Die Vereinigten Staaten von Amerika sind zweifellos eines der führenden Länder in der Welt, in denen staatlich lizenzierte Waffen gehandelt werden. Nach einer Veröffentlichung des World Watch Instituts von 1997 gab es zu diesem Zeitpunkt 250.000 lizenzierte Waffenhändler in den USA – und somit 20 Mal mehr Händler als McDonald’s Restaurants. Schätzungen des privaten Waffenbesitzes schwanken zwischen 192 Millionen in einer Studie des US Justice Departments und 250 Millionen in einer Veröffentlichung des Federal Bureau of Investigation.
Seit der US-amerikanischen Revolution 1776 und der damaligen Debatte über die Aufnahme des Rechtes zum Waffenbesitz in die Bill of Rights, spaltet das Thema die US-amerikanische Öffentlichkeit und heutzutage scheint ein Kompromiss zwischen beiden Seiten unwahrscheinlicher denn je. Oftmals, so macht es den Eindruck, treffen hierbei zwei unnachgiebige Ideologien, wenn nicht sogar zwei markante Kulturen, aufeinander.
Auf der einen Seite stehen die eher städtischen, oftmals an der Ostküste geborenen Befürworter von Reglementierung des Waffenbesitzes. Sie sind häufig in künstlerischen Bereichen gut ausgebildet und gehen selten jagen oder zielschießen. Waffenbesitzer sowie diejenigen, die für das Recht auf Waffenbesitz eintreten, andererseits kommen oft eher aus südlicheren und westlicheren Gegenden der Vereinigten Staaten und wachsen auf dem Land auf. Dort ist die Tradition des Jagens sehr stark ausgeprägt und verbunden mit gemeinsamen Ausflügen, hauptsächlich der Väter und Söhne. Der Besitz von Waffen ist in diesen Regionen keine Ausnahme, sondern die Regel, und der richtige Umgang mit Waffen erfüllt südliche und westliche US-Bewohner mit Stolz. Aus ihrer Sicht sind nicht die Waffen schuld an der Gewalt, sondern die Menschen, die aus ihrer Kriminalität heraus Waffen einsetzen.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Deutung und Bedeutung der US-Geschichte in der Debatte
2.1 Second Amendment to the United States Constitution
3. Die Debatte über Reglementierung von Waffenbesitz
3.1 „Gun Control“-Bewegungen
3.2 „Gun Rights“-Bewegungen
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind zweifellos eines der führenden Länder in der Welt, in denen staatlich lizenzierte Waffen gehandelt werden. Nach einer Veröffentlichung des World Watch Instituts von 1997 gab es zu diesem Zeitpunkt 250.000 lizenzierte Waffenhändler in den USA – und somit 20 Mal mehr Händler als McDonald’s Restaurants. Schätzungen des privaten Waffenbesitzes schwanken zwischen 192 Millionen in einer Studie des US Justice Departments und 250 Millionen in einer Veröffentlichung des Federal Bureau of Investigation.[1]
Seit der US-amerikanischen Revolution 1776 und der damaligen Debatte über die Aufnahme des Rechtes zum Waffenbesitz in die Bill of Rights, spaltet das Thema die US-amerikanische Öffentlichkeit und heutzutage scheint ein Kompromiss zwischen beiden Seiten unwahrscheinlicher denn je. Oftmals, so macht es den Eindruck, treffen hierbei zwei unnachgiebige Ideologien, wenn nicht sogar zwei markante Kulturen, aufeinander.
Auf der einen Seite stehen die eher städtischen, oftmals an der Ostküste geborenen Befürworter von Reglementierung des Waffenbesitzes. Sie sind häufig in künstlerischen Bereichen gut ausgebildet und gehen selten jagen oder zielschießen. Waffenbesitzer sowie diejenigen, die für das Recht auf Waffenbesitz eintreten, andererseits kommen oft eher aus südlicheren und westlicheren Gegenden der Vereinigten Staaten und wachsen auf dem Land auf. Dort ist die Tradition des Jagens sehr stark ausgeprägt und verbunden mit gemeinsamen Ausflügen, hauptsächlich der Väter und Söhne. Der Besitz von Waffen ist in diesen Regionen keine Ausnahme, sondern die Regel, und der richtige Umgang mit Waffen erfüllt südliche und westliche US-Bewohner mit Stolz. Aus ihrer Sicht sind nicht die Waffen schuld an der Gewalt, sondern die Menschen, die aus ihrer Kriminalität heraus Waffen einsetzen.
