Die softwarebasierten Techniken werden in der Medizin zunehmend eingesetzt. Die vorliegende Arbeit beschreibt das Beispiel der Entwicklung und Auswertung einer Methode zur Differenzierung der Armspastik, bei der die gemessenen Kräfte softwaretechnisch in Einzelkräfte zerlegt und so differenziert analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung:
Methodik
Versuchsaufbau
Versuchsablauf
Auswahl der Patienten
Auswertung
Grundlagen
Probleme bei der Berechnung des 5-Komponenten-Modells
Modellvarianten
Ergebnisse
Auflistung der berechneten Faktoren
Faktor A (Position / elastische Widerstände)
Faktor B (Geschwindigkeit / visköse Widerstände)
Faktor D (EMGtrizeps)
Faktor E (EMGbizeps)
Versuche mit medikamentöser Therapie
Faktor A (Position / elastische Widerstände)
Faktor B (Geschwindigkeit / visköse Widerstände)
Faktor D (EMGtrizeps )
Faktor E (EMGbizeps)
Versuche mit Wartezeit
Faktor A (Position / elastische Widerstände)
Faktor B (Geschwindigkeit / visköse Widerstände)
Faktor D (EMGtrizeps)
Faktor E (EMGbizeps)
Vergleich der Kraftfaktoren mit der beobachteten klinischen Änderung
Vergleich Klinik / Kraftfaktoren (elastische Widerstände)
Vergleich Klinik / Kraftfaktoren (visköse Widerstände)
Vergleich Klinik / Kraftfaktoren (EMGtrizeps)
Vergleich Klinik / Kraftfaktoren (EMGbizeps)
Diskussion
Diskussion der Kraftfaktoren
Diskussion der Ergebnisse
Diskussion des Modells
Weitere Vorschläge
Zusammenfassung
Literatur:
Anhang
Abkürzungen
Einleitung:
Spastik ist ein Syndrom, das nach Läsionen des Zentralnervensystems auftritt und Folge einer Schädigung corticospinaler Bahnen ist. Die meistzitierte Definition der Spastik stammt von
Lance (1980):
„ Spastik ist eine Erkrankung des motorischen Systems, die charakterisiert ist durch einen geschwindigkeitsabhängigen Anstieg im tonischen Dehnungsreflex („Muskeltonus“) mit gesteigerten Muskelsehnenreflexen, welcher aus einer Übererregbarkeit des Dehnungsreflexes resultiert und als eine Komponente des supra-motoneuralen Syndroms angesehen wird.“ (eigene Übersetzung).
Die geschwindigkeitsabhängige Tonuserhöhung ist das charakteristische Merkmal, es treten jedoch auch andere Symptome auf, wie zum Beispiel eine Parese, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann.
Spastik beeinträchtigt Patienten in ihrer aktiven Bewegung, nur in wenigen Fällen ist sie vorteilhaft, zum Beispiel wenn sie bei einer Schwäche der Beinmuskulatur Stehen oder Gehen des Patienten ermöglicht.
Verantwortlich für die Tonuserhöhung des Muskels ist ein Ungleichgewicht hemmender und erregender Impulse im Rückenmark, ein normaler Bewegungsablauf ist dadurch bedingt nicht möglich. Die klinische Ausprägung der gestörten Bewegung kommt durch ein fehlerhaftes Zusammenspiel der agonistischen und antagonistischen Muskeln zustande (Corcos et al. (1986)). Untersuchungen zur Pathophysiologie der Spastik zeigen jedoch zum Teil widersprüchliche Ergebnisse. Von Corcos et al. (1986) wird berichtet, daß willkürliche Bewegungen spastischer Patienten durch eine gesteigerte Reflexaktivität unterbrochen werden, von Dietz und Berger (1983) konnte jedoch bei Ganguntersuchungen kein Anhalt für eine Reflexsteigerung gefunden werden. Tang und Rymer (1981) und Dietz et al. (1986) untersuchten das Drehmoment in Relation zur Größe des Elektromyogramme im Vergleich zu Normalpersonen. Während Tang und Rymer von einem geringeren Drehmoment bei gleichem EMG berichten, geben Dietz et al. ein großes Drehmoment bei geringeren EMG-Aktivitäten an.
