Diese Hausarbeit widmet sich primär der inhaltlichen Interpretation der Münzbilder der von etwa Mitte bis Ende des 5. Jhs. v. Chr. geprägten Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts, um zu versuchen, einerseits deren konkrete Bildthemen festzustellen und andererseits daraus gegebenenfalls intentionale Selbstaussagen der historischen Bevölkerung Selinunts zu erschließen. Hierbei soll der Fokus auf den Darstellungen der opfernden Flussgötter auf den Reversen der Tetradrachmen und Didrachmen liegen, da diese in der Forschung, unabhängig von ihrer Interpretation, aufgrund starker Übereinstimmungen von Prägestätte, Prägezeitraum, Bildmotiv und Bildtypus als gesichertes inhaltliches Bindeglied zwischen diesen beiden Nominalen angesehen werden und mit als Grundlage für deren kulturhistorische Deutung der Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts gelten. Hierzu soll zunächst die Geschichte Selinunts im Kontext der Entwicklung der selinuntischen Münzprägung skizziert werden. Darauf sollen die hier im Fokus stehenden Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen ikonographisch analysiert werden. Entsprechend dem Forschungskonsens sind hierfür die grundlegend konstanten Hauptmotive zentraler als kleinere Abweichungen der Details und kunsthistorisch-stilistische Entwicklungen der Bildtypen. Darauf soll unter Einbeziehung des Forschungsdiskurses die ikonologische Interpretation der Bildthemen, gefolgt von deren Einordnung in die Geschichte Selinunts und möglicherweise kommunizierten zeitgenössischen Wertvorstellungen versucht werden.
Häufig gestellte Fragen zur Hausarbeit: Inhaltliche Interpretation der Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Diese Hausarbeit untersucht die ikonographische und ikonologische Bedeutung der Münzbilder von Tetradrachmen und Didrachmen aus Selinunt, die etwa von der Mitte bis zum Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. geprägt wurden. Der Fokus liegt dabei auf der Darstellung opfernder Flussgötter auf den Reversen der Münzen.
Welche Hauptthemen werden behandelt?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, eine Skizzierung der Entwicklung Selinunts und seiner Münzprägung, eine inhaltliche Interpretation der Münzbilder (einschließlich Ikonographie, Deutungen in der Forschungsgeschichte und ikonologischer Bedeutung der opfernden Flussgötter), ein Fazit, eine Bibliographie (Quellen- und Literaturverzeichnis) und einen Katalog mit Abbildungen (und Quellenangaben) verschiedener Münzen aus Selinunt und anderen sizilischen und süditalienischen Städten.
Wie wird die Geschichte Selinunts in der Arbeit dargestellt?
Die Arbeit skizziert die Gründung Selinunts, seine politische Entwicklung (von Oligarchie über Tyrannis zur Demokratie), seine Beziehungen zu Nachbarstädten (Akragas, Himera, Segesta, Karthago) und seinen wirtschaftlichen Aufschwung als bedeutende Handelsmacht. Der Untergang Selinunts im Jahr 409 v. Chr. durch karthagische Truppen wird ebenfalls beschrieben.
Wie wird die Entwicklung der selinuntischen Münzprägung beschrieben?
Die Entwicklung der Münzprägung wird in zwei Phasen unterteilt: eine frühe Phase mit Didrachmen nach korinthischem Standard und eine spätere Phase mit verschiedenen Nominalen nach attischem Standard, die durch größeren Detailreichtum und feinere Verarbeitung gekennzeichnet ist. Die Bedeutung der Münzprägung als Ausdruck von Reichtum und Prestige wird hervorgehoben.
Wie werden die Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen ikonographisch analysiert?
Die ikonographische Analyse konzentriert sich auf die konstanten Hauptmotive der Avers- und Reversseiten. Auf dem Avers werden Quadrigen mit Apollon und Artemis (und später Nike) dargestellt, während der Revers die opfernden Flussgötter Selinos und Hypsas zeigt. Die verschiedenen Beizeichen (Hahn, Stier, Schlange, Reiher) werden ebenfalls beschrieben.
Welche unterschiedlichen Interpretationen der Münzbilder werden in der Arbeit diskutiert?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Interpretationen der Münzbilder aus der Forschungsgeschichte: Dankesopfer für die Sanierung der Flüsse, Ausdruck kriegerischer Feindschaft, Zuordnung zu konkreten Kulten, Bittopfer im Rahmen einer mythisierten Koloniegründungsgeschichte. Die jeweiligen Argumente für und gegen diese Interpretationen werden vorgestellt.
Welche Interpretation der Münzbilder wird von der Autorin favorisiert?
Die Autorin favorisiert die Interpretation von C. Weiss, die die Münzbilder als Bittopfer der Flussgötter für Schutz und Beistand bei der Gründung von Selinunt und Herakleia Minoa deutet. Diese Interpretation wird als die plausibelste im Kontext der vorliegenden Beweise dargestellt.
Welche ikonologische Bedeutung wird den opfernden Flussgöttern zugeschrieben?
Die Autorin argumentiert, dass die Darstellung der opfernden Flussgötter auf den Münzen eine wichtige Botschaft übermittelte: den Wohlstand und das Prestige Selinunts, seine göttliche Abstammung und den symbolischen Ausdruck der Bedeutung der Flüsse für die Gründung und den Wohlstand der Polis. Die bewusste Mythisierung der Gründungsgeschichte wird als Strategie zur Stärkung des Prestiges interpretiert.
Was ist das Fazit der Arbeit?
Die Arbeit schließt mit dem Fazit, dass die Münzbilder Selinunts nicht nur den Wohlstand und das Prestige der Stadt, sondern auch die immense Bedeutung von Flüssen für die westgriechischen Siedler zum Ausdruck bringen. Die Arbeit regt weiterführende Forschung zur Übertragbarkeit des Konzepts auf andere westgriechische Poleis an.
Welche Quellen und Literatur werden verwendet?
Die Arbeit enthält ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis, das antike Quellen (Thukydides, Diodorus Siculus, Plutarch, Diogenes Laertius) und moderne Fachliteratur aus der klassischen Archäologie und Numismatik umfasst. Es werden auch Links zu Online-Katalogen von verschiedenen Münzkabinetten angegeben.
Gibt es einen Katalog mit Abbildungen der Münzen?
Ja, die Arbeit enthält einen Katalog mit detaillierten Beschreibungen verschiedener Münzen aus Selinunt und anderen Städten. Aufgrund von Urheberrechtsbeschränkungen werden die Originalausgaben nur durch Beschreibungen ersetzt, es werden aber auch Links zu den Online-Katalogen und Open-Source-Bildern ähnlicher Objekte angegeben.
