Im Rahmen des Seminars besuchte der Kurs am 06. Juli 2009 das Kulturzentrum Bahnhof Langendreer in Bochum. Seit den 1970er Jahren wurden im Ruhrgebiet viele ehemalige Industrieanlagen unter anderem zu kulturellen Einrichtungen wie dieser umgewandelt. Es entstand die sogenannte Industriekultur. Basierend auf der Kompensation der untergehenden industriellen Struktur des Ruhrgebiets, wurde und wird damit versucht den nicht mehr genutzten Ruinen des sekundären Sektors einen neuen Verwendungszweck zu geben. Ebenso wollte man den Abriss alter industrieller, aber architektonisch wertvoller Gebäude möglichst verhindern. Sie sollten unter Denkmalschutz gestellt werden. Auch wenn der Bahnhof Langendreer keine industrielle Anlage im eigentlichen Sinne ist, reiht er sich doch aufgrund seiner industriellen Architektur des Jugendstils und damaligen Nutzung für den Güterverkehr in die Kategorie Industriedenkmal ein.
Allerdings werden die ehemaligen Industrieanlagen nicht nur auf die Art und Weise für Kunst und Kultur genutzt, wie es im Bahnhof Langendreer der Fall ist. An vielen Orten entstanden deutlich erlebnisorientiertere Räume für große Massen. Beispielsweise wurde nach dem Abriss der meisten Teile des Oberhausener Stahlwerks Gutehoffnungshütte die Turbinenhalle zur Großraumdiskothek umfunktioniert.
Der Soziologe Gerhard Schulze prägte Anfang der 1990er Jahre schließlich den Begriff Erlebnisgesellschaft. Schulze beschreibt damit eine Gesellschaft, bei der innerorientierte Lebensauffassungen eine relativ große Rolle spielen. Durch zunehmende Nachfrage nach und steigendem Angebot an Erlebnissen entsteht ein Erlebnismarkt.
Die Industrie- wird also von einer Dienstleistungsgesellschaft abgelöst, welche sich vor allem auf Aspekte wie Glück, Spaß oder Erlebnis konzentriert. Der Strukturwandel des Ruhrgebiets scheint sich als praktisches Beispiel dafür besonders zu eignen.
Die Einordnung von Kulturzentren wie dem Bahnhof Langendreer in das Gefüge Erlebnisgesellschaft scheint allerdings nicht ganz unproblematisch. Der Bahnhof Langendreer versteht sich als linksalternative soziokulturelle Einrichtung mit spezifischen Themen und Veranstaltungen, die weniger massentauglich ausgerichtet sind.
Das Thema dieser Seminararbeit kann somit auch gleichzeitig als Hauptfragestellung betrachtet werden. Kann man den soziokulturellen Veranstaltungsort Bahnhof Langendreer überhaupt als Bestandteil der Schulze’schen Erlebnisgesellschaft bezeichnen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Erlebnisgesellschaft
- Der Erlebnismarkt
- Die neue Segmentierung der Gesellschaft
- Alltagsästhetische Schemata
- Soziale Milieus
- Szenen
- Kulturpolitik
- Der Bahnhof Langendreer
- Entstehung
- Selbstverständnis
- Programm
- Kabarett
- Konzerte
- Politik
- Kino
- Partys
- Publikum
- Finanzierung
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Einordnung des Kulturzentrums Bahnhof Langendreer in das Konzept der Erlebnisgesellschaft, wie es von Gerhard Schulze geprägt wurde. Die Arbeit untersucht, ob der Bahnhof Langendreer als Bestandteil der Erlebnisgesellschaft betrachtet werden kann, obwohl er sich als linksalternative soziokulturelle Einrichtung mit spezifischen Themen und Veranstaltungen versteht, die weniger massentauglich ausgerichtet sind.
- Die Erlebnisgesellschaft als gesellschaftlicher Wandel
- Der Erlebnismarkt und seine Dynamik
- Die Segmentierung der Gesellschaft in der Erlebnisgesellschaft
- Das Kulturzentrum Bahnhof Langendreer als soziokulturelle Einrichtung
- Die Einordnung des Bahnhof Langendreer in das Konzept der Erlebnisgesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Seminararbeit ein und stellt den Bahnhof Langendreer als Beispiel für die Umwandlung ehemaliger Industrieanlagen in kulturelle Einrichtungen im Ruhrgebiet vor. Die Arbeit untersucht, ob der Bahnhof Langendreer als Bestandteil der Erlebnisgesellschaft betrachtet werden kann.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept der Erlebnisgesellschaft. Es werden die zentralen Merkmale der Erlebnisgesellschaft, wie die Suche nach Glück und Genuss im „Hier und Jetzt“, die postmaterialistischen Werte und die Erlebnisrationalität, erläutert. Der Erlebnismarkt wird als ein Angebot an Konsumgütern und Dienstleistungen definiert, das das Glücksbedürfnis des Einzelnen befriedigen soll. Die Dynamik des Erlebnismarktes entsteht durch die Interaktion zwischen Anbietern und Konsumenten, die auf individuelle Präferenzen reagieren.
Das dritte Kapitel stellt den Bahnhof Langendreer vor. Es werden die Entstehung, das Selbstverständnis, das Programm, das Publikum und die Finanzierung des Kulturzentrums beschrieben. Der Bahnhof Langendreer versteht sich als linksalternative soziokulturelle Einrichtung mit einem vielfältigen Programm, das von Kabarett über Konzerte bis hin zu politischen Veranstaltungen reicht. Das Publikum des Bahnhof Langendreer ist heterogen und spiegelt die Vielfalt der Bochumer Gesellschaft wider. Die Finanzierung des Kulturzentrums erfolgt durch verschiedene Quellen, darunter öffentliche Fördermittel, Eintrittsgelder und Spenden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Erlebnisgesellschaft, den Erlebnismarkt, die Segmentierung der Gesellschaft, Kulturpolitik, das Kulturzentrum Bahnhof Langendreer, soziokulturelle Einrichtungen, linksalternative Kultur, Industriekultur, Ruhrgebiet, Strukturwandel, Freizeitraum, Glück, Genuss, postmaterialistische Werte, Erlebnisrationalität, individuelle Präferenzen, kollektive Interaktion, Angebot und Nachfrage, Finanzierung, Publikum.
- Quote paper
- Martin Philipp Wiesert (Author), 2009, Dienstleistungen in der Erlebnisgesellschaft. Das Kulturzentrum Bahnhof Langendreer, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/150032