Es gibt verschiedene klinische Meßverfahren zur Quantifizierung der Spastik, die gebräuchlichste ist die Ashworth-Skala (Ashworth (1964)).
Ashworth - Skala:
Grad 0 normaler Muskeltonus
Grad 1 leichter Anstieg des Muskeltonus, so daß ein geringer Widerstand auftritt, wenn das Gelenk gebeugt oder gestreckt wird.
Grad 2 deutlicherer Anstieg des Muskeltonus, jedoch kann das Gelenk ohne Schwierigkeiten gebeugt oder gestreckt werden
Grad 3 deutlicher Anstieg des Muskeltonus, passive Gelenkbewegungen sind schwierig durchzuführen
Grad 4 die Extremität ist in Beugung oder Streckung fixiert
(eigene Übersetzung)
Die Ashworth-Skala basiert auf der klinischen Untersuchung bei passiver Bewegung des Gelenkes durch den Arzt. Daraus resultiert eine relativ grobe und zum Teil subjektiv beeinflusste Bewertung, die nur eine grobe Quantifizierung zuläßt. Verschiedene Arbeitsgruppen untersuchen die Möglichkeit einer objektiven, quantfizierbaren Spastik-Einteilung (Katz (1992), Firoozbakhsh (1993), Lin (1994), Kirsch (1994), Zhang (1997)), ohne daß ein einheitlicher Standard gefunden werden konnte. Dabei beschränkten sich die bisherigen Untersuchungen auf die Betrachtung der passiven Steifheit und der Elektromyogramme bzw. Reflexaktivität (Noth und Friedemann (1984), Noth et al. (1984)) im Vergleich zur klinischen Untersuchung. In einer anderen Arbeit verwendeten Curt und Dietz (1997) somatosensorisch-evozierte Potentiale (SSEP) zur Einschätzung der Prognose bei Rückenmarksläsionen. Eine differenziertere Betrachtung der verschiedenen beteiligten Systeme und Komponenten, wie zum Beispiel elastischer Widerstände, muskulärer Reflexe, etc., ist jedoch nötig, um therapeutisch beeinflussbare Anteile zu erkennen und einerseits die Therapiewirkung präzise abschätzen und andererseits eine Graduierung der Spastik nach objektiven Kriterien vornehmen zu können. Mit dieser Arbeit wird nun der Versuch einer solchen differenzierten Analyse vorgenommen.
Ziel der Arbeit ist es, ein Verfahren vorzustellen, das eine detaillierte Analyse aller an der Steifheit beteiligten Systeme erlaubt. Mit einem solchen Verfahren ließe sich die Wirkung verschiedener Therapien, wie Physiotherapie, physikalische Therapie, antispastische Medikation, etc. auf den Muskeltonus erfassen und quantifizieren.
Methodik
Versuchsaufbau
Um eine differenzierte Analyse der auftretenden Kräfte und Widerstände spastischer Extremitäten durchführen zu können, ist eine genaue Aufzeichnung der beteiligten Parameter notwendig. Nach der oben genannten Definition von Lance (1980) ist Spastik vereinfacht ausgedrückt charakterisiert durch eine geschwindigkeitsabhängige Tonuserhöhung im Muskel. Es muß also die Bewegungsgeschwindigkeit und das auftretende Drehmoment gemessen werden. Wir haben diese Messungen am Ellenbogengelenk spastischer Patienten durchgeführt und zusätzlich die Elektromyogramme der wichtigsten beteiligten Muskeln erfaßt.
Die Patienten saßen während der Untersuchung aufrecht und entspannt in einem Stuhl, der untersuchte Oberarm war 90° abduziert in waagerechter Position fixiert. Um eine isolierte Drehbewegung im Ellenbogengelenk durchführen zu können, war der betroffene Unterarm auf einem horizontal drehbaren Armausleger gelagert.
