Diese Arbeit untersucht, in welcher Art die traditionellen Deutungsmuster des Leids angesichts Auschwitz durch namhafte jüdische Denker eine Modifikation erfahren haben, um so dem Konflikt der Existenz eines Gottes, der Auschwitz trotz seiner Güte und Allmacht zumindest zuließ, wenn nicht sogar verursachte, zu Gunsten der Glaubhaftigkeit bzw. Gültigkeit des jüdischen Glaubens und der damit einhergehenden jüdischen Identität, entgegenwirken zu können. Dieser durch einige jüdische Denker der Moderne angeregte Versuch der Umorientierung und Transformation und das damit gewandelte Gottesbild post Auschwitz sollen somit näher beschrieben werden.
Als Vorbetrachtung erweist es sich als sinnvoll, traditionelle jüdische Rechtfertigungskonzepte des Leids vorzustellen, um so auf die Transformation der Substanz jüdischer Lehrsätze rekurrieren zu können. Dabei stehen die zwei grundlegenden jüdischen Glaubenskonzepte des Kiddusch haSchem und Mipnej chata`enu im Vordergrund, die als bisher übliche Erklärungsmodelle des Leids in der Welt herangezogen worden sind und teilweise auch noch gegenwärtig innerhalb des orthodoxen Judentums in Konfrontation mit der Theodizeefrage herangezogen werden und so die Vereinbarkeit von einem eingreifenden, liebenden Gott und dem Leid bzw. dem Bösen in der Welt sicherstellten.
Darauf aufbauend soll der Bruch in der jüdischen Leidgeschichte, verursacht durch die Sonderstellung der Schoah, verdeutlicht werden, um so die Notwendigkeit des Hinterfragens traditioneller, wenn nicht sogar tradierter jüdischer Glaubensansätze und deren Transformation, verständlich zu machen. Zu Wort kommen sollen im Hinblick darauf die philosophisch-theologischen Deutungsansätze Ignaz Maybaums, Emil Ludwig Fackenheims und Richard Lowell Rubensteins als drei zentrale, stark divergierende und gerade deshalb interessante Positionen moderner sogenannter „Holocaust-Theologie“.
Inhaltsverzeichnis
- Begründung der Thematik..
- Vor Auschwitz - traditionelle jüdische Rechtfertigungskonzepte
- Kiddusch haSchem (Heiligung des Namens)
- Mipnej chata enu (unserer Sünden wegen)
- Nach Auschwitz - philosophisch-theologische Transformationsprozesse...
- Ignaz Maybaum - Auschwitz als Weg zum Fortschritt
- Emil Ludwig Fackenheim – Hitler posthum besiegen..
- Richard Lowell Rubenstein - Gott ist tot..
- Schlussbetrachtung.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Reaktion jüdischer Religionsphilosophien auf den Holocaust. Der Fokus liegt auf der Frage, wie traditionelle Deutungsmuster des Leids nach Auschwitz verändert wurden, um die Existenz eines gütigen und allmächtigen Gottes mit dem Leid der Shoah in Einklang zu bringen. Darüber hinaus wird untersucht, wie diese Transformationen die jüdische Identität und den Glauben post-Auschwitz beeinflussen.
- Die Herausforderungen des jüdischen Glaubens an einen gütigen Gott im Angesicht der Shoah
- Die Transformation traditioneller jüdischer Rechtfertigungskonzepte des Leids
- Die Rolle des Kiddusch haSchem und Mipnej chata`enu im Kontext des Holocaust
- Die philosophisch-theologischen Deutungsansätze von Maybaum, Fackenheim und Rubenstein
- Die Auswirkungen der Shoah auf die jüdische Identität und das Gottesbild
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und beleuchtet die Schwierigkeiten, die mit der sprachlichen und gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Holocaust verbunden sind. Der zweite Teil behandelt traditionelle jüdische Rechtfertigungskonzepte des Leids vor Auschwitz, insbesondere das Kiddusch haSchem und Mipnej chata`enu. Dabei wird deutlich, wie diese Konzepte die Vereinbarkeit von Leid und einem gütigen Gott erklärten.
Das dritte Kapitel widmet sich der Transformation der jüdischen Religionsphilosophien nach Auschwitz. Es werden die Ansätze von Ignaz Maybaum, Emil Ludwig Fackenheim und Richard Lowell Rubenstein vorgestellt, die unterschiedliche Antworten auf die Frage nach dem Gottesbild im Angesicht der Shoah liefern.
Schlüsselwörter
Jüdische Religionsphilosophie, Holocaust, Shoah, Leid, Rechtfertigungskonzepte, Kiddusch haSchem, Mipnej chata`enu, Transformationsprozesse, Gottesbild, jüdische Identität, Maybaum, Fackenheim, Rubenstein.
- Arbeit zitieren
- Susanne von Pappritz (Autor:in), 2010, Jüdische Religionskonzepte im Angesicht von Auschwitz, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1455390