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 SKIZZIERUNG DER ENTWICKLUNG DES GRIECHISCHEN SELINUNT UND DESSEN MÜNZPRÄGUNG
3 INHÄLTLICHE INTERPRETATION DER MUNZBILDER DER TETRÄDRÄCHMEN UND DIDRÄCHMEN
3.1 Ikonographie derMünzbilder
3.2 Deutungen der Münzbilder in der Forschungsgeschichte
3.3 Ikonologische Bedeutung der opfernden Flussgötter
4 FÄZIT
5 BIBLIOGRÄPHIE
5.1 Quellenverzeichnis
5.2 Literaturverzeichnis
6 KÄTÄLOG
6.1 Selinunt
6.2 Himera
6.3 Gela
6.4 Kroton
6.5 Herakleia, Lukanien
6.6 Syrakus
1 Einleitung
Bereits 1935 schrieb A. H. Lloyd in einem Artikel für die Royal Numismatic Society über die Interpretation der Münzbilder, der von etwa Mitte bis Ende des 5. Jhs. v. Chr. geprägten Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts: »It is these tetradrachms and didrachms, (...), whose common interpretation it is found necessary first to call into dispute and finally, however reluctantly, entirely to reject.«1
Tatsächlich gab der fragliche Artikel einen Anstoß dazu, den lange in der Forschung tradierten Interpretationsansatz, die Münzbilder der fraglichen Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts zeigten Dankesopfer der lokalen Flussgötter für die Sanierung dieser Gewässer und der damit verbunden Rettung der Stadt von einer Seuche,2 zu hinterfragen und Alternativen zu entwickeln. A. H. Lloyd interpretierte die Münzbilder eher als Ausdruck der kriegerischen Feindschaft Selinunts mit dem benachbarten Akragas, während verschiedentlich auch versucht wurde, die Opferszenen konkreten Kulten und Tempelanlagen, die für Selinunt archäologisch belegt sind, zuzuordnen.3 Dagegen argumentierte C. Weiss im Rahmen einer umfangreichen Analyse der Ikonographie griechischer Flussgottheiten in vorhellenistischer Zeit für eine Interpretation der Münzbilder als Bittopfer im Rahmen einer mythisierten Koloniegründungsgeschichte.4 Jedoch fanden die unterschiedlichen neueren Erklärungsansätze häufig nur geringe Diskussion und Verbreitung, sodass viele aktuelle Publikationen zur Münzprägung Selinunts die Interpretation der Bildthemen der Tetradrachmen und Didrachmen nur oberflächlich oder gar nicht behandeln.5
Allerdings ist die archäologische und althistorische Forschung in Bezug auf die Geschichte, Wirtschaft und Kultur Selinunts, sowie damit zusammenhängenden Fragestellungen zu griechischen Kolonien auf Sizilien - vor allem in Ermangelung ausführlicher zeitgenössischer Schriftquellen - in einem besonderen Maße auf eine numismatische Kontextualisierung angewiesen, da Selinunt zu den ersten und größeren griechischen Münzprägestätten auf Sizilien zählt.6 Eine ikonographische und ikonologische Untersuchung der Münzbilder kann vor allem Aufschluss über deren kulturhistorische Bedeutung, etwa über zeitgenössische Wertvorstellungen und bewusste Selbstinszenierung der prägenden Staaten und deren Repräsentanten, geben.7
Daher widmet sich diese Hausarbeit primär der inhaltlichen Interpretation der Münzbilder der von etwa Mitte bis Ende des 5. Jhs. v. Chr. geprägten Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts, um zu versuchen, einerseits deren konkrete Bildthemen festzustellen und andererseits daraus gegebenenfalls intentionale Selbstaussagen der historischen Bevölkerung Selinunts zu erschließen. Hierbei soll der Fokus auf den Darstellungen der opfernden Flussgötter auf den Reversen der Tetradrachmen und Didrachmen liegen, da diese in der Forschung, unabhängig von ihrer Interpretation, aufgrund starker Übereinstimmungen von Prägestätte, Prägezeitraum, Bildmotiv und Bildtypus als gesichertes inhaltliches Bindeglied zwischen diesen beiden Nominalen angesehen werden und mit als Grundlage für deren kulturhistorische Deutung der Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts gelten.8 Hierzu soll zunächst die Geschichte Selinunts im Kontext der Entwicklung der selinuntischen Münzprägung skizziert werden. Darauf sollen die hier im Fokus stehenden Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen ikonographisch analysiert werden. Entsprechend dem Forschungskonsens sind hierfür die grundlegend konstanten Hauptmotive zentraler als kleinere Abweichungen der Details und kunsthistorisch-stilistische Entwicklungen der Bildtypen.9 Darauf soll unter Einbeziehung des Forschungsdiskurses die ikonologische Interpretation der Bildthemen, gefolgt von deren Einordnung in die Geschichte Selinunts und möglicherweise kommunizierten zeitgenössischen Wertvorstellungen versucht werden. Ein zusammenfassendes Fazit gibt abschließend auch einen Ausblick.
2 Skizzierung der Entwicklung des griechischen Selinunt und dessen Münzprägung
Die Überlieferungslage zur Geschichte Selinunts aus antiken Schriftquellen ist relativ spärlich und stützt sich primär auf Erwähnungen bei Thukydides und Diodorus Siculus, wobei Letzterer etwas über 300 Jahre nach der Zerstörung Selinunts 409 v. Chr. schreibt. So ist bereits das Gründungsjahr Selinunts unterschiedlich überliefert.10 Während häufig die Angabe des Thukydides als akkurater gewertet wurde, vermutete De Angelis vor dem Hintergrund, dass in der jüngeren Forschung griechische Koloniegründungen oft nicht mehr als ein singuläres Ereignis, sondern eher als ein längerer Prozess angesehen wird, dass beide Daten „richtig“ sein könnten, indem sich das frühere Datum auf den Entschluss zur Gründung dieser Kolonie und das spätere Datum sich auf deren vorläufige Fertigstellung beziehen könnte.11 Als gesichert gilt jedoch, dass Selinunt in der zweiten Hälfte des 7. Jhs. v. Chr. als westlichste dorisch-griechische Kolonie an der Südküste Siziliens, zwischen dem eponymen Fluss Selinos im Westen und dem Fluss Hypsas im Osten, unter der Führung des oikistes Pamillos aus Megara, von Megara und deren ostsizilischen Tochterstadt Megara Hyblaia gegründet wurde.12 Der Name des Flusses Selinos und somit indirekt, der der polis leitet sich von selinon, der griechischen Bezeichnung für das Blatt der Selleriepflanze (Eppichblatt), ab, da wilder Sellerie zahlreich an den Ufern dieses Flusses wuchs.13 Aufgrund einer Erwähnung bei Plutarch und dem Umstand, dass das Eppichblatt auf fast allen Silbermünzprägungen Selinunts abgebildet wurde, ist anzunehmen, dass diese der polis als ,redendes‘ Emblem diente.14 Etwa 100 Jahre nach der eigenen Gründung gründete Selinunt weiter östlich an der Südküste Herakleia Minoa.15 Bezüglich der Regierungsform Selinunts wird angenommen, dass die ursprüngliche Oligarchie im späten 6. Jh. durch verschiedene Tyrannen abgelöst wurde, sich aber im frühen 5. Jh. eine Demokratie etabliert hatte, da sich Selinunt 467/6 v. Chr. am Sturz des Tyrannen von Syrakus beteiligte.16 480 v. Chr. unterstützte Selinunt Karthagos Feldzug gegen Himera, auch waren die Beziehung Selinunts zu Akragas eher feindselig, jedoch waren die westsizilischen Elymer Segestas, mit Unterbrechungen, wohl der kontinuierlichste Feind Selinunts, mit welchen sich Selinunt regelmäßig in militärischen Grenzkonflikten befand.17 409 v. Chr. wurde Selinunt durch ein großes karthagisches Heer, das Segesta im Kampf gegen Selinunt zu Hilfe gekommen war, zerstört und die Bevölkerung getötet, versklavt und vertrieben. F. Schleicher geht davon aus, dass Karthago mit Selinunt gezielt einen großen Handelskonkurrenten im westlichen Mittelmeerraum vernichten wollte.18 Nach diesem massiven Einschnitt existierte Selinunt mit griechisch-karthagischer Bevölkerung unter karthagischer Hoheit, jedoch wesentlich wirtschaftlich geschwächt, bis zur Aufgabe der Siedlung im Ersten Punischen Krieg um 250 v. Chr. weiter.19
