ihren Müttern sowie einigen Vätern zugegen. Die Kinder kamen zweimal wöchentlich für zwei Stunden zum Spielen zusammen. Eine Stunde war dem Bauen und die zweite Stunde den Bewegungsspielen gewidmet. Die soziale Struktur der teilnehmenden Familien entsprach dem gehobenen Mittelstand: je zur Hälfte adlige und bürgerliche Familien, darunter Kaufleute und Fabrikbesitzer“ (Grossmann 2002, 38 f). Friedrich Fröbel gehörte zu den Vertretern, welche die Versorgung und Betreuung der Kleinkinder in erster Linie pädagogisch gestalteten. Somit sollte der Kindergarten die Familien in der Erziehung ergänzen. Es ging darum die geistigen, emotionalen, kreativen und sozialen Bereiche zu fördern. Der Kindergarten diente den Kindern als Pflege-, Spiel- und Beschäftigungsanstalt. Während des 19. Jahrhunderts entstanden in Deutschland nach dem pädagogischen Ansatz von Fröbel eine Vielzahl an Kindergärten in freier Trägerschaft insbesondere der Kirchen und öffentlicher kommunaler Trägerschaft. Gegen 1933 wurde diese Entwicklung unterbrochen. Unter der nationalsozialistischen Regierung wurden die freien Wohlfahrtsverbände, welche die Träger der Kindergärten waren, von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt übernommen. Die damalige Verdrängung der Frauen vom Arbeitsmarkt führte vorerst zur Schließung der vielen Kindergärten. Als man dann aber wieder die weiblichen Arbeitskräfte während der Rüstungsindustrie brauchte, kam es wieder zum Ausbau der Kindergärten. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges entwickelten sich die Systeme der frühkindlichen Erziehung unterschiedlich in der Deutschen Demokratischen Republik und in der Bundesrepublik Deutschland. In der Bundesrepublik Deutschland wurde die vorschulische Erziehung zum Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zugeordnet, so wie es in der Weimarer Republik die Tradition war. Das Jugendwohlfahrtsgesetz von 1952 überstimmte weitgehend mit dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922. Auch wurde den freien Trägern der Jugendhilfe weiterhin ein Vorrang vor den öffentlichen Trägern eingeräumt. In dem Kinder- und Jugendhilfegesetz von 1990, wurde der Vorrang der freien Träger der Jugendhilfe vor den öffentlichen Trägern beibehalten. Während der 60er Jahre wurde zur vorschulischen Erziehung und zum Übergang der Kinder in den Primarbereich viel öffentlich diskutiert. Es wurde viel darüber geredet, in wie fern man durch kompensatorische Maßnahmen die Bildungschancen der Kinder aus soziokulturell ungünstigen Verhältnissen beim Eintritt in den Primarbereich verbessern werden kann. Außerdem wurde überlegt ob es Zweck hätte, die Schulpflicht vom sechsten auf das fünfte Lebensjahr zu verlegen. Damals wurden vom Bund und den Ländern umfangreiche Modellversuchsprogramme durchgeführt, die wissenschaftlich begleitet wurden. Die Schulpflicht wurde nicht früher mit 5 Jahren eingeführt, aber gegen 1968 haben die Länder vereinbart, den Stichtag für die Einschulung flexibler zu gestalten. Die regen Diskussionen führten somit zu einem neuen Bewusstsein der vorschulischen Erziehung und förderten seitdem den schnellen Ausbau der Kindergärten. Im Gegenteil zu der BRD gab es in der DDR schon 1949 eine Entwicklung des Kindergartens zu einer schulvorbereitenden Einrichtung, 1965 wurde diese auch zu dem formellen Bereich des Bildungswesens eingeordnet. Durch ein gesetzlich verankertes Recht auf einen Kindergartenplatz wurde in der DDR allen Kindern von drei bis sechs Jahren ein Platz im Kindergarten gesichert. Somit stieg der Versorgungsgrad um das Dreifache. Alle Eltern, Alleinerziehenden und Kinder waren sehr gut versorgt. Die Eltern mussten nur einen kleinen Beitrag zur Mittagsverpflegung der Kinder zahlen. Die restlichen Kosten wurden vom Staatshaushalt finanziert. Grundlage für die Gestaltung der Arbeit in den Kindergärten war das Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungswesen und die zentralen Bildungs- und Erziehungspläne. Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurden diese Einrichtungen aus der DDR zu dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zugeordnet.
