Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage inwieweit der/die Sozialarbeiter/in in die Selbstbestimmung des Klienten eingreifen darf bzw ob überhaupt. Berücksichtigung finden dabei:
Die Selbstbestimmungtheorie nach Deci und Ryan sowie die Theorie der Selbstwirksamkeit von Bandura.
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
2) Was ist Mündigkeit?
3) Extremfall: Der Verlust der Mündigkeit
4) Autonomieentwicklung- Zwischen Selbst-und Fremdbestimmung
5) Theorien der Selbstbestimmung
5.1) Die Selbstbestimmungstheorie nach Decy und Ryan
5.2) Die Theorie der Selbst-Wirksamkeit von Bandura
6) Die Betreuung und ihre mögliche Auswirkung auf den Patienten/ Klienten
7) Die Aufgaben der Sozialarbeiter/innen innerhalb einer Betreuungssituation
8) Persönliches Fazit
Literaturverzeichnis
1) Einleitung
Auf der Homepage der Evangelischen Fachhochschule werden die Bereiche Hilfe und Beratung, Erziehung und Bildung, Unterstützung bei Krankheit und Behinderung und das Gebiet der Administration, Planung/ Sozialmanagement als zentrale Bereich der sozialen Arbeit dargestellt. Vor allem in den ersten drei Bereichen ist der Sozialarbeit direkt am Leben des einzelnen beteiligt. Zwangsläufig ist dadurch auch immer eine gewisse „Manipulation“ des Klienten hinsichtlich der richtigen Entscheidungen in Bezug auf das eigene Leben zu bedenken . Mit Manipulation meine ich hier keinen „negativen“ Begriff sondern vielmehr das Wegweisen hin zu einer autonomen Persönlichkeit. Doch wie sieht es aus, wenn der Klient oder Patient aus der Sicht der Behandelnden nicht fähig ist für sein Leben richtige Entscheidungen zu treffen. Ein Extrembeispiel wäre hierfür der Suizid. Hier wird dem Klienten die Selbstbestimmung über das eigene Leben abgesprochen und der Mensch als unmündig im Bezug auf das eigene Leben erklärt. Selbstverständlich gilt es, dem verzweifelten Menschen Chancen und Positives aufzuzeigen und denjenigen zu motivieren, dass eigene Leben weiterführen zu wollen. In dieses Thema will ich aber nicht speziell eintauchen, genauso wenig wie in das Thema der gesetzlichen Betreuung oder in die Sterbehilfe. Meine Intention ist es vielmehr den Begriff der Selbstbestimmung und die Auswirkungen von fehlender Selbstbestimmung auf das menschliche Verhalten zu skizzieren. Dazu habe ich mir zwei Theorien ausgesucht die sich mit der Motivation des Menschen befassen bestimmte Handlungen auszuführen, da ich davon ausgehe, dass nur ein (in erster Linie) von innen heraus motivierter Mensch eine autonome Persönlichkeit sein kann.
Da aber genau hier der Schnittpunkt mit der Sozialen Arbeit liegt, die ja ein von außen kommendes Instrumentarium zur Motivation des Klientels darstellt, möchte ich im abschließenden Teil meiner Hausarbeit auf genau diese Überschneidung der Interessen des Klienten und des Sozialarbeiters eingehen um aufzuzeigen wo Vorsicht geboten ist um nicht die Mündigkeit des Klienten zu beschneiden. Ob es den mündigen Patienten/ Klienten überhaupt gibt, davon gehe ich in meiner Arbeit aus. Denn obwohl Krankheit, wie beispielsweise Suchterkrankungen, die Selbstbestimmung sicherlich beschneiden bzw. beeinflussen glaube ich persönlich an einen inneren Kern des Selbst, der immer zu Entscheidungen fähig ist. Und sei es nur die Entscheidung sich nicht entscheiden zu wollen und Verantwortung abzugeben.
Allgemein möchte ich noch anmerken, dass die Begriffe Mündigkeit, Autonomie und Selbstbestimmung in der mir vorliegenden Literatur sehr viele Gemeinsamkeiten aufzeigen und auch häufig synonym verwendet werden. Dabei ist mir aufgefallen, dass der Mündigkeitsbegriff häufig mit Moralentwicklung, der Autonomiebegriff eher mit psychischer Entwicklung in Zusammenhang steht. Diese beiden Bereiche scharf zu trennen erschien mir unsinnig, da sie doch auch immer in Zusammenhang stehen. Es gibt beispielsweise keine Verantwortung ohne moralische Wertgrundlage auf die sich eben diese Veratwortung bezieht (z.B. Mülltrennung).
2) Was ist Mündigkeit?
