In der kurzen, aber intensiven Phase des Jugendstils (circa 1890-1910) entstand eine neue Auffassung von Kunst und Kunstgewerbe, die als internationales Phänomen die gesamte westliche Kunstszene beeinflusste. Diese Epoche markiert den Beginn der Moderne in Design und Architektur. Der vorliegende Text untersucht speziell die Jugendstilarchitektur in Dresden, eine Stadt, die primär für ihre barocken Bauwerke bekannt ist. Zwei zentrale Fragen werden behandelt: Erstens, ob Dresden trotz seines Barockcharakters auch eine Stadt des Jugendstils war, und zweitens, wie viele Jugendstilbauten nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und der Vernachlässigung in der DDR noch existieren. Trotz strenger Bauordnungen, die den Residenzcharakter der Stadt bewahrten, existieren einige bemerkenswerte Jugendstilwerke in Dresden, meist in Form dekorativer Details und Innenausstattungen. Der Text bietet eine detaillierte Untersuchung der heute noch erhaltenen Jugendstilbauten und beleuchtet ihre aktuelle Bedeutung.
Jugendstil in Dresden: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist das Thema des Textes?
Der Text befasst sich umfassend mit der Jugendstilarchitektur in Dresden. Er untersucht, ob Dresden als Jugendstilstadt bezeichnet werden kann, präsentiert wichtige Vertreter des Dresdner Jugendstils und stellt exemplarisch verschiedene Kategorien von Jugendstilbauten in Dresden vor, darunter öffentliche Bauten, Kirchen, Villen, Mietvillen, Doppelhäuser und Mietshäuser, sowie Bauten von Bausparvereinen. Der Text analysiert den Einfluss des Jugendstils auf die Architektur Dresdens und beleuchtet den Bestand an Jugendstilbauten trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und der Vernachlässigung in der DDR-Zeit.
Gab es in Dresden Jugendstilarchitektur und wie kam sie dahin?
Ja, obwohl Dresden durch seine Bauordnungen, die den Residenzcharakter betonen, nicht als typische Jugendstilstadt gilt, entstanden bis etwa 1906 einige Jugendstilbauten. Der Jugendstil wurde erstmals 1897 auf der Internationalen Kunstausstellung in Dresden präsentiert. Die Bautätigkeit nahm nach 1906 ab, doch Jugendstilornamenten fanden bis zum Ersten Weltkrieg weiterhin Verwendung.
Wer waren die wichtigsten Vertreter des Dresdner Jugendstils?
Wichtige Vertreter in Malerei und Kunstgewerbe waren Josef Goller, Karl Groß, Otto Gussmann, Max Rade, Oskar Zwintscher und Johann Vincenz Cissarz. Bekannte Architekten kamen auch aus anderen Städten, wie z.B. Martin Dülfer und Richard Riemerschmid aus München.
Welche Jugendstilbauten sind in Dresden heute noch zu finden?
Der Text nennt zahlreiche Beispiele, darunter die Talstation der Schwebebahn, die Villa Westendstraße 21 (als „stilreinste Jugendstilvilla Dresdens“ bezeichnet), die alte Feuerwehr Loschwitz, die Christuskirche Strehlen, die Villa Goetheallee 23, die Mietvilla Wilder-Mann-Straße 41, die Doppelhäuser Wilder-Mann-Straße 19/21, die Mietshäuser Katharinenstraße 1-5 und Bundschuhstraße 5 und 7, sowie das von Boch-Haus. Der Text kategorisiert diese Bauten und erwähnt auch zerstörte oder abgerissene Gebäude.
Wie lässt sich die Architektur der alten Feuerwache Loschwitz einordnen?
Die alte Feuerwache Loschwitz, erbaut 1908, wird zwar im Kontext des Jugendstils erwähnt, jedoch auch der Reformarchitektur zugeordnet, aufgrund der Ähnlichkeit mit den Bauten der Hellerauer Gartenstadt. Ihr Erscheinungsbild weist Elemente auf, die sowohl dem Jugendstil als auch der Reformarchitektur zuzuordnen sind.
Welche Merkmale des Jugendstils sind an den Mietshäusern Katharinenstraße 1-5 und Bundschuhstraße 5 und 7 zu erkennen?
Die Mietshäuser Katharinenstraße 1-5 zeichnen sich durch aufwendige Jugendstilornamenten aus, insbesondere an den Hauseingängen. Besonders eindrucksvoll ist die fantasievolle Steinmetzarbeit am Haus Nummer 1. Die Häuser Bundschuhstraße 5 und 7 weisen ebenfalls Jugendstilelemente auf, insbesondere Friese und Portalgestaltung, die thematisch mit den Häusern in der Katharinenstraße verwandt sein könnten.