Selinunt war während der Zeit ihrer Unabhängigkeit eine bedeutende überregionale Wirtschaftsmacht, mit einer ausgeprägten Landwirtschaft und Getreideproduktion, größeren Metall verarbeitenden Handwerksbetrieben und vor allem aufgrund eine strategisch günstig gewählten Lage im Handelsnetzwerk des westlichen Mittelmeeres.20 Allerdings kann der Seehandel nicht der Grund für den frühen Beginn der Münzprägung in Selinunt im späten 6. Jh. v. Chr. gewesen sein, da einerseits kaum Funde selinuntischer Münzen außerhalb Siziliens dokumentiert sind und andererseits die frühen Prägungen Selinunts, W. Fischer-Bossert zufolge, aufgrund der starken Unregelmäßigkeit deren Gewichtes, sich kaum zum überregionalen Handel geeignet haben dürften.21 Alternativ wurde vorgeschlagen, dass etwa die frühen Prägungen nur im lokalen Kontext etwa zur Errichtung der imposanten Tempelbauten Selinunts dienten oder vor allem einen repräsentativen Zweck erfüllten, so war eine eigene Silbermünzprägung - besonders im an natürlichen Silbervorkommen armen Sizilien - ein Zeichen von Reichtum und Prestige, besonders, wenn die Münzen Symbole der eigenen polis trugen und man nicht allein auf externe Münzen angewiesen war.22
Die Entwicklung der selinuntischen Münzprägung lässt sich in zwei Hauptphasen unterteilen: So wurden von ca. 540 v. Chr. bis in die erste Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. hauptsächlich mehrere leicht verschiedene Varianten an Silberdidrachmen nach korinthischem Standard geprägt, die auf dem Avers das Eppichblatt und auf dem Revers ein quadratum incusum trugen (Kat.-Nr. 1, 2).23 Das quadratum incusum der früheren Gruppe dieser Phase bestand ähnlich der frühen Prägungen Aiginas aus sechs unregelmäßigen Dreiecken (Kat.-Nr. 1), während später eine kleinere Gruppe mit einem inkusem Eppichbaltt, teils mit abgekürztem Ethnikon, geprägt wurde (Kat.-Nr. 2).24
Die zweite Hauptphase ab der Mitte des 5. Jh. v. Chr. zeichnet sich durch die Übernahme des attischen Silbermünzprägestandards, größeren Detailreichtum unterschiedlicher Münzbilder, und eine feinere Verarbeitung aus.25 In dieser Phase wurden verschiedene Silbernominale geprägt, wovon die verschiedenen Versionen der bildmotivisch und bildthematisch konstanten - vorrangig in Bezug auf die Darstellung der opfernden Flussgötter auf dem Revers - Silbertetradrachmen und Silberdidrachmen (Kat.-Nr. 3, 6) am weitesten verbreitet sind.26 Außerdem ist in dieser Phase ein stilistischer Einfluss Syrakus auf die selinuntische Münzprägung primär in der Abbildung von Quadrigen deutlich nachvollziehbar (Kat.-Nr. 13).27 Parallel wurden ab der Mitte des 5. Jhs. v. Chr. in Selinunt, neben Tetradrachmen, Didrachmen und Litrae, auch Kupfermünzen hergestellt - zunächst gegossen und später geprägt -, allerdings ist umstritten, ob und in welchen Fällen es sich bei diesen um private oder offizielle Emissionen der polis oder gar teils um Fälschungen handelt.28 Es wird mehrheitlich angenommen, dass die Münzprägung in Selinunt mit der Zerstörung durch Karthago 409 v. Chr. endete, jedoch vermutete O. Bernhard, dass einige der Kupfermünzen später geprägt worden sein könnten.29
3 Inhaltliche Interpretation der Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen
3.1 Ikonographie der Münzbilder
Die Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts sind keinesfalls alle identisch, so ist eine zeitstilistische Entwicklung, die teils durch syrakusische Prägungen beeinflusst wurde, eindeutig feststellbar.30 Allerdings weist die grundlegende Bildmotivik in allen Emissionen nur geringfügige Abweichungen auf, weshalb in der Forschung die verschiedenen selinuntischen Tetradrachmen- und Didrachmenemissionen zum Zweck der inhaltlichen Interpretation der Münzbilder als eine ikonographische Einheit behandelt werden.31
Das zentrale Element der Avers-Münzbilder der Tetradrachmenemissionen (Kat.-Nr. 3-5) ist die Abbildung einer Quadriga, diese weist jedoch von Emission zu Emission wohl die stärksten Veränderungen in Stil - hier vom strengen zum reichen Stil - und Motivik auf.32 Neben dem Wechsel der Fahrtrichtung der Quadriga, ist auch die zunehmend detailliertere Darstellung des Pferdegespannes, W. Fischer-Bossert zufolge, auf die Kopie der populären, zeitgenössischen syrakusischen Quadrigen-Münzbilder-Typen zurückzuführen.33 Auf den meisten Emissionen sind eine weibliche Figur und eine männliche, bogenschießende Figur im Wagen erkennbar (Kat.-Nr. 3, 4), die aufgrund des selinuntischen Kontextes und des Attributes des Bogens einhellig als die Geschwistergötter Apollon und Artemis identifiziert werden, da diese die zentralen Schutzgötter der polis waren, die Selinunt von der metropolis Megara übernommen hatte.34 Späte Emissionen, die nach 417 v. Chr. datiert werden, scheinen eine weibliche Wagenlenkerin abzubilden, die aufgrund des Beizeichens eines Siegeskranzes und der typologischen Ähnlichkeit zu einem syrakusischen Münzbild als Nike gedeutet wird (Kat.-Nr. 5).35 Ab ca. 440 v. Chr. weisen die meisten Emissionen zudem im Abschnitt die Abbildung einer waagrechten Weizenähre und später teils das Ethnikon Selinunts auf.36 Allgemein tragen die meisten Tetradrachmen Selinunts auf dem Avers als Legende eine Variation des Ethnikons XEAINONTION („von den Bürgern von Selinunt“), die, wie W. Schwabacher bemerkt, auf den frühen Emissionen häufig retrograd und in altertümlicher Buchstabenform ausgeführt ist.37
Das Avers der selinuntischen Silberdidrachemen, deren frühste Prägungen allgemein einige Jahrzehnte nach den ersten Tetradrachmenprägungen in der Mitte des 5. Jhs. v. Chr. datiert wird, stellt unstrittig einen nackten Herakles dar - erkennbar an dem Attribut der Keule - im Kampf mit dem kretischen Stier, mit der Linken den Stier am Horn packend und mit der Rechten die Keule hinter seinem Kopf schwingend (Kat.-Nr. 6, 7).38 Außerdem tragen manche Prägungen dieses kleineren Nominales ebenfalls Variationen des „EEAINONTION“-Ethnikon.
