I. Einleitung
I. 1 Fragestellung und Vorgehensweise
Der Begriff „Mau Mau“ bezeichnet jene zentralkenianische Bewegung in den 1950er Jahren, die sich radikal von allen Versuchen, mit der britischen Kolonialmacht friedlich über eine graduelle „Afrikanisierung“ der Politik zu verhandeln, abwandte, und die
militärische Auseinandersetzung suchte. Daneben wird die Bezeichnung jedoch synonym auch für die Teilnehmer dieser Bewegung wie auch die militärische Auseinandersetzung
verwendet.
Von Lagern in den Bergen herab führten die Mau Mau, rekrutiert
aus der Ethnie der Kikuyu, zwischen 1952 und 1956 einen Guerillakrieg, bevor sie den überlegenen Kolonialtruppen unterlagen. Der Ausnahmezustand und das Lagersystem,
in dem große Teile der Kikuyubevölkerung eingesperrt waren, blieben noch bis 1958 erhalten.
Angesichts des Ausmaßes der britischen Operationen gegen die Bewegung, die letztlich fast jeden Menschen in Zentralkenia auf irgendeine Art erfassten, mag es nicht weiter verwundern, dass viele Kenianer ihre ganz eigene Vorstellung von Mau Mau hatten und haben: So fanden sie sich auf der aktiven Seite von Mau Mau als Kämpfer in den Wäldern wieder, als Teil des passiven Flügels in den Reservaten und in Nairobi, oder aber auf der Gegenseite als Mitglied der „homeguards“; der zahlenmäßig größte Teil der
Bevölkerung befand sich nach der Zwangsumsiedlung in befestigte „emergency villages“ von 1954 in einer Gemengelage zwischen beiden Seiten. Berücksichtigt man dazu die von beiden Kriegsparteien begangenen Gräueltaten, denen zumindest auf britischer Seite zum Teil ein Plan unterstellt werden muss, ist auch der hohe Grad an Emotionalität, sobald in Kenia von Mau Mau die Rede ist, ohne weiteres nachzuvollziehen.
In seiner nunmehr über 50-jährigen Geschichte unterlagen die dem Begriff Mau Mau zugeordneten Wertungen und Inhalte jedoch einem so umfassenden Wandel, dass er für Außenstehende fast nicht nachvollziehbar ist...
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1 Fragestellung und Vorgehensweise
- 2 Forschungsstand und -diskussion
- II. Der Mau Mau-Diskurs: Geschichtspolitik, Erinnerungskultur, Mythenbildung
- III. Der Mau Mau-Aufstand
- 1 (Sozioökonomische) Ursachen für den Aufstand
- 2 Entstehung von Mau Mau und Verlauf des Krieges
- 3 Die Rolle Mau Maus in der Herbeiführung der Unabhängigkeit
- IV. Kenya unter Kenyatta
- 1 Kenyattas „forgive and forget“
- 2 Die Herausforderung der KANU durch die KPU
- 3 Kenyattas Kurs nach Verbot der KPU
- V. Der Mau Mau-Diskurs während der Herrschaft Mois
- 1 Mau Mau als Regierungspropaganda
- 2 Mau Mau als Diskurs oppositioneller Gruppierungen
- 3 Mau Mau in der Demokratiesierungsbewegung
- 4 Mau Mau als Thema in den Wahlkämpfen
- 5 Mau Mau-Organisationen unter Moi
- 6 Der Kampf um Reparationen und jüngste Entwicklungen
- VI. Die Mungiki
- VII. Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den „Mau Mau“-Diskurs im postkolonialen Kenia über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren. Ziel ist es, die Akteure, Themen und die inhaltliche Entwicklung dieses Diskurses zu analysieren und seine Bedeutung für die kenianische Geschichte aufzuzeigen. Die Arbeit basiert auf der These, dass der „Mau Mau“-Diskurs entscheidende Phasen der politischen Entwicklung Kenias begleitet, geprägt und sich stets an neue Gegebenheiten angepasst hat.
