Besonders die Sprache der Literatur als ein künstlerisches Medium bleibt post Auschwitz stets Angriffspunkt zentraler Diskussionen im Hinblick auf die Problematik der literarischen Auseinandersetzung mit einer von Auschwitz gebrandmarkten Welt, denn das „zentrale ästhetische Problem liegt darin, dass über etwas, das als unfassbar begriffen wird, im Medium der Sprache gehandelt werden muss“, sieht man sich in der Verantwortung dem Schweigen als Haltung etwas entgegenzusetzen. Besonders der Soziologe und Philosoph Theodor Wiesengrund Adorno gerät ins Feld erster Assoziationen, wenn es um die Frage geht, ob „Gedichte“, kurz Kunst überhaupt nach Auschwitz noch möglich seien; während sich James Edward Young aus einer literaturwissenschaftlichen Perspektive auf die Literatur post Auschwitz an die Problematik annähert und gerade den Nutzen einer solchen herausstellt.
Thema und somit Schwerpunkt dieser Arbeit soll es sein, auf diese zwei zentralen Perspektiven zum Stand der Literatur im Kontext von Auschwitz in einem Kapitel der theoretischen Vorbetrachtung einzugehen, indem Adorno und Young als bedeutende Stimmen zum Status der Literatur und Sprache nach Auschwitz im begrenzten Rahmen dieser Arbeit anhand zentraler, provokanter Standpunkte zu Wort kommen sollen. Im Anschluss daran wird die Erzählung „Erfindung einer Sprache“ (1977) von dem Regisseur und Schriftsteller Wolfgang Kohlhaase im Zentrum der Analyse stehen und als ein, wie aufzuzeigen bleibt, besonders textstrategisch durch Sprachspiel und der Konzentration auf die Sprache als Material sprachorientiertes und sich damit der Sprachproblematik stellendes Beispiel der literarischen Auseinandersetzung mit der von den Nationalsozialisten systematischen Ermordung der europäischen Juden fungieren. So soll in Diskussion gebracht werden, wie Sprache nach Auschwitz gefunden werden kann, wie sie gefunden, vielleicht sogar erfunden werden muss – und das in der Wahl eines stets ästhetischen Mediums, das den Gräueltaten mit einer künstlerischen Stimme – der Stimme der Literatur begegnet.
Inhaltsverzeichnis
- Begründung der Thematik
- Stimmen zur Rolle der Sprache und Literatur post Auschwitz
- Th. W. Adorno-Kunst nach Auschwitz als „Barbarei“?
- J. E. Young-Holocaust-Literatur zwischen Faktizität und Fiktionalität
- Michael Kohlhaase - Sprache der Hoffnung und Versöhnung
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Sprache und Literatur nach Auschwitz den Schrecken der Massenvernichtung angemessen begegnen können. Sie analysiert die Positionen von Theodor W. Adorno und James E. Young zur Kunst im Kontext des Holocaust und beleuchtet am Beispiel von Wolfgang Kohlhaases Erzählung „Erfindung einer Sprache“ die Möglichkeiten literarischer Auseinandersetzung mit dem Geschehen.
- Die Rolle der Sprache und Literatur nach dem Holocaust
- Die Problematik der sprachlichen Annäherung an unvorstellbare Gräueltaten
- Die Suche nach einer Sprache der Hoffnung und Versöhnung
- Die Rolle der Kunst im Kontext des Zivilisationsbruchs
- Die Möglichkeiten der literarischen Auseinandersetzung mit dem Holocaust
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Problematik der sprachlichen Annäherung an Auschwitz, die Thomas Mann in seinem Roman „Doktor Faustus“ mit dem Unmöglichkeitsbekenntnis „es ist schlecht davon reden“ beschreibt.
Kapitel zwei diskutiert die Positionen von Theodor W. Adorno und James E. Young zur Kunst im Kontext des Holocaust. Adorno sieht die Kunst nach Auschwitz als „Barbarei“ an, während Young den Nutzen der Holocaust-Literatur hervorhebt.
Das dritte Kapitel analysiert Wolfgang Kohlhaases Erzählung „Erfindung einer Sprache“ als Beispiel für eine sprachorientierte und textstrategische Auseinandersetzung mit dem Holocaust.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen Sprache, Literatur, Holocaust, Adorno, Young, Kohlhaase, "Erfindung einer Sprache", Sprachlosigkeit, Erinnerungskultur, Zivilisationsbruch, Kunst, Hoffnung, Versöhnung.
- Arbeit zitieren
- Susanne von Pappritz (Autor:in), 2010, Sprache (er)finden. Zur Literatur und Sprache post Auschwitz, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1453797