Die Diplomarbeit befasst sich schwerpunktmäßig mit Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Rahmen von PPP. Diese werden im Beschaffungsprozess und projektbegleitend angewandt, um zu prüfen, ob eine Eigenrealisierung oder eine PPP wirtschaftlich vorteilhafter ist (bzw. gewesen wäre).
Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit bildet die Untersuchung von gerade auch durch die PPP-Komplexität bedingten Missbrauchspotenzialen bei PPP. Die zentralen Fragelautet hier, inwiefern PPP ein Instrument zur Umgehung vorgegebener Verschuldungsspielräume darstellt und somit eine weit in die Zukunft verlängerte, zusätzliche Verschuldung der öffentlichen Hand befördert.
Die Chancen zur Generierung von Effizienzvorteilen und dafür, dass nicht nur der private Partner sondern auch die öffentliche Hand davon profitiert, sind bei PPP theoretisch grundsätzlich hoch.
PPP lassen für zusätzliche Effizienzgewinne Raum, weil z. B. Planung und Bauausführung von vornherein optimal auf einen wirtschaftlicheren Gebäudebetrieb abgestimmt und Risiken optimal auf die Partner verteilt werden können.
Das Problem liegt hier zum großen Teil im Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
In der Selbstdarstellung der in der PPP-Branche tätigen Unternehmen und Organisationen spielen Negativbeispiele konsequenterweise keine Rolle.
In der Diplomarbeit wird jedoch auch anhand verschiedener PPP-Negativbeispiele umfassend auf vielfältige Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung von PPP-Projekten eingegangen. Diese kommen natürlich nicht alle in jedem Projekt vor, aber die Tendenz scheint eindeutig. Es drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass Daten willkürlich und absichtlich manipulativ verwendet werden, um ein Ergebnis "pro PPP" zu erreichen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionselemente von PPP
2.1 Ziele
2.2 Lebenszyklusansatz
2.3 Outputorientierung
2.4 Leistungsorientierte Vergütungsmechanismen
2.5 Risikoallokation
2.6 Modelle
3 Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP
3.1 Ziele
3.2 Rechtliche Grundlagen
3.3 Steuervorteile bei Eigenrealisierung
3.4 Wirtschaftlichkeit und PPP-Task Forces / PPP-Kompetenzzentren
3.5 Verfahren der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP
3.5.1 Statische Verfahren der Investitionsrechnung
3.5.2 Kapitalwertmethode als dynamisches Verfahren
3.5.2.1 Kalkulationszinsfuß
3.5.3 Prüfung der Stabilität der Ergebnisse
3.5.3.1 Sensitivitätsanalyse
3.5.3.2 Szenarioanalyse
3.5.4 Nutzwertanalyse und Kosten-Nutzen-Analyse
3.5.4.1 Nutzwertanalyse
3.5.4.2 Kosten-Nutzen-Analyse
3.6 Ablauf der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPP
3.6.1 Phase 1
3.6.2 Phase 2
3.6.2.1 PSC
3.6.2.2 Kostenkomponenten
3.6.2.3 Risikomanagement
3.6.2.4 PPP-Vergleichswert
3.6.3 Phase 3
3.6.4 Phase 4
4 Problematiken der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und von PPP
4.1 Qualität der Daten
4.2 Beratung und Transparenz
4.3 Interessenkonflikte
4.3.1 Bundesverband Public Private Partnership e. V.
4.3.2 Partnerschaften Deutschland – ÖPP Deutschland AG (PD)
4.3.3 Behörden Spiegel
4.3.4 Bankensektor
4.3.5 Lobbygruppen, Politik und Verwaltung
4.4 Monopolstrukturen
4.5 Finanzierung
4.6 Trennung Beschaffung / Variante
4.7 Negativ-Beispiele
4.7.1 Bildungszentrum Ostend
4.7.2 Frankfurter Schulen
4.7.3 Kölner Messehallen
4.7.4 Herren-Tunnel und Warnow-Tunnel
4.7.5 U-Bahn London
4.7.6 Autobahn-PPP
4.7.7 Berliner Pilotprojekte
4.8 Studie zu gescheiterten Projekten
5 Zusammenfassende Bewertung
6 Ausblick
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Die juristischen Abkürzungen sind jene nach Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache. Berlin, New York, 7. Auflage, 2003. Darüber hinausgehende Abkürzungen werden jeweils im Text erläutert.
Des Weiteren gelten die allgemeinen Abkürzungen entsprechend den Recht-schreibregeln des Dudens, Die Deutsche Rechtschreibung, Band1, Mannheim, 2006.
Abbildungsverzeichnis
1 Anteil der einzelnen Schätzbereiche am kommunalen Investitionsbedarf in Deutschland in %
2 Der vierphasige PPP-Beschaffungsprozess
3 Ablauf des Risikomanagements
1 Einleitung
Für die Jahre 2006 bis 2020 schätzt eine Studie des Deutschen Instituts für Ur-banistik1 den kommunalen Investitionsbedarf auf 704 Mrd. Euro2. Der größten Einzelbedarfe3 bestehen mit 162 Mrd. Euro und 73 Mrd. Euro in den Bereichen Straßenbau und Schulen (siehe Abb. 1).
Abb.14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten4
Durch die angespannte Haushaltslage wird eine angemessene Bereitstellung und Instandhaltung von Infrastruktur im Rahmen der Daseinsvorsorge5 jedoch schwieriger.6 Bund, Länder und Kommunen haben sich zunehmend verschuldet, so dass notwendige Investitionen aufgeschoben oder reduziert werden.