- Die Entwicklung und Nutzung des „Mau Mau“-Diskurses durch verschiedene Akteure.
- Die Themen, für die der „Mau Mau“-Diskurs herangezogen wurde und wird.
- Die inhaltliche Aufladung des „Mau Mau“-Diskurses im Laufe der Zeit.
- Der Einfluss des „Mau Mau“-Diskurses auf die Geschichtspolitik und Erinnerungskultur Kenias.
- Die Rolle des „Mau Mau“-Diskurses in der Legitimation von Herrschaft und Widerstand.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung stellt die Fragestellung und die Vorgehensweise der Arbeit vor. Sie definiert den Begriff „Mau Mau“ und beschreibt die Bedeutung des „Mau Mau“-Diskurses für die kenianische Geschichte. Der Fokus liegt auf der Analyse der Akteure und Zusammenhänge dieses Diskurses vor dem Hintergrund der kenianischen Geschichte, wobei Geschichtspolitik und Erinnerungskultur als theoretische Grundlagen dienen. Die ungeklärte Herkunft des Begriffs „Mau Mau“ wird ebenfalls angesprochen und die unterschiedlichen Interpretationen des Aufstands werden angedeutet. Die Einleitung legt den Grundstein für die Analyse, indem sie den Wandel der Interpretationen des Mau-Mau-Aufstandes und die damit verbundene politische Brisanz hervorhebt.
II. Der Mau Mau-Diskurs: Geschichtspolitik, Erinnerungskultur, Mythenbildung: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Perspektiven auf den Mau-Mau-Aufstand. Es analysiert, wie der Diskurs um Mau Mau die Geschichtspolitik und Erinnerungskultur Kenias beeinflusst hat, einschließlich der Mythenbildung um die Ereignisse. Die unterschiedlichen Interpretationen des Aufstandes von Regierung, Opposition und der Bevölkerung werden beleuchtet. Das Kapitel legt den Fokus auf den Wandel der Bedeutung des Begriffs „Mau Mau“ im Laufe der Zeit und dessen instrumentalisierung für politische Zwecke.
III. Der Mau Mau-Aufstand: Dieses Kapitel behandelt die sozioökonomischen Ursachen des Mau Mau-Aufstandes, seine Entstehung und seinen Verlauf, und schließlich die Rolle von Mau Mau bei der Erreichung der Unabhängigkeit Kenias. Es analysiert die komplexen Hintergründe des Aufstandes, beleuchtet die Strategien der Mau Mau, beschreibt die militärische Auseinandersetzung mit den britischen Kolonialtruppen und wertet die langfristigen Folgen der Rebellion aus. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Aufstands als komplexes Ereignis mit sozialen, ökonomischen und politischen Dimensionen.
IV. Kenya unter Kenyatta: Dieses Kapitel analysiert die Politik Jomo Kenyattas nach der Unabhängigkeit Kenias, einschließlich seiner „forgive and forget“-Politik, die Herausforderungen durch die KPU, und seine Maßnahmen nach dem Verbot der KPU. Es untersucht Kenyattas Umgang mit dem Erbe von Mau Mau und dessen Rolle in der Konsolidierung seiner Macht. Das Kapitel beleuchtet die unterschiedlichen Strategien, die von Kenyatta und seinen Gegnern im Umgang mit dem Mau Mau Thema verfolgt wurden und die politischen Konsequenzen dieser Auseinandersetzung.
V. Der Mau Mau-Diskurs während der Herrschaft Mois: Dieses Kapitel befasst sich mit der Nutzung des „Mau Mau“-Diskurses während der Präsidentschaft von Daniel arap Moi. Es analysiert die Instrumentalisierung von Mau Mau durch die Regierung, die Opposition, die Demokratiesierungsbewegung und in Wahlkämpfen, sowie die Rolle von Mau Mau-Organisationen unter Moi und den Kampf um Reparationen. Der Diskurs um die Ereignisse wird im Kontext der politischen Entwicklung Kenias unter Moi analysiert, wobei die unterschiedlichen Interpretationen des Aufstands beleuchtet werden.