Abb 1: Versuchsaufbau
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit einem Haltegriff wurde der Arm des Patienten vom Untersucher passiv bewegt. In den Haltegriff integriert war ein Kraftaufnehmer (Kistler, Winterthur, Schweiz; 9311a), der die zur passiven Bewegung nötige Kraft registrierte. Aus der gemessenen Kraft wurde das Drehmoment berechnet.
Die Bewegung des Armes wurde mittels eines Präzisions-Potentiometers (MCP 40, Megatron, München) im Drehpunkt des Armauslegers gemessen. Die Auflösung betrug <0,1°. Die 180°-Position wurde als Streckstellung im Ellenbogengelenk definiert, die 90°-Position entsprechend als rechtwinklige Beugung im Ellenbogengelenk.
Der M. trizeps br. und M. bizeps br. sind die wichtigsten beteiligten Muskeln. Die Ableitung der Elektromyogramme dieser beiden Muskeln (im folgenden EMGbizeps und EMGtrizeps genannt) erfolgte durch Oberflächenelektroden (Eigenbau) mit einem Durchmesser von 10mm, Abstand Mitte-Mitte 30mm, die zusammen mit einem Vorverstärker in einen Kunstharzblock eingelassen waren. Die gefilterten EMG-Signale (Bandbreite 20Hz-1kHz) wurden von einem Verstärker (Eigenbau) auf das 1.000 - 10.000fache verstärkt. Da der Vorverstärker in den Elektrodenblock integriert war, wurden Bewegungsartefakte auf ein Minimum reduziert.
Die gemessenen Signale von Position, Drehmoment, EMGtrizeps und EMGbizeps wurden mit einen Analog-Digital-Wandler (NB-M10-16) bei einer Abtastrate von 100 Hz pro Kanal digitalisiert und im Laborcomputer (Macintosh IIci, Apple Computer Inc, Cupertino, Californien, USA) gespeichert. Alle gemessenen Signale konnten auf dem Bildschirm online verfolgt werden. Zur Kontrolle der Bewegung wurde das Positionssignal zusätzlich auf einem Oszilloskop (Hameg HM 208) online dargestellt. Dieser Versuchsaufbau konnte beliebig für rechts- bzw. linksseitige Messungen angepaßt werden. Die Auswertung erfolgte offline.
Die Datenaufzeichnung und ein Teil der Auswertung erfolgte mit verschiedenen Programmen, die in der Computersprache des Laborsystems LABVIEW 2 (National Instruments Corporation, Austin, Texas, USA) geschrieben wurden. Programmierer war Dr. Hamish Ross vom Physiologischen Institut der Universität Birmingham, Großbritannien.
Weiterhin fand zur Auswertung das Statistik- und Tabellenkalkulationsprogramm STATVIEW 4.0, Abacus Concepts Inc., Berkeley, USA, Anwendung.
Versuchsablauf
Nachdem der Patient aufgeklärt und der betroffene Arm wie oben beschrieben gelagert war, wurden die passiven Bewegungen des spastischen Armes durchgeführt. Dabei bewegte der Untersucher den Arm des Patienten mit dem Haltegriff und verfolgte die Position auf dem Oszilloskop. Die Patienten sollten dabei den Arm entspannen und nicht willkürlich innervieren. Wir führten je 30 Beugungen (von 150° bis 60°) und Streckungen (von 60° bis 150°) mit einer Amplitude von 90° mit ansteigenden Geschwindigkeiten von ca. 20°/sec. bis ca. 500°/sec. durch.
Zeitlicher Ablauf der Versuche:
T0: Zum Zeitpunkt T0 wurde der Patient durch eine Physiotherapeutin in Bezug auf die auftretende Spastik beurteilt. Dann wurde eine Messung wie oben beschrieben durchgeführt. Dieser Teil diente der Messung für den Patienten im Ruhezustand ohne vorherige körperliche Anstrengung.
I: Danach folgte die Intervention am Patienten durch Physiotherapie, Antispastika oder einfaches Abwarten (nähere Erläuterung siehe unten).
