Die Französische Revolution brachte viele Neuerungen, die bis heute im wesentlichen ihre Gültigkeit bewahrt haben. Neben den Menschenrechten und der parlamentarischen Demokratie wurde auch die Religionsfreiheit zu einem Grundgesetz. „Jeder Staatsbürger war durch dieses Gesetz in der Ausübung seines Kultus frei1.“ In der Geschichte der Beziehungen von Kirche und moderner Demokratie nimmt die Französische Revolution eine wichtige Stellung ein. Die Revolution veränderte nicht nur das politische Leben, sondern nahm auch Einfluss auf die Kirche und ihre Stellung als Staatsreligion.
In den Jahren der Revolution kam es zu vielen Veränderungen innerhalb der Kirche und ihrer Stellung im Staat. In meiner Arbeit möchte ich auf diese Veränderungen eingehen. Da sich die Meinungen zur Revolution in den verschiedenen Regionen sehr unterscheiden, kann ich nur einen groben Überblick in meiner Arbeit geben.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Der Katholizismus als Staatsglaube
1. Der katholische Lebensraum
III. Der Erste Stand- der Klerus
IV. Die religiöse Gleichgültigkeit
V. Auf dem Weg zu einer katholisch- revolutionären Staatskirche (1785- 1790)
1. Verstaatlichung der Nationalgüter
2. Die Zivilkonstitution des Klerus
VI. Die Spaltung der Kirche (1790- 1793)
1. Der Eid der Priester auf die Zivilverfassung
2. Die Septembermorde
VII. Die Dechristianisierungswelle und die Verbreitung der revolutionären Ersatzkulte (1793- 1794)
VIII. Die Trennung von Kirche und Staat und der Beginn einer religiösen Erneuerung (1795- 1801)
IX. Zusammenfassung
X. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Die Französische Revolution brachte viele Neuerungen, die bis heute im wesentlichen ihre Gültigkeit bewahrt haben. Neben den Menschenrechten und der parlamentarischen Demo- kratie wurde auch die Religionsfreiheit zu einem Grundgesetz.
„Jeder Staatsbürger war durch dieses Gesetz in der Ausübung seines Kultus frei[1].“
In der Geschichte der Beziehungen von Kirche und moderner Demokratie nimmt die Französische Revolution eine wichtige Stellung ein. Die Revolution veränderte nicht nur das politische Leben, sondern nahm auch Einfluss auf die Kirche und ihre Stellung als Staatsreligion.
In den Jahren der Revolution kam es zu vielen Veränderungen innerhalb der Kirche und ihrer Stellung im Staat. In meiner Arbeit möchte ich auf diese Veränderungen eingehen. Da sich die Meinungen zur Revolution in den verschiedenen Regionen sehr unterscheiden, kann ich nur einen groben Überblick in meiner Arbeit geben.
II. Der Katholizismus als Staatsglaube
Im 15. Jahrhundert vollzog sich in der französischen Kirche eine Entwicklung, die stark von anderen, z. B. der deutschen Kirche, abwich. Die römische Kurie verlor einen Teil der Einkünfte in Frankreich, gleichzeitig gewann die französische Kirche an Unabhängigkeit. So wurde die Besetzung der kirchlichen Ämter von nun an fast immer durch den König vorgenommen. Diese Ämter waren mit großen Pfründen verbunden, die als Lebensgrundlage für den jeweiligen Amtsinhaber dienten.
Neben der Seelsorge übernahm die Kirche nach 1500 noch zwei weitere große Aufgabengebiete: das Unterrichtswesen sowie die Kranken- und Armenpflege. Die Kirche hatte in jedem größeren Ort Hospitäler und Armenhäuser, das Bildungswesen lag fast ausschließlich in ihrer Hand.
Mit dem Konkordat von 1516 wurde der katholische Glaube in Frankreich zur Staatsreligion. Jeder Untertan des Königs wurde somit von Rechts wegen Katholik.[2]
1. Der katholische Lebensraum
Der Katholizismus als Staatsreligion war im Alltagsleben der Franzosen ständig präsent. Gründe hierfür waren nicht nur die ca. 37.000 Pfarreien und 1.000 Klöster, welche die Staatskirche vor der Revolution besaß, die das Erscheinungsbild der Städte und Dörfer prägte, sondern auch das Glockenläuten, welches den Tagesablauf regelte.[3] Der Kalender mit seinen Sonn- und Feiertagen bestimmte den Arbeitsrhythmus. Über den sonntäglichen Kirchengang hinaus forderten Taufen und Totenmessen eine häufige Präsenz in der Kirche.
Die Bibel und andere kirchliche Schriften prägten besonders die einfachen Leute auf dem Land.
III. Der 1. Stand- der Klerus
Der Klerus umfasste ca. 120.000 Personen und genoss als erster der Stände im Staat wichtige Vorrechte im Bereich der Politik, des Rechts und der Steuer.[4] Die wirtschaftliche Stärke des Klerus beruhte auf den Zehntabgaben und dem Grundbesitz.
