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Unterrichtsentwurf, 2021
41 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Pflegedidaktische Begründung des Themas
2.1. Begründung des Falls:
2.2. Begründung nach Hundenborn (2010):
2.3. Pflegedidaktische Reflexion anhand der heuristischen Matrix nach Darmann- Finck (2010)
2.4. Konstruktion der Lerninsel
2.5. Begründete Auswahl eines Themas aus einer Lernsequenz der Lerninsel
2.6. Didaktische Analyse
2.7. Didaktische Reduktion
3. Sachanalyse
3.1. Die Recherche
3.2. Validation nach Naomi Feil
3.2.1. Grundannahmen
3.2.2. Die vier Phasen der Desorientierung:
3.2.3. Anwendung individueller Validation
3.2.4. Validationstechniken
3.2.5. Evidenz
4. Bedingungsanalyse
4.1. Der Lernende
4.2. Der Lehrende
4.3. Die Schule
4.4. Unterrichtszusammenhang
5. Beschreibung der Kompetenzen
6. Der Unterrichtsverlauf
7. Literaturverzeichnis
8. Anhangsverzeichnis
9. Anhang
9.1. Fallsituation „Yusufs spricht plötzlich kein Deutsch mehr “
9.2. Heuristische Matrix zur Fallsituation
9.3. Lerninsel: „Demenz aus interkultureller Perspektive“
9.4. Ein und Ausschlusskriterien
9.5. Suchstring
9.6. Trefferdarstellung
9.7. Gesamtdarstellung der Suchtreffer
9.8. Artikulationsschema
9.9. Rollenbeschreibung Herr Surgulus
9.10. Rollenbeschreibung des Pflegenden
9.11. Beobachtungsbogen für das Rollenspiel
Das Thema der Hausarbeit ist eine Unterrichtsplanung zum Thema Demenzerkrankungen in Kombination mit Migrationshintergrund. In Deutschland gibt es im Jahr 2018 insgesamt mehr als 1,5 Millionen an Demenz erkrankte Menschen (Alzheimer Europe, 2019). Der Anteil an Pflegebedürftigen Menschen, die an Demenz erkrankt sind, ist dementsprechend hoch. Ein genauer Anteil an Pflegebedürftigen mit Demenz lässt sich schwer feststellen, da Pflegebedürftigkeit multifaktoriell ist. Schätzungen weisen jedoch auf einen hohen Anteil hin (Deutsche Alzheimer Gesellschaft, 2016). Die Anzahl an Menschen mit Migrationshintergrund ist ebenfalls sehr hoch. In Deutschland leben im Jahr 2019 mehr als 20 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund (Statistisches Bundesamt, 2020). Dementsprechend hat jeder fünfte an Demenz erkrankte Mensch einen Migrationshintergrund.
Für die Auszubildenden und Pflegekräfte ist es von großer Relevanz mit Menschen umgehen zu können, die an Demenz erkrankt sind, daher beschäftigt sich ein Hauptteil der konstruierten Lerninsel mit Konzepten, die den Umgang mit Menschen mit Demenz ermöglichen. In der 90-minütigen Unterrichtssequenz geht es speziell um das Thema Validation nach Naomi Feil.
Die Hausarbeit beginnt mit der Vorstellung und Begründung der gewählten Fallsituation. Anschließend wird aus der Fallsituation „Yusuf spricht plötzlich kein Deutsch mehr“ eine heuristische Matrix nach Darmann-Fink (2010) erstellt, um mögliche Themen aus der Fallsituation abzuleiten. Daraufhin wird eine Lerninsel erstellt, die didaktisch reduziert und analysiert wird. Zu dem Thema Validation nach Naomi Feil wird eine Sachanalyse durchgeführt, die mit einer systematischen Literaturrecherche in drei Datenbanken beginnt.Die Literaturrecherche wird vorgestellt, bevor die Ergebnisse der Literaturrecherche nach aktuellem wissenschaftlichem Stand in der Arbeit beschrieben werden.
Bei der anschließen Bedingungsanalyse werden die Voraussetzungen der Lernenden und Lehrenden zu dem Thema Validation und Umgang mit Demenz eingeschätzt und die institutionellen und curricularen Einbettungen beschrieben.