T1: Nach der Intervention wurde der Patient erneut von der Physiotherapeutin beurteilt. Im Anschluß folgte wieder eine Messung wie oben beschrieben
T2: 60 Minuten nach der Intervention wurde eine dritte Messung wie oben beschrieben durchgeführt.
Die Intervention I bestand aus einer der folgenden Möglichkeiten:
A: 30minütige krankengymnastische Behandlung nach Bobath durch eine examinierte Physiotherapeutin (15 Fälle). Der Patient wurde auf einer bereitgestellten KG-Matte behandelt. Ziel der Behandlung war eine Tonussenkung in den untersuchten spastischen Muskeln. Die genauen Übungen waren nicht festgelegt und lagen im Ermessen der Physiotherapeutin.
B: Gabe von Flupirtinmaleat (Katadolon â) (200 mg oral) und anschließend 45 Minuten Wartezeit (3 Fälle). Die Wartezeit wurde ruhig sitzend verbracht und es wurden keine Bewegungsübungen durchgeführt
C: Gabe von Diazepam (Valiquid â) (15 mg oral) und 45 Minuten Wartezeit ruhig sitzend ohne Bewegungsübungen (2 Fälle).
D: Wartezeit in Ruhe ohne Bewegungsübungen (45 Minuten) (2 Fälle).
Schwerpunkt der Untersuchung waren die Patienten mit krankengymnastischer Therapie. Die Versuche mit Diazepam-Gabe wurden durchgeführt, da die antispastische Wirkung des Valiums bekannt ist und eine Vergleichsmöglichkeit zur Physiotherapie darstellt. Flupirtinmaleat wurde ebenfalls getestet, da nach Gabe dieser Substanz eine antispastische Wirkung beobachtet wurde und ein derartiger Effekt zu erwarten war. Durch den andersartigen Wirkmechanismus im Vergleich zum Diazepam war auch eine andere Auswirkung auf unsere Messergebnisse möglich. Die Versuche mit reiner Wartezeit stellten die Kontrollgruppe im Vergleich zu den Versuchen mit Behandlung dar.
Auswahl der Patienten
In diese Studie nahmen wir 22 Patienten (17 Männer, 5 Frauen) mit spastischer Hemiparese nach ischämischem Infarkt im Stromgebiet der Arteria cerebri media auf (siehe Tabelle 1, Seite 10). Das Alter lag zwischen 39 und 66 Jahren, die Schädigung lag 3 bis 165 Monate zurück.
Die Auswahl der Patienten erfolgte unter Berücksichtigung folgender Kriterien:
- einseitige Ischämie im Stromgebiet der Arteria cerebri media, durch Computertomographie und / oder Kernspintomographie nachgewiesen
- Zeitpunkt der Schädigung lag 3 Monate oder länger zurück
- nur ein Ereignis bekannt und Ursache für die motorische Störung
- keine Kontrakturen im Ellenbogenbereich
- ausreichende Kooperations- und Entscheidungsfähigkeit
Jede Medikation mit Ausnahme von Antispastika wurde zugelassen. Die Patienten entstammen dem Krankengut der Neurologischen Klinik des Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Krankenhauses in Essen oder waren Mitglieder des Bundesselbsthilfeverbandes Schlaganfallbetroffener und gleichartig Behinderter (BSB) e.V.. Nach der ersten Selektion anhand der Krankengeschichte haben wir telefonisch eine weitere Auswahl nach den Patientenangaben getroffen. Nachdem sie mit dem Versuchsablauf vertraut gemacht wurden, gaben alle Patienten ihr Einverständnis zu der Untersuchung.