3.1.2. Rechtliche Grundlagen
„Für Maßnahmen und Angebote der Jugendhilfe sind die Kommunen zuständig. Der Bund hat lediglich die Befugnis, die Rahmenbedingungen für den Bereich der Jugendhilfe und damit auch für die Tageseinrichtungen für Kinder gesetzlich zu regeln. Hiervon hat der Gesetzgeber mit dem am 26. Juni 1990 verabschiedeten Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz – KJHG) Gebrauch gemacht“ (Grossmann 2002, 278). 2004 wurde das Kinder und Jugendhilfegesetz vom Juni 1990 durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz geändert und 2005 durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) neu gefasst. Nach diesem Gesetz müssen die Länder, bestimmte Rahmenvorgaben insbesondere zur Qualität und Quantität durch ihre eigenen Gesetze konkretisieren. Demnach wird die Ausführung und Finanzierung des Kinder- und Jugendhilferechts kommunal selbst verwaltet. In dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 wird vorgesehen, dass das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren bis zum Jahr 2010 so ausgebaut werden muss, dass es den tatsächlichen Bedarf von Eltern und ihren Kindern erreicht. Wie die Gestaltung des Elementarbereichs in Bezug auf die Betreuung und Förderung von Kindern aussieht, entscheiden die einzelnen Bundesländer. Um die einzelnen Unterschiede zwischen den Bundesländern zu beschreiben, würde den Umfang der Arbeit nicht entsprechen, so dass ich mich in meinen Erläuterungen auf die Bedingungen für Nordrhein- Westfalen beschränken werde.
3.1.2.1. Das Ausführungsgesetz des Landes NRW –Kinderbildungsgesetz KiBiz
Am 01. August ist das neue Kinderbildungsgesetz (KiBiz) in Kraft getreten. Hauptsächlich geht es in dem Gesetz um einen verstärkten Ausbau des Betreuungsangebotes für die Unterdreijährigen, um die frühe Bildung und Förderung von Kindern und um die Flexibilität der Eltern bei der Nutzung der Betreuungsangebote von Kindertageseinrichtungen. Mit dem Gesetz ist eine neue Gruppenstruktur in den Tageseinrichtungen verbunden. Die früher gekannten Gruppenformen wie den Regelkindergarten, die Tagesstätten-Gruppen oder die kleinen altersgemischten Gruppen werden nun durch Gruppenformen nach den jeweiligen Öffnungszeiten 25 Stunden, 35 Stunden und 45 Stunden ersetzt. Es geht dabei um ungeteilte Öffnungszeiten. Ein weiterer wesentlicher Aspekt des KiBiz ist die veränderte Finanzierungsstruktur. An Stelle der bisher gezahlten Spitzabrechnung für alle tatsächlich angemessenen Personalkosten und Sachkostenpauschalen werden in Zukunft für jedes aufgenommene Kind Kindpauschalen gezahlt. Die Höhe der einzelnen Pauschalen hängen von dem Gesamteinkommen, der Betreuungsstunden und von dem gleichzeitigen Besuch eines Geschwisterkindes in der Kindertageseinrichtung ab. Desweiteren möchte das Gesetz der Sprachförderung im Elementarbereich mehr Beachtung schenken. Außerdem darf nach dem KiBitz auch kein Kind bei der Aufnahme in die Kindertageseinrichtung diskriminiert werden. Auch sollen die Kinder mit und ohne Behinderungen wenn möglich gemeinsam gefördert werden. Auf den Gesundheitsschutz der Kinder soll verstärkt geachtet werden, so dass auf Vernachlässigung und Kindesmisshandlung frühzeitig reagiert werden kann. Desweiteren sollen regelmäßige Fortbildungen und Untersuchungen die Qualität der pädagogischen Arbeit sichern. Mit dem KiBiz soll auch die Zusammenarbeit mit den Eltern, den Grundschulen und anderen Einrichtungen geregelt werden. Demnach sollen sich die Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterentwickeln.