Zum Ende der Hausarbeit werden die zu erreichenden Kompetenzen der Lernenden festgelegt und darauf aufbauend wird der konkrete Unterrichtsverlauf geplant. Der Unterrichtsverlauf ist angelehnt an das didaktische Konzept von Meyer und beinhaltet ein Rollenspiel zur Sicherung des Lerninhalts.
Die Fallsituation (Anhang 10.1) stammt aus den Erzählungen einer Auszubildenden an einem Reflexionstag, die zu dieser Zeit in einem Pflegeheim eingesetzt war. Da der Fall nur mündlich vorgetragen worden ist, wurde er von mir mithilfe der Notizen und der Erinnerungen nachkonstruiert. Die Namen wurden dabei frei erfunden.
Der Fall beschreibt die Kommunikationsschwierigkeiten mit einem Demenz erkrankten Bewohner, der vor ca. 50 Jahren aus Jordanien nach Deutschland eingewandert ist. Herr Surgulus hat im Rahmen seiner Demenz große Teile der deutschen Sprache vergessen und spricht fast ausschließlich arabisch mit den Mitarbeitern. Aufgrund der Kommunikationsschwierigkeiten zeigt er teilweise angespannte Tendenzen gegenüber Mitarbeitern und Mitbewohnern. Der Fall ist von großer Relevanz für den Pflegeberuf, da es einen großen Anteil an Demenz erkrankten Bürgern in Deutschland gibt, die in einem Pflegeheim leben. Die Kommunikationsschwierigkeiten in dem Fall lassen sich problemlos auf ähnliche Situationen transferieren.
Die dargestellte Fallvariante ist eine „Case-Incident-Methode“ (vgl. Hundenborn 2007, S. 56-68). Das heißt, dass es eine unvollständige Darstellung des Falls ist. Diese Fallvariante hat das Ziel, dass die Auszubildenden sich notwendige Informationen zur Situationsanalyse und Problemlösung beschaffen. Die Fallsituation ist aus einer beobachtenden Perspektive geschildert, da auch die Auszubildende den Fall in dieser Rolle geschildert hat. Es ermöglicht den Auszubildenden sich von außen dem Fall zu nähern. Die Fallsituation bildet jedoch trotz der beobachtenden Perspektive eine reale Situation ab, denen die Auszubildenden eventuell schon begegnet sind und mit der sich die Auszubildenden identifizieren können. Es gibt einen konkreten praktischen Bezug zum Pflegealltag der Auszubildenden, sowie einen Pflegeanlass, der eine Einbettung in den systemischen Ansatz zulässt (Hundenborn, 2007, S. 42-43). Der Pflegeanlass ist eine „problematische Situation“ (vgl. Kirkevold, 2002, S. 50-64). Das bedeutet, dass die Probleme und Bedürfnisse von Herr Surgulus nicht eindeutig sind und es ungewöhnliche Symptome und Reaktionen von ihm gibt. Er akzeptiert die Pflegemaßnahmen nicht und der gewünschte Ausgang der Situation für ihn ist unklar. Das Erleben und Verarbeiten von Herr Surgulus kann in dem Fall nur interpretiert werden, es gibt einen großen Interpretationsspielraum für die Auszubildenden. Die Institution ist nicht explizit beschrieben, aber der Bereich eines Pflegeheims mit seinen generellen Zielen, Rahmenbedingungen und Prioritäten kann in den systemischen Ansatz einbezogen werden. Zu erkennende Interaktionsstrukturen aus dem Fall sind die Interaktion zwischen Pflegepersonal und Herr Surgulus und die Interaktion zwischen Herr Surgulus und seinem Sohn. Weitere Interaktionsstrukturen können nur interpretiert werden.
Der Fall „Yusuf spricht plötzlich kein Deutsch mehr“ bleibt trotz der Komplexität der Situation überschaubar, so dass er von den Auszubildenden schnell überblickt werden kann. Bei der Lösung des Problems stehen den Auszubildenden mehrere Lösungswege zur Verfügung. Auch die Methoden zur Lösungsfindung sind weitestgehend offen.
Bei der Lösung des Falls müssen die Auszubildenden neben ihrem Alltags-/ Erfahrungswissen auf die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zurückgreifen. Die Komplexität dieses Falls erfordert grundlegende Kenntnisse zur Kommunikation, sowie den Einbezug von Erfahrungswissen. Aufgrund der hohen Komplexität des Falls und den Kenntnissen, die die Auszubildenden mitbringen müssen, ist ein solcher Fall frühestens Mitte des zweiten Ausbildungsdrittels anzusiedeln.