Ein Ansatz zur Bewältigung dieses Investitionsstaus könnte im Konzept der Public Private Partnerships liegen (PPP, auch unter dem Begriff Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) bekannt), deren Potenzial in dieser Diplomarbeit unter-sucht werden soll. PPP sind Kooperationen zwischen der öffentlichen Hand und Privatunternehmen mit dem Ziel, Projekte der öffentlichen Infrastruktur kurzfristig durchzuführen und dabei durch Kosteneinsparungen den Haushalt zu entlasten.7 Eine PPP erstreckt sich über alle Lebenszyklusphasen z. B. einer Immobilie (Planung, Finanzierung, Bau bzw. Sanierung, Betrieb und ggf. Verwertung8) und ermöglicht dadurch Effizienzvorteile gegenüber einer Eigenrealisierung durch die öffentliche Hand, bei der die Phasen getrennt ausgeschrieben werden. In diesem Sinne soll eine win-win-Situation für beide Partner entstehen,9 bei der der durch-schnittliche Effizienzvorteil bei Vertragsabschluss 16% beträgt.10
PPP wird insbesondere im Rahmen der Ineffizienzhypothese öffentlicher Verwal-tungen „als Ansatz und Instrument gesehen, privatwirtschaftliche Management-konzepte für eine effizientere öffentliche Aufgabenwahrnehmung nutzbar zu ma-chen. Ordnungspolitische Grundlage hierfür wird zunehmend das Konzept des Gewährleistungsstaates. Der Staat soll nicht mehr selbst als Produzent auftreten, sondern nur noch gewährleisten, dass bestimmte Aufgaben durch Dritte wahrge-nommen werden.“11 PPP sind nicht grundsätzlich neu, aber durch die sich seit den 1970ern ständig zuspitzende öffentliche Finanzkrise12 besteht heutzutage ein weitaus größer Bedarf bzw. ein Zwang, mit privaten Unternehmen zu kooperie-ren.13 Die Umsetzung von PPP-Projekten hat daher in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Gestützt wurde diese Entwicklung insbesondere durch PPP-Task Forces und PPP-Kompetenzzentren14, durch Interessenvertreter vor allem der Bau-, Banken- und Beratungsbranche sowie durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz aus dem Jahre 2005, obwohl die Gesetzeslage zu PPP größtenteils nicht eindeutig ist.
Die Diplomarbeit befasst sich schwerpunktmäßig mit Wirtschaftlichkeitsuntersu-chungen im Rahmen von PPP. Diese werden im Beschaffungsprozess und pro-jektbegleitend angewandt, um zu prüfen, ob eine Eigenrealisierung oder eine PPP wirtschaftlich vorteilhafter ist (bzw. gewesen wäre). Probleme ergeben sich hauptsächlich aus der Komplexität der PPP. Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit bildet die Untersuchung von gerade auch durch diese Komplexität beding-ten Missbrauchspotenzialen bei PPP mit der zentralen Frage, inwiefern PPP ein Instrument zur Umgehung vorgegebener Verschuldungsspielräume darstellt und somit eine weit in die Zukunft verlängerte, zusätzliche Verschuldung der öffentli-chen Hand befördert.
Die Veröffentlichungen zum Thema PPP sind ganz überwiegend „pro PPP“ und deutlich von Verfassern dominiert, die für Unternehmen tätig sind, die auf die eine oder andere Weise mit PPP ihr Geld verdienen (Bauunternehmen, Banken, Kanzleien, Wirtschaftsprüfungsunternehmen). Literaturbeiträge der öffentlichen Seite zu PPP sind äußerst begrenzt, selbst in den die öffentliche Verwaltung betreffenden Zeitschriften. Die existierenden Beiträge dieser Seite beziehen sich fast ausschließlich auf vergaberechtliche, verwaltungsrechtliche und steuerrecht-liche Probleme und haben somit für den Untersuchungsgegenstand der Diplom-arbeit eine relativ geringe Bedeutung.
In meiner Untersuchung werde ich mich aus Gründen der Vergleichbarkeit auf den Bereich des öffentlichen Schulbaus beschränken, dem Bereich, in dem es die meisten PPP gibt. Bis Ende Mai 2009 wurden 117 Hochbauprojekte als PPP vergeben, davon 47 im Bildungsbereich15; die Laufzeit der Projekte beträgt meis-tens 20 bis 30 Jahre. PPP-Projekte sind in den letzten Jahren erst angelaufen und keines bisher vollendet. Eine abschließende Beurteilung von PPP ist deswe-gen noch nicht möglich. Das Ziel der Untersuchung ist es, einen möglichst aktuel-len Ein- und Überblick über die PPP-Situation im deutschen Schulbaubereich zu geben.
Die Diplomarbeit beschäftigt sich zunächst mit den charakteristischen Merkmalen von PPP, den Zielen und den Effizienzvorteilen (Kapitel 2). Daraufhin geht sie in Kapitel 3 näher auf die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP ein. Was sind deren Ziele, rechtliche Grundlagen und Verfahren und wie gestaltet sich deren Ablauf im Beschaffungsprozess einer Investitionsmaßnahme der öffentlichen Hand? In Bezug auf die Besonderheiten von PPP werden die Verfahren der Wirt-schaftlichkeitsuntersuchungen Kapitel 3.6 genauer thematisiert und der vierpha-sige PPP-Beschaffungsprozesses mit den dabei anzuwendenden Wirtschaftlich-keitsuntersuchungen Kapitel 3.7 detailliert beschrieben.
Nach dieser grundsätzlich beschreibenden Darstellung schließt sich der Teil der Diplomarbeit an, in dem die Problematiken von Wirtschaftlichkeitsuntersuchun-gen bei PPP und von PPP an sich thematisiert werden. Probleme ergeben sich insbesondere in Bezug auf die Qualität der bei PPP-Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen genutzten Eingangsdaten (Kapitel 4.1), in Be-zug auf die externe Beratung zur und Transparenz der Wirtschaftlichkeitsunter-suchung und Vertragsgestaltung (Kapitel 4.2) sowie in Bezug auf potenzielle In-teressenkonflikte (Kapitel 4.3). Einen Schwerpunkt der Kritik bildet die Art der PPP-Finanzierung und deren Implikationen in Kapitel 4.5 mit der Ausgangsfrage, ob diese eventuell zu einer Verschärfung der öffentlichen Finanzknappheit führen statt zu einer Verbesserung. Im Gegensatz zur ganz überwiegenden PPP-Literatur, in der negative PPP-Beispiele (von denen es eine ganze Reihe gibt) nicht thematisiert werden, werden im Kapitel 4.7 einige solche Beispiele be-schrieben. In diesem Zusammenhang wird anschließend in Kapitel 4.8 auch eine Studie zu PPP untersucht, die aus verschiedenen Gründen nicht zustande ge-kommen sind. Die Diplomarbeit schließt mit einer zusammenfassenden Bewer-tung und einem Ausblick.
