In der Forschung zur Konsolidierung von Demokratien gibt es zwei konkurrierende Ansätze, die den Grad der Konsolidierung unterschiedlich bewerten. Während der minimalistische Ansatz den Schwerpunkt auf Wahlen und Legitimation der politischen Elite legt, betrachtet der maximalistische Ansatz den Prozess erst durch die Legitimation der Zivilgesellschaft und politischer Rechte als abgeschlossen.
Dieses Dilemma wird besonders im Kontext postkommunistischer Staaten wie Ungarn sichtbar. Trotz des Beitritts zur Europäischen Union und der vermeintlichen Vollendung der demokratischen Konsolidierung hat Ungarn einen Negativtrend in seiner Demokratiequalität erlebt. Die wissenschaftliche Analyse hat offenbart, dass die soziale Konsolidierung aufgrund der aggressiven wirtschaftlichen Transformation übersehen wurde. Seit der Jahrtausendwende gibt es in der Demokratieforschung die Annahme, dass die Demokratisierung der postkommunistischen Systeme letztlich erfolgreich sein wird, trotz der defekten Demokratien. Jedoch zeigt die Transformation in Osteuropa, dass sie komplexer und langwieriger ist als andere Beispiele der Demokratisierung. Der Systemwechsel umfasst gleichzeitig Staatsbildung, Demokratisierung und Wirtschaftsumbau, die alle ihre eigene Logik verfolgen und stark voneinander abhängig sind.
Die Annahme, dass der Beitritt zur Europäischen Union das Ende der postkommunistischen Systemtransformation markiert, wird als Trugschluss entlarvt. Die verschiedenen Dimensionen der Transformation sind miteinander verflochten und können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Die Forschung muss daher ein umfassenderes Verständnis der Dynamiken und Herausforderungen entwickeln, die die postkommunistischen Staaten bei ihrer Transition zur Demokratie erleben.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Trugschluss der postkommunistischen Systemtransformation
- a) Der Rucksack mit dem schweren historischen Gepäck
- 2. Theoretische Grundlage
- a) Konzeptualisierung der eingebetteten Demokratie
- i) Entstehung von Illiberalen Demokratien
- ii) Grenzen der Illiberalen Demokratie
- b) Dahls Polyarchie als Grenzstein der Illiberalen Demokratie
- b) Daten und Methode
- a) Bertelsmann Transformations-Index
- a) Vanhanen-Index (Index der Demokratisierung)
- i) Anwendbarkeit des Vanhanen-Index
- b) Ergebnisse
- a) Entwicklung der fünf Teilregime nach der Verfassungsänderung in Ungarn
- i) Analyse des Wahlregimes (A)
- ii) Analyse der Politischen Freiheiten (B)
- iii) Analyse der Bürgerlichen Rechte (C)
- iv) Analyse der Horizontalen Verantwortlichkeit (D)
- v) Analyse der Effektiven Regierungsgewalt (E)
- b) Vanhanens-Index zu den Parlamentswahlen in Ungarn
- i) Ungarns Vanhanen-Index im Vergleich zu den westeuropäischen Demokratien
- 3. Diskussion
- a) Dichotomie von Demokratie und liberalem Konstitutionalismus
- b) Diskussion
- Die Illiberale Demokratie als politisches System
- Die Grenzen der Illiberalen Demokratie
- Die Entwicklung der Demokratiequalität in Ungarn nach der Verfassungsänderung
- Die Operationalisierung des Demokratiebegriffs anhand des Bertelsmann Transformations-Index und des Vanhanen-Index
- Die Rolle der Europäischen Union in der Demokratisierung von postkommunistischen Staaten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Demokratisierungsprozesse in postkommunistischen Staaten und analysiert, inwiefern sich Ungarn in Bezug auf Demokratiequalität nach dem Beitritt in die Europäische Union entwickelt hat.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Trugschlüsse der postkommunistischen Systemtransformation und argumentiert, dass die Konsolidierung von Demokratien in diesen Staaten komplexer ist, als zunächst angenommen. Das Kapitel beleuchtet den ungarischen Weg aus dem Kommunismus und die Herausforderungen, die durch die Weltwirtschaftskrise und die fehlende gesellschaftliche Konsolidierung entstanden sind.
Das zweite Kapitel stellt die theoretischen Grundlagen für die Analyse dar und erläutert das Konzept der eingebetteten Demokratie. Es werden die Entstehung und Grenzen von Illiberalen Demokratien diskutiert, sowie die Verwendung von Indizes zur Messung der Demokratiequalität.
Schlüsselwörter
Illiberale Demokratie, postkommunistische Systemtransformation, eingebettete Demokratie, Demokratiequalität, Bertelsmann Transformations-Index, Vanhanen-Index, Ungarn, Europäische Union, Konsolidierungsforschung, politisches System, Verfassungsänderung.
- Arbeit zitieren
- Marius Kossmann (Autor:in), 2021, Die "Liberale Demokratie" in Ungarn, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1381826