Im Folgenden wird in Kürze beschrieben, ob der Fall für die weitere Verarbeitung geeignet ist. Diese Einschätzung erfolgt anhand der drei Dimensionen nach Dietrich und Reiber (2014, S. 34). Die erste Dimension ist die analytische Dimension, in der eingeschätzt wird, wie groß der Anteil an unklaren, bzw. noch zu bearbeitenden Schritten ist. Die Auszubildenden müssen in dem Fall zunächst analysieren, warum Herr Surgulus die Sprachproblematik entwickelt und anschließend herausfinden, wie man auf die Schwierigkeiten adäquat reagieren kann. Das setzt einen hohen Grad an Handlungskompetenz voraus.
Die zweite Dimension ist die theoretisch-konzeptionelle Dimension, die abschätzt wie viele Ansätze/ Modelle und Theorien herangezogen werden müssen, um den Fall zu bearbeiten. Die Möglichkeiten an Modellen und Theorien, die in der Fallsituation herangezogen werden können, sind sehr groß. Dazu zählen zum einen grundlegende Kommunikationstheorien und Modelle wie z.B. die klientenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers (Rogers, 1983) oder die Gesprächsführung nach Watzlawick (Watzlawick, Beavin, Jackson, 2017) sowie die Erweiterung von Schulz von Thun (Schulz von Thun, 2010). Des Weiteren müssen spezielle Demenz Konzepte wie z.B. das Konzept der Validation nach Feil herangezogen werden (Feil, 2017). Aber auch weitere Konzepte wie Realtitätsorientierungstraining nach Noll und Haag (1992) oder Snoezelen nach Hulsegg und Verheul (1991) sind im Expertenstandard festgehalten. Als Letztes können Modelle aus dem Bereich des Umgangs mit Migrationshintergrund zur Lösung der Situation herangezogen werden. Dazu zählt unter anderem das Sunrise Modell nach Leiniger (1998) oder das transkulturelle Kompetenzprofil nach Kiel (Bose, Terpstra, 2012, S.16-19).
Die dritte Dimension ist die darstellende Dimension, bei der die Beeinflussung der Komplexität durch die sprachliche Gestaltung beurteilt wird. Die sprachliche Gestaltung des Falls ist aufgrund der Erzählperspektive, des geringen Umfangs und der relativ strukturierten Erzählstruktur eher wenig komplex.
Insgesamt ist der Fall sehr gut für die weitere Verarbeitung geeignet, da er besonders in der analytischen und theoretisch-konzeptionellen Dimensionen eine hohe Komplexität aufweist.
Im nächsten Schritt werden mögliche Bildungsinhalte aus dem Fallbeispiel herausgestellt (Anhang 10.2: Heuristische Matrix zur Fallsituation). Durchgeführt wird diese Analyse mit der heuristischen Matrix nach Darmann-Fink (2010). Inhaltlich stellt sich klar heraus, dass die Auszubildenden auf allen drei Ebenen (technisches Erkenntnisinteresse, praktisches Erkenntnissinteresse, emanzipatorisches Erkenntnisinteresse) ein hohen und komplexen Wissensstand erreichen müssen, um adäquat auf die Fallsituation reagieren und sie beurteilen zu können. Im Bereich des technischen Erkenntnisinteresses sind zentrale Grundlagen das Wissen über Kommunikationsformen und Demenz erkrankte Patienten. Da die Fallsituation am Ende des zweiten Lehrjahrs curricular eingebettet wird, ist davon auszugehen, dass die Auszubildenden diese Grundlagen bereits beherrschen. Entscheidend für die Fallsituation sind weitere evidenzbasierte Konzepte zum Umgang mit Demenz erkrankten Patienten, wie z.B. Validation nach Naomi Feil, Integrative Validation, Realitätsorientierungstrainings und Dementia Care Mapping, die den Auszubildenden dabei helfen können den Patienten zu erreichen und zu leiten, ohne seine Autonomie zu übergehen. Neben den speziellen Konzepten zur Demenz Betreuung sollten die Auszubildenden grundlegende Kommunikationsformen (unter anderem Watzlawick, Schulz von Thun, Rogers) vertiefen und eine synchrone Kommunikation anstreben. Im Bereich des praktischen Erkenntnisinteresses sind die zentralen Aufschlüsse, dass die Auszubildenden ihr berufliches Können situativ anpassen und die Interessen von Herr Surgulus wahrnehmen und nachvollziehen können. Die Auszubildenden verstehen die individuellen Probleme eines Patienten mit Demenz in Kombination mit Migrationshintergrund und können den kommunikativen Prozess auf diese Personen abstimmen. Ebenfalls von großer Wichtigkeit ist, dass die Auszubildenden wissen, welche Handlungsmöglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen. Sie wissen, dass sie deeskalierendes Vorgehen anstreben und greifen erst in letzter Instanz auf Zwangsmaßnahmen zurück, die bei Eigen- oder Fremdgefährdung rechtlich möglich sind.
