Seit nunmehr 18 Jahren gilt durch das Landesgleichstellungsgesetz (künftig kurz LGG genannt) in der Berliner Verwaltung der gesetzliche Auftrag zur beruflichen Gleichstellung der weiblichen und männlichen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Durch dieses Gesetz wird der Staat als Arbeitgeber legitimiert und verpflichtet, einer Geschlechter- Diskriminierung entgegen zu wirken und sich aktiv für die Frauenförderung im öffentlichen Dienst einzusetzen. Geprägt durch den Grundgedanken der Chancengleichheit von Frauen und Männern wurden diverse Maßnahmen festgeschrieben mit deren Hilfe, insbesondere in den höheren Vergütungs- und Besoldungsgruppen, eine berufliche Gleichstellung erreicht werden soll. Angefangen von Frauenförderplänen, über spezielle Quotenvorgaben für die Personalentwicklung bis hin zu gewählten Frauenvertreterinnen, welche für die praktische Umsetzung des LGG Sorge tragen sollen. All diese gesetzlichen Vorgaben sollen zu einer beruflichen Gleichstellung von Mann und Frau im öffentlichen Dienst hinführen und sind infolgedessen gleichzeitig ein bedeutender Teilaspekt einer erfolgreichen Verwaltungsreform. Doch können die spezifischen Instrumente des LGG wirklich einen Beitrag zur Chancengleichheit im öffentlichen Dienst leisten? Wie wirksam waren sie in nahezu zwei Jahrzehnten und was kann mit Hilfe des LGG in der Zukunft noch erreicht werden? Wo liegen die Diskrepanzen zwischen politischen Anspruch an das, und der alltäglichen Arbeit mit dem Gesetz? Ist das LGG hinreichend ausgeführt oder besteht ein konkreter Verbesserungs- bzw. Ergänzungsbedarf? All diese Fragen sollen mit Hilfe von Literaturrecherchen, statistischen Auswertungen, sowie Befragungen von gleichstellungs-politischen Fachexpertinnen der Berliner Verwaltung geklärt werden.
INHALTSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Themenfindung
1.2 Bedeutung des Themas
1.3 Aufbau der Arbeit
2. Begrifflichkeiten der Gleichstellungspolitik
2.1 Gleichstellungspolitik
2.2 Frauenförderung
2.3 Gender Mainstreaming
2.4 Diversity Management
3. Frauenförderung in der Personalentwicklung
3.1 Definition der Personalentwicklung
3.2 Frauenförderung durch Personalentwicklung
4. Das Landesgleichstellungsgesetz von Berlin
4.1 Die Entstehungsgeschichte des LGG
4.2 Die Ziele und zentralen Regelungen des LGG
4.3 Die wichtigsten Instrumente des LGG
4.3.1 Frauenförderpläne
4.3.2 Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren
4.3.3 Quotenregelungen
4.3.3.1 zur Ausbildungsplatzvergabe
4.3.3.2 zur Stellenbesetzung und Beförderung
4.3.3.3 zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
4.3.3.4 Die Verfassungsmäßigkeit von Frauenquoten
4.3.4 Vereinbarkeit von Beruf und Familie
4.3.5 Die Frauenvertreterin
4.3.5.1 Wahl der Frauenvertreterin
4.3.5.2 Rechte und Pflichten der Frauenvertreterin
5. Zum Stand der Forschung
6. Die statistische Entwicklung der Beschäftigtenstruktur
6.1 Die Gesamtentwicklung der Beschäftigtenstruktur
6.2 Die Frauenanteile im Berliner Landesdienst
6.2.1 Die Gesamtentwicklung des Frauenanteils
6.2.2 Der Frauenanteil in Haupt- und Bezirksverwaltungen
6.2.3 Der Frauenanteil bei Beamten, Richtern und Angestellten
