Schwerpunkt dieser Arbeit soll es sein, den von Bernhard literarisch entworfenen, auf Realität basierenden Raum Grafenhof unter Betrachtung der Perspektive Foucaults näher zu untersuchen.
Setzt man sich mit den Œuvre Thomas Bernhards, einem der wohl bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, auseinander, wird schnell deutlich, dass selbiger beständig zwischen den Topoi der Krankheit, des Todes, der Isolation und des Protests literarisch changieren zu scheint. Eine Auseinandersetzung mit Bernhard bedeutet demnach immer die Konfrontation mit den dunklen Facetten des menschlichen Daseins. Gleiches gilt für Bernhards autobiographische, nacheinander verfasste Pentalogie , deren Teile er bündig mit „Die Ursache. Eine Andeutung.“, „Der Keller. Eine Entziehung.“, „Der Atem. Eine Entscheidung.“, „Die Kälte. Eine Isolation“ und „Ein Kind“ betitelt. An letzter Stelle in der Chronologie des akzentuiert verfassten Bernhard’schen Lebens, das sicherlich autobiographisch angelegt, nicht zuletzt aber der künstlerisch fiktiven Konstruktion unterliegt, steht die an Thomas Manns „Zauberberg“ erinnernde Erzählung „Die Kälte. Eine Isolation“, verfasst im Jahre 1981. In ihr widmet Bernhard sich dezidiert seiner Lungenerkrankung und den damit einhergehenden Aufenthalten in der Lungenheilstätte Grafenhof.
Dabei wird Grafenhof von Bernhard zu einem Raum stilisiert, der nach ganz eigenen Reglementierungen zu funktionieren scheint. Einem Raum, der dem Raum- bzw. Gesellschaftskonzept Michel Foucaults geradezu beispielhaft nahekommt, als einen von vielen in der Kultur verankerten „andere[n] Räume[n]“ – den Heterotopien , deren Begrifflichkeit Foucault erstmals in einem Radiovortrag im Jahre 1967 systematisierte, indem er die Vorstellung eines „leeren, neutralen Raum[es]“ desavouiert, und in den kulturwissenschaftlichen Diskurs einführte.
Inhaltsverzeichnis
- Begründung der Thematik
- Der heterotope Raum Grafenhof
- Beitrittsmechanismen - Grafenhof als Abweichungsheterotopie
- Topographische Abgrenzung
- Temporale Abgrenzung
- Ritualisierung und Reglementierung
- Integration durch Isolation
- Anpassungsmechanismen
- Auflehnung durch Widerstand
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert die autobiographische Erzählung „Die Kälte. Eine Isolation“ von Thomas Bernhard mit Fokus auf die Darstellung der Lungenheilstätte Grafenhof als heterotopen Raum im Sinne Michel Foucaults. Ziel ist es, das Konzept der Heterotopie auf Bernhards literarische Konstruktion des Raumes Grafenhof anzuwenden und dessen spezifische Funktionsweise in Bezug auf die gesellschaftliche Einbindung und die Abgrenzung von der „normalen“ Welt zu untersuchen.
- Die Inszenierung des Raumes Grafenhof in „Die Kälte. Eine Isolation“
- Die Anwendung des Heterotopie-Konzepts auf die literarische Konstruktion des Raumes
- Die spezifischen Beitrittsmechanismen und die Abgrenzung von Grafenhof als Abweichungsheterotopie
- Die Reglementierung und Ritualisierung des Lebens in Grafenhof
- Die ambivalente Beziehung zwischen Integration und Isolation im heterotopen Raum
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Relevanz von Bernhards Œuvre im Kontext der Krankheit, des Todes, der Isolation und des Protests. Die Pentalogie, zu der auch „Die Kälte. Eine Isolation“ gehört, wird als ein Spiegel der existenziellen Themen in Bernhards Schreiben vorgestellt. Das zweite Kapitel widmet sich der Analyse des heterotopen Raumes Grafenhof. Es werden die Beitrittsmechanismen, die topographische und temporale Abgrenzung sowie die Reglementierung und Ritualisierung des Lebens in der Heilstätte beleuchtet. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Integration durch Isolation in Grafenhof funktioniert, und wie sich die Protagonisten an diese Bedingungen anpassen oder ihnen Widerstand leisten.
Schlüsselwörter
Thomas Bernhard, „Die Kälte. Eine Isolation“, Heterotopie, Michel Foucault, Abweichungsheterotopie, Grafenhof, Raum, Gesellschaft, Integration, Isolation, Reglementierung, Ritualisierung, Anpassung, Widerstand, Pentalogie, Autobiographie.
- Arbeit zitieren
- Susanne von Pappritz (Autor:in), 2010, Die Inszenierung des Raumes in Thomas Bernhards Erzählung "Die Kälte. Eine Isolation" betrachtet unter Anwendung des Heterotopie-Konzepts Michel Foucaults, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1453807