Die dritte Ebene ist das emanzipatorische Erkenntnissinteresse. Auf dieser Ebene reflektieren die Auszubildenden gesellschaftliche und pflegerische Wiedersprüche kritisch. Sie erkennen Widersprüche und Handlungsspielräume. Von zentraler Bedeutung ist das Dilemmata zwischen helfen wollen und Hilflosigkeit sowohl bei den Pflegenden, als auch bei den Angehörigen. Es stellt eine große Herausforderung dar, die Autonomie des Patienten zu wahren, aggressives Verhalten zu verhindern und dabei ethische und zeitliche Aspekte zu berücksichtigen. Aus den in der heuristischen Matrix gewonnenen Inhalten wird im nächsten Kapitel eine Lerninsel konstruiert.
Im folgenden Kapitel wird beschrieben, wie aus der heuristischen Matrix eine Lerninsel konstruiert wird (Anhang 10.3 Lerninsel: „Demenz aus interkultureller Perspektive“). Dazu werden die Inhalte der Matrix aufgrund der späteren beruflichen Tätigkeit und der Bedingungsanalyse der Auszubildenden am Ende des zweiten Ausbildungsdrittels reduziert, so dass die Inhalte der Lerninsel zentral für die Problembearbeitung des Falls sind.
Die Lerninsel „Demenz aus interkultureller Perspektive“ ist für insgesamt 30 Stunden geplant. Nach dem Einstieg, der die bisherigen persönlichen Erfahrungen und eigenen Wünsche im Bezug auf Nähe, Kontaktaufnahme und den Umgang mit herausforderndem Verhalten thematisiert, werden zunächst Grundlagen der Kommunikation wiederholt, vertieft und auf die Fallsituation transferiert. Die Auszubildenden können nach der ersten Lernsequenz eine symmetrische Kommunikation anstreben und die Dimensionen der Interaktion einschätzen.
In der zweiten Lernsequenz wird von den Auszubildenden die interkulturelle Perspektive eingenommen. Sie betrachten das Sunrise Model nach Leininger (1998) und wenden dieses auf die Fallsituation an. In der dritten Lernsequenz werden Grundlagen der Alzheimer Demenz Erkrankung wiederholt und es wird explizit auf die Verhaltensweisen demenziell erkrankter Menschen eingegangen. Am Ende der zweiten Lernsequenz können die Auszubildenden die Veränderungen Demenzerkrankter wahrnehmen, Verhaltensweisen erkennen und klassifizieren. Die vierte Lernsequenz beschäftigt sich mit speziellen Konzepten zum Umgang mit demenziell erkrankten Patienten. Zentrales Konzept ist hier die Validation nach Naomi Feil. Am Ende der Lernsequenz 3 können die Auszubildenden Krisen bei Demenzpatienten proaktiv verhindern und sprachliche Probleme kompensieren. In der Lernsequenz 5 stehen die Gefühle des Patienten und die Gefühle der Angehörigen, sowie die Gefühle der Pflegenden im Vordergrund. Es geht um Ängste, Überforderung, Angespanntheit und das Erkennen dieser Gefühle bei sich selbst, bei den Angehörigen und bei den Patienten. Zum Abschluss der Lerninsel werden die Dilemmata zwischen grundsätzlichen Rechtsgütern (Autonomie) und Eigen- bzw. Fremdgefährdung thematisiert.