Während die Mündigkeit zu Beginn des sprachlichen Gebrauchs eine rein rechtliche Bedeutung, also die Volljährigkeit, inne hatte, änderte sich diese Tatsache durch Kants Definition in seiner Abhandlung „Was ist Aufklärung“. Der Begriff erhielt so einen Anthropologischen Charakter und wurde gleichzeitig zu einem politischen Leitwort.[1] Im philosophischen Sinn bedeutet mündig sein „jegliches innere wie äußere Vermögen zur Selbstbestimmung, der Zustand der Unabhängigkeit, des für sich selbst- sorgens und sprechen könnens“[2] Während aber der Mündigkeitsbegriff in der Rechtssprache relativ eindeutig zu definieren ist, ist die psychologische Mündigkeit nur schwer zu fassen. Wer für unmündig erklärt wird, muss sich selbst nicht als solches bezeichnen und genauso kann es umgekehrt der Fall sein. Kinder werden gemeinhin als unmündig bezeichnet, da sie noch nicht die nötige Reife besitzen und auf Erwachsene in ihrer natürlichen Hilflosigkeit angewiesen sind.[3]
Oser drückt dies milder aus indem er allgemein die Moralentwicklung von Kinder beschreibt. Diese besitzen einen unterschiedlichen Erfahrungsschatz und somit, bedingt durch noch fehlende Entwicklungsprozesse auch andere Bewertungsmaßstäbe besitzen. Deshalb sind sie einfach nur 'anders' als die Erwachsenen[4]
Kant spricht vom „Unvermögen...sich seines Verstandes ohne Leitung eines Anderen, zu bedienen“ gesteht dies Unmündigkeit Kindern zu und räumt ein, dass auch Erwachsene, wenn sich eine „Schwäche des Verstandes“ zeigt als bürgerlich unmündig bezeichnet werden können.[5] Ebenfalls Kant sagt, dass Mündigkeit nur durch Erziehung entstehen kann, wobei er darin keine Anpassungsleistung verstand, sondern eben die Fähigkeit selbst zu entscheiden ohne externale Kontrollmechanismen.[6]
Allgemein lässt sich sagen, dass die Mündigkeit „das innere und äußere Vermögen zur Selbstbestimmung“ beschreibt.[7]
„Unter Selbstbestimmung ist die Möglichkeit und die kognitive Fähigkeit eines Menschen zu verstehen, selbst Entscheidungen über sein Handeln, Verhalten und seinen Körper zu treffen. „[8]
3) Extremfall: Der Verlust der Mündigkeit
Der Begriff der Entmündigung und Gebrechlichkeitspflegschaft wurde mit der Reform des Betreuungsgesetztes 1992 ersetzt durch die rechtliche Betreuung. Die Änderungen sehen vor, dass keine Betreuung eingerichtet werden darf, wenn diese »gegen den erklärten Willen“[9] des betroffenen Erwachsenen gerichtet ist. Betroffen von dieser Regelung sind Erwachsene mit entweder schwerwiegenden psychischen Störungen oder alte Menschen, die nicht mehr im Besitz ihrer vollen geistigen Fähigkeit sind, wie beispielsweise Demenzkranke. Hierbei soll die Betonung auf dem freien Willen der Person liegen und die Geschäftsfähigkeit des Betreuten ist nicht automatisch eingeschränkt. So kann dieser beispielsweise heiraten, wählen oder ein Testament aufsetzten. Allerdings nur im Rahmen der Möglichkeiten und inwieweit dem Betreuer die Entscheidungsbefugnis über den zu Betreuenden übertragen wurden. In bestimmten Fällen muss der gesetzliche Betreuer die Einwilligung des Vormundschaftsgerichts einholen, so z. B. bei Operationen. Unter speziellen Voraussetzungen kann der Betreuer den Betreuten aufgrund von Selbstgefährdung, wie beispielsweise dem Suizid, in eine geschlossene Klinik einweisen lassen. Dazu benötigt er nicht die Einwilligung des Betreuten sondern kann dies eigenhändig veranlassen. Die Einwilligung des Vormundschaftsgerichts ist erst einzuholen, wenn ein Freiheitsentzug auf längere Dauer oder regelmäßig abzusehen ist.[10] Um für das Alter oder für eine Notfallsituation vorzusehen gibt es zusätzlich die Möglichkeit eine Patientenverfügung zu verfassen, in der noch Gesunde das wie und wo einer späteren Behandlung bzw. Nichtbehandlung bestimmen können. Dies soll ein erhöhtes Maß an Selbstbestimmung garantieren.[11]
[...]
[1] Ebersold, Günther: Mündigkeit- Zur Geschichte eines Begriffes, Frankfurt a. M. 1980, S. 13
[2] Brockhaus Psychologie, S. 385
[3] Ebersold S. 27
[4] Oser, Fritz (et al.): Moralische Selbstbestimmung Stuttgart 1992 S. 37-40
[5] Ebersold, S.35,36
[6] Ebd.: 39, 40
[7] Wikipedia, Mündigkeit (philosophisch)
[8] http://www.a-wagner-online.de/empowerment/emp3.htm [27.02.09]
[9] BGB § 1896 1(a)
[10] http://www.bmj.bund.de/files/-/1511/Betreuungsrecht_Okt_08.pdf S. 13-17
[11] http://www.bmj.bund.de/files/-/1512/Patvfg._160108.pdf S. 6-8