Welche Rolle spielten Bausparvereine im Bau von Jugendstilhäusern in Dresden?
Dresdner Bausparvereine beteiligten sich am sozialen Wohnungsbau und errichteten Gebäude, die Elemente des Jugendstils aufweisen. Als Beispiel wird das von Boch-Haus genannt, das durch René von Boch-Galhau unterstützt wurde.
Ist Dresden eine Jugendstilstadt?
Der Text kommt zu dem Schluss, dass Dresden keine reine Jugendstilstadt ist, aber dennoch zahlreiche Jugendstilbauten und -elemente aufweist, die vor allem in den im Laufe der Gründerzeit eingemeindeten Vorstädten zu finden sind. Dresdens historischer Kern ist von anderen Architekturstilen geprägt.
1. Einleitung...3
2. Jugendstil-Architektur in Dresden...4
2.1. Gab es in Dresden Jugenstilarchtektur und wie kam sie dahin?...4
2.2. Vertreter des Dresdner Jugendstils...4
2.3. Was ist in Sachen „Jugendstil“ in Dresden gerade heute noch zu finden?...5
3. Jugendstilbauten der einzelnen Kategorien exemplarisch näher vorgestellt...11
3.1. Öffentliche Bauten – alte Feuerwehr Loschwitz...12
3.2. Kirchenbauten – Christuskirche Strehlen...15
3.3. Villen – Villa Goetheallee 23...16
3.4. Mietvillen - Mietvilla Wilder-Mann-Strasse 41...17
3.5. Doppelhäuser - Wilder-Mann-Strasse 19/21...18
3.6. Mietshäuser - Wohnhäuser Katharinenstrasse 1 – 5 im Vergleich mit den Häusern Bundschuhstraße 5 und 7...18
3.7. Bausparvereine – Das von Boch – Haus...22
4. Fazit...23
5. Literaturverzeichnis...25
1. Einleitung
Obwohl der Jugendstil nur eine kurze, aber intensive Phase der Kunstgeschichte um 1900 (In Europa zwischen etwa 1890 und 1910, in Deutschland ziemlich genau von 1897 bis 1907) war, sind trotz zweier Weltkriege noch viele Kunstwerke dieser Epoche zu finden.
Eine neue Auffassung von Kunst, aber auch von Kunstgewerbe, erfasste in dieser Zeit die gesamte westliche Kunstszene. Nicht überall wurde diese Bewegung als Jugendstil bezeichnet. Denn diese neue Auffassung von Kunst und Kunstgewerbe nahm ihren Anfang in Großbritannien mit der sogenannten Arts-and-Crafts-Bewegung.
Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen in den verschiedenen Ländern muss der Jugendstil als internationales Phänomen verstanden werden, welches die gesamte westliche Kunst umfasste.
Mit dem Jugendstil begann die Moderne in Design und Architektur. In diesem Aufsatz soll es speziell um die Jugendstilarchitektur in Dresden gehen.
Als ich mich dem Thema „Jugendstilbauten in Dresden“ näherte, stellten sich für mich zwei Fragen.
War Dresden neben seinem Nimbus eine Barockstadt zu sein, auch eine Jugendstilstadt?
Wenn es in Dresden typische Jugendstilbauten gab, was hatte die Zerstörung Dresdens im zweiten Weltkrieg und die Vernachlässigung noch existierender Bauten in der Zeit der DDR, davon noch übriggelassen?
Eine schnelle und kompakte Antwort auf meine erste Frage fand ich in folgendem Zitat:
“Dresden ist keine typische Stadt für den Jugendstil, dafür sorgten die zahlreichen Bauordnungen, die den Residenzcharakter Dresdens erhalten sollten und sich unter anderem an der Neorenaissance orientierten. Diese bildeten die Grundlage für den Generalbauplan von Heinrich Herrmann Bothen, der am 28. Oktober 1862 genehmigt wurde. Zudem fanden später Heimatschutz- und Reformarchitektur gerade in Dresden schnell viele Anhänger, die sich vor allem von Ideen des Deutschen Werkbundes inspirieren ließen. Dennoch haben sich einige feine Ausbildungen gezeigt. Da der Jugendstil eher ein Dekorationsstil als ein Baustil ist, findet er sich bevorzugt an kleinen Ausstattungsdetails und in der Inneneinrichtung wieder.“ [1]
Der zweiten Frage wollte ich mich jedoch in meinem Referat und in diesem Essay von einer anderen Seite annähern. Auch wenn es dadurch so aussehen könnte, dass ich dabei bedeutende Jugendstilbauten (wie etwa das Gerhard Hauptmann Haus oder das Güntzbad) einfach vernachlässigen wolle, so will ich diese nicht ignorieren. Doch mein Anspruch hier sollte sein: „Was ist in Sachen „Jugendstil“ in Dresden gerade heute noch zu finden?“