Die Entstehung der „United States Bill of Rights“ und das darin inbegriffene „Second Amendment to the United States Constitution“ sorgten schon vor ihrer Ratifizierung 1791 für erhebliche Diskussion unter der neugegründeten US-amerikanischen Elite. Der ideologische Konflikt zwischen Föderalisten und Anti- Föderalisten, der schon 1787 auf der Philadelphia Konvention zum Vorschein trat, bedrohte nicht nur die Bill of Rights, sondern die gesamte Ratifizierung der U.S. Verfassung, bis letztendlich ein Kompromiss errungen wurde, dessen weitreichender Interpretationsspielraum beide Seiten zufrieden stellte.
Befürworter für den Besitz von Waffen sehen in dem zweiten Artikel der Bill of Rights ihr verfassungsmäßiges Recht auf Selbstverteidigung durch den Waffenbesitz. Da eine Waffe das primäre Werkzeug der Selbstverteidigung ist, lehnen ihre Befürworter jegliche Intervention und Eingrenzung des Rechts auf den Besitz von Waffen durch den Staat als untragbar ab. Aus ihrer Sicht, wäre dies der „erste Schritt einer Gratwanderung, die schließlich in der Quasi-Knechtschaft durch einen totalitären Staat endet.“[2]
In den 1970er und 80er Jahren arbeiteten Waffenlobbys außergewöhnlich erfolgreich und brachten die meisten Gesetzesinitiativen zur Waffenkontrolle zu Fall. Dies änderte sich jedoch schlagartig in den 1990ern, als die Kriminalitätsraten weiter anstiegen und eine „blutverschmierte“[3] Nation nach einem Ende der waffen-bezogenen Gewalt rief.
Heutzutage gibt es Bundesgesetze, die den Waffenhändlern Restriktionen für einen Waffenverkauf auferlegen: unter anderem müssen Käufer mindestens 18 Jahre alt sein, eine Staatsbürgerschaft oder eine Aufenthaltsgenehmigung aufweisen und dürfen keinen kriminellen Hintergrund haben. Zusätzlich haben einige Bundesstaaten weitergehende Einschränkungen durch Gesetze erlassen: Illinois beispielsweise erfordert vom Käufer eine „Firearms Identification Card“, die nur von der Staatspolizei herausgegeben wird und verfügt somit über eines der striktesten Waffengesetze, wohingegen in Virginia keine Lizenz nötig ist, um eine Handfeuerwaffe, die weniger als 20 Schuss beinhaltet, sogar öffentlich zu tragen.
Das Vorhaben dieser Hausarbeit ist es den Waffenbesitz in den Vereinigten Staaten von Amerika zu untersuchen und die Geschichte, die sich dahinter verbirgt, darzustellen. Hierbei soll auf die Entstehung dieser Waffenkultur eingegangen werden, allen voran die Bedeutung des „Second Amendment“ zur Zeit der Ratifizerung der U.S. Verfassung sowie die heutige Relevanz. Schließlich soll die Debatte über Waffengesetze analysiert werden, sowie die beiden gegenüberstehenden Seiten vorgestellt werden: zum einen die Bewegungen, die sich für stärkere Einschränkung des Waffenbesitzes einsetzen, und zum anderen die größte Organisation in den USA, die für das Recht auf Waffenbesitz eintritt – die National Rifle Association.
2. Die Deutung und Bedeutung der US-Geschichte in der Debatte
Im Mittelpunkt der erbitterten Debatte zwischen Befürwortern des Waffenbesitzes und Gegnern steht die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. Verfechter der Pro-Waffen Gesetzgebung behaupten, dass das „Second Amendment“ das individuelle Recht Waffen zur Selbstverteidigung zu halten und zu tragen schützt. Sie argumentieren, dass die anderen in der Bill of Rights aufgelisteten Rechte die individuelle Freiheit sichern und dies daher ebenso auf das Recht Waffen zu besitzen zu übertragen ist. Waffengegner sehen ebenfalls die Geschichte auf ihrer Seite und argumentieren, dass der zweite Artikel der „Bill of Rights“ lediglich das kollektive Recht der Staaten auf Selbstverteidigung schützt, die in einer organisierten Miliz tätig sind, wie beispielsweise die Nationalgarde.