Das zentrale Element der Reverse der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts ist die Abbildung des gleichen verbindenden Typus eines opfernden, nackten Jünglings.39 Dieser steht mittig, nach rechts gerichtet und hält in der ausgestreckten Rechten eine phiale über einem Altar im linken Feld des Münzbildes und in der Linken hält er einen Lorbeerzweig (Kat.-Nr. 3-7). Weshalb allgemein angenommen wird, dass dies eine Libation zeigt.40 Die Jünglinge werden unumstritten, anhand der teils erkennbaren Kopfbehörnung und den beistehenden Legenden, bei den Tetradrachmen YEA INOY und bei den Didrachmen I IV'EAA als göttliche Personifikationen der selinuntischen Flüsse Selinos und Hypsas identifiziert.41 Das Eppichblatt ist in der Regel mittig im rechten Feld jeglicher Reverse abgebildet (Kat.-Nr. 3-7). Die Abbildungen unterscheiden sich je nach Nominal neben der verschiedenen Legenden auch in ihren Beizeichen jeweils im linken und rechten unteren Feld. Während auf den Tetradrachmen im linken unteren Feld vor dem Altar ein Hahn abgebildet ist und im rechten unteren Feld eine Stierfigur auf einer Basis dargestellt ist (Kat.-Nr. 3-5), wird im linken unteren Feld der Diadrachmen eine Schlange um den Altar und in deren rechten unteren Feld ist ein nach rechts stolzierender langbeiniger Wasservogel abgebildet (Kat.-Nr. 6, 7). Letzteren hat C. Weiss, aufgrund des teils erkennbaren Schopfes des Vogels, plausibel als Reiher identifiziert.42
3.2 Deutungen der Münzbilder in der Forschungsgeschichte
Die oberflächliche Identifizierung der auf den Münzbildern dargestellten Figuren und grobe Einordnung der Revers-Abbildungen als opfernde Flussgötter ist in der altertumswissenschaftlichen Forschung nicht kontrovers, so stammt die frühste dokumentierte derartige Bestimmung der Münzbilder von H. Goltzius aus dem Jahre 1576 n. Chr..43 Auch herrscht Konsens darüber, dass die Münzbilder der selinuntischen Tetradrachmen und Didrachmen nicht bloß eine typologische, sondern auch eine bildthematische Einheit, mit der Darstellung der opfernden Flussgötter als dem zentralen Bindeglied, bilden.44 Stark umstritten ist jedoch die richtige Deutung der Opfermotivik und die damit verbundene Identifizierung des dargestellten übergreifenden Themas.45
Eine Theorie, die nicht zwangsläufig im Widerspruch zu weiterführenden Erklärungen der Opferszenen stehen muss, ist, dass die Beizeichen der Opferszene einen historisch realen temenos zeigen sollen, so wird etwa die Stierfigur mit Basis im rechten Feld des Tetradrachmen Revers als Votiv gedeutet.46 Verschiedentlich wurde vermutet, die Münzbilder könnten die Flussgötter bei der Libation im temenos einer anderen Gottheit zeigen. Häufig wurde angenommen, aufgrund der Schlange und des Hahnes im linken unteren Feld, es könne sich um ein Heiligtum des Asklepios handeln.47 Wie C. Weiss jedoch plausibel ausführte, ist einerseits die Assoziation mit Asklepios, für den keine kultische Verehrung in Selinunt belegt ist, aufgrund der Tiere, besonders im Falle des Hahnes, vage und uneindeutig und anderseits ist es allgemein schwer vorstellbar, dass Flussgötter, die in der Antike als ortsgebunden gedacht wurden, in einem nicht unmittelbar am Fluss liegenden Altar opfern konnten.48 Auch die Annahme, die Abbildung könne Bezug auf ein Reinigungsritual in einem temenos mittels des Flusswassers nehmen, widerlegt C. Weiss, indem sie darauf verweist, dass rituelle Reinigungen in temenoi in der Regel im Zusammenhang mit Quellwasser, ikonologisch also mit Quellnymphen und nicht mit Flussgöttern, stünde.49 C. Weiss geht daher, nach L. Lacroix, davon aus, dass die Reverse die Flussgötter opfernd an ihren eigenen Altären an einem ländlichen temenos, möglicherweise an den jeweiligen Flussquellen, zeigt.50 C. Weiss interpretiert daher die Beizeichen wie folgt:51 Grundsätzlich stützten die verschiedenen Beizeichen die Annahme, dass unterschiedliche temenoi der jeweiligen Flussgötter und kein einzelner dargestellt werden soll. Hahn und Schlange seien keine Opfertiere, sondern anhand ähnlicher Abbildungen der zeitgenössischen Vasenmalerei als entsprechende Altarwächter zu identifizieren. Die Stierfigur sei ein reales, möglicherweise altertümliches Kultbild des Selinoses selbst, da die Darstellung von als Götter personifizierten Flüssen als Stiere besonders im griechischen Sizilien weitverbreitet war. Im konkreten Fall des Selinos spräche auch die Behörnung des Flussgottes und eine weitere selinuntische Münzprägung, die Selinos als Stier-Mann zeigt (Kat.-Nr. 8), dafür. Dem Reiher käme eine ähnliche ortskonkretisierende Funktion zu wie der Stierfigur. Als typisches Motiv sumpfiger Wiesen verweise er auf ein Naturheiligtum des Hypsas.
A. Lloyd deutet Hahn und Stierfigur hingegen als politische Symbole, so stünde der Hahn, als Emblem Himeras für die himeraisch-selinuntische Freundschaft und die Stierfigur, als Abbild des phalerischen Stieres, für die gemeinsame Feindschaft mit Akragas und das Opfer würde zum Dank für einen Sieg über Akragas erbracht.52 In diesem Kontext stünde auch der Bulle auf dem Avers der Didrachmen, auch stellvertretend für die Bezwingung von Akragas durch Selinunt und Himera. Auch scheint die Motivik zeitgenössische Tetradrachmenprägungen Himeras auf einen engeren Austausch mit Selinunt zu deuten, da diese eine ähnliche Opferszene mit der eponymen Quellnymphe auf dem Revers und auf dem Avers eine Quadriga zeigt (Kat.-Nr. 9).53 C. Weiss widerspricht dieser Theorie aber, indem sie darauf hinweist, dass die Abbildung der Libation und des Lorbeerzweiges zeittypische Symbole für Bittopfer und damit kaum mit der Annahme eines Siegesopfers vereinbar seien.54
Die älteste und lange in der Forschung tradierte Theorie geht auf H. Goltzius zurück und stellt einen Zusammenhang zwischen einer Erzählung des Diogenes Laertios und den fraglichen Münzbildern her:55 Laut dem Doxographen des 3. Jh. n. Chr. hatte der Naturphilosoph Empedokles von Akragas im 5. Jh. v. Chr. auf eigene Kosten den Hypsas in den Selinos umgeleitet, dies hätte durch den nun schnelleren Fluss des Selinos die Bildung von abgestandenem Sumpfwasser in Stadtnähe fortan verhindert. Eine schwere Seuche, die zuvor Selinunt, ausgehend von jenem sumpfigen Wasser, befallen hatte, wurde so beendet, weshalb Empedokles von den Selinuntiern einem Gott gleich verehrt worden sei. Daher wurde lange in der Forschung angenommen und wird auch teils in der jüngeren Forschung tradiert, dass die Flussgötter ein Dankesopfer für die Sanierung der Gewässer zeigten.56 Damit ist auch häufig die Verortung der Opferszene in einem Asklepios temenos verbunden. Sowohl dies als auch die Annahme eines Dankopfers ist aufgrund der hierzu bereits ausgeführten Gegenargumente von C. Weiss eher abwegig. Außerdem verweist A. Lloyd, mit Kenntnis der natürlichen Topographie Selinunts darauf, dass derart große Kanalbauarbeiten angenommen werden müssten, dass diese schwerlich von einem wohlhabenden Privatmann hätten finanziert werden können und diese hätten zwangsläufig erkennbare, zeitüberdauernde Spuren in der selinuntischen Topographie hinterlassen müssen.57 Trotz umfangreicher archäologischer Grabungen und Untersuchungen Selinunts, konnte bis heute keine solche Anlage gefunden werden. Zudem bezweifelt A. Lloyd, weshalb Empedokles, der aus dem verfeindeten Akragas stammte, aus dem er zwar später verbannt wurde, sich derart aus seinen privaten Mitteln für Selinunt eingesetzt haben sollte und vermutet, dass es sich um einen Lokalisierungsfehler in der Überlieferung handelt und Empedokles möglicherweise zwei kleinere Flüsse bei Akragas ineinander leitete.58