Die Untersuchung konnte jederzeit, ggf. auf Wunsch des Patienten, abgebrochen werden. Die Genehmigung durch die Ethikkommission der Universität - Gesamthochschule Essen wurde vor Beginn der Versuchsreihe erteilt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Patientendaten
Nr = Versuchsnummer
Alter = Alter des Patienten zum Zeitpunkt des Versuchs
Ges. = Geschlecht: m=männlich, w=weiblich
Seite = untersuchter Arm: r=rechts, l=links
Zeit = Zeitraum zwischen Schädigung und Untersuchung in Monaten
Ash Stre = Bewertung des M. bizeps br. nach der Ashworth-Skala
Ash Beug = Bewertung des M. trizeps br. nach der Ashworth-Skala
Anmerkung: bei einigen Patienten wurden mehrere Versuche durchgeführt
Mehrere Normalpersonen wurden untersucht, aber nicht in die Analyse und Auswertung dieser Arbeit eingeschlossen, da deren gemessene Kräfte sehr niedrig sind mit daraus resultierenden großen Interpretationsschwierigkeiten. Auch ist, wie zu erwarten, keine relevante Änderung durch eine Therapie zu erwarten oder klinisch nachzuweisen.
Auswertung
Grundlagen
Grundlage der klinischen Beurteilung der Spastik ist das zur passiven Bewegung benötigte Drehmoment. Ein schematisches Beispiel der objektiv mit dem Kraftaufnehmer gemessenen Kraft, die zur Beugung und Streckung des Arms im Ellenbogengelenk nötig ist, zeigt Abbildung 2 (Messung bei einer Normalperson) und Abbildung 3 (Messung am spastischen Patienten). Diese Kurve haben wir als gemessene Gesamtkraftkurve bezeichnet (später in dieser Arbeit wird auf die berechnete Gesamtkraftkurve eingegangen).
Hierbei sind die positiven Werte mit einer Beugung, die negativen mit einer Streckung assoziiert (der Untersucher muß bei der Beugung einen Druck, bei der Streckung dagegen einen Zug ausüben, die als positives bzw. negatives Drehmoment dargestellt sind). Bei allen Schemata, die in diesem Kapitel gezeigt werden, handelt es sich um idealisierte Kurven. Die absoluten Werte der Skalen entsprechen in ihrer Größenordnung denen unserer Versuche.
Abb 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schema einer gemessenen Gesamtkraftkurve bei einer Normalperson
x-Achse : Zeit
y-Achse : obere Kurve: Drehmoment in Newtonmeter
untere Kurve: Armposition in Grad
Bei einem Spastikpatienten zeigt sich eine deutlich veränderte gemessene Gesamtkraftkurve.
Abb 3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schema einer gemessenen Gesamtkraftkurve bei Patient mit Armspastik
x-Achse : Zeit
y-Achse : obere Kurve: Drehmoment in Newtonmeter
untere Kurve: Armposition in Grad
Die oben dargestellte gemessene Gesamtkraftkurve kann als eine Summe von einzelnen Kraftkurven verstanden werden, die jeweils die Kraft zur Überwindung eines bestimmten Teilwiderstandes darstellen.
Mathematisch ausgedrückt:
Formel 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die einzelnen Widerstände sind:
a) die elastischen Widerstände des Arms (Bindegewebe) müssen überwunden werden (Faktor A in Formel 1). Dies ist einer elastischen Feder vergleichbar, die gedehnt wird. Diese Einzelkraft ist also von der Stellung des Unterarms in Bezug zum Oberarm, seiner Position, abhängig. Um eine Kraft berechnen zu können, muß außer der Position auch die Stärke der Feder bekannt sein, analog der Federkonstante. Sie geht in die oben genannte Formel als Faktor A ein. In diesem Modell ist die Kraft zur Dehnung der Feder mit dem Federweg proportional (Kuchling 1989, Seite 102).
b) die viskösen Widerstände des Arms (Muskelfasern) müssen überwunden werden (Faktor B in Formel 1). Die Größe der viskösen Widerstände ist proportional zur Geschwindigkeit. Der entsprechende Proportionalitätsfaktor, analog der Reibungszahl, wird in der Formel Faktor B genannt. Nach Fliessbach (1992) sind die Reibungskräfte proportional zur Geschwindigkeit.
c) die Masse des Arms muß beschleunigt werden (Faktor C in Formel 1). Die zur Beschleunigung nötige Kraftanteil ist von der Masse des Arms abhängig, sie ist der Faktor C der oben genannten Formel. Nach Kuchling (1989, Seite 97f) ist die Beschleunigung und das dazu nötige Drehmoment proportional.
d) + e) die mit pathologischer EMG -Aktivität im spastischen Arm verbundene Tonuserhöhung des Muskels muß überwunden werden (Faktor D und E aus Formel 1) (gilt für Patienten mit Spastik). Unter der Annahme, daß die EMG-Größe zum erzeugten Drehmoment proportional ist, läßt sich das erzeugte Drehmoment errechnen. Die korrespondierenden Faktoren der Formel sind die Faktoren D (M. trizeps br.) und E (M. bizeps br.).
