Die Arbeit versucht, die Funktionen der jüngst in der mediävistischen Forschung erkannten und erforschten "Spielregeln" im mittelalterlichen Leben in einem der bedeutendsten mittelhochdeutschen Romane, nämlich im Tristan von Gottfried von Straßburg, zu erkennen. Wo hält sich der Dichter an die Realität, wo nicht, wo ist er ausführlich, wo überspringt er Details? Welche Motive verfolgt er dabei? Inwieweit lassen sich Erkenntnisse für die historische Forschung ableiten? Dabei werden zwei Szenarien im Roman detailliert verfolgt und hinterfragt, nämlich die Aktionen bei der Versöhnung zwischen den verfeindeten Ländern Irland und Cornwall und den steilen Aufstieg Tristans am Hof Markes.
Gemäß dem Befund Tomašeks ist davon auszugehen, dass sich in Gottfrieds literarischer Ausgestaltung der Liebesgeschichte von Tristan und Isolde einige konkrete Schilderungen von damals üblichen Ritualen finden lassen. Mit meiner Arbeit ziele ich darauf ab, ihre Darstellungsweise im Tristanroman zu untersuchen. Gibt es Stellen in der Handlung, in denen Gottfried die Protagonisten nach den Spielregeln agieren lässt? Wo sind Abweichungen erkennbar? Welche Funktionen erfüllen diese Darstellungen und Abweichungen im Roman?
Zur Analyse der aufgeworfenen Fragen habe ich zwei exemplarische Handlungsstränge ausgewählt, die meines Erachtens als rituelles Verhalten im obigen Sinne interpretierbar sind. Für beide Szenenfolgen versuche ich, rituelle Elemente und für das Mittelalter spezifische Verhaltensweisen aufzuzeigen und ihre Darstellung bei Gottfried im Spiegel des erwartbaren Modells zu erörtern. Bei der Analyse möchte ich vor allem Auffälligkeiten herausarbeiten und daraus die Bedeutung der Darstellung im Roman erschliessen. Als Quelltext diente mir die dreibändige Edition, Übersetzung und Kommentierung des Romans von Rüdiger Krohn in der 6. Ausgabe von 1993.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. NORMEN UND RITUALE BEI GOTTFRIED VON STRAßBURG
- 1.1 DIE KONFLIKTBEILEGUNG ZWISCHEN IRLAND UND CORNWALL
- 1.1.1 Der Fußfall als Einleitung zur Versöhnung.
- 1.1.2 Versöhnung und Friedensküsse......
- 1.1.3 Der Friedensschluss mit König Gurmun.
- 1.1.4 Zusammenfassung
- 1.2 VERLETZTE EHRE AM HOF
- 1.2.1 Der neue Jegermeister..
- 1.2.2 Der Günstling des Königs
- 1.2.3 Der Neffe und Erbe des Königs.
- 1.2.4 Zusammenfassung ..
- SCHLUSS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung mittelalterlicher Normen und Rituale im Tristanroman von Gottfried von Straßburg. Im Fokus steht die Frage, inwiefern Gottfried die Protagonisten in ihren Handlungen den „Spielregeln des Mittelalters“ folgen lässt und wo er von diesen Normen abweicht. Die Untersuchung analysiert zwei exemplarische Handlungsstränge: die Konfliktbeilegung zwischen Irland und Cornwall sowie die Reaktion auf Verletzungen des mittelalterlichen Ehr- und Rangbewußtseins.
- Die Rolle von Ritualen in der höfischen Gesellschaft des Mittelalters
- Die Darstellung von Konfliktbeilegung und Ehrverletzung im Tristanroman
- Die Bedeutung von Normen und Rituale für die Figuren und die Handlung
- Die Verbindung zwischen realen Normen und den fiktiven Darstellungen in Gottfrieds Roman
- Die Funktion der Darstellung von Rituale und Normen für die Gestaltung der Geschichte und die Charakterisierung der Figuren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der mittelalterlichen Normen und Rituale ein und erläutert die Bedeutung von höfischen Romanen für die Erforschung der damaligen Zeit. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Gottfrieds Roman im Kontext der „Spielregeln des Mittelalters“, einem Konzept, das die Funktionsweise und die Regeln der mittelalterlichen Gesellschaft beschreibt.
Das erste Kapitel analysiert die Darstellung von Konfliktbeilegung im Tristanroman. Der Fokus liegt auf dem Konflikt zwischen Irland und Cornwall, der durch Tristans Taten und Lügen verursacht wurde. Die Untersuchung beleuchtet den rituellen Charakter der Versöhnungsmaßnahmen und die Rolle von Tristan in diesem Prozess.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen mittelalterliche Normen und Rituale, höfische Literatur, Gottfried von Straßburg, Tristan und Isolde, Konfliktbeilegung, Ehrverletzung, „Spielregeln des Mittelalters“ und rituelles Verhalten.
- Quote paper
- Christa Gries (Author), 2024, Die Darstellung mittelalterlicher Normen und Rituale bei Gottfrieds von Straßburg "Tristan", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1475670