Die Liebe ist das große Unbekannte. Sie entspringt nicht naturgegeben aus der Beziehung eines Menschen zum anderen, sondern fällt als außerweltliches Fremdes über ihn her. Übermächtig durchdringt sie ihn, überschreibt alle anderen Gefühle, Wünsche und Gedanken, die er gehabt haben mochte, und verzerrt sein inneres Wesen in ein Phantom seines alten Selbsts. Die Liebe steht dafür, was der Mensch begehrt, aber auch dafür, wovor er Angst hat. In ihr schwankt der Mensch zwischen Sehnsucht und Furcht, weil sie ihn an einen anderen Menschen bindet, ihn aber gleichzeitig vom Menschen, der er selbst ist, entfremdet. Sie ist Verknüpfung und Trennung, Gewinn und Verlust zugleich, ein Paradox, und als solches die Variable, die, wenn sie in die Gleichung unserer Welt eingefügt wird, ebenjene unlösbar macht.
Zu einem solchen (nach modernen Standards sicher nicht unanfechtbaren) Verständnis von der Liebe mögen die Rezipienten1 des Tristrant von Eilhart von Oberg gekommen sein, insofern sie „Liebe“ als das verstanden, was Tristrant und Isalde im Zuge der Einnahme des Minnetranks erfahren, oder genauer, mit Blick auf die Fremdeinwirkung: was ihnen widerfährt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Geboren, um zu Lieben?: zur Vorgeschichte
- 2.1. Die Vermählung...
- 2.2.... oder die Affäre?
- 3. Zur Liebe erkoren: zu den Erzählschemata
- 3.1. Der feudale Krieger...
- 3.2.... oder der Märchenheld?
- 4. Der vnselig getranck: zu Tristrants (Selbst-)Entfremdung
- 5. Abschließende Gedanken
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Wirkung des Minnetranks auf den Helden Tristrant im Roman „Tristrant und Isalde“. Sie analysiert, wie der Liebestrank die Persönlichkeit und das Handeln Tristrants beeinflusst und zu seiner (Selbst-)Entfremdung führt.
- Die Darstellung der Liebe als eine Kraft, die den Menschen übermächtig macht und ihn von seinem alten Selbst entfremdet
- Die Rolle des Minnetranks als Katalysator für die Liebe und die damit verbundene Verwandlung der Charaktere
- Die Analyse von Tristrants (Selbst-)Entfremdung im Kontext der Liebesgeschichte und die daraus resultierenden Folgen für sein Leben
- Die Bedeutung der Vorgeschichte von Tristrant und Isalde für ihr Liebesverhältnis
- Die Unterschiede zwischen Eilharts „Tristrant“ und dem Prosaroman „Tristrant und Isalde“ hinsichtlich ihrer Darstellung der Liebe und der Charaktere
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der Liebe als ein Paradox dar und führt in das Thema der Hausarbeit ein. Sie stellt Eilharts Tristrant im Kontext des größeren Mythos von Tristan und Isolde vor und diskutiert die Bedeutung des Prosaromans „Tristrant und Isalde“ als Adaption des Versromans.
Kapitel 2 widmet sich der Vorgeschichte von Tristrant und Isalde. Es analysiert die Rolle der Vermählung und die Affäre, die die Geschichte der beiden Liebenden prägen.
Kapitel 3 beleuchtet die verschiedenen Erzählschemata, die in der Geschichte von Tristrant und Isalde zum Tragen kommen. Es vergleicht den feudalen Krieger mit dem Märchenhelden und analysiert die unterschiedlichen Aspekte, die in den beiden Figuren zum Ausdruck kommen.
Kapitel 4 konzentriert sich auf die Wirkung des Minnetranks auf Tristrant und analysiert seine (Selbst-)Entfremdung im Kontext der Liebe.
Schlüsselwörter
Minnetrank, Tristrant, Isalde, (Selbst-)Entfremdung, Liebe, Versroman, Prosaroman, Eilhart von Oberg, Gottfried von Straßburg, mittelalterliche Literatur, Liebesmythos, literarische Adaption, Erzählschemata, Charakteranalyse
- Quote paper
- André Leroux (Author), 2021, Der "vnselig getranck". Zur (selbst-)entfremdenden Wirkung des Minnetranks auf den Helden Tristrant, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1372123