Die Untersuchung beleuchtet die literarischen und psychopathologischen Dimensionen des Tagebuchs "Eine Frau in Berlin", das als bedeutendes Selbstzeugnis der Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs gilt. Das Werk, verfasst von der anonymen Autorin, wurde zu einem integralen Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur und zeichnet ein erschütterndes Bild von sexualisierter Gewalt und deren psychischen Folgen.
Im Fokus der Analyse stehen die Darstellungen von Gewalt und die daraus resultierende psychotraumatologische Symptomatik, die die Autorin eigenanamnestisch schildert. Anonyma beschreibt eine Vielzahl an Symptomen, die sich in vier Hauptkategorien einteilen lassen: emotionale Abgestumpftheit, dissoziatives Verhalten, psychosomatische Beschwerden und sekundäre Symptome wie Depression und Angst. Die Arbeit untersucht zudem die Bewältigungsstrategien der Autorin, darunter die Schreibtherapie und die Nutzung von Galgenhumor, die heute in der Traumatherapie von Bedeutung sind.
Wichtige Forschungsfragen sind: Welche textinternen Sequenzen korrelieren mit der Traumasymptomatik? Wie stellt Anonyma ihr Trauma narrativ dar und wie bewältigt sie es durch diesen Prozess? Welche Rolle spielt der galgenhumoristische Erzählgestus bei der Traumabewältigung? Wie strukturiert Anonyma die chaotischen Ereignisse in Berlin? Wie erfolgreich sind die von ihr eingesetzten Bewältigungsstrategien?
Die literaturwissenschaftliche Forschung hat Anonymas Tagebuch bisher vor allem im Spannungsfeld zwischen authentischem Zeitzeugnis und literarisiertem Bericht, unter narratologischen Gesichtspunkten und hinsichtlich der filmischen Adaptation von 2008 untersucht. Diese Arbeit erweitert den Diskurs durch die Einbeziehung moderner psychotraumatologischer Erkenntnisse.
Die Hauptthese dieser Studie lautet: Anonyma entwickelt aufgrund der wiederholten sexualisierten Gewalterfahrungen eine starke Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Durch den Einsatz schreibtherapeutischer, psycholinguistischer und heuristischer Strategien versucht sie, dieses Trauma zu bewältigen und in ein kohärentes Narrativ zu integrieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG.
- 1.1 Wissenschaftliche Relevanz.......
- 1.2 Forschungsfragen, -stand und Zielsetzung
- 2. ANALYSE: PSYCHO-PROSA.
- 2.1 Diagnose und Selbstdiagnose
- 2.1.1 „Alles Gefühl ist tot“: Anästhesierungstendenzen..\n
- 2.1.2,,Während sich aus meinem Leib ein leuchtendweisses Wesen erhob\":\nDissoziationstendenzen
- 2.1.3,,Es ist der missbrauchte [...] Körper, der mit Schmerzen antwortet“:\nSomatisierungstendenzen.
- 2.2 Traumabewältigung und Selbstregulation
- 2.2.1 „Ich schreibe, es tut gut, lenkt mich ab“: Psychagogische Schreibtherapie ….…………………..
- 2.2.2,,Da kann einem das Schänden vergehen“: Strukturieren des Unstrukturierbaren ..
- 3. SYNTHESE: ZUSAMMENSCHAU DER ANALYSEERGEBNISSE UND SCHLUSSBEURTEILUNG..
- 4. LITERATURVERZEICHNIS
- 4.1 Primärliteratur.
- 4.2 Sekundärliteratur....
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Anonymas Tagebuchaufzeichnungen "Eine Frau in Berlin" aus der Perspektive der Psycho-Prosa. Sie untersucht die psychotraumatologische Symptomatik, die Anonyma als Folge der erlittenen sexuellen Gewalt im Nachkriegsberlin erfährt, und analysiert ihre Bewältigungsstrategien. Der Fokus liegt dabei auf den psychischen Auswirkungen der sexuellen Gewalt, insbesondere auf Anonymas Umgang mit emotionaler Abgestumpftheit, Dissoziation und psychosomatischen Beschwerden.
- Psychotraumatologische Symptomatik in Anonymas Tagebuch
- Traumabewältigung und Selbstregulation durch Schreibtherapie
- Die Rolle von Dissoziation, Anästhesierung und Somatisierung
- Analyse der psycho-literarischen Strategien der Protagonistin
- Zusammenhang zwischen sexueller Gewalt und psychischer Gesundheit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die wissenschaftliche Relevanz des Themas dar, indem sie auf die hohe Anzahl von Frauen hinweist, die während des Zweiten Weltkriegs in Berlin sexueller Gewalt ausgesetzt waren. Außerdem werden die Forschungsfragen, der Forschungsstand und die Zielsetzung der Arbeit erläutert. Kapitel 2 widmet sich der Analyse der Tagebuchaufzeichnungen als Psycho-Prosa. Hier werden Anonymas psychotraumatologische Symptome wie emotionale Abgestumpftheit, Dissoziation und psychosomatische Beschwerden untersucht. Darüber hinaus werden die von Anonyma eingesetzten Bewältigungsstrategien, insbesondere die Schreibtherapie, analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Themenbereiche Psycho-Prosa, Trauma und Bewältigung, Anonymas "Eine Frau in Berlin", sexuelle Gewalt, psychotraumatologische Symptomatik, emotionale Abgestumpftheit, Dissoziation, Somatisierung, Schreibtherapie, Selbstregulation und deutsche Erinnerungsgeschichte.
- Quote paper
- Marco Garbely (Author), 2020, Trauma und Bewältigung in Anonymas "Eine Frau in Berlin" (1945/2015), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1491498