In der konkreten Anwendung der genannten allgemeinen Formel 1 ergibt sich Formel 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Streng mathematisch ist Formel 2 nicht korrekt, da K eine Kurve mit der Einheit Nm darstellt, die Kurven x1-5 jedoch andere Einheiten aufweisen (Grad, Grad/sec, Grad/sec*sec, mVolt). Oben wurde aber gezeigt, daß beispielsweise die Position proportional zu der Kraft ist, die zur Überwindung der positionsabhängigen Widerstände nötig ist. Die Positionskurve hat also die gleiche Form wie die Kraftkurve zur Überwindung der positionsabhängigen Widerstände, lediglich die Zahlenwerte der y-Achse (Ordinate) beider Kurven sind unterschiedlich. Faktor A ist der Proportionalitätsfaktor, der diesen Unterschied ausgleicht. Vereinfacht ausgedrückt:
Positionskurve (in Grad) * Faktor A = Einzelkraftkurve Position (in Nm)
Dies gilt sinngemäß auch für alle anderen genannten Faktoren.
Will man diesen Schritt graphisch nachvollziehen, so wird die in Abbildung 3 (Seite 12) dargestellte Gesamtkraftkurve in ihre Einzelkräfte zerlegt, es ergibt sich für jede Einzelkraft eine eigene Einzelkraftkurve:
Abb 4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Positionskurve: Schema der mit den elastischen Widerständen assoziierten Positions-Aufzeichnung, entsprechend x1 aus Formel 2 (Seite 13)
x-Achse : Zeit
y-Achse : Position in Grad
Abb 5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Geschwindigkeitskurve: Schema der mit den viskösen Widerständen der Weichteile assoziierten Geschwindigkeits-Aufzeichnung, entsprechend x2 aus Formel 2 (Seite 13)
x-Achse : Zeit
y-Achse : obere Kurve: Geschwindigkeit in Grad/sec
untere Kurve: Armposition in Grad
Abb 6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beschleunigungskurve: Schema der mit der Beschleunigung der Masse des Arms assoziierten Beschleunigungs-Aufzeichnung, entsprechend x3 aus Formel 2 (Seite 13)
x-Achse : Zeit
y-Achse : obere Kurve: Beschleunigung in Grad/(sec * sec)
untere Kurve: Armposition in Grad
Abb 7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
EMG-Kurve: Schema der mit dem EMG des M. trizeps br. assoziierten EMG-Aufzeichnung, entsprechend x4 aus Formel 2 (Seite 13)
x-Achse : Zeit
y-Achse : obere Kurve: EMG des M. trizeps br. in mVolt
untere Kurve: Armposition in Grad
Abb 8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
EMG-Kurve: Schema der mit dem EMG des M. bizeps br. assoziierten EMG-Aufzeichnung, entsprechend x5 aus Formel 2 (Seite 13)
x-Achse : Zeit
y-Achse : obere Kurve: EMG des M. bizeps br. in mVolt
untere Kurve: Armposition in Grad
Da, wie diskutiert, die Kräfte den assoziierten Komponenten x1-x5 proportional sind, haben die zugehörigen Kraftkurven die gleiche Form wie die oben gezeigten Aufzeichnungen.
Wenn in diesem Modell nun die mit x1 - x5 assoziierten Kraftkurven graphisch bzw. rechnerisch addiert werden, ergibt sich wieder die Gesamtkraftkurve aus Abbildung 3 (Seite 12).
[...]
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- Ole Ackermann (Autor:in), 1997, Softwarebasierte Diagnostik in der Medizin - Modellentwicklung und Auswertung, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/145408