Ebenfalls lässt sich die von J. Krause geäußerte Theorie, dass die Darstellung der Flussgötter als opfernde Jünglinge historisch realen Statuen in Tempeln der Flussgötter abbilden könnte, nicht stichhaltig auf antike Quellen oder archäologische Befunde stützen.59 Zwar zeigten manche griechischen Münzprägungen tatsächlich reale Statuen, vorliegend ist dies im Hinblick auf die Popularität der Abbildung von Wassergottheiten auf sizilischen Münzen (z. B. Kat.-Nr. 9, 10), zusätzlich eher unwahrscheinlich.60
Aufgrund der bereits ausgeführten Einwände C. Weiss’ gegen alle anderen Deutungsansätze, kommt sie zu dem Schluss, dass die Münzbilder die Flussgötter bei einem Bittopfer für Schutz und Beistand bei den Gründungen der Kolonien Selinunt und Herakleia Minoa darstellten.61 Ihr zufolge zeige das Revers der Tetradrachmen ein von Selinunts eponymen Flussgott dargebrachtes Bittopfer anlässlich der Koloniegründung, während die Avers-Abbildung von Apollon und Artemis auf deren besondere Rolle bei Koloniegründungen verwiese. Da in der Regel vor der Gründung einer Kolonie das Orakel des Apollon in Delphi konsultiert wurde, galt Apollon häufig als mythischer oikistes von Koloniegründungen, besonders auf Sizilien kam auch Artemis häufiger die Rolle der Kolonisationsanführerin zu.62 Dagegen zeige das kleinere Nominal das Gründungsopfer für die selinuntische Kolonie Herakleia Minoa - erkennbar durch die Avers-Abbildung des eponymen Herakles, das durch den Hypsas dargebracht würde, da dieser in Richtung Herakleia Minoa liegt.63 Die Theorie, die Reverse zeigten die Flussgötter bei Bittopfern als mythischer oikistes, stützt C. Weiss auf motivisch verwandte, zeitgenössische Münzprägungen aus Kroton und Herakleia in Lukanien, die beide Herakles als mythischer oikistes bei einer Libation zeigen (Kat.-Nr. 11, 12).64 Die Assoziation des Bittopfers mit der mythischen Gründung der polis wird besonders durch die Legende OSKSMTAM ([S statt I, M statt S] Kat.-Nr. 11) deutlich.
Die Gründungsopfer-Theorie von C. Weiss stützt sich zwar stark auf die Assoziation mit der Libationsdarstellung des Herakles oikistes, deren Übertragbarkeit auf die Flussgötter Selinunts fraglich erscheinen mag. Jedoch invalidiert dies nicht die separate Kritik C. Weiss’ an allen anderen Deutungsmöglichkeiten, weshalb die Gründungsopfer-Theorie meines Erachtens, unter allen in der Forschung vorgebrachten Deutungen, die insgesamt plausibelste ist.
3.3 Ikonologische Bedeutung der opfernden Flussgötter
Angenommen, dass die Revers-Münzbilder der Tetradrachmen- und Didrachmenprägungen Selinunts ab Mitte des 5. Jhs. v. Chr. tatsächlich mythisierte Bittopfer zur Gründung von Selinunt und Herakleia Minoa darstellen sollen, stellt sich die Frage, weshalb ebendiese Abbildungen etwa 200 Jahre nach der Gründung Selinunts und 100 Jahre nach der von Herakleia Minoas gewählt wurden und welche Botschaften Zeitgenossen mit diesen verbanden. Zunächst ist davon auszugehen, dass diese Münzprägungen nicht primär der Erleichterung des Handels dienten. So erfuhr die seilinuntische Währung, wie bereits ausgeführt, keine überregionale Verbreitung und für den regionalen Handel sollte man annehmen, dass ein einheitliches Gewicht, sowie Angabe von Nominal und Prägeort ausreichend gewesen sein sollte. Die detaillierte künstlerische Gestaltung solcher lokalen Emissionen, wie sie zu diesem Zeitpunkt von vielen poleis auf Sizilien und in Magna Graecia hergestellt wurden (Kat.-Nr. 9-12), sind indikativ dafür, dass die primäre Motivation für solche Prägungen die Zurschaustellung des eigenen Prestiges, Reichtums und künstlerischen Könnens gewesen sein dürfte.65
Folglich dienten diese Emissionen auch dazu, den Wohlstand und das Prestige Selinunts im Selbstdarstellungswettstreit mit anderen sizilischen poleis zu bezeugen. F. Schleicher deutet in diesem Zusammenhang die häufige Abbildung einer Weizenähre auf dem Avers der Tetradrachmen (Kat.-Nr. 4, 5) als ein kulturspezifisch geprägtes Wohlstandsymbol.66 Weiterhin erklärungsbedürftig ist jedoch die Prominenz der Abbildung opfernder mythischer oikistes in Selinunt und in der westgriechischen Münzprägung überhaupt (Kat.-Nr. 9-12). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die erwähnte, von Schwabacher festgestellte, Bemühung das Ethnikon auf frühen Tetradrachmenprägungen bewusst altertümlicher darzustellen, da die Münzbilder ebenfalls bemüht sind, die Gründungsgeschichten in eine mythische Vorzeit, etwa die des Herakles zu versetzen, obwohl in Selinunt, wie auch anderen Ortes, die ungefähren Gründungsdaten und Namen der menschlichen oikistes bekannt waren. Daher muss besonders in diesem Kontext der Selbstinszenierung der poleis davon ausgegangen werden, dass ein besonders Prestige damit verbunden war, wenn eine polis einen Gott als mythischen oikistes für sich proklamieren konnte.67 Im Fall der Tetradrachmen geht C. Weiss davon aus, dass die Münzbilder die Selinuntier in eine besondere Nähe zu Apollon und Artemis rücken sollte: Als Schutzgötter der metropolis und des für Koloniegründungen bedeutende Orakel von Delphi - und den eponymen Selinos, gewissermaßen als deren Nachfahren, da sie aus einer von Göttern gegründeten polis stammten.68 Diese Überlegung ist im Fall der Didrachmen - hier nur mit Herakles statt Apollon - auf Herakleia Minoa, aber auch grundsätzlich auf oikistes -Münzbilder dieser Zeit übertragbar. T. Hölscher bezeichnet dieses in vorhellenistischer Zeit häufig auftretende Phänomen als local references, wodurch poleis und deren Bürger ein prestigeträchtiges, exklusives Verhältnis zu Gottheiten mit einem lokalen Bezug beanspruchen konnten.69 E. Stein-Hölkeskamp zufolge, konnte dies zusätzlich dazu dienen die Koloniegründung, aber auch allgemein den Besitzanspruch auf das fragliche Gebiet, zu festigen.70 In diesem Sinne wäre die Angabe der Region durch die Flussgötter auch als territorialer Machtanspruch der Selinuntier zu verstehen. Neben der Proklamation einer exklusiven Nähe zu bestimmten Göttern könnte laut C. Weiss die bewusste Mythisierung der Gründungsgeschichte als Redatierung der Gründung für das Prestige Selinunts förderlich gewesen sein, da ältere poleis häufig höher geachtet worden sein.71 Hierfür spricht auch die Verwendung einer auffallend altertümlichen Schrift im Ethnikon der frühen Tetradrachmen Selinunts.