3.1.3. Aufgaben und Ziele der Kindertageseinrichtungen
„Für die Festsetzung der Bildungs- und Erziehungsziele sind in erster Linie die Träger der Kindergärten verantwortlich“ (Grossmann 2002, 200). Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz haben alle Kindertageseinrichtungen in erster Linie die Aufgabe, die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu fördern. Diese Aufgabe befasst sich mit der Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes. Es geht insofern um die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Desweiteren sollen die Kindertageseinrichtungen die Familien in der Erziehung ihrer Kinder unterstützen und ergänzen. Es soll den Eltern dabei geholfen werden, ihre Erwerbstätigkeit und die Kindererziehung besser miteinander zu vereinbaren. Das Leistungsangebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren. Die Kinder sollen sich ihr Wissen In den Kindertageseinrichtungen spielerisch aneignen und ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten ausbilden. Dabei sollen sie von den Fachkräften unterstützt und begleitet werden. Außerdem ist es Aufgabe der Kindertageseinrichtungen die Kinder auf die Schule vorzubereiten.
3.1.4. Erziehungsansätze/ Erziehungsprogramm
Für den Bereich der Kindertageseinrichtungen werden keine Lehrpläne im schulischen Sinn entwickelt. Es sind aber Aktivitäten zur Förderung der Entwicklung der Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren vorgesehen. In diesen Aktivitäten geht es um die Entfaltung der geistigen, körperlichen, emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Die Bildungsarbeit verläuft nach dem Prinzip der ganzheitlichen Förderung. Hiermit ist unter anderem die Projektarbeit gemeint, wobei diese Lerninhalte vermitteln soll, welche die Lebenswelt der Kinder betrifft und sich an ihren Interessen orientiert. Solche Lernformen sollen ein selbst gesteuertes Lernen fördern, den Kindern Gestaltungsspielräume eröffnen und Gruppenarbeit ermöglichen. Außerdem sollen die Kinder den Umgang mit Fehlern erlernen. Den Kindern soll die Möglichkeit gegeben werden sich frei zu erkunden und auszuprobieren. Die pädagogische Arbeit in der Kindertageseinrichtung wird an den Interessen, den Bedürfnissen und den Lebenssituationen der einzelnen Kinder ausgerichtet. Dieses setzt von den pädagogischen Fachkräften voraus, dass sie die Kinder in ihrer Entwicklung beobachten und dass sie sich regelmäßig mit den Eltern austauschen. Die Bildungsbereiche sind nach dem Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen:
- Sprache, Schrift, Kommunikation,
- Personale und soziale Entwicklung, Werteerziehung/religiöse Bildung,
- Mathematik, Naturwissenschaft, (Informations-)Technik,
- Musische Bildung/Umgang mit Medien,
- Körper, Bewegung, Gesundheit,
- Natur und kulturelle Umwelten
Im Folgenden möchte ich nun den situationsorientierten Ansatz, der bisher den größten Einfluss auf die Praxis der Elementarerziehung in der Bundesrepublik Deutschland hat kurz vorstellen:
Seit den 70er Jahren wird in der BRD in dem überwiegenden Teil der Einrichtungen nach dem Situationsansatz als pädagogisches Konzept gearbeitet. „Von 1971 bis 1976 wurde das pädagogische Konzept des situationsorientierten Lernens in insgesamt elf Modellkindergärten der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen in enger Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, Erziehern und Eltern entworfen (…) Im Mittelpunkt stand die Entwicklung des Curriculums „soziales Lernen“: Die pädagogische Arbeit steht unter dem Ziel, Kinder