6.2.4 Der Frauenanteil in den Laufbahngruppen
6.2.5 Der Frauenanteil in Führungs- und Spitzenpositionen
7. Die Praxisbefragung
7.1 Die Vorbereitung der Befragung
7.2 Die Durchführung der Befragung
7.3 Die Auswertung der Befragung
8. Gleichstellungspolitische Handlungsfelder
8.1 zum Landesgleichstellungsgesetz allgemein
8.2 zum Amt der Frauenvertreterin
8.3 zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie
8.4 weitergehende Handlungsfelder
9. Fazit und Zukunftsperspektive
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Gesamtbeschäftigte im Berliner Landesdienst 1991 – 2008
Abb. 2: Gesamtbeschäftigtenzahlen aufgeteilt nach den Geschlechtern
Abb. 3: Stellenanteil der Frauen im Verhältnis zu den Gesamtbeschäftigtenzahlen
Abb. 4: Stellenabbau nach Geschlechtern in der Hauptverwaltung
Abb. 5: Stellenabbau nach Geschlechtern in der Bezirksverwaltung
Abb. 6: Gesamtzahl der Beamten u. Richter im Verhältnis zu den Beamtinnen u. Richterinnen
Abb. 7: Gesamtzahl der Angestellten im Verhältnis zu den weiblichen Angestellten
Abb. 8: Geschlechterverhältnis im Berliner Landesdienst
Abb. 9: Aufteilung der Laufbahnen nach Geschlechtern
1. Einleitung
1.1 Themenfindung
Die Aktualität des Themas der Gleichstellungspolitik wurde mir erstmalig während eines praktischen Fachsemesters bei der Genderbeauftragten einer Berliner Senatsverwaltung bewusst. Der unmittelbare Umgang mit dem Landesgleichstellungsgesetz ergab sich hierbei durch konkrete Verantwortungsgebiete, wie die eigenständige Erstellung des aktuellen LGG-Berichts der betreffenden Senatsverwaltung für das Abgeordnetenhaus, sowie die Suche nach umsetzbaren Handlungsfeldern zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese spezifischen Aufgabenstellungen führten mich zwangsläufig zu der Frage nach der Wirksamkeit der vielfältigen Gleichstellungsinstrumente des LGG hinsichtlich der Frauenförderung in den Einrichtungen der Berliner Verwaltungen und ich beschloss mich im Rahmen meiner Diplomarbeit näher mit diesem Thema zu befassen.
1.2 Bedeutung des Themas
Seit nunmehr 18 Jahren gilt durch das Landesgleichstellungsgesetz (künftig kurz LGG genannt) in der Berliner Verwaltung der gesetzliche Auftrag zur beruflichen Gleichstellung der weiblichen und männlichen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Durch dieses Gesetz wird der Staat als Arbeitgeber legitimiert und verpflichtet, einer Geschlechter- Diskriminierung entgegen zu wirken und sich aktiv für die Frauenförderung im öffentlichen Dienst einzusetzen. Geprägt durch den Grundgedanken der Chancengleichheit von Frauen und Männern wurden diverse Maßnahmen festgeschrieben mit deren Hilfe, insbesondere in den höheren Vergütungs- und Besoldungsgruppen, eine berufliche Gleichstellung erreicht werden soll. Angefangen von Frauenförderplänen, über spezielle Quotenvorgaben für die Personalentwicklung bis hin zu gewählten Frauenvertreterinnen, welche für die praktische Umsetzung des LGG Sorge tragen sollen. All diese gesetzlichen Vorgaben sollen zu einer beruflichen Gleichstellung von Mann und Frau im öffentlichen Dienst hinführen und sind infolgedessen gleichzeitig ein bedeutender Teilaspekt einer erfolgreichen Verwaltungsreform.