2. Jugendstil-Architektur in Dresden
2.1. Gab es in Dresden Jugenstilarchtektur und wie kam sie dahin?
Es war auf der I. Internationalen Kunstausstellung 1897, als in nur zwei Innenräumen des Ausstellungspalastes erstmals Jugendstilkunst der Dresdner Öffentlichkeit, allerdings unter starken Kontroversen der etablierten Künstler, präsentiert wurde. Dennoch entstand kaum später bis etwa 1906 ein großer Teil, der jedoch insgesamt wenigen, Jugendstilbauten. Nach 1906 nahm die Bautätigkeit im Jugendstil stark ab. Dennoch fanden noch bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Ornamente des floralen Jugendstils an vielen Gebäuden Verwendung. Davon kann man sich trotz der schweren Zerstörung Dresdens am Ende 2. Weltkrieges und der Vernachlässigung während der DDR-Zeit, noch heute überzeugen.
2.2. Vertreter des Dresdner Jugendstils
Die wichtigsten Vertreter des Jugendstils in Dresden waren dabei. In Malerei und Kunstgewerbe:
Ø Josef Goller
Ø Karl Groß
Ø Otto Gussmann
Ø Max Rade
Ø Oskar Zwintscher
Ø Johann Vincenz Cissarz
Aber auch bekannte Architekten des Jugendstils kamen zum Beispiel aus München nach Dresden wie:
Ø Martin Dülfer
Ø Richard Riemerschmid
2.3. Was ist in Sachen „Jugendstil“ in Dresden gerade heute noch zu finden?
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 2:Foto Hardy Riedel
Zu Beginn hier die Talstation der Schwebebahn von Dresden als öffentliches Bauwerk. Die Dresdner Schwebebahn wurde am 6. Mai 1901 eröffnet. Also genau in der Zeit, als der Jugendstil die Gestaltung von Neubauten stark beeinflusste. So ist der Goldene Schriftzug eindeutig dem Einfluss des Jugendstils zuzuordnen.
Aber auch funktionale Details, wie hier die Lampe der Eingangsbeleuchtung folgen unverkennbar diesem Geschmack.
Mit Jugendstilelementen ausgestattete Gebäude gibt es in Dresden recht häufig zu entdecken.
Als „herausragendes Beispiel des Jugendstils in Dresden“ bzw. als „stilreinste Jugendstilvilla Dresdens“ gilt die Villa Westendstraße 21.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 3 und 4: Foto Hardy Riedel
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 5: https://de.wikipedia.org/wiki/Villa_Westendstra%C3%9Fe_21_(Dresden)
Die Villa Westendstraße 21 steht unter Denkmalschutz. Sie ist ein Wohnhaus im Dresdner Stadtteil Plauen. Sie gilt dabei als die „stilreinste Jugendstilvilla Dresdens“.
Als Villa Graumüller in Dresden erinnert sie an einen früheren Bewohner dieses Hauses. Der Rennfahrer Alexander Graumüller kaufte im Jahre 1920 dieses Haus für sich und seine Familie.
Gebaut wurde die Villa 1904 von den Gebrüdern Fichtner – Ferdinand William und Conrad Albert O. Fichtner. Die Villa wurde 1992 aufwendig saniert.