Zusätzlich geht C. Weiss darauf ein, dass die Wahl der Abbildung der Flussgötter als oikistes in Selinunt und die zeitgenössische Beliebtheit von Wassergottheiten als Münzmotive im griechischen Sizilien weder Zufall noch allein auf deren prestigeträchtigen Status als Angehörige des Göttergeschlechtes der Titanen zurückzuführen sei, sondern auch ein kulturspezifischer symbolischer Ausdruck für die Bedeutung von Flüssen und Quellen für die griechischen Koloniegründungen auf Sizilien gewesen seien.72 Tatsächlich waren Flüsse als Süßwasserquellen, Navigationshilfen, Territorialgrenzen, Teile der Stadtbefestigung und für Landwirtschaft, Viehzucht und Handel entscheidend für antike griechische Siedlungsvorhaben73 Oft wurden Kolonien gezielt zwischen den Mündungen zweier Flüsse gegründet, unter anderem zur besseren Verteidigung der Siedlung und weil sich die Mündungen meist als natürliche Häfen eigneten, wie es auch in Selinunt der Fall war.74 C. Weiss geht daher davon aus, dass die Flussgötter Selinunts somit auch als Symbol für die (gottgegebene) Lebensgrundlage und Ursprung des Wohlstandes der polis zu verstehen sind.75 Mithin ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass die Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts, vor allem die Szenen der opfernden Flussgötter, im Rahmen der zeitgenössischen Ikonologie als bedeutende Botschaftsträger verstanden werden müssen. Neben der Proklamation von Wohlstand Selinunts und seiner prestigeträchtigen göttlichen Abstammung, geben diese Emissionen auch einen Hinweis auf die große, omnipräsente Bedeutung der Flüsse für die Selinuntier.
4 Fazit
Im Rahmen dieser Hausarbeit wurde versucht die Ikonographie der Tetradrachmen- und Didrachmenprägungen, primär die Darstellung der opfernden Flussgötter, Selinunts ab Mitte des 5. Jhs. v. Chr. inhaltlich im Kontext historischer Quellen und des Diskurses in der modernen Forschung der klassischen Altertumswissenschaften zu deuten und intentionale Selbstaussagen der historischen Bevölkerung Selinunts zu erschließen. Hierzu wurde zunächst die Geschichte Selinunts im Kontext der Entwicklung der selinuntischen Münzprägung skizziert und anschließend wurden die Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen ikonographisch analysiert. Unter der Berücksichtigung der verschiedenen Forschungstheorien, bin ich diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass die Theorie von C. Weiss, die in der Abbildung der opfernden Flussgötter ein Bittopfer der Flussgötter als mythische oikistes von Selinunt und Herakleia Minoa erkennt, die insgesamt plausibelste ist. Davon ausgehend wurde festgestellt, dass die Ikonographie der fraglichen Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts die primäre Funktion gehabt zu haben scheint, den Wohlstand und eine prestigeträchtige, mythische-göttliche Entstehung und Abstammung Selinunts zu proklamieren. Außerdem wurde herausgearbeitet, dass die historische Prominenz der Abbildung von Wassergottheiten auf Sizilien im Allgemeinen und in Selinunt im Speziellen als Hinweis auf die große wirtschaftliche, soziale und mythische Bedeutung von Flüssen für die Gründung und den Wohlstand westgriechischer Kolonien zu verstehen ist.
Aufgrund des limitierten Umfanges dieser Arbeit, hatte diese primär die inhaltliche Interpretation der Münzbilder zum Gegenstand, während auf kunsthistorisch-numismatische Feinheiten und Unterschiede der verschiedenen Tetradrachmen und Didrachmenprägungen Selinunts nicht ausführlich eingegangen werden konnte.
Die Ergebnisse dieser Hausarbeit könnten weiterhin einen Ausgangspunkt für die Klärung der Frage bilden, ob und inwiefern das für Selinunt festgestellte Konzept der Proklamation einer prestigeträchtigen göttlichen Abstammung, mittels der Darstellung der Flussgötter als oikistes auf Münzbildern, auch auf die Münzprägungen anderer westgriechischen poleis, die ebenfalls Wassergottheiten darstellen, übertragbar sein könnte oder ob die derartigen Gemeinsamkeiten eher auf die generell immense Bedeutung von Gewässern für die westgriechischen Siedler zurückzuführen ist.
5 Bibliographie
5.1 Quellenverzeichnis
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Plutarch, De Pythiae oraculis/Plutarch’s Morals, übers. v. W. W. Goodwin, Section 12, in: Perseus Digital Library, https://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Plut.+De+Pyth.+12&fromdoc=Perseus%3At ext%3A2008.01.0248 (übersetzt 1874/online zuletzt aufgerufen am 12.04.2023)
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Münzkabinett der Stadt Winterthur
Münzkabinett der Stadt Winterthur. Interaktiver Katalog des Münzkabinetts der Stadt Winterthur, https://ikmk-win.ch/home (zuletzt aufgerufen am 13.04.2023)
Das digitale Münzkabinett der Universität Würzburg
Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg. Das digitale Münzkabinett der Universität Würzburg, https://www.nomisma.museum.uni-wuerzburg.de/home (zuletzt aufgerufen am 13.04.2023)
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6 Katalog
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6.1 Selinunt
Frühe Didrachmen Selinunts
Kat.-Nr. 1
Av: Eppichblatt, unten am Stiel l. und r. je ein Punkt.
Rv: Quadratum incusum, dessen vier Einzelquadrate nochmals durch Diagonalen in zwei oder drei Segmente geteilt werden.
Datierung: ca. 530-510 v. Chr.
Didrachme (korinthischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 8,74 g. Durchmesser: 22 mm. Stempelstellung: 12 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18216057.
<<https://ikmk.smb.museum/object?id=18216057>> (13.04.2023)
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Kat.-Nr.2
Av: Eppichblatt.
Rv: Ï-E-A-I. Eppichblatt im Quadratum incusum.
Datierung: ca. 515-470 v. Chr.
Didrachme (korinthischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 7,86 g. Durchmesser: 20 mm.
Stempelstellung: 12 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18226481.
<<https://ikmk.smb.museum/object?id=18226481 >> (13.04.2023)
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Tetradrachmen Selinunts ab der Mitte des 5. Jhs. v. Chr.
Kat.-Nr.3
Av: EEA-IN-ONT-ION. [letztes N retrograd]. Apollon und Artemis in einem Viergespann (quadriga) im Schritt nach l. Artemis hält die Zügel, Apollon mit gespanntem Bogen.
Rv: EEAIN-OE. Flussgott Selinos mit Schale in der r. und einem Zweig in der l. Hand steht nach l. und opfert vor einem Altar. Vor dem Altar ein Hahn, r. ein Stier auf einer Basis, darüber ein Eppichblatt.
Datierung: ca. 467-445 v. Chr.
Tetradrachme (attischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 17,32 g. Durchmesser: 28 mm. Stempelstellung: 4 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18214520.
<<https://ikmk.smb.museum/object?id=18214520>> (13.04.2023)
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<https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Selinos_AR_Tetradrachm_82000284.jpg>.
Kat.-Nr. 4
Av: Apollon und Artemis in Viergespann (quadriga) im Schritt nach r., Apollon mit gespanntem Bogen vorne. Unter der doppelten Abschnittslinie ein Getreidekorn oder wenig ausgearbeitete Kornähre.
Rv: EEA-INONTI-ON. Der nackte Flussgott Selinus steht frontal, Kopf nach l. Er hält in der l. Hand einen Lorbeerzweig und opfert mit der r. Hand aus einer Schale (phiale) über einem brennenden Altar, vor dem ein Hahn steht. Im r. F. ein Eppichblatt, darunter ein Stier auf Basis.