Doch können die spezifischen Instrumente des LGG wirklich einen Beitrag zur Chancengleichheit im öffentlichen Dienst leisten? Wie wirksam waren sie in nahezu zwei Jahrzehnten und was kann mit Hilfe des LGG in der Zukunft noch erreicht werden? Wo liegen die Diskrepanzen zwischen politischen Anspruch an das, und der alltäglichen Arbeit mit dem Gesetz? Ist das LGG hinreichend ausgeführt oder besteht ein konkreter Verbesserungs- bzw. Ergänzungsbedarf? All diese Fragen sollen mit Hilfe von Literaturrecherchen, statistischen Auswertungen, sowie Befragungen von gleichstellungs-politischen Fachexpertinnen der Berliner Verwaltung geklärt werden.
1.3 Aufbau der Arbeit
Zum leichteren Themenverständnis erscheint es zunächst angebracht, die spezifischen Begriffe der Gleichstellungspolitik näher zu beleuchten (siehe Kapitel 2). Da laut LGG zur Frauenförderung eine Verankerung mit dem Personalmanagement unabdingbar ist, soll anschließend im 3. Kapitel das Verhältnis zwischen Personalentwicklung und Frauenförderung erläutert werden. Das Hauptaugenmerk des deskriptiven Teils wird jedoch auf die konkrete Auseinandersetzung mit dem Landesgleichstellungsgesetz in Kapitel 4 gelegt. Hier wird das LGG von der Entstehungsgeschichte, über die Instrumente bis hin zu den Zielen und der Rechtssprechung umfassend thematisiert. Anschließend werden im folgenden Abschnitt (Kapitel 5) Einblicke in den aktuellen Stand der Forschung mit Hilfe des offiziellen Berichtes der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen zum Umsetzungsstand des LGG´s in der Hauptstadt gegeben. Im 6. Kapitel gibt weiterhin ein umfassender statistischer Vergleich Aufschluss über die tendenziellen Veränderungen der Beschäftigtenzahlen und Frauenanteile im Berliner Landesdienst seit Einführung des Gleichstellungsgesetzes. Der konkrete Befragungsprozess der Berliner Frauenvertreterinnen wird nachfolgend im 7. Kapitel eingehend thematisiert. Hierbei kommt es darauf an, die Vorbereitung und Durchführung der Befragung darzustellen, sowie die Befragungsergebnisse hinsichtlich möglicher Aussagen zu einem „frauenfördernden Effekt“ des Berliner Gleichstellungsgesetzes ausführlich auszuwerten. Abschließend werden im
8. Kapitel denkbare zukünftige Handlungsfelder aufgezeigt, um schlussendlich die wichtigsten Erkenntnisse in Kapitel 9 prägnant zusammen zu fassen und einen Ausblick auf dem Weg in eine „gendergerechtere“ Zukunft der Berliner Verwaltung wagen zu können.
2. Begrifflichkeiten der Gleichstellungspolitik
Wenn man sich mit frauenpolitischen Fragestellungen auseinandersetzt, fallen zunächst die zahlreichen, fachspezifischen Schlagworte der Gleichstellungspolitik auf. Zum leichteren Einstieg in die Materie sollen die Bedeutendsten von ihnen nachfolgend kurz vorgestellt werden.
2.1 Gleichstellungspolitik
Gleichstellungspolitik definiert sich als die Gesamtheit politischer Strategien (Entwürfe, Programme, Gesetze, Maßnahmen), die zur Verwirklichung der Gleichstellung von Mann und Frau, sowie dem Abbau sozialer Ungleichheit förderlich sind. Konkret unterscheidet man hierbei zwei Zielsetzungen: Zum einen die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen als Ursache der ungleichen Lebensverhältnisse der Geschlechter, zum anderen das Erreichen von Chancengleichheit, sowie gleicher Teilhabe von Frauen an den gesellschaftlichen Ressourcen (Geld, Position, Repräsentation)[1].
