In der Geschichtswissenschaft bzw. der pädagogischen Geschichtsschreibung bewegen sich Historiker häufig auf einer Gratwanderung zwischen Fakten und Fiktion. Während einige, meist konservative Vertreter der Disziplin darauf insistieren, dass ihre Darstellungen auf puren Fakten basieren, proklamieren andere die Abkehr von dieser für sie realitätsfernen Einstellung. Ein Argument für Anhänger der letztgenannten Fraktion ist das Faktum, dass Vergangenheit für die es keine Zeitzeugen mehr gibt, nie "maßstabsgetreu" wiedergegeben werden kann. Für Historiographen ergibt sich bei der Aufbereitung vermeintlicher Fakten ein Auswahlproblem. Quellen müssen selektiert werden, Epochen werden ernannt, Personen werden zu zentralen geschichtlichen Interessenträgern. Deshalb jedoch diesen Daten fiktiven Charakter zuzuschreiben, mag ebenso radikal sein wie die konträre Auffassung der Faktizität.
Mit dem Dekonstruktivismus und der Postmoderne eröffnen sich neue Herangehensweisen an historisch aufgearbeitete Texte. Mit meiner Seminararbeit möchte ich einen bedeutenden Vertreter/Denker der Postmoderne, Michel Foucault, präsentieren und seine Methodik sowie seine Vorschläge für das Arbeiten mit historischen Materialien erklären. Hierbei wirken sich Begriffe wie Kontingenz und Diskurs als essentielle Eigentümlichkeiten seiner Werke aus. Er zeigt, das Geschichte nie bloße Fakten repräsentieren kann, aber auch nicht einzig Fiktion bedeutet und damit obsolet werden würde. Antagonistische, ambivalente, konträre Perspektiven in der Geschichtsschreibung könnten einen Ausweg aus dem Dilemma bieten. Globale, allumfassende Theorien erscheinen uns heute in einer vielschichtigen, verschachtelten, nie ganz verständlichen Welt utopisch und surreal. Dennoch darf Postmoderne nicht in Willkür und Lethargie enden, denn dann hätte sie ihr Ziel vor allem in moralischer Hinsicht verkannt, die Aufklärung neu zu definieren und zum kritischen Reflektieren auch in der pädagogischen Geschichtsschreibung anzuregen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Foucaults Leben im Zeitraffer
- Was ist Postmoderne (nicht) ?
- Das Epochenmissverständnis
- Das Moderne-Missverständnis
- Das,,Anything-Goes\"-Missverständnis
- Das Kompensationsmissverständnis
- Aufklärungsbegriff Foucault vs. Kant
- Kant (Rationalität und Empirismus)
- Foucault (Vernunft in Übergängen -> Transversale Vernunft)
- Die Unordnung der Dinge
- Foucaults Provokation der Geschichtswissenschaft
- „Sozialdisziplinierung“ zum Beispiel
- Einspruch der Geschichte
- Kritische Reflexion/Schlussbetrachtung/Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der poststrukturalistischen Denkweise Michel Foucaults und deren Anwendung auf die Geschichtsschreibung. Die Arbeit analysiert Foucaults Methodik und untersucht, wie er mit historischen Materialien arbeitet. Dabei wird die Bedeutung von Kontingenz und Diskurs in seinem Werk hervorgehoben und die These vertreten, dass Geschichte weder bloße Fakten noch reine Fiktion darstellt.
- Foucaults Ansatz zur Geschichtsschreibung
- Die Bedeutung von Kontingenz und Diskurs
- Die Kritik an traditionellen Geschichtsauffassungen
- Der Einfluss Foucaults auf die pädagogische Geschichtsschreibung
- Die Relevanz von Ambivalenz und Antagonismus in der Geschichtsschreibung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in die Problematik der Geschichtsschreibung ein und stellt die Frage nach dem Verhältnis von Fakten und Fiktion. Die Arbeit fokussiert auf Michel Foucault als wichtigen Vertreter der Postmoderne und dessen Einfluss auf die Geschichtswissenschaft.
- Foucaults Leben im Zeitraffer: Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über Foucaults Biografie, seinen akademischen Werdegang und die wesentlichen Stationen seiner Karriere.
- Was ist Postmoderne (nicht)?: Hier werden verschiedene Missverständnisse rund um die Postmoderne behandelt.
- Aufklärungsbegriff Foucault vs. Kant: In diesem Kapitel wird Foucaults Konzept der Vernunft mit Kants Rationalität und Empirismus kontrastiert.
- Die Unordnung der Dinge: Dieses Kapitel beleuchtet Foucaults Kritik an der traditionellen Geschichtswissenschaft und zeigt auf, wie er das Konzept der „Sozialdisziplinierung“ untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen der Postmoderne, wie z.B. Dekonstruktivismus, Diskursanalyse, Kontingenz, Macht, Wissen und „Sozialdisziplinierung“. Weitere zentrale Themen sind die Kritik an traditionellen Geschichtsauffassungen, der Einfluss Foucaults auf die pädagogische Geschichtsschreibung und die Bedeutung von Antagonismus und Ambivalenz in der Geschichtsschreibung.
- Quote paper
- Martin Nahlik (Author), 2003, Diskurstheoretische Herausforderungen: Michel Foucault und die Geschichtsschreibung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/13570