Neben dieser Villa gibt es noch 74 Einträge in der Kategorie „Bauwerk des Jugendstils in Dresden“ Diese Jugendstilgebäude kann man grob in folgende Kategorien einteilen:
Ø Öffentliche Bauten
Ø Kirchen
Ø Villen
Ø Mietvillen
Ø Doppelhäuser
Ø Mietshäuser
Auch im Bereich des damaligen sozialen Wohnungsbaus in Form von betrieblichen Siedlungswerken und Bausparvereinen, sind Jugendstilhäuser in Dresden noch heute existent. So zum Beispiel:
Ø Das Boch Haus auf der Leipziger Straße in Pieschen
Ø Das Plaut Haus in Dresden Plauen Coschützer Straße 54-56
Ø Das Prinz Friedrich August Haus in Dresden Trachau
Die folgende Tabelle listet alle bekannten Jugendstilbauten bzw. Bauten mit Jugendstilelementen nach ihren Kategorien auf. Es befinden sich allerdings auch Bauwerke darunter, welche durch den Bombenangriff auf Dresden vernichtet wurden bzw. auch diejenigen Bauten, die in der DDR abgerissen wurden. Darunter waren auch viele Bauwerke, welche wiederaufbauwürdig gewesen wären. Wie zum Beispiel das Güntzbad.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
3. Jugendstilbauten der einzelnen Kategorien exemplarisch näher vorgestellt
War oder ist Dresden eine Jugendstilstadt? Dresden ist so viel. Dresden wird von Touristen in erste Linie als Barockstadt bezeichnet. Doch vom Theaterplatz in die Runde geschaut, ist da Renaissance, Barock und Klassizismus auch mit all den Formen, welche mit der Vorsilbe „Neo“ diese Baustile nochmals aufgreift, zu sehen. Das, was man heute in Dresden Innere Altstadt nennt, umfasst im wesentlichem den Bereich, welcher einst die Festung Neudresden ausmachte.
Wie auch in anderen großen Städten mit entsprechenden Befestigungsanlagen, wurden in Dresden nach 1815 die Festungswerke allmählich niedergelegt. Der so gewonnene Raum wurde auch in Dresden baulich genutzt. Wie beispielsweise der Antonsplatz vor dem ehemaligen "Wilschen Tor" (Postplatz). Doch zahlreiche Bauordnungen, die den Residenzcharakter Dresdens erhalten sollten, verhinderten dem "ungeheuerlichen und verrückten" Jugendstil in der Residenzstadt Raum zu geben. So orientierten sich hier die Bauherren eher am Generalbauplan von Heinrich Herrmann Bothen, der am 28. Oktober 1862 genehmigt wurde. In diesem wurde eher dem Neorenaissance Raum gegeben.
Vor der totalen Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 war die Innere Altstadt eine Einheit mit all diesen Baustilen. Das machte das Zentrum der Residenzstadt Dresden aus. Jugendstilbauten gab es da nicht.
Es existieren bzw. existierten dennoch eine ganze Reihe Jugendstilbauten in Dresden. Denn in den später nach Dresden eingemeindeten Stadtteilen galten ja zunächst diese Bauordnungen nicht. Dies war in besonderem Maße in den von gut "betuchten" Bürgern bewohnten Villengegenden der Vorstädte Dresdens der Fall. Allerdings gab es in Dresden keine, wie beispielsweise bei der Margarethenhöhe in Darmstadt, dem Jugendstil vorbehaltenen Bauflächen. Vielmehr bauten die reicheren Bürger was ihnen gerade gefiel. Reine Jugendstilvillen waren daher in Dresden eher selten.
Kaum ein anderer Stil verbindet Individualismus und Prägnanz so hervorragend wie die Architektur des Jugendstils. Der Begriff des Jugendstils ist vor allem im deutschsprachigen Raum, in den Niederlanden, Lettland und nordischen Ländern gebräuchlich. Der Begriff des Jugendstils ist vor allem im deutschsprachigen Raum, in den Niederlanden, Lettland und nordischen Ländern gebräuchlich. (hier wäre als Jugendstilstadt die norwegische Stadt Ålesund zu nennen, deren Innenstadt auf Grund eines Stadtbrandes am 23. Januar 1904, neu aufgebaut werden musste. Genau in dieser Zeit war der Jugendstil auf seinem Höhepunkt und so wurde die neue Innenstadt vorwiegend im Stile dieses Geistes aufgebaut) Als Synonym findet man auch den Begriff Art Nouveau, Modern Style oder Wiener Secession. Der Hauptinhalt des Jugendstils ist eine Einheit von Kunst und Leben zu schaffen. [2]
Viele der detailreich verzierten Fassaden kann man noch heute in Dresden bewundern. Die kunstvollen dekorativen Elemente sowie teils kräftigen und bunten Farben bieten eine willkommene Abwechslung zu dem, was Dresden sonst noch ist.
