In dieser Arbeit geht es um die Analyse der Novelle "Die Toten schweigen" von Arthur Schnitzler. Dabei liegt der Fokus auf den häufig erwähnten Räume sowie der Zeit und deren gemeinsame Verschränkungen auf Grundlage der literaturwissenschaftlichen Theorien von Michail M. Bachtin und Juri M. Lotman.
Die vielfache Nennung genauer Ortsangaben, Toponyme, Eigennamen, Deiktika und weitere raumspezifische Ausdrücke weisen auf eine realistische Erzählweise der Novelle hin und eignet sich daher für eine Untersuchung narratologischer Theorien von Raum und Zeit. Die erzählte Zeit ist klar zu ermitteln. Das Geschehen findet zwischen ca. 19 bis 22 Uhr statt, gestützt von konkreten Zeitverlaufsangaben, die sich auf eine knapp 50-minütige Erzählzeit reduzieren. Durch das Verhältnis der Räume zueinander, die mit teils klarer Kennzeichnung benannt werden und die nicht minder deutlichen Zeithinweise erhält Schnitzlers Novelle eine intensive nachdrückliche Stimmung, die dem Textgeschehen Komplexität und Tiefe verleihen.
Psychologische, ethische und philosophische Interpretationen der Novelle stehen demnach nicht im Fokus dieser Arbeit, werden jedoch berücksichtigt, soweit dies für die Analyse und die Interpretation ergiebig erscheint. Raummodelle und Chronotopoi werden im Text mehrfach angewendet und bieten eine Vorlage, um unterschiedliche Raumsemantiken herauszuarbeiten. Wechselnde Räume in wechselnder Geschwindigkeit, besonders im ersten Drittel der Novelle bis zum Wendepunkt des tödlichen Unfalls, erhalten mehr Analyseaufmerksamkeit als Emmas Flucht und ihre Rückkehr in die Wiener Innenstadt bzw. in ihr Zuhause.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Forschungsliteratur und historische Einordnung
- 2.1. Arthur Schnitzlers Wien - Textumfeld
- 2.2. Straßen, Bauwerke und technischer Fortschritt
- 3. Literaturtheoretische Ansätze - Spatial turn in der Literaturwissenschaft
- 3.1. Die Semantik des Raums – Juri M. Lotmans Raummodell
- 3.2. Exkurs - Der erzählte Raum
- 3.3. Chronotopos – Die Verschränkung von Zeit und Raum
- 4. Raum- und Zeitphilosophie in der Novelle
- 4.1. Das Rendezvous in einer vorstädtischen Seitenstrasse
- 4.2. Die Kutschfahrt - das Motiv des Weges.
- 4.3. Der Spaziergang über die Brücke
- 4.4. Die Schwelle zum Tod hinter der Brücke
- 4.5. Emmas Flucht - vom Außenbezirk in die Innenstadt nach Hause....
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse von Raum und Zeit in Arthur Schnitzlers Novelle "Die Toten schweigen". Im Zentrum steht die Untersuchung der räumlichen und zeitlichen Strukturen der Geschichte sowie ihrer Bedeutung für die Erzählweise und die Interpretation der Novelle. Dabei werden die literaturwissenschaftlichen Theorien von Michail M. Bachtin und Juri M. Lotman herangezogen, um die Raumsemantik und die Verschränkung von Zeit und Raum in der Novelle zu beleuchten.
- Analyse der räumlichen und zeitlichen Strukturen der Novelle
- Untersuchung der Bedeutung von Raum und Zeit für die Erzählweise
- Anwendung literaturwissenschaftlicher Theorien (Bachtin, Lotman) zur Interpretation der Raumsemantik
- Bedeutung von räumlichen und zeitlichen Elementen für die Interpretation der Novelle
- Rezeption der Novelle im Kontext der Wiener Moderne
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Schwerpunktthema der Arbeit vor und verdeutlicht die Bedeutung von Raum und Zeit in Schnitzlers Novelle. Sie geht auf frühe Textstufen ein und zitiert aus Arthur Schnitzlers Briefen, die die besondere Aufmerksamkeit für die räumliche Darstellung der Geschichte hervorheben. Die Arbeit zielt darauf ab, die in der Novelle mehrfach erwähnten Räume und ihre Verschränkungen mit der Zeit mithilfe literaturwissenschaftlicher Theorien zu analysieren.
Das zweite Kapitel widmet sich der Forschungsliteratur und der historischen Einordnung der Novelle. Es untersucht die Rezeption der Novelle im Kontext von Arthur Schnitzlers Wien, der Fin-de-Siècle-Epoche und der städtebaulichen Veränderungen Wiens im Übergang zum 20. Jahrhundert. Darüber hinaus beleuchtet es den Einfluss der literarischen und gesellschaftlichen Strömungen dieser Zeit auf die Novelle.
Das dritte Kapitel stellt die literaturtheoretischen Ansätze vor, die für die Analyse der Novelle relevant sind. Im Zentrum stehen die Theorien von Juri M. Lotman zur Semantik des Raums und der Chronotopos als Verschränkung von Zeit und Raum.
Das vierte Kapitel untersucht die Raum- und Zeitphilosophie in der Novelle. Es analysiert verschiedene Szenen der Novelle, wie das Rendezvous in einer Seitenstrasse, die Kutschfahrt, den Spaziergang über die Brücke und Emmas Flucht. Diese Szenen zeigen die unterschiedlichen Raumsemantiken und die Bedeutung von Zeit und Raum für die Entwicklung der Handlung und die Charakterisierung der Figuren.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Raum, Zeit, Chronotopos, Semantik, Arthur Schnitzler, "Die Toten schweigen", Wiener Moderne, Fin de Siècle, Spatial turn, Erzählweise, Interpretation, Literaturtheorie, Michail M. Bachtin, Juri M. Lotman, Raumsemantik.
- Arbeit zitieren
- Eva-Christiane Schwippert (Autor:in), 2023, Raum, Ort und Zeit in Arthur Schnitzlers Novelle "Die Toten schweigen", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1406649