Als Thema aus der Lernsequenz wird für den Unterrichtsentwurf die Lernsequenz der „speziellen Demenzkonzepte“ gewählt. Die speziellen Demenz Konzepte sind das Herzstück der Lerninsel. Mithilfe der speziellen Demenzkonzepte können die Auszubildenden die Fallsituation bearbeiten und Handlungsschritte für ihr zukünftiges Arbeiten herausfiltern. Für die 90 Minuten Lerninhalt wird aus der Lerninsel ausgewählte Maßnahmen zur Beziehungsförderung und -gestaltung ausgewählt. Diese Maßnahmen sind im Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ festgehalten. Die Auswahl fiel auf diesen Lerninhalt da dieser von großer Relevanz ist um auf den Fall „Yusuf spricht plötzlich kein Deutsch mehr“ reagieren zu können. Vorangegangen sind grundlegende Inhalte zur Demenz und zur Kommunikation, so dass die Auszubildenden in der Lernsequenz die speziellen Konzepte zur Pflege bei Demenz Betroffenen bearbeiten.
Die Bedeutung des Unterrichtsthemas wird anhand der Fragen an den Unterricht von Klafki herausgestellt (Oelke/ Meyer, 2013, S.66). Von großer Bedeutung ist Oelke und Meyer die Exemplarität des Unterrichtsthemas. Das bedeutet, dass das Thema repräsentativ für eine große Gruppe von Inhalten steht. Bei dem Thema der speziellen Konzepte zum Umgang mit Menschen mit Demenz wurde bereits darauf geachtet, dass die ausgewählten Themen Validation, Realitätsorientierung und positive Interaktion stellvertreten für viele Konzepte im Umgang mit Demenz stehen. Das Thema Validation geht auf die Begleitung von Demenzerkrankten in verschiedenen Phasen ein. Die Techniken der Validation können in der praktischen Arbeit auf den Umgang mit Demenzpatienten angewendet werden. Die Grundelemente finden sich auch in vielen anderen Demenzkonzepten wieder.
Eine weitere zentrale Fragestellung zur Legitimierung des Lerngegenstands ist lt. Oelke und Meyer (2013) die Gegenwartsbedeutung. Bei der Gegenwartsbedeutung steht nicht nur das Faktenwissen im Fokus der Analyse, sondern auch der Lebensweltbezug. Die Auszubildenden sollen in ihrer aktuellen Situation Bezug zu dem Thema haben. Bei dem ausgewählten Inhalt ist die Gegenwartsbedeutung sehr groß. Die Auszubildenden zur Pflegefachkraft durchlaufen alle den Altenpflegesektor und begegnen dort Menschen mit Demenz. Der Umgang mit Betroffenen gestaltet sich oft herausfordernd und stellt ein Problem für die Auszubildenden da. Das ausgewählte Thema der Validation nach Feil ist anerkannt, Effekte sind teilweise wissenschaftlich belegt (Feil, 2017) und es findet sich im Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ (DNQP) wieder. Expertenstandards sind lt. 3 113a SGB XI Instrumente, die entscheidend zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege beitragen. Expertenstandards sind für Pflegekräfte nicht verbindlich, sie stellen jedoch ein wissenschaftlich fundiertes Grundgerüst dar, an dem sich die Pflegenden orientieren sollten (DNQP).
Auch in der Zukunft ist das Thema der Validation weiterhin von großer Bedeutung, da die Anzahl an Menschen mit Demenz stetig wächst. Das gewählte Konzept ist fachlich fundiert und ein Effekt ist wissenschaftlich nachgewiesen. Es kann geschehen, dass das Konzept in den nächsten Jahrzehnten überarbeitet oder erweitert wird, die grundlegenden Säulen des Konzepts werden jedoch weiterhin erhalten bleiben. Die Kompetenzen, die die Auszubildenden sammeln sind schlussfolgernd sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft von Bedeutung.
Die didaktische Reduktion erfolgt nach dem Dozentenleitfaden von Arnold, Krämer-Stürzl, Siebert (2011, S.108-110).
Vertikale didaktische Reduktion (Inhaltsreduktion)
Quantitativ
Feil beschreibt die Phasen der Desorientierung und die Techniken der Validation sehr umfangreich. Um es für die Auszubildenden übersichtlich zu gestalten, werden die Phasen nur kurz mit ihren Hauptcharakterisieren besprochen. Ausgearbeitet werden Gefühle, die die Betroffenen in der Phase der Desorientierung haben. Die Techniken der Validierung werden ebenfalls fachlich komprimiert, so dass die Auszubildenden die Techniken beschreiben und phasengerecht zuordnen können.