3.1. Öffentliche Bauten – alte Feuerwehr Loschwitz
„Im Zusammenhang mit dem Bau des Blauen Wunders wurde der Loschwitzer Dorfkern völlig umgestaltet. In der Folge entstanden dann auch die jetzigen Gründerzeithäuser am Körnerplatz. Das Wachstum des Dorfes und das Fortschreiten der Technik machte eine größere moderne Feuerwache notwendig, und so wurde kurz nach der Errichtung der Schiller-Schule vom selben Architekten Georg Schramm 1908 die heutige Alte Feuerwache Loschwitz gebaut. Sie bestand aus der Fahrzeughalle, Geräteräumen, dem Steiger- und Schlauchturm sowie Wohnungen.“ [3]
Erbaut im Jahr 1908 liegt dieses Bauwerk einige Jahre nach der Hochkonjunktur des Jugendstils. Der ganze Gebäudekomplex erinnert an die ersten Gebäude der Hellerauer Gartenstadt, welche im Jahr 1909 von Karl Schmidt-Hellerau gegründet wurde. Ausführender Architekt war hier Richard Riemerschmid. Die Gestaltung der Gebäude einerseits der Alten Feuerwache Loschwitz andererseits der ersten Bauten der Hellerauer Gartenstadt, mit ihren Krüppelwalmdächern, ihren grünen Fensterläden und ihren Spalieren an den großen Außenwandflächen, werden auch der Reformarchitektur (Reformstil oder Reformbaukunst) zugeordnet. Diese hatte ähnliche Wurzeln wie die Jugendstilbewegung.
Hier zum Vergleich: Bilder der Gartenstadt Hellerau
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abb. 6 + 7: Foto Hardy Riedel
Der Vergleich des, der Dachgestaltung nach, Schlauchturmes der Alten Loschwitzer Feuerwache mit der Gestaltung der Turmhaube der katholischen St. Joseph Kirche in Dresden Pieschen lässt die Zuordnung dieses Bauelementes der St. Joseph Kirche in den Jugendstil bzw. Reformstil zu.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 8: Fotos Hardy Riedel
„Reformarchitektur, auch Reformstil oder Reformbaukunst, ist ein Begriff für einen Teil der Architekturströmungen, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts vom Historismus abwandten, aber an traditionellen Baumaterialien, Bauweisen und teilweise auch Stilelementen festhielten. Darin unterschied sich diese wesentlich von der im Deutschen Werkbund propagierten Richtung des Neuen Bauens, das sachliche und schlichte Formen bevorzugte und neue Bauweisen entwickelte. Wegen des Rückgriffs auf regionale Traditionen lässt sich ein großer Teil der der Reformarchitektur zugerechneten Bauten auch mit dem schon länger bekannten Begriff Heimatschutzarchitektur, auch Heimatarchitektur, bezeichnen. Andere Bauten zeigen aber auch Einflüsse des Jugendstils.“ [4]
3.2. Kirchenbauten – Christuskirche Strehlen
Errichtet wurde die Christuskirche in den Jahren 1902 bis 1905 vom Architekturbüro Schilling & Graebner. Also genau in der Zeit des Jugendstils.
Die Kirche wurde beim Bombenangriff im Februar 1945 beschädigt. 1949 bis 1951 wurde sie wiederhergestellt und konnte anschließend wieder genutzt werden.
Zunächst wurde die Innenausstattung nicht wiederhergestellt. Erst in den Jahren 1973 bis 1980 erfolgte eine Restaurierung.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 9: Foto Hardy Riedel
Im wiederhergestellten Innenraum der Kirche lassen sich viele Jugendstilelemente entdecken.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 10: Christuskirche Dresden-St.jpg (Christuskirche (Dresden-Strehlen) – Wikipedia 2023)
3.3. Villen – Villa Goetheallee 23
Diese Villa wurde 1901 von Heinrich Watzlawik im Jugendstil erbaut und gehört zu den jüngeren Blasewitzer Wohnhäusern. Ursprünglich war es als Zweifamilienhaus konzipiert. Doch später wurde das Haus in Etagenwohnungen aufgeteilt. Nach erfolgter Sanierung 1998/99 wird die Villa heute als Architekturbüro genutzt.
Diese Villa im Stadtteil Dresden Blasewitz ist neben dem Pernwaldhaus (auch Villa Muttersegen genannt) in der Goetheallee 24, ein „Jugendstilklassiker“. Die Bauform (Grundriss und Dachkonstruktion) sind im Sinne des Jugendstils ausgeführt. Die Friese über den Etagenfenstern des mittleren Risalits, sind in der typischen floralen Ornamentik gestaltet. Die Torbogenkonstruktion erinnert an den Torbogen der Hellerauer Werkstätten. Eine großzügige Loggia rundet den Gesamteindruck ab. Im Eingangsbereich gibt es dann doch noch eine Referenz an den Stil des Historismus.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 11: Fotos Hardy Riedel
3.4. Mietvillen - Mietvilla Wilder-Mann-Strasse 41
Die Mietvilla Wilder-Mann-Straße 41 ist ein freistehendes, dreigeschossiges Mehrfamilienwohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss. Es wurde 1904 errichtet.