In Deutschland wird die Gleichstellungspolitik oftmals als unhaltbarer Kostenfaktor oder mindestens als ein überflüssiges „Sozialgedöns“ erachtet. Die Universitätsprofessorin und anerkannte Fachexpertin der Personalpolitik Gertraude Krell sieht in einer erfolgreichen beruflichen Gleichstellung jedoch hauptsächlich ökonomische Vorteile und formulierte hierzu mehrere Argumente, von denen die wichtigsten nachfolgend kurz skizziert werden sollen:
- im Hinblick auf den hohen Frauenanteil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist
eine Orientierung am sog. „Normarbeitnehmer“ (männlich, vollzeitbeschäftigt, ohne ausserberufliche Verpflichtungen) nicht mehr angemessen
- Diskriminierung verursacht Kosten durch Demotivation, Fehlzeiten und Eingruppierungsklagen und steht daher der optimalen Nutzung der Beschäftigtenpotentiale entgegen
- gemischt zusammengesetzte Gruppen können kreativer sein und zu tragfähigeren Problemlösungen kommen
- Organisationen, die Chancengleichheit realisieren, haben Vorteile auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere im Hinblick auf das Segment der Fach- und Führungskräfte[2]
Die geläufigsten Strategien der Gleichstellungspolitik sollen nachfolgend kurz erläutert werden.
2.2 Frauenförderung
Frauenförderung, als wesentlicher Teil der Gleichstellungspolitik, umfasst die Entwicklung und das Angebot von finanziellen, strategischen, methodischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verbesserung der frauenpolitischen Situation in Bildung, Beruf und Gesellschaft[3]. Die Strategien der Frauenförderung sind vielfältig und lassen sich grundsätzlich in allgemeine Fördermaßnahmen (für Frauen und Männer), sowie geschlechtsspezifische Privilegierungs-Bestimmungen (speziell für Frauen) differenzieren. Zum Erstgenannten gehören Regelungen zur betrieblichen Berufsausbildung, Stellenausschreibung und -besetzung, Fort- und Weiterbildung, Teilzeitbeschäftigung und nicht zuletzt auch zu Verhaltensgrundsätze und Umgangsformen in Verwaltung und Betrieb. Zu den geschlechtsspezifischen Privilegierungsmaßnahmen zählen inhaltlich hauptsächlich die rechtlich umstrittenen Quotenvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils in der öffentlichen Verwaltung.
Bedeutende Schwerpunkte der Frauenförderkonzepte sind weiterhin die sogenannten Frauenförderpläne und die Regelungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie[4].
Der überwiegende Teil der genannten Maßnahmen ist im Landesgleichstellungsgesetz von Berlin festgeschrieben. Es wird daher an dieser Stelle darauf verzichtet näher auf die konkreten Instrumente einzugehen und stattdessen auf das Kapitel 4 dieser Ausarbeitung verwiesen.
Ein kurzer historischer Exkurs erscheint an dieser Stelle jedoch noch erwähnenswert: Die institutionalisierte Frauenförderung hat sich in Folge der neuen Frauenbewegung, vorrangig durch die Forderungen der „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen“ nach wirksamen Gleichstellungsstellen auf sämtlichen administrativen Ebenen, entwickelt. Die innovativen Institutionen sollten zum Vorreiter für die berufliche Gleichstellung von Frauen werden und über Frauenförderpläne eigene Konzepte entwickeln, die der Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung von Frauen förderlich sind.[5] Auf Landesebene richteten 1979 erstmals Hamburg und Hessen Gleichstellungsstellen zur Frauenförderung ein. Berlin folgte Anfang der 1980er Jahre und übernahm schon bald eine richtungsweisende Funktion. Da in der Berliner Verwaltung bereits ein hohes Maß an weiblichen Beschäftigten tätig sind, geht es bei der Frauenförderung heute vor allem um die Möglichkeit von Frauen, vermehrt in höhere Positionen aufzusteigen, sowie um eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen[6].
2.3 Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming gehört zu den neueren Konzepten der Gleichstellungspolitik und ist vorrangig für die Politik und öffentliche Verwaltung von Bedeutung[7].