Der „große“ Zehnt wurde für alle vier Hauptgetreidearten eingezogen, der „kleine“ für die anderen Bodenfrüchte. Dieser Ertrag brachte der Kirche eine Summe von ca. 100 Millionen Livree pro Jahr ein. Eine weiter Einnahmequelle war der Landbesitz, der bei ebenfalls 100 Millionen pro Jahr lag.[5] Durch den Zehnt, Kirchen- und Klosterland verfügte der Klerus also über einen beträchtlichen Teil der verkäuflichen Ernte und konnte große Gewinne bei Preissteigerung wie auch Mieterhöhung erzielen.
Der Klerus selbst leistete durch die „Dezimen“ nur rund 3. 5 Millionen. Bei der General-versammlung, die alle fünf Jahre tagte, legte sie dann noch die Höhe eines Beitrages fest, den sie freiwillig an den Staat zahlte.[6]
Ständerechtlich bildete der 1. Stand zwar eine homogene Gruppe, doch in ihrer hierarchischen Gliederung spiegelte sie die Gesellschaftsordnung Frankreichs. Der Klerus, der rund ein halbes Prozent der Bevölkerung ausmachte, war in zwei Teile gespalten, die denen der beiden anderen Stände entsprachen. Der hohe Klerus, der ca. 8000 Geistliche umfasste, kam ausschließlich aus dem Adel.[7] Anders wie z. B. die deutschen Fürsten, die zugleich Reichsfürsten waren, übten sie keine öffentliche und in der Staatsverfassung verankerte Funktion aus.[8] Dennoch kam ihnen der größte Teil der kirchlichen Einnahmen zu, obwohl sie meist nicht ihrer pastoralen Tätigkeit nachkamen.
Der niedere Klerus, welchem ca. 82.000 Pfarrer und Hilfsgeistliche angehörten, war hingegen in der Mehrheit nicht zehntberechtigt und musste sich in der Regel mit einer kleinen Entschädigung zufrieden geben. Die Masse der Pfarrer lebte durch Inflation und Teuerung oft am Existenzminimum und fühlte sich unterbezahlt und überlastet.[9] Der niedere Klerus wurde jedoch nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht „kurz gehalten“, sondern war auch in keinem der kirchlichen Gremien vertreten. Dies und die ungleiche Verteilung der Einnahmen und pastoralen Tätigkeit führte auch innerhalb der Kirche zu Kritik. Die Sympathien der Pfarrer und Vikare gehörten dem Dritten Stand, insbesondere dem kleineren Bürgertum, dem sie selbst entstammten. Der Zwiespalt, der das ganze 18. Jahrhundert andauerte, führte dazu, dass sich der niedere Klerus 1789 auf die Seite des Dritten Standes stellte und dadurch die Bildung der Nationalversammlung ermöglichte.
IV. Die religiöse Gleichgültigkeit
Zu den innerkirchlichen Konflikten kam die immer stärker werdende religiöse Gleichgültigkeit des Volkes hinzu. Diese verbreitete sich vor allem in den immer größer werdenden Städten. Durch Bevölkerungswachstum, Verarmung der Kleinbauern und unterbürgerlichen Schichten, der Verstädterung mit ihren Begleiterscheinungen (Prostitution, illegitime Geburten, Kriminalität) und Aufklärung wandelte sich seit 1770 allmählich das religiöse Gefühl. Vor allem in Paris wandten sich immer mehr Menschen von der Kirche ab, ohne das diese etwas dagegen tat. Menschen, die sich neu in der Stadt niederließen, wurden nicht von der Kirche integriert. In den Jahren vor der Revolution kam es in ganz Paris, trotz stetig wachsender Bevölkerung, nur zu 9 kirchlichen Neugründungen.[10]
Bis zum Sommer 1789 wurde die offizielle Stellung der Kirche nicht in Frage gestellt, dennoch wurde der Ruf nach Reformen immer größer.
V. Auf dem Weg zu einer katholisch- revolutionären Staatskirche (1785- 1790)
Der immer lauter werdende Ruf nach Reformen wurde von der hohen Geistlichkeit lange nicht erhört. Sie lehnte eine Beteiligung des niederen Klerus am innerkirchlichen Entscheidungsprozess, sowie ein Reform des Pfründewesens strikt ab. Die Klagen der wirtschaftlich schlecht gestellten Pfarrer, fanden weder bei ihrer Kirche noch beim Staat Gehör. Dies führte dazu, dass eine Flut von Broschüren und Flugschriften an die Öffentlichkeit drang, um diese für das Anliegen zu mobilisieren. Da sich der Pfarrklerus fast uneingeschränkt hoher Wertschätzung erfreute und sich die Krone von der Mitarbeit der Pfarrer in den Generalständen hilfreiche Einblicke in die Lage des Landes erhoffte, legten die Ausführungsbestimmungen vom 21. Januar 1789 für die Wahlen fest, dass jeder Pfarrer, nicht aber Vikar, an den Wahlen seines Standes teilnehmen sollte.[11] Trotz großer Manipulation der Bischöfe in manchen Wahlbezirken, brachten die neuen Wahlen dem Pastoralklerus einen Löwenanteil von 208 Mandaten im Gremium. Im Gegensatz dazu hatte der hohe Klerus nur noch 93 Mandate für sich gewinnen können.[12] Bei diesen Abgesandten handelte es sich jedoch nicht nur um geborene Parteigänger des Dritten Standes.