Qualitativ
Die zentralsten Elemente der Validation sind die Erkennung und Einordnung der Phasen der Desorientierung und die Techniken im Umgang mit den Betroffenen. Bei der Informationssammlung kann am Ende des zweiten Ausbildungsdrittels davon ausgegangen werden, dass die Auszubildenden bereits in der Lage sind strukturiert relevante Informationen zu erfassen.
Die Entstehung, die Lebensstadien nach Eriksen, die Diagnose Demenz und die Forschungsergebnisse werden nur spezifisch zu den Phasen oder Techniken erwähnt. Sie werden jedoch nicht detailliert im Unterricht bearbeitet, da diese Punkte nicht ausschlaggebend dafür sind, dass man das Konzept in der Praxis anwenden kann. Die Anwendung in der Pflegepraxis soll in den ausgewählten 90 Minuten jedoch im Fokus stehen. Auch die strukturierten Validationsgruppen sind nicht für die kurze Unterrichtssequenz geeignet. Lediglich der Hinweis darauf, dass es Validationsgruppen gibt, wird in den 90 Minuten gegeben.
Horizontale didaktische Reduktion (Darstellungsreduktion)
Nach einem kurzen thematischen Einstig werden von den Lehrenden die zentralen Inhalte mittels einer Kurzpräsentation vorgestellt. Nach dem Input der Lehrenden dient ein Rollenspiel, in dem das Wissen angewendet wird zur Vertiefung. Das Rollenspiel ist angelehnt an die Fallsituation, die die Auszubildenden zu Beginn der Lerninsel bekommen haben, so dass dieses in der gesamten Lerninsel bearbeitet wird.
Die Recherche wurde in Pubmed, Livivo und google Scholar durchgeführt. Zur Recherche wurden zunächst Ein- und Ausschlusskriterien formuliert. Bei der Population wurden Pflegekräfte und Menschen mit Demenz als Einschlusskriterium festgelegt. Ausgeschlossen werden weitere Berufsgruppen, wie Ärzte, Logopäden oder Ergotherapeuten. Bei den Demenzformen wurde Alzheimer Demenz eingeschlossen. Weitere Demenzformen wurden ausgeschlossen. Zu den zentralen eingeschlossenen Outcome Kriterien zählten Umgang mit Demenz, Interaktion mit Menschen mit Demenz und Kommunikation mit Menschen mit Demenz. Es wurden sowohl qualitative als auch und quantitative Studien einbezogen. Als Publikationsformen einbezogen wurden Artikel in wissenschaftlichen Journalen, Monografien und Herausgeberwerke und insbesondere der Expertenstandard. Nicht eingeschlossen wurden jegliche Art von grauer Literatur. Beim Erscheinungsdatum wurde mit Ausnahme der Grundliteratur (Buch Validation) Literatur ab dem Erscheinungsjahr 2000 eingeschlossen. Sprachlich wurde deutsche und englische Literatur einbezogen.
Zentrale Suchbegriffe waren auf der ersten Ebene Validation, Noemi Feil; auf der zweiten Ebene Umgang, Interaktion, Kommunikation, Beziehung; auf der dritten Ebene Demenz, Alzheimer und auf der vierten Ebene Pflege, Fachpflege, Pflegefachmann/ frau, Gesundheits- und Krankenpflege. Diese Begriffe wurden jeweils ins Englische übersetzt, um auch auf Pubmed suchen zu können. Die verschiedenen Ebenen wurden mit dem Operatoren and versehen und die unterschiedlichen Begriffe in den Ebenen wurden mi dem Operator or versehen.
Bei der Suche in Livivo wurden 250 Treffer erzielt. Nachdem die Ein- und Ausschlusskriterien angewendet wurden, blieben davon noch 42 Artikel über. Bei Pubmed via Medline wurden 72 Treffer erzielt 48 sind nach Sichtung des Titels und des Abstracts rausgefallen und 8 haben sich mit der Suche auf Livivo gedoppelt (Gleiche Treffer in anderer Sprache). Zuletzt wurde eine Suche auf Google Scholar durchgeführt. Dabei wurden 464 Treffer erzielt. Bei dieser Plattform blieben lediglich 70 Treffer nach der Sichtung der Ergebnisse übrig. 48 doppelten sich davon mit den bereits vorhandenen Treffern, so dass 22 weitere Treffer erzielt worden sind. Insgesamt sind 78 Treffer erzielt worden. Von diesen konnten weitere aussortiert werden, da diese z.B. ältere Auflagen waren.