2 Definitionselemente von PPP
Kooperationsansätze mit PPP werden in fast allen öffentlichen Aufgabenfeldern auf Kommunen-, Länder- und Bundesebene diskutiert und auch in vielen Berei-chen umgesetzt. In dieser Diplomarbeit geht es jedoch nicht um unbefristete „in-stitutionalisierte PPP“16, sondern um befristete sog. „Vertrags-PPP“ oder „Projekt-PPP“, bei denen die Partnerschaft auf rein vertraglichen Beziehungen basiert.17 Im Gegensatz zu den „institutionalisierten PPP“ bestehen sie nur für einen be-stimmten Projektzeitraum, z. B. für den Bau und den 20 Jahre langen Betrieb einer Schule.
Der Begriff PPP wird sehr beliebig verwendet und ist aufgrund der Vielfältigkeit der Kooperationsformen nicht allgemeingültig definierbar. Dies ist aber auch nicht zwingend notwendig, denn gerade die „Offenheit der Entwicklung einer Kultur von PPP ist von essentieller Bedeutung für die Tragfähigkeit des kooperativen Ansatzes.“18
Auch die PPP-Leitfäden19 zu PPP bleiben recht abstrakt und beschreiben PPP z. B. als projektbezogene langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, bei der die erforderlichen Ressourcen (z. B. Know-how, Betriebsmittel, Kapital, Personal) in einen gemein-samen Organisationszusammenhang eingestellt und vorhandene Projektrisiken entsprechend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner angemessen verteilt werden.20
Sinnvoller als eine umfassende Definition erscheint daher eine Auflistung von Merkmalen:21
Lebenszyklusansatz: Planung, Finanzierung, Bau oder Sanierung, Be-trieb22 und ggf. Verwertung der Maßnahme werden als Paket ausge-schrieben
Outputspezifikationen: die Ausschreibung enthält Ziel- und Rahmenanfor-derungen, die konkrete Ausgestaltung liegt beim privaten Partner Leistungsorientierte Vergütungsmechanismen: zum Beispiel Bonus-/Malus-Regelungen
Risikoallokation: die Partner übernehmen jeweils diejenigen Risiken, die sie am besten beeinflussen können.
Des Weiteren besteht ein kontinuierlicher Abstimmungsbedarf zwischen den Partnern während der Maßnahme, im Gegensatz z. B. zum Outsourcing, wo alle Leistungen, Gegenleistungen und Risiken klar definiert sind. Bei PPP ist dies gerade nicht der Fall, aufgrund der Langfristigkeit und der Komplexität der Maß-nahme können nicht alle einzelnen Rechte, Pflichten, Kosten, Leistungen und Risiken der Partner vertraglich festgelegt werden.23
2.1 Ziele
Bezüglich des Projekts besteht zwischen den Partnern eine Zielgemeinschaft.24
Sie haben neben ihrem gemeinsamen Ziel zwar unterschiedliche Individualziele (grundsätzlich Gemeinwohlorientierung bei der öffentlichen Hand bzw. Gewinn-maximierung bei den Privaten), aber diese schließen sich nicht aus; so nützt z. B. die Steigerung der Standortattraktivität einer Stadt sowohl den Haushaltsinteres-sen der Kommune als auch den wirtschaftlichen Interessen des Privaten.25 Um die jeweiligen Individualziele besser erreichen zu können, werden die unter-schiedlichen Handlungsrationalitäten der Partner zusammengefügt. Durch eine Zusammenarbeit in Form von PPP sollen für beide Partner nützliche Synergieef-fekte bezüglich der Individualziele realisiert werden, sodass eine win-win-Situation entsteht.26
Die wesentlichen partnerschaftlichen Individualziele der öffentlichen Hand bzw. deren Vorteile durch PPP sind:27
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit durch Nutzung von Ressourcen und Know-how der Privaten
Implementierung effektiverer Managementmethoden
Flexibilisierung durch Einbindung privatwirtschaftlicher Handlungsrationa-litäten (Gewinn- und Effizienzdenken) sowie Vermeidung institutioneller Restriktionen z. B. in Bezug auf Haushalts-, Arbeits-/Beamten-, Haftungs-und Aufsichtsrecht
Finanzierungsentlastung durch Einbindung privaten Kapitals Organisations- und Prozessentlastung (durch Wegfall der Notwendigkeit zur Eigenerstellung und Vorhaltung von Ressourcen)
Senkung der Planungskosten und -risiken durch Risikoübertragung auf Privaten höhere Kostensicherheit durch Reduktion von Nachtragsrisiken (durch Output-Beschreibung) beschleunigte Projektrealisierung
Erzielung positiver regionalwirtschaftlicher Effekte (z. B. Arbeitsplätze, Steueraufkommen, Standortattraktivität) Akzeptanz- und Imagegewinn
Die wesentlichen partnerschaftlichen Individualziele der Privaten sind:28
- Gewinnerzielung (unmittelbar und mittelbar)
- Erschließung neuer Geschäftsfelder
- Möglichkeit der Risikoverlagerung auf den öffentlichen Partner
- Nutzung der Problemlösungskapazität der Verwaltung durch Zugang zu informellen, organisatorischen und finanziellen Ressourcen (z. B. Förder-gelder, bestimmte Steuervorteile, Kredite und Grundstückserwerb)
- Beschleunigungseffekt und Planungs- und Finanzierungssicherheit durch die Nutzung öffentlicher Ressourcen und die politische Unterstützung des Projekts
- Einflussnahme auf politische Entscheidungen und Projektergebnisse
- positiver Marketing- und Imageeffekt in der Öffentlichkeit und bei poten-ziellen Auftraggebern
Auf Seiten des Privaten könnten Effizienz und Handlungsautonomie jedoch unter politischer Einflussnahme leiden.29 Ein bedeutender Nachteil für die öffentliche Hand dagegen könnte der Informationsvorsprung des Privaten sein, wenn die Verwaltung nicht über vergleichbare technische und/oder wirtschaftliche Erfah-rung verfügt, wodurch der Private die Ausgestaltung des Kooperationsverhältnis-ses zu seinen Gunsten verschieben kann.30 Durch eine solche Vorteilsbeschaf-fung könnte die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe zu Gunsten der Gewinnerzie-lung unterliegen. Zudem könnte der Private mit einem solchen Informations- und Erfahrungsvorsprung der Verwaltung ihre notwendige Steuerungsfähigkeit ent-ziehen, die ja auch schon durch den (gewollten) Risikotransfer auf den Privaten erheblich reduziert ist.31 Die potenziellen Nachteile einer PPP für die öffentliche Hand als ein Schwerpunkt dieser Diplomarbeit werden tiefergehend ab dem vier-ten Kapitel thematisiert.