Die Sichtung der relevanten Literatur offenbart gleich eine ganze Reihe von Definitionen zu dem englischen Fachbegriff „Gender Mainstreaming“. An dieser Stelle soll sich aber an den Ausführungen des Europarates im Jahre 1998 gehalten werden: Gender Mainstreaming besteht demnach in der (Re)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung der Entscheidungsprozesse, mit dem Ziel, dass die politischen Akteure den Blickwinkel der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen und auf allen Ebenen einnehmen[8]. Kurz gefasst bedeutet Gender Mainstreaming somit, die Ausrichtung aller Entscheidungsprozesse auf die tatsächliche Gleichheit der Geschlechter. Die kompensatorischen Maßnahmen der Frauenförderung sollen jedoch durch Gender Mainstreaming nicht ersetzt, sondern ergänzt und so als Teil einer Doppelstrategie verstanden werden[9].
Die rechtliche Begründung des Gender Mainstreaming Ansatzes geht auf die konsolidierende Fassung des EG-Vertrages (Art. 3 II) von 1999 zurück, dem sogenannten „Amsterdamer Vertrag“. Dieser verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Integration von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern in allen Politik- und Arbeitsprozessen[10].
Die Umsetzung in Deutschland begann 1999 mit einer Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, sowie der Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe zur Implementierung des Gender Mainstreaming Konzepts in die Arbeit aller Ressorts. Seit 2001 beteiligen sich sämtliche Ministerien in Form von Führungskräfte- Schulungen und diverser Pilotprojekte. Zum aktuellen Stand der Umsetzung kann man sich im Internet näher informieren[11]. Bei der Realisierung des Konzepts auf Länderebene ist Berlin in einer Vorreiter-Position. Seit 2005 ist hier für alle Senatsvorlagen eine Überprüfung der Auswirkungen auf die Geschlechter vorgeschrieben.
Auf die konkreten Instrumente des Gender Mainstreamings kann an dieser Stelle aufgrund des gesetzten Rahmens der Arbeit nicht ausführlicher eingegangen werden. Das sogenannte „Gender Budgeting“ als eines von ihnen sei jedoch kurz genannt, da es aktuell in der Berliner Verwaltung einer immer größer werdenden Bedeutung zukommt, auf dem Weg zu mehr Transparenz und Gerechtigkeit in den öffentlichen Haushalten[12].
2.4 Diversity Management
Diversity bedeutet übersetzt Vielfalt. Im Zusammenhang mit Diversity Management geht es um die Vielfalt der Beschäftigten einer Organisation. Die Heterogenität ist hierbei unter anderem bezogen auf Geschlecht, Alter, Nationalität, Ethnizität, Religion, Behinderung, sexuelle Orientierung, Lebenssituation, Ausbildung und Verhaltensmuster[13].
Heutzutage geht man von einer mehr oder weniger ausgeprägten Vielfalt in der öffentlichen Verwaltung aus, d.h. es arbeiten dort Frauen und Männer, Menschen verschiedenen Alters und Nationalitäten[14].