„Die Summe der gezielten individuellen Interaktionen macht das Gefühl aus, gehört, verstanden und angenommen zu werden und mit anderen Personen verbunden zu sein“, formuliert der Expertenstandard (DNQP 2018). Die Interaktion ist einer der zentralen Elemente im Umgang mit Demenz. Die Interaktionspartner sollten in der Lage seine nonverbalen Botschaften zu interpretieren und Informationen zu paraphrasieren.
Im folgenden Kapitel wird das Konzept der Validation im Umgang mit Demenz Betroffenen dargestellt. Fokus des Konzeptes ist die Interaktion zwischen dem Betroffenen und den Pflegenden.
„Validation heißt, die sehr alten desorientierten Menschen, die zum Teil in der Vergangenheit leben, so zu akzeptieren wie sie sind. Wer validiert, geht mit in die Gefühlswelt der zeitlich und örtlich desorientierten Menschen – er geht in den Schuhen des anderen.“ (Naomi Feil, 2010)
Das Konzept Validation wurde von Naomi Feil (1960) für alte und verwirrte Menschen entwickelt. Bei der Alzheimer-Demenz kann das Konzept erfolgreich eingesetzt werden (Langner, 2020, S. 99).
Feil geht davon aus, dass die Ursachen der Desorientierung nicht allein in hirnorganischen Veränderungen liegen, sondern ebenfalls eine Reaktion auf eine nicht mehr zu ertragende Alltagsrealität ist (Matolycz, 2016; S. 242). Sie geht ebenfalls davon aus, dass Desorientierung als Rückzug mit einem Zweck verstanden werden kann. Der Rückzug hat den Zweck nicht bewältigte Lebensaufgaben nachträglich aufzuarbeiten (Matolycz, 2016; S. 242).
Die wichtigste Grundannahme ist, dass die Gefühle anerkannt werden und dem Betroffenen zu sagen, dass die Gefühle wahr sind, da das Ablehnen von Gefühlen die Betroffenen verunsichert. Dies erfordert Einfühlungsvermögen, um Vertrauen zu schaffen. Feil verwendet dazu häufig das Zitat: „in den Schuhen des anderen gehen“ (vgl. Feil 2017, S.15). Feil weist darauf hin, dass es keine Universalformel gibt, allerdings jeder sich glücklicher fühlt, wenn er anerkannt wird (Feil, 1972). Validation ist eine Kombination aus Grundhaltung, Biographiearbeit und spezifischen Techniken zum Umgang mit Demenz Betroffenen. Grundhaltung der Pflegenden ist einfühlsam und verständnisvoll. Die Biografie und Entwicklungstheorien eines jeden Betroffenen werden in die tägliche Arbeit einbezogen um Verhalten zu verstehen und aufzuarbeiten. Spezifische Techniken helfen den Betroffenen dabei ihre Würde zu erhalten oder wiederzugewinnen.
Aus diesen Grundprinzipien leiten sich die Ziele der Methode ab (Feil, Klerk-Rubin, 2017, S.15):
-Ein weiterer Rückzug in die Desorientiertheit soll verhindert werden
-Die Konflikte aus der Vergangenheit sollen bearbeitet und ausgetragen werden
-Das Leben der Betroffenen soll stressfrei gestaltet sein
-Die Ressourcen der Betroffenen sollen gefördert werden
-Psychisches und körperliches Wohlbefinden sollen verbessert werden
-Grundsätzlich soll das Konzept Validation den Betroffenen bestätigen, dass ihre Gefühle wahr sind
-Reduktion von chemischen und psychischen Zwangsmitteln
-Wiederherstellung des Selbstwertgefühls
-Schenken von Freude und Energie
Feil stützte sich bei der konstruktion des Konzepts auf die Entwicklungstheorie nach Eriksson (1997). Sie sieht den Grund für von Beschuldigungen der alten verwirrten Menschen in nicht aufgearbeiteten Erfahrungen aus dem Säuglingsalter.
