Die erste avantgardistische Filmbewegung in Deutschland entstand
Anfang der 20er Jahre mit abstrakten Filmexperimenten.
Aufgrund sich widersprechender Datierungen ist eine Bestimmung des
„ersten“ Filmemachers dieser Art kaum vornehmbar. Dies resultiert
zum einen aus den unterschiedlichen Datierungsmethoden der Künstler
bzw. der Kunstgeschichtsschreibung auf der einen und der
Filmgeschichtsschreibung auf der anderen Seite.1 Zum anderen
machten die Künstler zum Teil selbst ungenaue Angaben zur
Entstehung ihrer Werke bzw. nahmen im Nachhinein eine Vordatierung
einzelner Filme vor, wodurch die Chronologie nicht mehr
nachvollziehbar bzw. verfälscht ist.
Bereits Anfang des Jahrhunderts gab es zahlreiche Ideen und
Konzepte zum abstrakten Film - jedoch kaum Realisierungen.
Walter2 Ruttmann schrieb bereits zwischen 1913 und 1917:
„Denn die Kinematographie gehört unter das Kapitel der bildenden
Künste und ihre Gesetze sind am nächsten mit denen der Malerei
und des Tanzes verwandt. Ihre Ausdrucksmittel sind: Formen,
Flächen, Helligkeiten und Dunkelheiten mit all dem ihnen
innewohnenden Stimmungsgehalt, vor allem aber die Bewegung
dieser optischen Phänomene, die zeitliche Entwicklung einer Form
aus der anderen. Es ist bildende Kunst mit dem Novum, daß die
Wurzel des Künstlerischen nicht in einem abschließbaren Resultat
zu suchen ist, sondern in dem zeitlichen Werden einer Offenbarung
aus der anderen (...).“3
Diese Zeilen stellen quasi das erste Manifest, die schlüssigste und vor
allem früheste Beschreibung dessen dar, was Ruttmann, Eggeling und
Richter mit ihren Filmen später intendierten. [...]
1 Während die Kunstgeschichtsschreibung stärker den Entstehungsprozess eines Werkes
insgesamt berücksichtigt, beruht die Datierung der Filmgeschichtsschreibung auf den
Uraufführungsdaten bei öffentlichen Vorführungen der endgültigen Fassung unter
endgültigem Titel.
2 In der Literatur sind verschiedene Schreibweisen des Namens zu finden, sowohl „Walther“
als auch „Walter“ - der Einfachheit halber verwende ich letztere.
3 Walter Ruttmann: unveröffentlichtes Manuskript, verfaßt zwischen 1913 und 1917
Inhaltsverzeichnis
- Avantgarde und Film - Entstehung und Anspruch
- Biographisches zu W. Ruttmann und H. Richter
- Vergleich Ruttmann - Richter
- Filmbeispiele
- Rezeption
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Anfängen des abstrakten Films in Deutschland in den 1920er Jahren, insbesondere mit dem Werk von Walter Ruttmann und Hans Richter. Sie untersucht die künstlerischen Ambitionen dieser Bewegung, die sich von der traditionellen Filmsprache löste und neue ästhetische Möglichkeiten erkundete.
- Entwicklung und Merkmale des abstrakten Films
- Einfluss der Avantgarde der bildenden Kunst auf den Film
- Kritischer Vergleich der Filmkunst von Walter Ruttmann und Hans Richter
- Rezeption des abstrakten Films in der damaligen Zeit
- Bedeutung des abstrakten Films als Vorläufer moderner Filmformen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Avantgarde und Film - Entstehung und Anspruch: Dieses Kapitel behandelt die Entstehung des abstrakten Films in Deutschland und die künstlerischen Ziele der Bewegung. Es werden die unterschiedlichen Datierungsmethoden und die Einflüsse von Kunstbewegungen wie Kubismus, Konstruktivismus, Expressionismus, Dadaismus und Futurismus beleuchtet.
- Kapitel 2: Biographisches zu W. Ruttmann und H. Richter: In diesem Kapitel werden die Lebensläufe und künstlerischen Entwicklungen von Walter Ruttmann und Hans Richter näher betrachtet. Es werden wichtige Stationen ihrer Karriere und ihre Einflüsse auf das filmische Werk beleuchtet.
- Kapitel 3: Vergleich Ruttmann - Richter: Dieses Kapitel analysiert die künstlerischen Ansätze und Werke von Ruttmann und Richter im Vergleich. Es wird die Frage nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden und die jeweiligen Stärken und Schwächen ihrer Filmarbeit diskutiert.
- Kapitel 4: Filmbeispiele: Dieses Kapitel widmet sich der Analyse und Diskussion von einzelnen Filmen von Ruttmann und Richter. Es werden die spezifischen Merkmale der Filme, die eingesetzten Mittel und die künstlerische Wirkung beleuchtet.
- Kapitel 5: Rezeption: Dieses Kapitel untersucht die Rezeption des abstrakten Films in der Zeit seiner Entstehung. Es werden die Reaktionen der Kritik, des Publikums und der Künstlerkollegen auf die neuen Filmexperimente beleuchtet.
Schlüsselwörter
Abstrakter Film, Avantgarde, Walter Ruttmann, Hans Richter, Novembergruppe, "Der absolute Film", rhythmische Vorgänge, visuelle Gestaltung, zeitliche Dynamisierung, animierte Zeichnungen, Filmmontage, "Berlin. Sinfonie der Großstadt", "Vormittagsspuk", Augenmusik.
- Quote paper
- Astrid Lukas (Author), 2000, Film als Malerei mit Zeit - Entwürfe zum absoluten Film Walter Ruttmanns und Hans Richters, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/14571