Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es herauszufinden, inwiefern die verschiedenen Kapitalarten nach Pierre Bourdieu Einfluss auf den Bildungserfolg in der Schullaufbahn nehmen. Durch die ausführliche Erfassung der Auswirkungen der Kapitalarten auf den Bildungserfolg konnten einige Erkenntnisse in Bezug auf die Fragestellung gewonnen werden. Die Analyse zeigt deutlich, dass die Unterschiede in den Bildungserfolgen am ausdrücklichsten mit der Ausstattung der Familien mit kulturellem Kapital zusammenhängen. Das soziale Kapital und das ökonomische Kapital spielen dennoch eine wichtige, jedoch geringere Rolle. Der Einfluss des ökonomischen Kapitals auf die Übergangsentscheidung und den Schulabschluss ist weitaus geringer als die Einflüsse von sozialem oder kulturellem Kapital, beispielsweise operationalisiert durch die Bildung der Eltern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Bourdieus Habitustheorie
3 Die vier Kapitalarten
3.1 Ökonomisches Kapital
3.2 Soziales Kapital
3.3 Kulturelles Kapital
3.4 Symbolisches Kapital
3.5 Kapitalumwandlung
4 Der Habitus-Struktur-Konflikt und die Habitus-Struktur-Reflexivität
5 Bildungserfolg aus Sicht der Kapitaltheorie
5.1 Ökonomisches Kapital und Bildungserfolg
5.2 Soziales Kapital und Bildungserfolg
5.3 Kulturelles Kapital als Ressource für den Bildungserfolg
5.4 Bildungsaufstieg als Resultat der Habitustransformation
6 Bourdieus rationale Pädagogik als Ansatz für den Bildungserfolg benachteiligter Kinder
7 Ressourcen und Handlungsstrategien zur erfolgreichen Bewältigung der Bildungsbeteiligung
8 Resümee und Ausblick
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Es mussten Jahre vergehen, bis ich mir theoretisch-reflexiv erklären konnte, was ich damals nur auf einer Gefühlsebene zu spüren bekommen hatte: Der empirische Beleg, dass in keinem anderen Land der Welt die Variable der sozialen Herkunft so stark mit dem Bildungsverhalten korreliert wie in Deutschland. Denn ob jemand den Sprung an die Hochschule schafft und dort erfolgreich studiert, ist bis dato vornehmlich ein Ergebnis kultureller Passung und weniger das Resultat einer objektiven Leistungsauslese. Für mich als sogenannte „Bildungsaufsteigerin“ und „nicht-traditionell Studierende“ aus „nicht-akademisierter Herkunftsfamilie“ war dies, wie eingangs geschildert, am eigenen Leib [durch Hemmnisse, Zurücksetzungen und Benachteiligungen] erfahrbar. Im Laufe meines Studiums lernte ich […] das Habituskonzept von Pierre Bourdieu [kennen]. Entscheidend für einen erfolgreichen Übergang und die Integration in das Feld der Hochschule ist demnach, ob die als Habitus verinnerlichten kulturellen Muster, wie Haltungen, Vorlieben und Abneigungen der Studierenden, etwa in Bezug auf Kommunikationsweisen oder bestimmte Lerngewohnheiten, mit den für sie ungewohnten akademischen Strukturen und Abläufen ein Kohärenzerleben zulassen. Letztlich geht es somit um die Frage, ob Habitus und Struktur „eine Passung erlauben.“ (Ullmann 2021, S. 2)
Bildung ist ein Menschenrecht. Bildung ist die Grundlage für soziale Teilhabe. Jede Person besitzt automatisch eine soziale Herkunft und folgt zu bestimmten Zeitpunkten des Lebens einem Bildungsweg. Somit ist auch jede Person, vor allem in jungen Jahren, potenziell direkt von der entsprechenden Problematik betroffen. Das sorgt für eine Sensibilisierung und ein gesellschaftliches Interesse an dem Thema. Doch es scheint eine soziale Ungleichheit vorzuliegen, da eine Vielzahl von Studien auch mit unterschiedlichen Fragestellungen und Untersuchungsdesigns zeigen konnten, dass der Bildungsstatus einer Person sehr stark mit der Stellung im sozialen Beziehungsgefüge zusammenhängt. Es ist zu vermuten, dass Probleme mit dem Studium unter anderem darauf zurückzuführen sind, dass die kulturellen Erfordernisse des Studiums nicht ausreichend von denjenigen bedient werden können, die vor allem aus hochschulbildungsfernen Umgebungen stammen und deren verinnerlichtes kulturelles Kapital sich zu sehr in Diskrepanz zu diesen Erfordernissen bewegen.
Die Seminararbeit untersucht, inwiefern das ökonomische, soziale und kulturelle Kapital Auswirkungen auf die Bildungsbeteiligung bzw. -chancen hat und bietet einen Erklärungsversuch inwiefern Kinder aus unteren Schichten mit Mängeln hinsichtlich der genannten Kapitalarten konfrontiert werden. Die folgenden Abgrenzungen der vier Kapitalarten nach Bourdieu führen zu einem Grundverständnis, um Zusammenhänge verstehen zu können. Anhand dieser Definitionen wird durch die einzelne Analyse der Kapitalarten der Einfluss auf die Bildungschancen durchleuchtet. Empirische Ergebnisse aus Studien dienen hier als Grundlage. Zudem wird zum Ende der Seminararbeit die Identifizierung der Bedingungen und Handlungsmöglichkeiten für den Bildungsaufstieg in den Blick genommen.
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