VI. Die Mungiki: Dieses Kapitel beschreibt die Mungiki, ihre Entstehung und Entwicklung im Kontext des Mau Mau-Erbes. Der Zusammenhang zwischen den historischen Ereignissen von Mau Mau und den modernen Aktivitäten der Mungiki wird analysiert.
Schlüsselwörter
Mau Mau, Kenia, Postkolonialismus, Geschichtspolitik, Erinnerungskultur, Mythenbildung, Jomo Kenyatta, Daniel arap Moi, KANU, KPU, Kikuyu, Unabhängigkeit, Befreiungskampf, Reparationen, Mungiki, „forgive and forget“, Diskursanalyse.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Der Mau Mau-Diskurs im postkolonialen Kenia
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den „Mau Mau“-Diskurs im postkolonialen Kenia über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren. Sie untersucht die Akteure, Themen und die inhaltliche Entwicklung dieses Diskurses und seine Bedeutung für die kenianische Geschichte. Die zentrale These lautet, dass der „Mau Mau“-Diskurs entscheidende Phasen der politischen Entwicklung Kenias begleitet, geprägt und sich stets an neue Gegebenheiten angepasst hat.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung und Nutzung des „Mau Mau“-Diskurses durch verschiedene Akteure, die Themen, für die er verwendet wurde und wird, seine inhaltliche Aufladung im Laufe der Zeit, seinen Einfluss auf die Geschichtspolitik und Erinnerungskultur Kenias sowie seine Rolle in der Legitimation von Herrschaft und Widerstand.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, Der Mau Mau-Diskurs: Geschichtspolitik, Erinnerungskultur, Mythenbildung, Der Mau Mau-Aufstand, Kenia unter Kenyatta, Der Mau Mau-Diskurs während der Herrschaft Mois, und Die Mungiki. Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte des Mau Mau-Diskurses in chronologischer und thematischer Reihenfolge.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung stellt die Fragestellung und Vorgehensweise vor, definiert den Begriff „Mau Mau“, beschreibt dessen Bedeutung für die kenianische Geschichte und beleuchtet die ungeklärte Herkunft des Begriffs sowie die unterschiedlichen Interpretationen des Aufstands. Sie legt den Grundstein für die Analyse, indem sie den Wandel der Interpretationen und die politische Brisanz hervorhebt.
Welche Aspekte des Mau Mau-Aufstands werden behandelt?
Kapitel III beleuchtet die sozioökonomischen Ursachen des Mau Mau-Aufstands, seine Entstehung und seinen Verlauf, und schließlich die Rolle von Mau Mau bei der Erreichung der Unabhängigkeit Kenias. Es analysiert die komplexen Hintergründe, die Strategien der Mau Mau, die militärische Auseinandersetzung mit den Briten und die langfristigen Folgen.
Wie wird der Mau Mau-Diskurs unter Kenyatta und Moi behandelt?
Kapitel IV analysiert Kenyattas Politik nach der Unabhängigkeit, einschließlich seiner „forgive and forget“-Politik und des Umgangs mit dem Mau Mau-Erbe. Kapitel V befasst sich mit der Nutzung des „Mau Mau“-Diskurses unter Moi, seiner Instrumentalisierung durch Regierung und Opposition, und dem Kampf um Reparationen.
Welche Rolle spielen die Mungiki?
Kapitel VI beschreibt die Mungiki, ihre Entstehung und Entwicklung im Kontext des Mau Mau-Erbes und analysiert den Zusammenhang zwischen den historischen Ereignissen von Mau Mau und den modernen Aktivitäten der Mungiki.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Mau Mau, Kenia, Postkolonialismus, Geschichtspolitik, Erinnerungskultur, Mythenbildung, Jomo Kenyatta, Daniel arap Moi, KANU, KPU, Kikuyu, Unabhängigkeit, Befreiungskampf, Reparationen, Mungiki, „forgive and forget“, Diskursanalyse.
- Quote paper
- Marten Odens (Author), 2007, „Mau Mau“ im politischen Diskurs des nachkolonialen Kenia, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/147600