Doch es existiert auch eine dominante Gruppe, die entscheidende Positionen besetzt und maßgeblich die in der Organisation geltenden Werte, Normen und Regeln bestimmt. Dieses sogenannte „homogene Ideal“ besteht in Deutschland hauptsächlich aus heterosexuellen Männern mittleren Alters, denen in der Regel eine Frau einen großen Teil von Hausarbeit und Kinderbetreuung abnimmt, sodass sie Ihrem Arbeitgeber uneingeschränkt zu Verfügung stehen[15]. Vielfalt wird von der führenden Gruppe solcher „monokulturellen“ Organisationen eher als bedrohlich angesehen. Indem die übrigen Beschäftigten (Frauen, Ausländer usw.) als „anders“ kategorisiert werden, wird legitimiert ihnen eher Tätigkeiten der unteren Hierarchieebene zuzuweisen. Konformitätsdruck und Diskriminierung ist nicht nur aus rechtlichen und moralischen, sondern insbesondere auch aus wirtschaftlichen Gründen problematisch, da die Betroffenen in ihrer Leistungswilligkeit und –fähigkeit eingeschränkt werden. Durch Diversity Management sollen stattdessen die Energien aller Beschäftigten genutzt und sog. „multikulturelle Organisationen“ etabliert werden. In solchen Organisationen herrscht Pluralismus, alle Beschäftigten sind strukturell und informell vollständig integriert, die Personalpolitik ist diskriminierungsfrei(er) und Konflikte sind nur schwach ausgeprägt. Als übergeordnetes Ziel steht somit auch bei den Diversity Management Strategien die Chancengleichheit[16]. Konkret soll sie durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen erreicht werden, von denen hier nur einige erwähnt werden sollen. So zum Beispiel spezielle Diversity-Trainings, Coaching- und Mentoringprogramme, durch welche Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet werden soll. In der Personalpolitik sollen weiterhin alle Instrumente, Kriterien, Praktiken und Verfahren auf ihr Diskriminierungs- und Gleichstellungspotential hin geprüft und entsprechend den Ergebnissen angepasst werden[17].
An dieser Stelle soll marginal darauf hingewiesen werden, dass es zu jedem dieser gleichstellungspolitischen Ansätze kritische Gegenansichten gibt. In diesem Kapitel ging es jedoch ausschließlich um eine objektive Vorstellung der einzelnen Strategien, somit um rein begriffliche und konzeptionelle Unterscheidungen und nicht um die Wiedergabe einzelner ablehnender Meinungsbilder.
3. Frauenförderung in der Personalentwicklung
Im dritten Kapitel dieser Arbeit wird das Verhältnis von Frauenförderung und Personalentwicklung näher beleuchtet. Konkret geht es hier um die Frage, inwieweit Maßnahmen der Personalentwicklung einer frauenfördernden Gleichstellungspolitik dienlich sein können.
3.1 Definition der Personalentwicklung
Die Personalentwicklung, als wesentliches Element des Personalmanagements, umfasst sämtliche Maßnahmen einer Organisation zur Verbesserung der Leistungen und zur Förderung der Leistungs- und Lernpotentiale ihrer Beschäftigten. Moderne Personalentwicklung umfasst heute ein weites Spektrum, beispielsweise Maßnahmen zur Laufbahn- und Karriereentwicklung, zur planvollen Fort- und Weiterbildung, zur Förderung von Teamarbeit, zur Arbeitsgestaltung, sowie zur Organisationsentwicklung[18]. Im Kontext zu der Frauenförderung ist es Ziel der Personalentwicklung, die Potentiale von Frauen wahrzunehmen und zu stärken, um langfristig gesehen mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen[19].
3.2 Frauenförderung durch Personalentwicklung
Laut Beck und Gräf kann Personalentwicklung auf zweierlei Weise einen Beitrag zur Chancengleichheit leisten. Zum einen indem Diskriminierungspotentiale erkannt und reduziert werden, zum anderen indem Gleichstellungspotentiale in der Personalentwicklung, beispielsweise durch gezieltes Mentoring[20], aktiviert werden. Ein zentrales Element einer geschlechtersensiblen Personalentwicklung wird von ihnen in der Entwicklung der Führungskräfte gesehen, da diese die Arbeit und Leistung von Beschäftigten bewerten und über Ein- und Höhergruppierungen, sowie Aufstiege entscheiden. Dabei ginge es nach Beck
und Gräf nicht ausschließlich um deren Gleichstellungswissen, sondern auch um deren Bereitschaft traditionelles Rollenverständnis zu überdenken[21].
Eine gleichstellungsorientierte Fortbildung der Führungskräfte wird in der Literatur häufig als effizientes Instrument der Personalentwicklung gesehen, wenn es um eine gerechtere Chancenverteilung geht. So stellt auch Christine Roloff in ihren Ausführungen eine Überschneidung von Personalentwicklung und Geschlechtergerechtigkeit fest und sieht positive Potentiale vor allem in der Systematisierung von Leistungsbewertungsverfahren, da sie einer Subjektivität von Personalentscheidungen einen gewissen Riegel vorschieben[22].