2.2 Lebenszyklusansatz
Die Begriff Eigenrealisierung durch die öffentliche Hand ist etwas irreführend. Bei der Eigenrealisierung, also bei der konventionellen Beschaffungsvariante, er-streckt sich der tatsächliche Eigenaufwand nur auf die Planung und eventuell das Management, auf die Finanzierung sowie auf einige Betriebsfunktionen wie bei- spielsweise die eines öffentlich angestellten Hausmeisters.32 Aber auch diese Betriebsfunktionen werden bei einer Eigenrealisierung zunehmend privat verge-ben.33 Mit dem Bau und den meisten Betriebsfunktionen werden per Ausschrei-bung verschiedene Privatunternehmen beauftragt. Der Großteil des Projektvolu-mens fließt somit auch hier der privaten Wirtschaft über Aufträge zu.34 Der Unter-schied zu PPP besteht darin, dass die verschiedenen Aufträge (z. B. Bau, Be-trieb) getrennt voneinander ausgeschrieben werden müssen.
Grundlegend für PPP-Projekte ist der ganzheitliche Lebenszyklusansatz35. Er verfolgt das Ziel, den Einsatz öffentlicher und privater Ressourcen im Rahmen einer Baumaßnahme zu optimieren und gleichzeitig Kostensicherheit für den Pro-jektträger sowie gleich bleibende Leistungsstandards für den Nutzer zu gewähr-leisten. Alle kostenrelevanten Vorgänge liegen in einer Hand und werden voll-ständig über den gesamten Projektzeitraum betrachtet.36 Die Projektphasen (Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb und ggf. Verwertung) werden als Gesamt-paket ausgeschrieben, wodurch sich Synergieeffekte generieren lassen. Dieser Ansatz gewährleistet37
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auf dieser Basis ist ein genauer, transparenter, objektiver Wirtschaftlichkeitsver-gleich zwischen den Beschaffungsvarianten (PPP und Eigenrealisierung) mög-lich.38
2.3 Outputorientierung
Die Einsparpotenziale ergeben sich aus der Gesamtkostenoptimierung, die durch den Lebenszyklusansatz ermöglicht wird. Durch eine Outputorientierung der Leis-tungsbeschreibung wird den Auftragnehmern eine weitaus größere Freiheit ge-geben und gleichzeitig eine höhere Kostendisziplin abverlangt.39
Öffentliche Bauvorhaben wurden in der Vergangenheit grundsätzlich input- statt outputorientiert ausgeschrieben. Dazu wurde die Art und Weise der Leistungs-erbringung detailliert vorgeschrieben, wodurch Flexibilität, Innovation und Kreati-vität erheblich eingeschränkt wurden. Der Wettbewerb fand dadurch nur auf preislicher Ebene statt. Eine Outputorientierung dagegen, wie sie bei PPP ange-wandt wird, macht einen effizienzsteigernden Preis- und Leistungswettbewerb möglich.40 In diesem Sinne werden nur die zu erreichenden Leistungen (z. B. Klassenraummindestgröße) und Standards (z. B. Schadensbehebungsfristen, Energiebedarf) funktionell umfassend und möglichst eindeutig definiert.41 Da-durch kann der private Partner seine spezifischen Potenziale einbringen und so-mit das Kosten-Nutzen-Verhältnis für den Auftraggeber erhöhen.42
Der Private kann die Qualität in den Leistungsbausteinen in einem gewissen Rahmen nach oben und unten beeinflussen.43 Der Anreiz besteht darin, dass er während der Betriebsphase mit den von ihm gewählten Qualitäten der Bauphase umgehen muss. Er wird seinen Bauentwurf daher so erarbeiten, dass bei der Gebäudenutzung möglichst geringe Betriebskosten anfallen. Bei Hochbauprojek-ten entfallen üblicherweise 60% - 80%44 der Lebenszykluskosten auf die Be-triebsphase, weshalb die Kostenoptimierung für die Betriebsphase zentral ist. „Mit der Ausweitung der Übertragung von Verantwortung in der Betriebsphase steigt der Anreiz für den Privaten, die Lebenszykluskosten zu optimieren.“45 Der bei PPP grundlegende „ganzheitliche [...] Optimierungsansatz hat damit zur Vor-aussetzung, dass dem Bieter Gestaltungsspielräume gewährt werden müssen.“46 Dies ist jedoch nur mit einer outputorientierten Ausschreibung möglich.
