Wir schildern Alltägliches; aber das Alltägliche wird sonderbar, wenn es auf sonderbarer Grundlage gedeiht.
Thomas Mann, Der Zauberberg.
Während gegen den Willen von Menschen aus der ganzen Welt der zweite Golfkrieg vorbereitet und durchgeführt wird und die Zeitungen von „embedded journalists“ berichten, die mit Live-Bildern aus dem Kampfgebiet „die bisher brutalste Reality-Show“ (Kleine-Brockhoff: 11) ins Wohnzimmer liefern, zieht ein anderes Ereignis gleichzeitig Millionen von Zuschauern hierzulande vor den Bildschirm. Die Rede ist von Deutschland sucht den Superstar. Diese Sendung, die ebenfalls dem Reality TV zuzuorden ist, scheint der gegenwärtige Höhepunkt einer Genre-Entwicklung zu sein, das seit seiner Einführung vor mehreren Jahren zum Teil äußerst kontrovers diskutiert, inzwischen aber zum fest etablierten Programmbestandteil der deutschen Fernsehlandschaft geworden ist. Wobei zu Beginn vor allem die emotionalisierende Darstellung von Gewalt in den Sendungen kritisiert wurde, ist inzwischen ein Themenwandel hin zur Darstellung des privaten Alltagsbereichs von Durchschnittspersonen zu beobachten. Hinzu kommt, daß die Medien immer mehr als Forum zur Selbstdarstellung und Selbstthematisierung genutzt werden. Um diese Beobachtung zu erklären, möchte ich die Frage stellen: welche gesellschaftlichen Entwicklungen sind dafür verantwortlich, daß die Inszenierung des Alltags gegenwärtig bei so vielen ZuschauerInnen auf Aufmerksamkeit stößt und warum machen so viele von der Möglichkeit zur Selbstdarstellung Gebrauch?
Diese Frage möchte ich beantworten, indem ich zunächst auf die Entwicklung des Reality TV eingehen und die dem Genre charakteristischen Darstellungsmittel aufzeigen werde. Dazu dienen mir vor allem aktuelle medienwissenschaftliche Arbeiten von Eberle, Lücke und Wegener. Daran werde ich eine soziologische Erklärung für die Thematisierung des Alltags von Privatpersonen anschließen. Hierzu werde ich die gegenwärtigen Tendenzen des Reality TV mit Texten zur Individualisierung von Beck und Soeffner in Zusammenhang bringen. Zum Schluß soll eine Analyse des Phänomens „Deutschland sucht den Superstar“ erfolgen und mit den gewonnenen Erkenntnissen verglichen werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Die Entwicklung von Real-Life Formaten im deutschen Fernsehen
- 2. Darstellungsmittel des Reality TV
- 3. Soziologische Erklärung
- 4. Deutschland sucht den Superstar
- III. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Faszination des Alltäglichen im Reality TV. Sie untersucht, welche gesellschaftlichen Entwicklungen dazu führen, dass die Inszenierung des Alltags bei vielen Zuschauern auf Aufmerksamkeit stößt und warum so viele die Möglichkeit zur Selbstdarstellung nutzen.
- Entwicklung des Reality TV im deutschen Fernsehen
- Darstellungsmittel des Reality TV
- Soziologische Erklärungen für die Thematisierung des Alltags
- Analyse des Phänomens „Deutschland sucht den Superstar“
- Zusammenhang zwischen Individualisierungsprozessen und Reality TV
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik des Reality TV ein und beleuchtet dessen zunehmende Präsenz in der deutschen Fernsehlandschaft. Die Arbeit fragt nach den Ursachen für die Faszination des Alltäglichen im Reality TV und stellt die zentralen Forschungsfragen auf.
II. Hauptteil
1. Die Entwicklung von Real-Life Formaten im deutschen Fernsehen
Dieser Abschnitt zeichnet die Entstehung und Entwicklung des Reality TV im deutschen Fernsehen nach. Er beleuchtet die Rolle der privaten Sender und die Motivationen für die Einführung des neuen Genres. Die Arbeit bezieht sich dabei auf die Besonderheiten des deutschen Rundfunksystems und den Einfluss amerikanischer Vorbilder.
2. Darstellungsmittel des Reality TV
Dieser Teil der Arbeit analysiert die typischen Darstellungsmittel des Reality TV. Er untersucht, welche Methoden und Strategien eingesetzt werden, um die Alltagswelt von Menschen zu inszenieren und welche Effekte diese auf das Publikum haben.
3. Soziologische Erklärung
Dieser Abschnitt bietet eine soziologische Erklärung für die zunehmende Thematisierung des Alltags im Reality TV. Er untersucht den Zusammenhang zwischen den Inhalten des Genres und den gesellschaftlichen Entwicklungen wie Individualisierung und Selbstinszenierung.
4. Deutschland sucht den Superstar
Dieser Teil analysiert die Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ als Beispiel für die aktuellen Tendenzen des Reality TV. Er untersucht die spezifischen Darstellungsformen, die gesellschaftlichen Implikationen und die Relevanz des Formats im Kontext der zuvor dargestellten Theorien.
Schlüsselwörter
Reality TV, Alltagsinszenierung, Individualisierung, Selbstinszenierung, Medienlandschaft, deutsche Fernsehlandschaft, Soziologie des Alltags, „Deutschland sucht den Superstar“, Darstellungsmittel, Entwicklung.
- Quote paper
- Peter Brüstle (Author), 2003, Die Faszination des Alltäglichen im Reality TV, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/13820