In der Mittelachse der Fassade befindet sich eine Stuckarbeit, die über zwei Geschosse geht. Die mit Stuck gestaltete Frauengestalt ist von Ranken umgeben, leicht bekleidet und hält in der erhobenen rechten Hand einen Blumenstrauß. Eine weitere Stuckverzierung befindet sich an der vorderen linken Hausecke. Solche Eckverzierung waren beliebt. Ein weiteres schönes Beispiel dafür ist an einer Ecke der Villa Julius-Otto-Straße 10 in Dresden Strehlen zu finden.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 12 und 13: Foto Hardy Riedel
3.5. Doppelhäuser - Wilder-Mann-Strasse 19/21
Das von 1903 bis 1905 errichtete Gebäude ist symmetrisch angelegt. Es besitzt drei Geschosse. Die Fassade ist eher von einer „herkömmliche späthistoristische Gestaltung“ geprägt. Bei den Fenstereinfassungen sind Stuckdekorationen im Jugendstil zu sehen. Die Querriegel sind leicht hervortretend.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 14: Foto Hardy Riedel
3.6. Mietshäuser - Wohnhäuser Katharinenstrasse 1 – 5 im Vergleich mit den Häusern Bundschuhstraße 5 und 7
Im Jahre 1903 wurden diese drei Mietshäuser nach Plänen des Architekten Friedrich Wilhelm Hertzsch erbaut Sie gehörten danach auch dem Architekten.
Über eine besonders reiche und fantasievolle Jugendstilornamentik verfügen die Häuser des Straßenzuges Katharinenstraße 1 – 5 in der äußeren Neustadt. Sie zählen zu den „aufwendigsten des Dresdner Jugendstils“.
Bauform und Dachkonstruktion sind nach Art des Jugendstils ausgeführt. Besonders hervorzuheben ist die Gestaltung der einzelnen Hauseingänge. Wobei der Hauseingang des Hauses Nummer 1 besonders beindruckt.
Eine Fantasiegestalt, ein Wesen oder ein Mensch scheint sich in einem floralen Dickicht verirrt zu haben und findet in diesem Moment mit einem Schrei der Erleichterung den Weg nach draußen. Großartig ausgeführt, aber dennoch beängstigend und verstörend wirkt diese Szene.
„Was passiert, wenn ich diese Tür durchschreite? Komme ich in eine ähnliche Situation wie die Gestalt über mir?“
Wer die Geschichte dieses Grundstücks kennt, kann sich jede Art von (Grusel) Geschichte vorstellen. Denn einst war dort die Dresdner Richtstätte „Auf dem Sande“.
Auch die Details der anderen zwei Gebäude verdienen eine nähere Betrachtung. Sie regen die Fantasie genauso an.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 15: Foto Hardy Riedel
Abbildung 16: Fotos Hardy Riedel
Das Portal des Hauses Nummer 3 (Foto links unten) hat auch eine sehr schöne florale Jugendstilornamentik. Auf dem mittleren Foto sieht man die Häuser 3 und 5 nebeneinander in der Straßenflucht. Sehr detailreich ist die Ornamentik des Erkers von Haus Nummer 5 (Foto links oben). Das Thema von Haus Nummer 1 findet sich in den beiden Details auf den Fotos rechts. Eine Giebelfigur rechts oben stellt ein nicht zu identifizierendes Tier dar - eine Schimäre. „Ist es das Wesen, welchem die fliehende Gestalt über dem Portal von Haus Nummer 1 im Dickicht begegnet ist? Haben dort auch die Fledermäuse diese Gestalt verängstigt? Ist dies ein in Stein gemeißelter Albtraum?“
Das Mietshaus in der Bundschuhstraße 5 im Dresdner Stadtteil Johannstadt besitzt ein Portal mit einer ähnlichen Steinmetzarbeit wie am Haus Katharinenstraße 1.