2.4 Leistungsorientierte Vergütungsmechanismen
Für die definierten outputorientierten Leistungsstandards werden jeweils zweck-mäßige Indikatoren und Messmethoden vorgegeben.47 Die Messergebnisse wer-den dann in geeigneter Weise (z. B. über ein Punktesystem) mit den leistungs-orientierten Vergütungsmechanismen (z. B. Bonus-Malus-Regelungen) und an-deren Vertragsvereinbarungen des Projektes gekoppelt, um die Anreizwirkung für den Privaten weiter zu steigern.4849 Ein (zumindest anteiliges) Bonus-/Malus-Vergütungssystem soll das Eigeninteresse des Privaten an einer wirtschaftlichen Leistungserbringung steigern und verhindern, dass es überhaupt zu Abweichun-gen kommt.50
2.5 Risikoallokation
Trotz bestmöglicher Planungen und Wirtschaftlichkeitsprognosen bestehen wei-terhin Restrisiken. Diese Restrisiken müssen analysiert, bewertet und in die Wirt-schaftlichkeitsuntersuchung integriert werden.51 Es werden auf jeden Fall diejeni-gen Risiken bewertet, die auf den privaten Partner übertragen werden können bzw. sollen. Durch die systematische, umfangreiche Identifizierung (mit externer Expertenhilfe) werden außerdem das Projektverständnis erhöht und Unsicherhei-ten verringert.52 Noch vor dem Lebenszyklusansatz und der Outputorientierung der Leistungsbeschreibung wird eine optimierte Risikoverteilung zwischen den Partnern als wichtigster, die Wirtschaftlichkeit steigernder Faktor gesehen.53
2.6 Modelle
Bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung einer PPP muss darauf geachtet werden, dass die Art einer PPP und das spezifische Modell unterschiedliche Auswirkun-gen auf die Untersuchung haben.54 Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für ein Projekts im Straßenbau muss zumindest teilweise andere Aspekte berücksichti-gen als eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Hochbaubereich. Diese Diplom-arbeit bezieht sich hauptsächlich auf das Erwerbermodell (bei Neubauten) und das Inhabermodell (bei Sanierungen).
Beim Erwerbermodell plant, finanziert, errichtet und betreibt der Private eine An-lage auf einem ihm gehörenden bzw. von der öffentlichen Hand an ihn übertra- genen Grundstück. Diese Anlage wird dem öffentlichen Partner zur Nutzung ü-berlassen und geht am Vertragsende i. d. R. in den Besitz des öffentlichen Partners über.55 Beim Inhabermodell ist der öffentliche Partner von vornherein Eigen-tümer und Besitzer der Anlage.56 Der öffentliche Auftraggeber zahlt ein periodi-sches, konstantes Nutzungsentgelt für die Herstellung oder Sanierung und die Betreiberleistungen und sonstige Kosten des Privaten (z. B. Finanzierungskos-ten).57
3 Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP
In Beschaffungsprozess einer Maßnahme werden Wirtschaftlichkeitsuntersu-chungen genutzt, um zu sehen, welche Umsetzungsvariante wirtschaftlich vor-teilhafter ist: Eigenrealisierung oder PPP. Im Folgenden werden dazu die Ziele der Untersuchungen, sowie deren Verfahren und Ablauf erläutert.
3.1 Ziele
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP haben mehrere Funktionen. Ei-nerseits dienen sie zur Erfüllung der rechtlichen Grundlagen. Andererseits dienen sie erstens zur Prüfung der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit der PPP-Lösung im Vergleich zur Eigenrealisierungsvariante, zweitens zur Projektentwicklung und drittens als begleitendes und abschließendes (nach Projektende) Management-, Steuerungs- und Controllinginstrument über den gesamten Vertragszeitraum.58 Der Projektverlauf wird durchgängig dokumentiert und regelmäßig ausgewertet.59 Insbesondere auch hierfür ist während der Planungsphase eine präzise, lücken-lose und nachvollziehbare Definition und Dokumentation von Annahmen, Pro-jektzielen, der Leistungsbeschreibung, Messgrößen und Verfahren von zentraler Beim Leasing- Vermietungsmodell wird die privat geplante, gebaute, finanzierte und betriebene Anlage von der öffentliche Hand geleast/gemietet, eine Kaufoption bei Vertragsende ist die Regel. Beim Contractingmodell werden nur einzelne Anlagenteile gebaut oder optimiert und betrieben. Im Gegensatz zu diesen Modellen erhält der Private beim Konzessionsmodell für seine Leistungen keine regelmä ß igen Entgeltzahlungen, sondern das Recht zur Erhebung von Nutzungsentgelten für die Refinanzierung, z. B. durch eine Maut bei Stra ß enbauprojekten oder Eintrittsgeld in Schwimm-bädern und Stadien; der Anteil dieses Modells am Hochbau ist jedoch gering. (Gerstlberger / Schneider S. 21ff.)
Bedeutung, da alle folgenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen darauf zurück-greifen.6061
Gerade weil PPP mit sehr langen Vertragslaufzeiten von gewöhnlich 20 bis 30 Jahren verbunden sind, muss einer genauen Untersuchung des Projekts hohe Priorität eingeräumt werden.62 Ein übereiltes Vorgehen in der Vorbereitungspha-se oder Fehleinschätzungen wegen einer unzureichenden Datenlage gefährden das gesamte Projekt, was sich insbesondere wegen der langen Vertragslaufzei-ten dauerhaft nachteilig auswirkt63 (meistens für die öffentliche Hand, siehe Kapi-tel 4).
Angesichts der knappen Haushaltskassen und zur besseren Vergleichbarkeit der Alternativen ist das Minimalprinzip anzuwenden,64 wonach die definierten Ziele mit minimalem Ressourceneinsatz erreicht werden.65
3.2 Rechtliche Grundlagen
Die allgemeinen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit finden sich im § 6 (1) Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) und in den Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder66 (§ 7 (1) Satz 1 BHO, für die Länder z. B. § 7 (1) LHO Nordrhein-Westfalen), in entsprechenden Landesvorschriften (z. B. § 75 (1) Gemeindeordnung (GO) NRW) sowie in mehreren die Haushaltsordnungen er-gänzenden Verwaltungsvorschriften.6768 Im zweiten Satz des § 7 (1) BHO wird weiter präzisiert: „Diese Grundsätze verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung69 erfüllt werden können.“
Auf Bundes- und Länderebene sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sowohl bei der Planung finanzwirksamer Maßnahmen (wozu auch PPP zählen) als auch während der Durchführung (begleitende Erfolgskontrolle) und nach Abschluss der Maßnahme (Erfolgskontrolle) vorzunehmen.70 Dabei sollen je nach Umfang und Bedeutung des Projekts einzel- und/oder gesamtwirtschaftliche Methoden genutzt werden, mit der im Einzelfall einfachsten und wirtschaftlichsten Methode.71 In Frage kommen z. B. die Kapitalwertmethode und/oder z. B. eine Kosten-Nutzen-Analyse.72
Die bundesweit im Wesentlichen einheitlichen Grundsätze für die Kommunal-haushalte73 schreiben bei Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung einen Wirtschaftlichkeitsvergleich vor, der sämtliche Lebenszykluskosten berück-sichtigt.74 Die Erläuterung Nr. 1.4.2 zu § 14 (1) Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) NRW nennt jedoch keine Verfahren, sondern beschreibt pauschal den Ablauf einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.