G. Krell sieht als instrumentelles Problem bei der Personalentwicklung die Orientierung an männlichen Führungsbildern, da Frauen in den Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert sind. Für eine diskriminierungsfreie Personalentwicklung empfiehlt auch sie unter anderem eine Sensibilisierung von Führungskräften, insbesondere hinsichtlich des Führens diskriminierungsfreier Beurteilungsgespräche[23].
Es lässt sich festhalten, dass eine erfolgreiche Frauenförderung ohne die Konzepte der Personalentwicklung nicht denkbar ist. Die frauenfördernden Instrumente des LGG Berlin tangieren fast ausschließlich das weite Spektrum der Personalentwicklung, so beispielsweise die Regelungen zum Frauenförderplan (§4 LGG), zum Auswahlverfahren (§6 LGG) oder zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen (§9 LGG), um nur einige zu nennen. Die Frauenförderung im öffentlichen Dienst ist somit ein integraler Bestandteil der gesamten Personalentwicklung des Landes Berlins geworden.
4. Das Landesgleichstellungsgesetz von Berlin
Wie bereits erwähnt wird das aktuelle Kapitel deskriptiv das Landesgleichstellungsgesetz an sich, dessen Entstehung, Regelungen und Zielsetzungen thematisieren. Aufgrund der besonderen Themenbezogenheit wird dieser deskriptive Teil am umfangreichsten ausfallen.
4.1 Die Entstehungsgeschichte des LGG
Wie bereits unter Kapitel 2.2 auf Seite 5 erwähnt, wurden in Berlin erstmalig Anfang der 1980er Jahre konkrete Überlegungen angestellt, wie Frauen beruflich besser zu fördern seien. Anlass hierfür gab auch ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Ernst Benda[24], dass im Ergebnis gezielte Frauenpolitik im öffentlichen Dienst für verfassungskonform befand.
Zunächst führten die Diskussionen 1984 zum Erlass von Richtlinien[25] für weibliche Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Nachdem jedoch diese keine merklichen Verbesserungen der beruflichen Situation der Frauen im Berliner Landesdienst bewirkten, entschied die damalige rot-grüne Koalition die Frauenförderung per Gesetz zu „verrechtlichen“. Intention war hierbei nicht nur die Verbesserung der beruflichen Situation der Frauen, sondern insbesondere der Schutz verschiedener Personengruppen vor Diskriminierungen. Im September 1990 wurde der Entwurf zum Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) in das Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht, in der dritten Lesung am 29. November 1990 endgültig beschlossen, und trat nach Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt im Januar 1991 in Kraft. Unter der großer Koalition von CDU und SPD wurde das LADG in das Berliner Landesgleichstellungsgesetz (LGG) umbenannt. In den letzten 18 Jahren unterlag das LGG Berlin zahlreicher Änderungen und Anpassungen, wie beispielweise die Stärkung des Amtes der Frauenvertreterin (§§ 17 u. 18 LGG), die Schaffung des Amtes der Gesamtfrauenvertreterin (§18a LGG), sowie die Verpflichtung zur Beibehaltung des Frauenanteils in unterrepräsentierten Bereichen bei Stellenabbauprozessen[26].
Eine aktuelle Fassung des Berliner Gleichstellungsgesetzes (vom 06.09.2002, zuletzt geändert durch das Achte Gesetz zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes vom 19.06.2006) liegt zu Anschauungszwecken der Anlage dieser Ausarbeitung bei.