verschiedener sozialer Herkunft und mit unterschiedlichen Lerngeschichten zu befähigen, in Situationen ihres gegenwärtigen und künftigen Lebens möglichst autonom und kompetent denken und handeln zu können. (…) Damit wandelt sich auch die Rolle der Erzieher/in, ihr Verhältnis zu den Kindern und zu den Eltern. Sie sind nun nicht mehr die einzigen Experten des Lernprozesses. (…) Situationsbezogenes Lernen wird "als gemeinsamer Erfahrungs- und Kommunikationsprozess gesehen, in dem alle Beteiligten Lehrende und Lernende sein können, in dem Erzieher nicht mehr die allein sachverständige Rolle inne haben. (…) Der situationsorientierte Ansatz befürwortet eine engere Verbindung zwischen dem Kindergarten und dem Gemeinwesen. Das bedeutet, dass die vorhandenen Möglichkeiten genutzt werden sollen, um soziales Lernen in den Kindergarten hereinzuholen und/oder aus den Kindergarten herauszugehen, um Lernorte in der Nachbarschaft und der sozialen Umwelt zu entdecken. (…) Da der Situationsansatz als ein offenes Curriculum konzipiert ist, sollen die didaktischen Einheiten je nach den spezifischen Bedürfnissen eingesetzt und verändert werden“ (Grossmann 2002, 194 ff). „Nach dem Situationsansatz zu arbeiten bedeutet nicht, dass man auf Planung verzichten kann. Es geht um eine andere Planung mit der andere Arbeitsweisen unverzichtbar werden.
So sind erforderliche Arbeitsschritte:
- Die Analyse von Situationsanlässen,
- Überlegungen zu pädagogischen Zielsetzungen (Bestimmung von Zielen, die erreicht werden sollen),
- Planung und Durchführung von Projekten auf der Basis von analysierten Situationsanlässen,
- bis hin zur Bereitstellung notwendiger und ergänzender Materialien, die den jeweiligen Themen entsprechen, bzw. dazu beitragen, intensiver einzusteigen und zu experimentieren,“ (Hülsmann 2007, 7)
3.1.5. Gestaltung des Übergangs in die Grundschule „Das Schulfähigkeitsprofil NRW“
Nach dem Kinderbildungsgesetz KiBiz §14 Absatz (1) wird die Pflicht zur Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen mit der Schule normiert. Die Schule ist ihrerseits nach § 5 Schulgesetz zur Zusammenarbeit mit den Kindertageseinrichtungen verpflichtet. „Da Kinder, die in die Schule kommen, in der Kontinuität längst begonnener Bildungsentwicklung stehen, ist es notwendig, dass die Tageseinrichtung und die Grundschule zusammenarbeiten und gemeinsam Verantwortung für die Kontinuität des Bildungsprozesses und den Übergang in die Grundschule übernehmen. Das für Nordrhein-Westfalen entwickelte Schulfähigkeitsprofil ist ein Instrument, welches eine Brücke zwischen dem Kindergarten und der Grundschule darstellt. Es definiert die Kompetenzbereiche Sprache, Motorik, Wahrnehmung, personale und soziale Fähigkeiten sowie elementares mengen- und zahlenbezogenes Wissen und Erschließung der Lebenswelt (Natur und Leben). Das Schulfähigkeitsprofil soll dazu beitragen, ein Kind im Hinblick auf den Stand seiner Schulfähigkeitsentwicklung ganzheitlich und systematisch zu erfassen. Es soll der Zufälligkeit, der Einseitigkeit und der Beliebigkeit bei der Beobachtung und Einschätzung eines Kindes entgegengewirkt werden. Es kann den pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen und den Lehrkräften der Grundschulen Anregungen und Hinweise für das Erstellen von Förderplänen vor allem für die Kinder geben, deren Schulfähigkeit noch nicht ausreichend entwickelt ist. Bei dem Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule sollen die Bildungsvereinbarung und das Schulfähigkeitsprofil den pädagogischen Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen und auch den Lehrerinnen und Lehrern in den Grundschulen eine Orientierung für gemeinsame Gespräche mit den Eltern bieten. Da die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen neben der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder auch ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten kennen, können sie insofern im Rahmen der Einschulung wichtige Informationen an die Grundschule weitergeben. Sie sind in diesem Prozess unverzichtbare Partner von Eltern und Grundschule. Das Schulfähigkeitsprofil ist keine Checkliste welche die etwaigen Defizite durch Abhaken kenntlich macht. Beobachtungen, die mit Hilfe des Schulfähigkeitsprofils zum Stand der Schulfähigkeitsentwicklung getroffen werden, ermöglichen es, Förderziele festzulegen. Von daher kann es eingesetzt werden in den Kindertageseinrichtungen, bei der Anmeldung zur Grundschule und in der Schuleingangsphase.“ (vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen 2003, 7)
Dem Schulfähigkeitsprofil sind folgende Kompetenzbereiche zugeordnet:
1. Grobmotorik
- Sich selbstständig an-und ausziehen,
- Treppen sicher steigen,
- Roller und Rad fahren,
- einen Ball fangen
2. Feinmotorik
- einen Stift halten und damit malen,
- einfache Formen ausschneiden,
- kleine Gegenstände sicher greifen
3. Wahrnehmung
- Formen und Farben unterscheiden,
- Gegenstände nach Merkmalen ordnen,
- Raumlagen unterscheiden
(rechts, links, oben, unten, vorne, hinten),
- seine Kraft im Spiel mit anderen einschätzen
4. Umgang mit Aufgaben
- sich auf vorgegebene Spiele einlassen,
- durch Rückschläge nicht sofort entmutigt sein
5. Sozialkompetenz
- die Befindlichkeit anderer wahrnehmen und darauf reagieren,
- Regeln einhalten,
- Kompromisse eingehen,
- Konflikte gewaltfrei lösen,
- Kritik und Enttäuschung ertragen,
- Ablehnung von Wünschen ertragen,
- sich eine Zeit lang alleine beschäftigen
6. Sprache
- deutliches Sprechen in ganzen Sätzen,
- zuhören,
- Interesse im Umgang mit Kindern,
- einzelne Laute am Wortanfang heraushören,
- Formen wiedergeben,
- Kritzel-Briefe schreiben
7. Mathematik
- Zahlenmengen bis 5 erfassen,
- vergleichen (größer-kleiner),
- ordnen (Farbe, Form, Größe),
- sich im Raum orientieren (rechts, links, ...)
3.1.6. Statistische Erhebungen
„Zum 15.03.2007 wurden in Deutschland insgesamt rund 3,1 Millionen Kinder unter 14 Jahren ergänzend zur Erziehung und Betreuung durch die Eltern in einer Kindertageseinrichtung oder in Tagespflege betreut. Der Großteil der Kinder (ca. 98% bzw. 2,98 Millionen) besuchte eine Tageseinrichtung, nur ca. 2% (rund 73.000) wurden durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater betreut. Die Zahl der Tageseinrichtungen liegt mit 48.652 geringfügig über derjenigen der Erhebung von 2006 (+0,9%). Insgesamt sind in diesen Einrichtungen 425.547 Personen beschäftigt, was einen Anstieg um 2,5% gegenüber dem Vorjahr bedeutet. In der Kindertagespflege waren 33.115 Personen tätig, deren Zahl mit 8,8% gegenüber 2006 deutlich zugenommen hat (…)