Ein detailliertes und verbindliches Verfahren der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für finanzwirksame Maßnahmen existiert – anders als z. B. in Großbritannien – nicht.75 Es fehlen Vorgaben zu Form, Ablauf, Inhalt, Bewertungskriterien und Be-gründungstiefe. Auf die Besonderheit von PPP-Projekten geht bisher keine einzi-ge Vorschrift ein.76
Die Untersuchung muss auf Bundes- und Landesebene lediglich angemessen sein77, d.h. sie muss den mit ihr verfolgten Zweck erreichen.78 Was aber Ange-messenheit bedeutet und wie sie sich nachweisen lässt, ist nicht spezifiziert. Auf kommunaler Ebene wird die Angemessenheit nicht erwähnt. Die gesetzlichen Vorgaben zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von öffentlichen Investitionen sind deshalb i. d. R. nicht ausreichend.79
Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz80 hat mit Art. 4 Nr. 1 allerdings den § 7 (2) BHO um die Berücksichtigung der Risikoverteilung bei der Prüfung von Privatisie-rungsmöglichkeiten erweitert. Allgemein wurde mit diesem Gesetz aus dem Jahr 2005 die PPP-Umsetzung im Bereich des Vergabe-, Haushalts-, Steuer-, Kapi-talmarkt- und Fernstraßenbauprivatfinanzierungsrechts vereinfacht.
3.3 Steuervorteile bei Eigenrealisierung
PPP und die Eigenrealisierungsvariante werden bei Wirtschaftlichkeitsuntersu-chungen steuerliche unterschiedlich behandelt. Im Gegensatz zu Betrieben ge-werblicher Art ist die öffentliche Hand z. B. von der Umsatzsteuer befreit,81 weil sie gewöhnlich nicht unternehmerisch tätig ist und aus dem hoheitlichen Bereich heraus agiert.82 Somit spart sie bei der Eigenrealisierung die Umsatzsteuer, da sie im Gegensatz zum PPP-Fall u. a. die Planungsleistungen selbst erbringt. Grunderwerbssteuern werden für den Privaten dagegen nicht fällig, soweit das von der öffentlichen Hand an den Privaten übertragene oder überlassene Grund-stück für einen öffentlichen Gebrauch genutzt wird und mit Vertragsende wieder an die öffentliche Hand zurückgeht.83 Eine Bereinigung der steuerlich bedingten Wettbewerbsverzerrungen ist nach h. M. aufgrund der komplexen gesamtwirt-schaftlichen Effekte der Steuern allerdings nicht vorzunehmen.84
Mit einem Gesetzesantrag vom 18.03.2009 im Rahmen einer größeren Novellie-rung des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes wollen Abgeordnete der CDU/CSU und SPD jedoch u. a. erreichen, dass
in einem Modellversuch [geklärt wird], in welchem Ausmaß umsatzsteuerliche Mehrbelastungen PPP-Projekte gegenüber einer konventionellen Realisierung benachteiligen und inwieweit eine gebotene und sinnvolle Ausweitung von PPP- Projekten dadurch verhindert wird.85
3.4 Wirtschaftlichkeit und PPP-Task Forces / PPP-Kompetenzzentren
Eine PPP von der Stange kann es nicht geben, da jedes Projekt seine Eigenhei-ten hat. Aber die Bündelung von Wissen und dessen kostengünstiger Transfer zu potenziellen Beteiligten und der interessierten Öffentlichkeit durch PPP-Taskforces, Kompetenzzentren wie z. B. Verbände und andere koordinierende Stellen tragen zu einer höheren Wirtschaftlichkeit von PPP-Projekten bei.86 Auch Investitions- und Förderbanken sind in diesem Sinne tätig und wollen so ihr Profil stärken. Diese Stellen begleiten die Entwicklung von einheitlichen Standards für Vertragsvereinbarungen und Verfahrensabläufe sowie für die einzelnen Bestand-teile der Anbahnungs- und Umsetzungsphasen; sie begleiten aber auch konkrete (Pilot-)Projekte.87 Die Erkenntnisse solcher Einrichtungen sind bereits in mehre-ren Leitfäden88 als Orientierungshilfe bei der Analyse und Bewältigung spezifi-scher Problemlagen im PPP-Prozess veröffentlicht worden. Auf diesen Erkennt-nissen beruht auch der in Kapitel 3.6 folgende vierphasige Ablauf des PPP-Beschaffungsprozesses mit seinen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
3.5 Verfahren der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP
Der Begriff der Wirtschaftlichkeit und mit ihm der der Wirtschaftlichkeitsuntersu-chung gewinnt im öffentlichen Handeln immer mehr an Bedeutung.89 Dies ist hauptsächlich auf die schon anfangs erwähnte Ökonomisierung staatlichen Han-delns vor allem im Zuge der Verwaltungsreform90 zurückzuführen.91 Aufgrund der schwierigen Finanzlage richten sich öffentliche Haushalte also zunehmend nach betriebswirtschaftlichen Kriterien und Konzepten der Privatwirtschaft. Diese kön-nen jedoch nicht eins zu eins auf die öffentliche Hand übertragen werden, son-dern müssen den besonderen Umständen entsprechend angepasst werden, da der private und der öffentliche Sektor unterschiedliche Ziele verfolgen und Struk-turen aufweisen.92 Das Ziel der Privatwirtschaft ist Gewinnmaximierung, während die öffentliche Hand oft auch politisch vorgegebene, nicht-ökonomische und so- ziokulturelle in diesem Sinne gesamtgesellschaftliche Ziele wie z. B. Gesundheit oder Bildung, anstrebt (vgl. auch Kapitel 2.1).