Die Kirche war 1789 zwar zur Mitarbeit an der Neugestaltung des Staates bereit und beteiligte sich auch an den Verfassungsarbeiten der Nationalversammlung, versuchte aber in Beratungen nicht nur politische Ziele zu verwirklichen, sondern vor allem auch ihre Rechte mit verfassungsmäßigen Mitteln zu sichern. Die Kirche war gewillt den Staat zu reformieren, verteidigte aber zugleich ihre Position im Staat. Sie wollte den Katholizismus als Staatsreligion bewahren und ihre kirchlichen Rechte in der Verfassung legitimieren.
Während die Absicht des revolutionären Staates auf eine einseitige Besitzergreifung hinauslief, zielte die Kirche auf ein Abkommen gleichberechtigter Partner hin.[13]
Am 5. Mai 1789 berief König Ludwig XVI. die Generalstände ein. Das Ziel des Königs war, durch die Besteuerung des Adels, die Staatsschulden zu verringern. Der Dritte Stand forderte die Abstimmung nach Köpfen. Er konnte sich durch seine Anzahl, durch seine Argumentation und verstärkt durch Überläufer aus den beiden ersten Ständen durchsetzen. Nach dreitägiger Grundsatzdebatte erklärten sich die Anhänger des Dritten Standes am 17. Juni 1789 zur Nationalversammlung.[14] Über 200 der 291 Abgeordneten des Klerus schlossen sich dieser Nationalversammlung an.
Unter dem Druck der stark um sich greifenden Bauernrevolte, die sich für die Abschaffung des Feudalwesens einsetzte, stimmte der Klerus in der Nacht vom 4. auf den 5. August 1789 für diese Abschaffung. Weiter stimmte der Klerus für die Aufhebung der Privilegien, die Gleichheit der Besteuerung, sowie für die Abschaffung des Kirchenzehnten.[15] Im Dekret der Nationalversammlung heißt es hierzu:
„Die Nationalversammlung vernichtet das Feudalwesen völlig. [...] Alle [...] Zehnten oder dafür eintretenden Grundzinsabgaben, in deren Genuss weltliche oder geistliche Körperschaften, Pfründeinhaber, Kirchenvorstände und alle Einrichtungen der toten Hand, einschließlich Malteserordens und anderer religiöser und militärischer Orden, kommen, [...]werden abgeschafft, mit dem Vorbehalt, dass für die Mittel zur Bestreitung der Kosten für Gottesdienst, Unterhalt der Priester, Armenpflege, Reparatur und Wiederaufbau von Kirchen und Pfarrhäusern, sowie für alle Einrichtungen, Seminare, Schulen, Kollegiengebäude, Spitäler, Klöster und andere Gebäude, zu deren Unterhaltung diese Mittel gegenwärtig bestimmt sind, anderweitig gesorgt wird.“[16]
[...]
[1] Weis, Eberhard: Weltbild Geschichte Europas (Berlin: Propyläen Verlag, 1998) Band 4 S. 81
[2] Reichhardt, Rolf: Die Französische Revolution (Freiburg: Ploetz, 1988) S. 173
[3] vgl. Lobert, Stephan: Abitur Wissen Französische Revolution (Stuttgart: Klett, 1998²) S. 12
[4] Markov W., Soboul A.: 1789 Die Große Revolution der Franzosen (Berlin: Akademie- Verlag, 1975²) S. 16
[5] ebd.
[6] Ebd. S. 17
[7] Lobert, Stephan: Abitur Wissen Französische Revolution (Stuttgart: Klett, 1998²) S. 13
[8] Weis, Eberhard: Weltbild Geschichte Europas (Berlin: Propyläen Verlag, 1998) Band 4 S. 85
[9] ebd.
[10] Ullmann, Hans-Peter: Deutschland und Frankreich im Zeitalter der Französischen Revolution (Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1994/ 6) S. 247
[11] Reichhardt, Rolf: Die Französische Revolution (Freiburg: Ploetz, 1988) S. 177
[12] ebd. S. 178
[13] vgl. Maier, Hans: Revolution und Kirche (Freiburg: Herder Verlag, 1988/5) S. 77- 79
[14] Reichhardt, Rolf: Die Französische Revolution (Freiburg: Ploetz, 1988) S. 40
[15] Weis, Eberhard: Weltbild Geschichte Europas (Berlin: Propyläen Verlag, 1998) Band 4 S. 120
[16] Lautzus, Peter: Die Französische Revolution. Ein Beispiel zur Kontinuität und Diskontinuität in der Geschichte (Freiburg 1977) S. 42- 44
- Arbeit zitieren
- Michaela Benz-Riede (Autor:in), 2003, Kirche und Klerus während der Französischen Revolution, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/14891