Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, den rortianischen Begriff der Gerechtigkeit in dem Essay "Gerechtigkeit als erweiterte Loyalität" (1997) in seiner Herleitung zu rekonstruieren, zu spezifizieren und zu diskutieren – unter Berücksichtigung von Rortys philosophischer Position hinsichtlich der Frage nach Nutzen und Grenzen des Begriffs. Dazu soll vor allem das fünf Jahre zuvor von ihm erschienene Buch Kontingenz Ironie und Solidarität (1992) vergleichend hinzugezogen werden. Hierzu werden zunächst die unterschiedlichen Aspekte der Ausweitung von Solidarität in KIS und GEL angeführt. Es soll gezeigt werden, wie Rorty in den beiden Schriften an unterschiedlichen Stellen ansetzt, um den moralischen Fortschritt in Richtung mehr Solidarität als Tätigkeit zu entwerfen. Anschließend werden seine Herleitungsschritte in GEL genauer untersucht. Da Rorty seine Lesart von unterschiedlichen Autor*innen vorstellt, um zu seiner Neubeschreibung von Gerechtigkeit zu gelangen, wird sich unter anderem der Konzepte der dichten und dünnen Moral von Walzer, der Unterscheidung in Gerechtigkeitsbegriff und Gerechtigkeitskonzeptionen von Rawls und der Moral als Gefühl des Vertrauens von Baier gewidmet, um seine Argumentation nachzuvollziehen. Daraufhin soll eine Analyse des von Rorty (in Anlehnung an Habermas) beschriebenen überlappenden Konsenses folgen und die unterschiedlichen Arten, mit welchen Rorty von Rationalität spricht, herausgestellt werden. Das dient als Basis für eine präzisere Untersuchung des von Rorty entwickelten Gerechtigkeitsbegriffs. Unter Berücksichtigung von Rortys philosophischer Haltung, wird anschließend der von ihm behauptete Nutzen seiner pragmatischen Neubeschreibung expliziert und seine eigene Rolle als möglicher Kulturheld hinterfragt. Für die Untersuchung von möglichen Grenzen wird einerseits auf den von ihm beschriebenen Verlust sozialer Hoffnung eingegangen. Andererseits soll die Rolle des von ihm vertretenen Ethnozentrismus für die Ausweitung des Wirs über den Westen hinaus analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Ausweitung des „Wirs“: Von der Kultivierung des Mitgefühls in Kontingenz Ironie und Solidarität zum überlappenden Konsens in Gerechtigkeit als erweiterte Loyalität
- Rekonstruktion von Gerechtigkeit als erweiterte Loyalität
- Das moralische Dilemma als Dilemma zwischen zwei Loyalitäten
- Walzer und Rawls: von dichten Konzeptionen zum dünnen Begriff der Gerechtigkeit
- Walzer: Von dicht zu dünn
- Rawls: Konzeptionen und Begriff der Gerechtigkeit
- Rationalität
- Nutzen und Grenzen
- Tätigkeit des Ausdünnungsprozesses: mit etwas Glück überlappt sich der Konsens
- Gerechtigkeit als Tätigkeit: Die Wirkmacht von Rortys pragmatischer Philosophie
- Globale Gerechtigkeit – Ethnozentrismus und Überredung
- Der offen vertretene Ethnozentrismus
- Der „Wir-Zentrismus“ und die Ausweitung von klein zu groß
- Die Überredung des Nicht-Westens: Die Grenze von Rortys utopischer Wirkmacht?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit rekonstruiert, spezifiziert und diskutiert Rortys Gerechtigkeitsbegriff in seinem Essay „Gerechtigkeit als erweiterte Loyalität“ (1997), unter Berücksichtigung seines philosophischen Standpunkts zu Nutzen und Grenzen dieses Begriffs. Vergleichend wird sein Werk „Kontingenz, Ironie und Solidarität“ (1992) herangezogen.
- Rekonstruktion von Rortys Gerechtigkeitsbegriff als erweiterte Loyalität.
- Analyse des „überlappenden Konsenses“ und der Rolle der Rationalität.
- Bewertung des Nutzens von Rortys pragmatischer Neubeschreibung der Gerechtigkeit.
- Untersuchung der Grenzen des Begriffs, insbesondere im Hinblick auf globalen Ethnozentrismus.
- Die Rolle von Mitgefühl und Solidarität in Rortys Konzept.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach Nutzen und Grenzen von Rortys Gerechtigkeitsbegriff. Kapitel 2 untersucht die Ausweitung von Solidarität in Rortys Werken, Kapitel 3 rekonstruiert Rortys Herleitung des Gerechtigkeitsbegriffs, indem es Konzepte von Walzer und Rawls einbezieht. Es wird der überlappende Konsens und Rortys Verständnis von Rationalität analysiert. Abschließend werden in Kapitel 4 der Nutzen und mögliche Grenzen des Begriffs beleuchtet, insbesondere der Aspekt des Ethnozentrismus und seine Auswirkungen auf die globale Gerechtigkeit.
Schlüsselwörter
Gerechtigkeit, erweiterte Loyalität, Richard Rorty, Kontingenz, Ironie, Solidarität, überlappender Konsens, Ethnozentrismus, Pragmatismus, globale Gerechtigkeit, Moral, Mitgefühl.
- Arbeit zitieren
- 1. Staatsexamen Sofia Zafiridou (Autor:in), 2022, Nutzen und Grenzen von Rortys Gerechtigkeitsbegriff in "Gerechtigkeit als erweiterte Loyalität", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1508473