In der Privatwirtschaft sind Produkte und Ziele sowie deren Kosten und Erlöse meist eindeutig monetär definierbar, zuordenbar und messbar. Die absolute und relative Wirtschaftlichkeit alternativer Investitionen kann daher überwiegend oder sogar allein mit Hilfe von statischen und dynamischen Investitionsrechenverfah-ren bestimmt werden. Für eine Aussage zum Kosten-Leistungs-Verhältnis wer-den dabei sämtliche Kosten und Erlöse nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern systematisch ermittelt und dargestellt.93
Für eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung insbesondere im öffentlichen Bereich reicht die Investitionsrechnung jedoch nicht aus, da bei öffentlichen Investitionen weitaus mehr und schwerwiegendere unsichere „Produkte“ wie z. B. Bildung auf-treten, also Faktoren, die nicht direkt oder gar nicht monetär erfassbar sind. Sol-che unsicheren Faktoren kann sie nicht berücksichtigen.94 Bei Investitionsent-scheidungen in der Privatwirtschaft tritt dieses Problem in eher selten auf, so z. B. wenn Qualität und Service im Verhältnis zum Preis für die Anschaffung einer Maschine relativ wichtig sind oder etwa bei einer Standortentscheidung, bei der auch Faktoren wie Arbeitskräftepotenzial, Verkehrsanbindung u. ä. berücksichtigt werden müssen.
Viel öfter als in der Privatwirtschaft besteht im öffentlichen Bereich also oft kein direkter Zusammenhang zwischen der erstellten Leistung, den damit verbunde-nen Kosten und dem Ziel der Erstellung. Den erbrachten Leistungen sollten des-halb deren Nutzen wie z. B. mehr Bildung, Gesundheit, Lebensqualität etc. ge-genübergestellt werden (wobei Wirtschaftlichkeit das möglichst optimale Verhält-nis ist),95 was sich natürlich monetär oder sonstig quantitativ kaum erfassen lässt. Für eine aussagfähige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung müssen jedoch alle As-pekte sowohl monetärer als auch andersartig quantifizierbarer sowie nicht quanti-fizierbarer Art über den gesamten Zeitraum einer Investitionsmaßnahme berück-sichtigt werden.96 Zur Berücksichtigung nicht quantifizierbarer Auswirkungen wird die Nutzwertanalyse (Nutzwertanalyse) genutzt, zur umfassenden Berücksichti-gung gesamtgesellschaftlicher Nutzen die Kosten-Nutzen-Analyse.97
[...]
1 Deutsches Institut für Urbanistik: Der kommunale Investitionsbedarf 2006 bis 2020. Endbericht – Kurzfassung. Berlin, 2008
2 in Preisen von 2000
3 Deutsches Institut für Urbanistik, S. 13f.
4 Deutsches Institut für Urbanistik, S. 14
5 Die rechtliche Grundlage der öffentlichen Aufgabe einer Daseinsvorsorge ist letztlich das Sozial-staatsprinzip. Daseinsvorsorge bedeutet, dass die öffentliche Hand gewährleisten muss, dass die Grundbedürfnisse des Einzelnen befriedigt werden können – sie muss die dafür erforderlichen Leistungen aber nicht zwingend selbst erbringen. (Bausback, S. 904)
6 Budäus, S. 11ff.; Ziekow / Windorffer, S. 15f.; Gerstlberger / Schneider, S. 4ff.
7 Miksch, S. 1f.
8 Die Verwertungsphase wird in der Diplomarbeit nicht berücksichtigt.
9 Grüb, S. 5; Ziekow / Windorffer, S. 49f.
10 Christen, S. 10, ähnliche Werte werden in einer Reihe weiterer Publikationen genannt
11 Budäus, S. 13.
12 Gladow, S. 1
13 Budäus, S. 14
14 Die von solchen Einrichtungen erstellten Leitfäden haben jedoch keine Gesetzeskraft.
15 Cordes, 15.06.2009
16 Bei der unbefristeten institutionalisierten (auch Organisations-PPP genannt) erfolgt eine Zusam-menarbeit innerhalb eines eigenständigen Rechtssubjekts. Ziel ist hier z. B. die Gründung einer gemeinsamen Zweckgesellschaft oder die Übernahme der Kontrolle über ein öffentliches Unter-nehmen durch den privaten Partner. (Europa. Das Portal der Europäischen Union: Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften)
17 Europa. Das Portal der Europäischen Union: Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften
18 Ziekow / Windorffer, S. 29
19 Herausgegeben werden diese Leitfäden vor allem durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und entspre-chende Behörden in anderen Bundesländern.
20 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.), Band I, S. 2f.
21 Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), 2007, S. 10f.
22 Der Begriff „Betrieb“ ist in diesem Sinne weit gefasst und beinhaltet u. a. auch Ver- und Entsor-gung, Reinigung und Instandsetzung. (Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), 2007, S. 10)
23 Budäus, S. 15, Mühlenkamp, S. 37
24 Ziekow / Windorffer, S. 49ff.
25 Ziekow / Windorffer, S. 50
26 Ziekow / Windorffer, S. 49, 51f.
27 Ziekow / Windorffer, S. 50f.
28 Ziekow / Windorffer, S. 51f.
29 Krasemann, S. 15; Ziekow / Windorffer, S. 53
30 Krasemann, S. 15f.; Ziekow / Windorffer, S. 55f.
31 Krasemann, S. 14
32 Grüb, 22f.
33 Grüb, S. 23
34 ebenda, S. 23
35 Die Lebenszyklusbetrachtung ist haushaltsrechtlich jedoch nicht vorgeschrieben.
36 Riemenschneider / Nitzsche / Bernold, S. 36
37 Weber, S. 147f.
38 Weber, S. 145f.
39 Kanthak S. 114f.; Fischer, S. 145
40 Riemenschneider / Nitzsche / Bernold, S. 60ff.
41 Bei einer Sanierung sollte eine intensive Voruntersuchung der Immobilie durchgeführt werden, da unerkannte, nicht in der Leistungsbeschreibung enthaltene Bausubstanzschäden den wertmä ß ig grö ß ten Anteil an Nachträgen ausmachen. (Fischer, S. 151)
