Goethes „Italienische Reise“ mit ihrem Motto „Auch in Arkadien“ ist aus der deutsch-italienischen Beziehungsgeschichte in Literatur und Kunst nicht wegzudenken. Thomas Mann, der sich selbst eigentlich als Goethe des 20. Jahrhunderts sah, fällt dabei aus der Reihe. Sein Italienverhältnis ist ein komplexeres, ein ambivalentes, eines, das sich löst von der tendenziell enthusiastisch-leuchtenden Italientradition in der deutschen Geistesgeschichte. „Ich stehe zwischen zwei Welten, bin in keiner daheim und habe es infolgedessen ein wenig schwer“ heißt es bei Thomas Mann im „Tonio Kröger“, der wegen seines mütterlich-romanisch-künstlerischen Erbes und seines väterlich-nordisch-bürgerlichen Erbes mit einem großen inneren Zwiespalt zu kämpfen hat. Wer sich mit der Kulturgeographie bei Thomas Mann befasst, bemerkt sehr schnell, dass sich dessen Spannungslinie oftmals zwischen Norden und Süden, zwischen deutschem Denken und Fühlen und romanischer Geisteswelt abspielte. Thomas Mann bemerkt selbst einmal: „Nord gegen Süd ist ein faszinierender Gegenstand […] und ich kann wohl sagen, mich kümmert kein Stoff, in den er nicht einschlägig ist“.
Die Arbeit will nur eine von mehreren italienbezogenen Erzählungen Manns genauer untersuchen, nämlich „Tonio Kröger“. Dabei wird verständlich gemacht, was sich für größere Zusammenhänge hinter dem ‚scheinbaren‘ Nebenschauplatz Italien in der Erzählung verstecken. Hierbei lohnt sich auch ein Blick auf die sogenannte ‚nördlichste Stadt Italiens‘ München, die immer wieder in Manns italienbezogenen Schriften (wie auch im „Tonio Kröger“) eine explizite Rolle spielt. Insgesamt reiht sich die Arbeit in das Feld der Forschungsdisziplin der Literaturgeographie ein. Diese Richtung der Geographie und Topographie von literarischen Texten stellt sich in interdisziplinärer Zusammenarbeit der Frage, wo und warum Literatur an bestimmten Schauplätzen spielt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung zur Italienforschung bei Thomas Mann und methodische Vorbemerkungen
- 2. Italien in „,Tonio Kröger“ (1903).
- 2.1 Italienisch-südländisches Erbe als Jugendproblem …...
- 2.2 Der Umzug in den Süden
- 2.3 Die Italieninvektive Tonio Krögers in München
- 2.3.1 Einschub 1: Deutsche Innerlichkeit und Bellezza
- 2.3.2 Einschub 2: Tonio Kröger und Cesare Borgia
- 2.4 Der Schluss von „Tonio Kröger“:
- Italien und München als Motoren der Selbstfindung
- 3. Fazit und Ausblick zur Literaturgeographie Italiens bei Thomas Mann
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Darstellung Italiens in Thomas Manns Erzählung „Tonio Kröger“. Im Zentrum steht die Frage, welche Rolle Italien in dieser Geschichte spielt und welche Bedeutung sie für die literarische Figur Tonio Kröger hat.
- Die Ambivalenz des Italienbildes bei Thomas Mann
- Die Rolle Italiens im Kontext der „Nord gegen Süd“-Problematik
- Italien als Quelle der Inspiration und des inneren Konflikts
- Der Einfluss von München auf die Italien-Rezeption in „Tonio Kröger“
- Die Bedeutung von „Tonio Kröger“ für die Erforschung der Kulturgeographie Italiens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Italienforschung bei Thomas Mann dar und beleuchtet die methodischen Ansätze der Arbeit. Sie betont die Ambivalenz des Italienbildes bei Mann im Vergleich zu anderen deutschen Dichtern und stellt die Besonderheit von „Tonio Kröger“ im Kontext seiner Schriften heraus.
Das zweite Kapitel analysiert die verschiedenen Facetten des Italienbildes in „Tonio Kröger“. Es beleuchtet das südländische Erbe als Jugendproblem der Titelfigur, den Einfluss des Umzugs in den Süden, die Italieninvektive in München und die Rolle Italiens im Schluss der Erzählung.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe und Themen, die in dieser Arbeit beleuchtet werden, umfassen die Italienforschung bei Thomas Mann, die Kulturgeographie Italiens, „Tonio Kröger“, die „Nord gegen Süd“-Problematik, die Ambivalenz des Italienbildes, die Rolle von München im Kontext der Italien-Rezeption und die Bedeutung von „Tonio Kröger“ für die Erforschung literarischer Schauplätze.
- Arbeit zitieren
- Laurian Kanzleiter (Autor:in), 2021, Literarische Kulturgeographie. Thomas Manns Italienbild in "Tonio Kröger", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1449607