Den Grund für Selbstzweifel sieht sie in Situationen aus der frühen Kindheit, da sich laut Erikson in der frühen Kindheit die Autonomie bildet. Im Jugendalter entwickelt sich lt. Erikson Identität und Treue, daher vermutet Feil Probleme in der Lebensphase zur Verkennung des eigenen Selbst führen. Im jungen Erwachsenenalter sind die Erfahrungen meist durch Intimität und Liebe gekennzeichnet. Wenn diese Lebensphase problematisch verläuft, eigen sich im Alter häufig Rückzug, Isolation oder Abhängigkeit bei den Betroffenen. Im Erwachsenenalter sind Generativität und Sorge im Mittelpunkt. Unbewältigte Situationen führen dazu, dass die Betroffenen im Alter stark an bereits abgelegten Rollen festhalten. Im letzten Lebensstadium nach Eriksson entsteht Weisheit und Integrität. Wenn diese Phase nicht bewältigt wird, dann kann es zu Niedergeschlagenheit und Abscheu kommen.
Validation verfolgt das Ziel, das Selbstwertgefühl wiederherzustellen und den Stress der Betroffenen zu reduzieren. Die Konflikte oder unbewältigten Situationen aus der Vergangenheit sollen gelöst werden. Das führt zu einer Verbesserung der Kommunikation (Feil et al., 2010).
1. Unglückliche Orientierung
In dieser Phase sind die Menschen zeitlich orientiert, drücken sich korrekt aus und können Ordnung halten. Gedächtnislücken werden durch erfundene Geschichten überspielt und begründet. Bei Problemen werden häufig andere Menschen beschuldigt. Die Betroffenen tragen ihre wichtigsten Sachen häufig in einer Handtasche dauerhaft mit sich. Körperliche Charakteristika sind in der Phase, dass die Betroffenen noch klar und zielgerichtet Blickkontakt aufnehmen, sie bewegen sich präzise und gezielt, zeigen jedoch oft eine angespannte Haltung in Form von angespanntem Gesicht und Körpermuskeln, verschränkten Armen und angespannten Lippen. Psychologische Charakteristika sind das Ausdrücken von aufgestauten Gefühlen, das Projizieren von Gefühlen auf Personen, das klammern an die Realität, das Leugnen von Verwirrung und das häufige Beschuldigen anderer. Die Betroffenen möchten ihre Verletzlichkeit nicht zeigen und weisen Berührungen und Intimität häufig ab. (Feil, Klerk-Rubin, 2017, S.71-72)
1.1. Techniken für Phase 1*
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausformulierung der Techniken in Kapitel 3.2.4
(Feil, Klerk-Rubin, 2017, S.87-92)
2. Zeitverwirrtheit
Die zweite Phase ist gekennzeichnet durch einen Verlust des Zeitgefühls. Die Tagesstrukturierung wird bedürfnisorientiert. Die Betroffenen streben nach einer schnellen Bedürfnisbefriedigung unabhängig davon, welche Tageszeit ist. Die Betroffenen sprechen in der Phase langsamer und der Gesichtsausdruck ist häufig fragend. Die Orientierung wird deutlich schwieriger und die Konzentrationsfähigkeit lässt nach. Während die Betroffenen in der ersten Phase Berührungen und Emotionen häufig ablehnen, werden diese in der zweiten Phase gerne angenommen. Die Authentizität und Ehrlichkeit der Betroffenen steigen stark an, so dass sie beispielsweise ausgiebig steigen oder weniger Gesellschaftskonforme Äußerungen laut aussprechen.
In Phase 2 zeigen die Betroffenen körperlich entspannter, die Muskeln sind locker, der Blick ist jedoch oft ziellos. Die Bewegungen werden langsamer und zielloser, die Gestik sind häufig fragend. Psychologische Charakteristika sind die Verschlechterung des rationalen Denkens, das Verschwinden von metaphorischem Denken, das nicht zuhören der Menschen in der Gegenwart. Sie erinnern sich jedoch auch an angenehme Gefühle in der Kindheit, sind kreativ und benutzen Wortneuschöpfungen. In der Phase reagieren sie auf Berührungen und Blickkontakt (Feil, Klerk-Rubin, 2017, S.74-75).
2.1. Techniken für Phase 2*
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausformulierung der Techniken in Kapitel 3.2.4
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