42 Miksch, S. 7f.; Fischer, S. 149f.
43 Riemenschneider / Nitzsche / Bernold, S. 36f.
44 ebenda, S. 36
45 Krasemann, S. 31
46 Kanthak, S. 114
47 Riemenschneider / Nitzsche / Bernold, S. 89ff.;
48 Der Messaufwand sollte dabei angemessen sein.
49 Riemenschneider / Nitzsche / Bernold, S. 42, 65f. und 89ff.; Fischer, S. 146
50 Riemenschneider / Nitzsche / Bernold, S. 103ff.; Krasemann, S. 242
51 Miksch, 28ff. – ausführlicher zu diesem Prozess siehe Kapitel 3.6.2.3
52 Weber / Mo ß / Parzych, S. 530
53 Miksch, S. 7ff.
54 Gerstlberger, S. 21; Ziekow, S. 22
55 Ziekow / Windorffer, S. 22f.
56 Weitere Modelle, auf die aber nicht weiter eingegangen wird:
57 Gerstlberger, S. 23
58 Weber, S. 140
59 Au ß erdem dienen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Prüfung der Angemessenheit der lan-gen Projektlaufzeit, denn der Wettbewerb darf nach dem Verhältnismä ß igkeitsgrundsatz des Ver-gaberechts nur insoweit eingeschränkt werden, wie es für eine Amortisierung der Investitionen und zur Erzielung einer angemessenen Kapitalverzinsung erforderlich ist. (Ziekow, S. 710ff.)
60 Alfen / Fischer S. 81f.
61 Ziekow / Windorffer, S. 146f.
62 Miksch, S. 6
63 Krasemann, S. 275
64 Bund, Länder und Gemeinden sind gesetzlich jedoch nicht auf das Minimal- oder das Maximal-prinzip (maximaler Output aus mit zur Verfügung stehendem Input) festgelegt. (Nr. 1 VV zu § 7 BHO bzw. zu § 7 LHO NRW bzw. Erläuterung 1.1.3 zu § 75 (1) GO NRW)
65 Krasemann, S. 59ff.; Falls möglich ist ein sogenanntes Optimalprinzip zu bevorzugen, bei dem Input und Output in gewissen Grenzen variabel sind. Diese Variante lässt in Bezug auf Investiti-onsmöglichkeiten und Erfahrung der Privaten den größten Spielraum und kann somit höhere Effi-zienzvorteile generieren werden. (Krasemann, S. 61)
66 wobei die LHO mehr Spielraum lässt als die BHO
67 Neumann / Szabados, S. 163f.
68 Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist jedoch auch verfassungsrechtlich im Art. 114 Abs. 2 Grundge-setz verankert – der Bundesrechnungshof hat u. a. die Wirtschaftlichkeit der Haushalts- und Wirt-schaftsführung zu prüfen, sowie bei öffentlichen Beschaffungsvorgängen im Vergaberecht. (Weber, S. 140)
69 Der Begriff der Privatisierung ist jedoch unklar. Bei einer Orientierung am Zweck der Vorschrift ist darunter die generelle Verlagerung von Rechtsmacht von staatlich nach privat zu verstehen, so dass auch PPP darunter fallen (Krasemann, S. 17). Mit einem Gesetzesantrag vom 18.03.2009 im Rahmen einer größeren Novellierung des ÖPP-Beschleunigungsgesetz wollen Abgeordnete der CDU/CSU und SPD jedoch u. a. erreichen, dass der Begriff „Öffentlich Private Partnerschaften“ in § 7 (1) Satz 2 BHO aufgenommen wird (BT-Drucks. 16/12283, S. 3).
70 Nr. 2.1 und 2.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 7 BHO und § 7 LHO NRW (identischer Aufbau und Inhalt)
71 Nr. 2.3 VV zu § 7 BHO und § 7 LHO NRW (identischer Aufbau und Inhalt)
72 Nr. 2.3.2, 2.3.3 VV zu § 7 BHO und § 7 LHO NRW (identischer Aufbau und Inhalt)
73 z. B. § 14 (1) GO NRW, speziell die Erläuterungen Nr. 1.4 („Verpflichtung zur wirtschaftlichsten Lösung bei Investitionsmaßnahmen“)
74 Der PPP-Leitfaden des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung74 aus dem Jahr 2003 konstatiert, dass die Praxis dem nicht gerecht wird. (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.), Band II, Teilband 2, S. 208)
75 Proll / Drey (Hrsg.), S. 13
76 Proll / Drey (Hrsg.), S. 13
77 u. a. § 6 (2) HGrG, § 7 (2) Satz 1 BHO, § 7 LHO NRW, Erläuterungen Nr. 1.4.1 zu § 14 (1) GemHVO NRW sinngemäß
78 Neumann / Szabados, S. 167
79 Neumann / Szabados, S. 169; Weber, S. 142
80 Bundesgesetzblatt, S. 2680 (Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften)
81 § 4 (5) Körperschaftssteuergesetz
82 Claudy / Ohde, S. 326f.
83 Bausback, S. 903
84 ebenda, S. 374; zur Komplexität der Behandlung steuerlicher Wettbewerbsverzerrungen siehe auch Weber / Moß / Parzych, S. 522f.))
85 BT-Drucks. 16/12283, S. 3
86 Ziekow, S. 32
87 ebenda, S. 32
88 siehe Fußnote 19
89 Deren Durchführung ist sogar wie in Kapitel 3.2 gezeigt gesetzlich verpflichtend, wobei der be-triebene Aufwand grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zu dem zu erwartenden Er-kenntnisgewinn stehen soll.
90 Die Kernelemente des Neues Steuerungsmodells (NSM, oder engl. New Public Management, NPM) sind folgende: Kosten- und Leistungsrechnung, Dezentralisierung und Abflachung von Hie-rarchien, Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung, Kontraktmanagement, Budgetierung, Controlling, Modernisierung der Personalpolitik, Orientierung an Qualität, Wettbe-werb und den Bürgern. (Steffen (2006 (a)), passim)
91 Weber, S. 139
92 ebenda, S. 144
93 ebenda, S. 140; Ziekow / Windorffer, S. 101
94 Weber, S. 145
95 ebenda, S. 145; Boege, S. 43
96 Weber, S. 145
97 vgl. Kapitel 3.5.41 und 3.5.4.2
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- Holger Seikrit (Autor:in), 2009, Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Public Private Partnerships (PPP), München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/134825