Datierung: ca. 435-417 v. Chr.
Tetradrachme (attischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 17,13 g. Durchmesser: 27-31 mm. Stempelstellung: 3 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18214523.
<<https://ikmk.smb.museum/object?id=18214523>> (13.04.2023)
Kat.-Nr. 5
Av: XEAINONTION. Nike in einem Viergespann (quadriga) nach r. fahrend, darüber Kranz, im Abschnitt eine Kornähre.
Rv: Der Flussgott Selinus steht in Vorderansicht, Kopf nach l., opfert aus Schale in r. Hand über Altar, davor Hahn nach l. In l. Hand des Flussgottes Lorbeerzweig, von dem eine Wollbinde (taenia) herabhängt. Ganz r. Stier auf Basis, darüber Eppichblatt.
Datierung: um 420 v. Chr.
Tetradrachme (attischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 17,28 g. Durchmesser: 28 mm.
Stempelstellung: 6 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18200114.
<< https://ikmk.smb.museum/object?id=18200114>> (13.04.2023)
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Didrachmen Selinunts ab der Mitte des 5. Jhs. v. Chr.
Kat.-Nr. 6
Av: l-E-.\I-| N l-ONT-IOl. Herakles nach r., hält mit der l. Hand den kretischen Stier an den Hörnern, in der r. erhobenen Hand eine Keule.
Rv: I IV-|'E|Al. Der nackte Flussgott Hypsas steht frontal, den Kopf nach l. gewandt, in der r. Hand eine Schale (phiale), in der l. Hand einen Lorbeerzweig. Er opfert vor einem Grabmonument. Im r. F. ein Kranich nach r., darüber ein Eppichblatt.
Datierung: ca. 450-440 v. Chr.
Didrachme (attischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 8,47 g. Durchmesser: 24 mm. Stempelstellung: 4 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18214521.
<<https://ikmk.smb.museum/object?id=18214521>> (13.04.2023)
Kat.-Nr. 7
Av: S-E-AI / NO-I-TON. Herakles nach r., den Stier bändigend.
Rv: HYΨ–AΣ. Flussgott Hypsas nach l., mit Schale (phiale) und Zweig, davor Altar mit Schlange, hinter ihm Reiher.
Datierung: um 440 v. Chr.
Didrachme (attischen Standards). Silber (geprägt). Gewicht: 8,78 g. Durchmesser: 22,1 mm.
Stempelstellung: 6 h.
Nachweis: Münzkabinett der Stadt Winterthur, ID2892.
<<https://ikmk-win.ch/object?id=ID2892>> (13.04.2023)
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Abb. in Leseprobe nicht enthalten
- Quelle des Open-Source-Bild [eines ähnlichen Objekts]: Classical Numismatic Group, Inc. http://www.cngcoins.com via Wikimedia Commons [Sicily, Selinus. Circa 455-440 BC./ Selinos Didrachm 77000053.jpg] <https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Selinos_Didrachm_77000053.jpg>.
Selinuntische Litra als Beispiel für die Darstellung des Selinos als Mann-Stier
Kat.-Nr. 8
Av: Nymphe Eurymedusa auf einem Stein sitzend n. l., rechte Hand greift die Schlange im linken Bildfeld, darüber Sellerieblatt, linke Hand über dem Kopf erhoben; Linienkreis.
Rv: EEAINOEE. Flussgott Selinus als androkephaler (menschenköpfiger) Stier stehend n. r., darunter Fisch; Linienkreis.
Datierung: 420-410 v. Chr.
Litra. Silber (geprägt). Gewicht: 0,76 g. Durchmesser: 12 mm. Stempelstellung: 2 h.
Nachweis: Das digitale Münzkabinett der Universität Würzburg, ID439.
<< https://www.nomisma.museum.uni-wuerzburg.de/object?id=ID439>> (13.04.2023)
6.2 Himera
Kat.-Nr. 9
Av: [IMERAION]. Viergespann (quadriga) im Schritt nach r. Der Wagenlenker wird von einer von r. heranfliegenden Nike bekränzt.
Rv: Die Nymphe Himera in Frontalansicht. Ihr Kopf ist nach l. zu einem Altar gewendet, über welchen sie aus einer Schale (phiale) in ihrer r. Hand opfert. Ihre l. Hand ist angewinkelt erhoben, darüber ein Getreidekorn. Ein Satyr badet r. in einem Brunnen.
Datierung: ca. 440/430-425 v. Chr.
Tetradrachme. Silber (geprägt). Gewicht: 17,23 g. Durchmesser: 28 mm. Stempelstellung: 9 h. Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18214512.
<< https://ikmk.smb.museum/object?id=18214512>> (13.04.2023)
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- Quelle des Open-Source-Bild [eines ähnlichen Objekts]: ArchaiOptix via Wikimedia Commons [object type: Greek coin/ Himera - 440-409 BC - silver tetradrachm - charioteer in quadriga and Nike - Himera at altar - Berlin MK AM 18226213.jpg] <https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Himera_-_440-409_BC_-_silver_tetradrachm_- _charioteer_in_quadriga_and_Nike_-_Himera_at_altar_-_Berlin_MK_AM_18226213.jpg>.
6.3 Gela
Kat.-Nr.10
Av: Viergespann (quadriga) mit Wagenlenker im Schritt nach r. Darüber fliegt Nike nach r. und bekränzt einen zurückgeworfenen Pferdekopf.
Rv: CEAAE. [C statt r]. Protome des Flußgottes Gelas als androkephaler Stier mit bärtigem Gesicht nach r.
Datierung: ca. 480-470 v. Chr.
Tetradrachme. Silber (geprägt). Gewicht: 17,28 g. Durchmesser: 25 mm. Stempelstellung: 12 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18206111.
<< https://ikmk.smb.museum/object?id=18206111>> (13.04.2023)
- Andere (Open-Source-)Photographie eines ähnlichen Objekts:
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
- Quelle des Open-Source-Bild [eines ähnlichen Objekts]: Classical Numismatic Group, Inc. http://www.cngcoins.com via Wikimedia Commons [A Greek Silver Tetradrachm of Gela (Sicily), an Exceptional Man-headed Bull on the Reverse. Sicily, Gela./Gela SNGANS 065.jpg] <https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gela_SNGANS_065.jpg>.
6.4 Kroton
Kat.-Nr. 11
Av: OSKSMTAM. [1 statt I, M statt S], Herakles sitzt nackt in Dreiviertelansicht nach l. auf dem über einen Fels gebreiteten Löwenfell. Daran lehnt r. sein Köcher und Bogen. Mit der l. Hand stützt er sich auf seine Keule, in der r. Hand hält er einen Zweig über einen brennenden Altar.
Rv: KPOT[ON]. Dreifuß, r. davon die mehrfach gewundene Pythonschlange, l. steht Apollon, mit einem Hüftmantel bekleidet und spannt seinen Bogen in ihre Richtung.
Datierung: ca. 425-350 v. Chr.
Stater. Silber (geprägt). Gewicht: 7,75 g. Durchmesser: 23 mm. Stempelstellung: 9 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18214781.
<< https://ikmk.smb.museum/object?id=18214781>> (13.04.2023)
6.5 Herakleia, Lukanien
Kat.-Nr. 12
Av: Kopf der Pallas mit gebundenem Haar, mit Olivenkranz nach r., [laut B. Head] vor dem Hintergrund einer durch Schlangen kreisförmig umrahmten Ägis.