Dieses Haus bildet auch ein Jugendstilensemble mit dem Nachbarhaus Bundschuhstraße 7. Beide Häuser wurden 1903 als Teil einer geschlossenen Bebauung errichtet. Bauherr und vermutlich auch Planer der Gebäude war Baumeister Carl Clemens Türke.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 17: Mietshäuser Bundschuhstraße 5 und 7 – Wikipedia (2023), zuletzt aktualisiert am 11.08.2023, zuletzt geprüft am 25.08.2023.
Das Foto zeigt den Eingangsbereich des Hauses Bundschuhstraße 5. Auch hier tritt eine Fantasiegestalt, ein Wesen oder ein Mensch aus einem Dickicht. "Ein rufender Frauenkopf inmitten nur leicht stilisierten Kastanienlaubs." [5]
So macht diese Figur nicht den verstörenden Eindruck, wie im Fall Katharinenstraße 1. Auch wenn die Bauten von unterschiedlichen Bauherren erbaut wurden, lässt das gemeinsame Baujahr 1903 durchaus Zusammenhänge vermuten. "Zum ersten Mal wurde das Motiv vermutlich 1897 über dem Portal des Hauses König-Albert-Straße 29 (heute Albertstraße; das Haus wurde im Krieg zerstört) verwendet. Es war eine Arbeit des Dresdner Bildhauers Eduard Jungbluth." [6]
Beim danebenstehendem Haus Bundschuhstraße 7 ist der Jugendstilfries in der Mitte des Gebäudes besonders betrachtenswert. Zu sehen ist ein insgesamt symmetrisch angeordneter Schmuck, insbesondere ein friesartiges Band grüner Pflanzen. An beiden Seiten befindet sich jeweils ein Pfau. Beide Vögel bewegen sich auf den in der Mitte befindlichen großen Frauenkopf zu.
Abb. in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 18: Mietshäuser Bundschuhstraße 5 und 7 – Wikipedia (2023), zuletzt aktualisiert am 11.08.2023, zuletzt geprüft am 25.08.2023.
3.7. Bausparvereine – Das von Boch – Haus
Das sich die Dresdner Bausparvereine, die sich einer Form von sozialem Wohnungsbau verschrieben hatten, von der Grundidee des Jugendstils mitreißen ließen ist kaum verwunderlich. Ähnlich der sozialen Idee eines Karl Schmidt-Hellerau, gesunde Arbeitsplätze mit gesunden Wohnmöglichkeiten zu verknüpfen, war dies den Bausparvereinen jener Zeit auch ein besonderes Anliegen.
"Der Dresdner Spar- und Bauverein wurde 1898 gegründet. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges war er eine der erfolgreichsten und mit dem Bau von 2864 Wohnungen auch eine der größten Baugenossenschaften in Dresden. Bereits ein Jahr nach Gründung der Genossenschaft, am 27. Dezember 1899, konnte mit dem „Prinz-Friedrich-August-Haus“ das erste von einer hiesigen Genossenschaft errichtete Wohngebäude seiner Bestimmung übergeben werden.
Im Bereich des heutigen Stadtbezirkes Pieschen errichtete der Dresdner Spar- und Bauverein u. a. […] An der Leipziger Straße 32/34 errichtete die Genossenschaft das „Von-Boch-Haus“, an der Paulstraße die „Dr.-Becker-Häuser.“ [7]
Abbildung in der Leseprobe nicht enthalten.
Abbildung 19:Fotos Hardy Riedel
Die Gestaltung des Hauses wurde im Sinne des Jugendstils ausgeführt. Es gibt ein Hauptportal im Mittelteil. Der linke Gebäudeteil springt etwas hervor und ist mit einer mit Schiefer gedeckten Haube abgeschlossen. Im rechten Gebäudeteil gibt es ein verspieltes Treppentürmchen. Der rechte vorspringende Gebäudeteil endet oben mit einem Giebel. Die, nach innen springende, Toreinfahrt ist floral ausgemalt und greift das Ideal des arbeitenden, für die Familie sorgenden Vater auf, der nach der Arbeit von einem seiner Kinder herzlich begrüßt wird.
Der Eingang im linken Bereich hat eine typische abgerundete Tür. Über diesen Bereich ist eine Gedenktafel des Dresdner Bausparvereins mit dem Hinweis, dass dies das von Boch – Haus ist. Die Architekten waren Schilling & Graebner. René von Boch-Galhau unterstützte den Bau mit 20.000 Mark.
4. Fazit
Anhand der Beschreibung exemplarisch ausgewählter Bauten des Jugendstils bzw. Bauten mit Jugendstilelementen habe ich den Versuch unternommen zu ergründen, ob Dresden eine Jugendstilstadt war oder ist.