Kinder in Tageseinrichtungen am 15.03.2007 nach Ländern:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) lag die Besuchsquote in Tageseinrichtungen für Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren Anfang 2007 bei 87,8% und in den neuen Bundesländern (ohne Berlin) bei 93,6%. Damit kann im Falle von Ostdeutschland (ohne Berlin) für die Kinder dieser Altersgruppe annähernd von einer Vollversorgung gesprochen werden. Bei den Besuchsquoten von Tageseinrichtungen der Kinder unter 3 Jahren treten große Unterschiede auf: Während im Westen kaum jedes zehnte Kind (8,1%) eine Einrichtung besuchte, war dies im Osten mit einer fast fünfmal so hohen Besuchsquote von 37,4% bei mehr als jedem dritten Kind der Fall. In Berlin hatten 36,1% der unter Drei-Jährigen einen Platz in einer Tageseinrichtung. Ohne Ausnahme weisen alle ostdeutschen Bundesländer überdurchschnittlich hohe Besuchsquoten von über 30% auf, in Sachsen-Anhalt nahm sogar jedes zweite Kleinkind (51,4%) einen Betreuungsplatz in Anspruch. Die höchsten Werte im früheren Bundesgebiet werden vom Stadtstaat Hamburg (17,6%), dem Saarland (11,4%) und Rheinland- Pfalz (11,3%) erreicht.“ (Textor 2008)
3.1.7. Erzieherausbildung (NRW)
„Die Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher ist nicht bundeseinheitlich geregelt und unterscheidet sich zum Teil stark voneinander. Sie kann an Fachschulen für Sozialpädagogik, welche in manchen Regionen auch als Berufsakademien oder Berufskolleg bezeichnet werden absolviert werden. Die Ausbildung gibt es mittlerweile auch in Form eines Fachhochschulstudiums. Die Zugangsvoraussetzungen sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Eine einheitliche Voraussetzung ist der mittlere Bildungsabschluss und eine abgeschlossene berufliche Vorbildung in einem sozialpädagogischen oder sozialen Beruf. In den verschiedenen Bundesländern gibt es unterschiedliche Möglichkeiten des Tätigkeitsnachweises. In Nordrhein-Westfalen sind die Aufnahmevoraussetzungen eine zweijährige, abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung inklusive der Fachoberschulreife oder der Abschluss eines Bildungsganges mit erweiterten beruflichen Kenntnissen und der Fachhochschulreife. In den meisten Bundesländern beträgt die Ausbildungszeit 3 Jahre, die sich in 2 Jahre schulische Ausbildung und ein einjähriges Anerkennungspraktikum aufteilen. In Nordrhein-Westfalen werden vierjährige Bildungsgänge angeboten, die den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife mit einschließen. Für die ersten Ausbildungsjahre wird keine Ausbildungsvergütung gezahlt, weil es sich bei der Ausbildung zum/zur Erzieher/in um eine vorwiegend schulische Ausbildung handelt. Erst mit dem Anerkennungsjahr, soweit diese zur Ausbildung gehört gibt es ein Entgelt. Berufsspezifische Fächer wie Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Didaktik und Methodik, Medienpädagogik, Kinder- und Jugendliteratur, Umwelt- und Gesundheitserziehung, Recht, Musik, Sport, Spielpädagogik und Kunst bilden den Schwerpunkt der theoretischen Ausbildung. Daneben werden allgemein bildende Fächer wie z.B. Deutsch, Sozialkunde oder Politik/Gesellschaftslehre und eine Fremdsprache unterrichtet. Ergänzend kommen dazu die Praktika, die in Blöcken oder unterrichtsbegleitend an bestimmten Tagen der Woche statt finden. Hier steht die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Vordergrund und es können erste Erfahrungen im Umsetzen des Erlernten gesammelt werden. Diese Praktika müssen in Kindertagesstätten, Horten, Kinderheimen, Jugendtreffs und ähnlichen Einrichtungen absolviert werden. Auf der Grundlage der Prüfungsordnung des entsprechenden Bundeslandes wird die schulische Ausbildung mit der staatlichen Prüfung abgeschlossen. Die Prüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil.“ (vgl. Erzieherin online)
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- Arbeit zitieren
- Anna Stern (Autor:in), 2009, Bildungspolitische Strukturen im Elementar- und Primarbereich , München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/151858