Rv: HPAKAEIHN oder F HPAKAHION Herakles sitzt nackt nach l. auf dem über einen Felsen gebreiteten Löwenfell. Daran lehnt r. seine Keule. Mit der l. Hand stützt er sich auf den auf dem Felsen liegenden Löwenkopf, in der ausgestreckten r. Hand hält er ein Gefäß/Becher.
Datierung: ca. 415-400 v. Chr.
Didrachme. Silber (geprägt). Gewicht: 7.56 g. Durchmesser: ?. Stempelstellung: 12 h.
Nachweis: Head 1887, 59, Fig. 34; Abbildungen (höhere Auflösung): Numista. Coins. Greece (ancient). Lucania. Herakleia (Lucania), N# 180262.
<<https://en.numista.com/catalogue/pieces180262.html>> (13.04.2023)
6.6 Syrakus
Kat.-Nr. 13
Av: Viergespann (quadriga) in Dreiviertelansicht, mit geflügeltem Eros als Lenker nach r., darüber fliegt Nike mit Palmzweig (?) oder Schiffszier nach l., die Eros mit Siegeskranz bekränzt, i. A. Skylla, die nach Fisch greift, davor EY0.
Rv: lYPAKO-HQN. Kopf der Kore mit Halsband mit Löwenkopfanhänger und Ohrschmuck nach l., Haare im Nacken hochgestrichen und über Haarschnur und Ähre gelegt, im Nacken Locken. Mohnkapsel vor der Stirn. Darum vier Delphine. Unter dem Halsabschnitt Signatur EVM.
Datierung: ca. 413-399 v. Chr.
Tetradrachme. Silber (geprägt). Gewicht: 17,36 g. Durchmesser: 26 mm. Stempelstellung: 6 h.
Nachweis: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18205394. <<https://ikmk.smb.museum/object?id=18205394>> (13.04.2023)
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1 Lloyd 1935, 73.
2 Head 1887, 147f.; Schwabacher 1925, 30.
3 Lloyd 1935, 80-91; Krause 1871, 212.
4 Weiss 1984, 36-46.
5 Fischer-Bossert 2012, 150; Hoover 2012, 314f.; Chiarenza 2020, 63f.
6 Siehe Schleicher 2017, 388f.; Chiarenza 2020, 63f. als Beispiele für die grundsätzliche Relevanz der Numismatik in der jüngeren Forschung zu Selinunt.
7 Hölscher 2021, 17; Christ 1991, 9f.
8 Weiss 1984, 24-47; Head 1887, 147f.
9 Weiss 1984, 24-47; Head 1887, 147f.
10 Nach Thuk. VI,4,2 wurde Selinunt um 628 v. Chr. und nach Diod. XIII,59,3 f. um 651 v. Chr. gegründet.
11 De Angelis 2003, 122-125.
12 Hoover 2012, 313; Brill’s New Pauly (2006) s. v. Selinus (E. Olshausen).
13 Rutter 1997, 102; Head 1887, 146-150; Singuläre Ausnahme bei einer Didrachmenprägung s. Weiss 1984, 33.
14 Plut. de Pyth. or. XII.; Head 1887, 146.
15 Thuk. VI ,4,2; Brill’s New Pauly (2006) s. v. Selinus (E. Olshausen).
16 Hoover 2012, 313.
17 Hoover 2012, 313; Lloyd 1935, 80-89.
18 Schleicher 2017, 395-398.
19 Hoover 2012, 314.
20 Schleicher 2017, 385-390; De Angelis 2003, 184; Selinunt verfügte über zwei Häfen und eine eigene Kriegsflotte. Auch wird die Annahme einer eigenständigen Handelsseefahrt Selinunts durch archäologische Funde unterstützt, s. Hoover 2012, 313; Schleicher 2017, 389f; 189-191.
21 Fischer-Bossert 2012, 143-145.
22 De Angelis 2003, 185; Schleicher 2017, 390; Cahn 1979, 51; Weiss 1984, 36-47.
23 Arnold-Biucchi 1992, 13-15.
24 Arnold-Biucchi 1992, 14f.
25 Hoover 2012, 314f. 318-320; Weiss 1984, 24-27.
26 Hoover 2012, 318-320.
27 Fischer-Bossert 1998, 25-28.31-33.
28 Hoover 2012, 320-322; Bernhard 1925, 207-214.
29 Hoover 2012, 315. 318-322; Bernhard 1925, 214-217.
30 Schwabacher 1925, 30-66; Fischer-Bossert 1998, 25-28.31-33.
31 Imhoof-Blumer 1873, 79-81; Lloyd 1935, 73f; Weiss 1984, 24.
32 Weiss 1984, 24f.
33 Fischer-Bossert 1998, 25-28.31-33; Hoover 2012, 315.
34 Hoover 2012, 313. 318; Imhoof-Blumer 1873, 75; Weiss 1984, 39.
35 Hoover 2012, 319; Fischer-Bossert 1998, 27f.
36 Hoover 2012, 318f.
37 Weiss 1984, 24f; Schwabacher 1925, 32.
38 Hoover 2012, 319; Weiss 1984, 26f.
39 Weiss 1984, 26. 24-27.
40 Hoover 2012, 313f.
41 Hoover 2012, 313f. 318f.
42 Weiss 1984, 32f.
43 Hoover 2012, 313f; Goltzius 1567, 113-115.
44 Imhoof-Blumer 1873, 79f; Weiss 1984, 24.
45 Lloyd 1935, 73; Longrigg 1993, 32-34; Weiss 1984, 29f.
46 Weiss 1984, 29-33; Krause 1871, 212.
47 Longrigg 1993, 31f.
48 Weiss 1984, 29f. 32.
49 Weiss. 1984, 31-33.
50 Weiss 1984, 32f; Lacroix 1965, 26-28. 120f.
51 Weiss 1984, 32-35.
52 Lloyd 1935, 81-91.
53 Lloyd 1935, 88-90.
54 Weiss 1984, 35f.; Oxford Classical Dictionary (2016) s. v. libations (I. Malkin).
55 Diog. Laert. VIII, 2, 70; Goltzius 1567, 113-115; Head 1887, 147f.; Schwabacher 1925, 30.
56 Head 1887, 147f.; Schwabacher 1925, 30; Miethke 2008, 14; Chiarenza 2020, 63f.
57 Lloyd 1935, 77-79; Longrigg 1993, 31f.
58 Lloyd 1935, 91-93; Longrigg 1993, 33f.
59 Krause 1871, 212.
60 Weiss 1984, 21-23.
61 Weiss 1984, 36-39.
62 Stein-Hölkeskamp 2019, 127; Weiss 1984, 39f.
63 Weiss 1984, 40f.
64 Weiss 1984, 36f; Lacroix 1965, 76-79.
65 Weiss 1984, 36-47; Schleicher 2017, 388-390; Cahn 1979, 51; Christ 1991, 9f.
66 Schleicher 2017, 388f.
67 Stein-Hölkeskamp 2019, 127; Weiss 1984, 37-49.
68 Weiss 1984, 43f.
69 Hölscher 2020, 24.
70 Stein-Hölkeskamp 2019, 127.
71 Weiss 1984, 45f.
72 Weiss 1984, 21-23. 45.
73 Stein-Hölkeskamp 2019, 128; Chiarenza 2020, 51-53. 64f.
74 Stein-Hölkeskamp 2019, 128; Schleicher 2017, 386. 393.
75 Weiss 1984, 45f.
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- Pascal Johannes Harter (Autor:in), 2023, Münzbilder der Tetradrachmen und Didrachmen Selinunts, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1472934