Wie kann eine Stadt, die bald 900 Jahre vor dem Jugendstil existierte, eine reine Jugendstilstadt sein?
Bei einer Stadt wie die norwegische Stadt Ålesund, die durch eine Brand genau in der Zeit des Jugendstils fast völlig vernichtet wurde, war es möglich in diesem Zeitgeist die Stadt wieder neu zu errichten.
In Dresden war dies anders. Im Kern blieb Dresden eine Stadt wie sie über die Jahrhunderte gewachsen war. Doch diese Stadt platzte in der sogenannten Gründerzeit, wie viele andere Städte Europas, aus allen Nähten. Es wurden große Teile des Umlandes eingemeindet und dort, wo in dieser Zeit neu gebaut wurde, konnte der Jugendstil seinen Einfluss nehmen.
Mein Fazit lautet also: War oder ist Dresden eine Renaissance,- Barock,- oder Jugendstilstadt? Nein! Sie ist nichts von dem. Aber dennoch Etwas von Allem.
Hardy Riedel
Meißen im August 2023
5. Literaturverzeichnis
Jugendstil in Dresden (1998). 1. Aufl. Dresden: Hellerau-Verl.
Jugendstil - Stadtwiki Dresden (2017). Online verfügbar unter https://www.stadtwikidd.de/wiki/Jugendstil, zuletzt aktualisiert am 19.05.2017, zuletzt geprüft am 17.06.2023.
Dresdner Spar- und Bauverein - Stadtwiki Dresden (2023). Online verfügbar unter https://www.stadtwikidd.de/wiki/Dresdner_Spar-_und_Bauverein, zuletzt aktualisiert am 29.05.2023, zuletzt geprüft am 19.06.2023.
Kategorie:Bauwerk des Jugendstils in Dresden – Wikipedia (2023). Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Bauwerk_des_Jugendstils_in_Dresden, zuletzt aktualisiert am 31.05.2023, zuletzt geprüft am 15.06.2023.
Zionskirche (Dresden, 1912) – Wikipedia (2023). Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Zionskirche_(Dresden,_1912), zuletzt aktualisiert am 13.06.2023, zuletzt geprüft am 15.06.2023.
Reformarchitektur – Wikipedia (2023). Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Reformarchitektur, zuletzt aktualisiert am 09.08.2023, zuletzt geprüft am 24.08.2023.
Alte Feuerwache Loschwitz – Wikipedia (2023). Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Feuerwache_Loschwitz, zuletzt aktualisiert am 10.08.2023, zuletzt geprüft am 24.08.2023.
Mietshäuser Bundschuhstraße 5 und 7 – Wikipedia (2023), zuletzt aktualisiert am 11.08.2023, zuletzt geprüft am 25.08.2023.
Christuskirche (Dresden-Strehlen) – Wikipedia (2023), zuletzt aktualisiert am 22.08.2023, zuletzt geprüft am 24.08.2023.
Jugendstil in Dresden | So lebt Dresden (2023). Online verfügbar unter https://so-lebt-dresden.de/jugendstil-in-dresden/, zuletzt aktualisiert am 24.08.2023, zuletzt geprüft am 24.08.2023.
Helas, Volker (1999): Jugendstilarchitektur in Dresden. Unter Mitarbeit von Gudrun Peltz. 1. Aufl. Dresden: Knop.
Wikipedia (Hg.) (2022): Wohnhaus Katharinenstraße 1. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wohnhaus_Katharinenstraße_1&oldid=225535172, zuletzt aktualisiert am 22.08.2022, zuletzt geprüft am 17.06.2023.
[1] Jugendstil - Stadtwiki Dresden 2017.
[2] Jugendstil in Dresden | So lebt Dresden 2023.
[3] Alte Feuerwache Loschwitz – Wikipedia 2023.
[4] Reformarchitektur – Wikipedia 2023.
[5] Mietshäuser Bundschuhstraße 5 und 7 – Wikipedia 2023.
[6] Mietshäuser Bundschuhstraße 5 und 7 – Wikipedia 2023.
[7] Dresdner Spar- und Bauverein - Stadtwiki Dresden (2023). Online verfügbar unter https://www.stadtwikidd.de/wiki/Dresdner_Spar-_und_Bauverein, zuletzt aktualisiert am 29.05.2023, zuletzt geprüft am 19.06.2023.
- Arbeit zitieren
- Hardy Riedel (Autor:in), 2023, Jugendstil in Dresden, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1484396