4.2 Die Ziele und zentralen Regelungen des LGG
Das Landesgleichstellungsgesetz von Berlin soll vorrangig zur Verbesserung der beruflichen Situation der weiblichen Beschäftigten, sowie einer umfassenden Gleichstellung von Frauen und Männern in den Berliner Verwaltungen führen. Eine Vielzahl der Regelungen des LGG sind direkt auf den Abbau der Unterrepräsentanz der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst ausgelegt, so beispielsweise zu den Stellenausschreibungen (§5 LGG), Auswahlverfahren (§6 LGG), Einstellungen und Beförderungen (§8 LGG), sowie Fort- und Weiterbildungen (§9 LGG). Andere Vorgaben, wie beispielsweise zu den Arbeitszeiten (§10 LGG) oder Beurlaubungen (§11 LGG) zielen in erster Linie auf die sogenannte „Work-Life-Balance“, also die Verbesserung der Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Belangen, ab.
Diskriminierungen auf unmittelbaren und mittelbaren Weg verbietet das LGG ausdrücklich (§2 LGG) und verpflichtet zur aktiven Frauen- und Gleichstellungspolitik. Bei Stellenabbauprozessen darf sich in Bereichen, bei denen der Frauenanteil unterrepräsentiert ist, der prozentuale Anteil der Frauen, insbesondere in Führungs- und Leitungspositionen, nicht verringern (§3 LGG).
Eine weitere bedeutende Regelung des LGG ist die Vorgabe zur geschlechterparitätischen Besetzung von Gremien innerhalb und ausserhalb des Berliner Landesdienstes (§15 LGG), da die Entscheidungs- und Beratungsgremien auch heute noch vorwiegend mit Männern besetzt sind und Frauen daher in der Praxis nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Auch auf kommunaler Ebene zeigt das LGG gleichstellungspolitische Regelungen auf, so die Vorgabe an die Bezirksämter für ihre Aufgaben eine hauptamtliche Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragte (§21 LGG) zu bestellen, welche sich für die im Bezirk lebenden und arbeitenden Frauen einsetzt[27].
[...]
[1] vgl. R. Becker, B. Kortendiek (Hrsg.), S. 712-713
[2] vgl. G. Krell (Hrsg.), S.104
[3] vgl. Prof. Dr. M. Jestaed, S. 8
[4] vgl. S. Nowak, S. 12-13
[5] vgl. L. Göricke, S. 22
[6] vgl. C. Bücker-Gärtner, S. 55-56
[7] vgl. R. Becker, B. Kortendiek (Hrsg.), S. 716
[8] vgl. B. Nohr, S. Veth (Hrsg.), S. 109
[9] vgl. Europarat 1998, S. 14
[10] vgl. M. Rühl, J. Hoffmann, S. 55
[11] Informationen zum Stand der Umsetzung unter www.gender-mainstreaming.net
[12] vgl. G. Krell (Hrsg.), S. 105
[13] vgl. S. Peters, N. Bensel (Hrsg.), S. 107
[14] vgl. G. Krell (Hrsg.), S. 67
[15] vgl. G. Krell (Hrsg.), S. 67
[16] vgl. S. Peters, N. Bensel (Hrsg.), S. 108-109
[17] vgl. G. Krell (Hrsg.), S. 74-76
[18] vgl. H. Matthies u.a. (Hrsg.) S. 71
[19] vgl. www.bistum-hildesheim.de
[20] Instrument bei dem eine erfahrene Person (Mentor/in) ihr fachliches Wissen oder ihr Erfahrungswissen an eine unerfahrenere Person (Mentee) weitergibt (vgl. www. wikipedia.org/wiki/Mentoring)
[21] vgl. D. Beck/ A. Gräf, S. 130-131
[22] vgl. C Roloff, S. 31
[23] vgl. G. Krell, S. 35-36
[24] ehem. Präsident des Bundesverfassungsgerichtes (V 02.03.2009)
[25] „Die Leitlinien zur Förderung der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Berlin“ (03.Juli 1984)
[26] vgl. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen (Hrsg.), (ehem.) S. 11-12
[27] vgl. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen (Hrsg.), (ehem.) S. 13-15
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- Anonym,, 2009, Durch das LGG zur Gleichstellung?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/138393