Seit je her ist ein bedeutendes rechtspolitisches Ziel des Aktienrechts der Schutz der Minderheitsaktionäre vor Eingriffen in ihre Mitgliedschaftsrechte. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass eine durch einen Beschluss getroffene Regelung nicht allein schon dadurch gerechtfertigt ist, dass sich die Mehrheit für diese Regelung ausgesprochen hat. Diese Seminararbeit soll sich damit beschäftigen, wie es sich auswirkt, wenn der Verwaltung beziehungsweise Geschäftsführung durch einen mehrheitlich gefassten Beschluss Entlastung erteilt wird, obwohl diese während des betreffenden Geschäftsjahres gegen Gesetz oder Satzung verstoßen haben. Und wie sich ein einzelner Gesellschafter dagegen zur Wehr setzen kann. Hierbei beschränkt sich die Arbeit, aufgrund der gemeinsamen körperschaftlichen Struktur, auf Kapitalgesellschaften, sprich AG und GmbH.
Das Rechtsinstitut der Entlastung ist allgemein anerkannt. Durch die Entlastung billigt die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung die Verwaltung der Gesellschaft, vgl. § 120 II 1 AktG, § 46 Nr. 5 GmbHG. In der GmbH hat sie Präklusionswirkung, zieht also einen Verzicht auf bestehende Ersatzansprüche nach sich. In der AG ist dies laut § 120 II 2 AktG seit dem Jahr 1965 ausdrücklich nicht mehr der Fall. Dennoch ist die Anfechtung einer (zu Unrecht) erteilten Entlastung der häufigste Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen rund um die Haupt- und Gesellschafterversammlung. Die Präklusionswirkung der Entlastung in der GmbH, sowie das überdurchschnittliche öffentliche Interesse an einer Verweigerung oder Anfechtung der Entlastung, vor allem in der börsennotierten AG, begründet die hohe rechtstatsächliche Bedeutung der Entlastung im Gesellschaftsrecht.
Diese Arbeit stellt sich die Frage, ob Entlastungsbeschlüsse, deren Fehlerhaftigkeit aus ihrem Inhalt entspringt, anfechtbar sind und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist. Grundlage hierzu ist die „Macrotron-Entscheidung“ des BGH aus dem Jahr 2002, die eine Umkehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit eines Entlastungsbeschlusses darstellt. Der BGH nimmt eine Anfechtbarkeit wegen Inhaltsmängeln an, sofern die Verwaltung einen „eindeutigen und schwerwiegenden Rechtsverstoß“ begangen hat. Es soll untersucht werden, ob die vom BGH geschaffenen Voraussetzungen zur Anfechtbarkeit aufgrund von Inhaltsmängeln zu weit gehen und eine restriktivere Auslegung erfordern.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
B. Entlastungsbeschluss in AG und GmbH
I. Zustandekommen des Entlastungsbeschlusses
II. Inhalt der Entlastung
III. Rechtsfolge der Entlastung
IV. Rechtsnatur der Entlastung
C. Grundsätzliche Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen
I. Beseitigung des Entlastungsbeschlusses nach den Vorschriften des BGB
1. Anfechtbarkeit nach §§ 119 ff. BGB
2. Rückforderung nach Bereicherungsrecht
3. Widerruf der Entlastung
4. Zwischenergebnis
II. Anfechtbarkeit nach § 243 AktG
III. Analoge Anwendung der §§ 243 ff. AktG auf GmbH (Entlastungs-)Beschlüsse
D. Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses aufgrund von Inhaltsmängel
I. Ermessenüberschreitung des entlastenden Organs durch Entlastung
1. Ermessensüberschreitung der Hauptversammlung
2. Ermessensüberschreitung der Gesellschafterversammlung
3. Zwischenfazit
II. „Schwerwiegender und eindeutiger Rechtsverstoß“
1. „Schwerwiegend“
2. „Eindeutig“
III. Bekanntsein bzw. Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes
IV. Maßgeblicher Zeitpunkt des Rechtsverstoßes
V. Ganzes Organ oder nur die am Verstoß beteiligten Organmitglieder
E. Verfahrensfehler
F. Informationsmängel
G. Sonderproblem: Fehlerhafte Entsprechenserklärung nach § 161 AktG
H. Fazit
- Arbeit zitieren
- Florian Herkommer (Autor:in), 2018, Die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1442470