Obwohl beide Seiten in der heutigen Debatte bekräftigen, dass sie das Second Amendment historisch akkurat interpretieren, so lassen sich dennoch einige Ansatzpunkte widerlegen.
2.1 Second Amendment to the United States Constitution
„ A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed.“
Die US-amerikanische Geschichte ist geprägt von Themen, in denen soziale wie auch politische Probleme sich zu verfassungsrechtlichen Streitfällen entwickelten: die Frage über Abtreibung, die in dem Gerichtsfall Roe v. Wade 1973 vor dem Supreme Court endete oder die Kontroverse über Sklaverei und die Rechte der Schwarzen in Dred Scott v. Sanford im Jahr 1857. Die Debatte über Waffenkontrolle stellt keine Ausnahme dar und daher wird immer wieder auf den zweiten Zusatzartikel der US-amerikanischen Verfassung verweisen, um einen Punkt zu verdeutlichen.
Der Konflikt zwischen „Indivualisten“ und „Kollektivisten“ spaltet nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch Medien und die politische Elite und wissenschaftliche Literatur[4]. Hugh Scott, republikanischer Senator aus Pennsylvania, schrieb in einem Artikel für das Magazin „Guns & Ammo“: „As my record shows, I have always defended the right-to-bear-arms provision of the Second Amendment. I have a gun in my own home and I certainly intend to keep it.“[5] Barack Obama, Senator aus Illinois und Präsidentschaftskandidat der Demokraten für die diesjährige Wahl, sagte gegenüber der Tageszeitung „Chicago Defender“: „Too many of these guns end up in the hands of criminals even though they were originally purchased by people who did not have a felony. I'll continue to be in favor of handgun law registration requirements and licensing requirements for training.“[6]
Historisch gesehen ist das Recht Waffen zu halten und zu tragen sehr eng mit Fragen der politischen SouveränitätSouveränität sowie ziviler und militärischer Macht des Nationalstaates, verflochten. Weder war das Second Amendment zufällig noch zwecklos in die Bill of Rights aufgenommen worden: Es war vielmehr die Konsequenz aus jahrhundertlanger politischer Erfahrung der amerikanischen Auswanderer mit der Britischen Militärsmacht. Um die historische Bedeutung hinter der Bill of Rights und des Second Amendments zu begreifen, ist eine Auseinandersetzung mit der Entstehung dieser Artikel aus der Perspektive des späten 18. Jahrhunderts und nicht aus heutiger Sicht erforderlich.
Durch geschichtliche Analysen zahlreicher Wissenschaftler ist heutzutage evident, dass der Einfluss des Republikanismus[7] bedeutend für das Verständnis der US- amerikanischen Verfassung ist.[8] Diese Ideenvorstellung stützt sich wesentlich auf den liberalen Staatsbegriff und steht in direkter Opposition zur Idee der Tyrannei oder Diktatur. Kolonialamerikaner glaubten, dass eine Republik erheblich vom Charakter und Geist seiner Bürger geprägt wird und dass sie ausschließlich durch den Schutz der Freiheit vor der aggressiven Gewalt der Macht überleben kann. Folglich würde Amerika eine Festung der Freiheit bleiben und somit ein Gegenpol zu den korrupten Gesellschaften Europas darstellen.[9]
[...]
[1] Michael Renner, Small Arms, Big Impact: The Next Challenge of Disarmament, Worldwatch Paper #137, Worldwatch Institute on October 1, 1997, S. 21
[2] Marjolijn Bijlefeld, People for and against Gun Control: A Biographical Reference, Greenwood Press, Westport Connecticut 1999, S. 45
[3] Constance Emerson Crooker, Historical Guides to Controversial Issues in America: Gun Control and Gun Rights, Greenwood Press, Westport Connecticut 2003, S. xi
[4] Siehe hierzu Peter B. Feller & Karl L. Gotting, The Second Amendment: A Second Look, 61 Nw. U.L. Rev. 46, 1966. Die beiden Autoren schließen aus ihrer wissenschaftlicher Analyse: „The ‚right of the people’ refers to the collective right of the body politic of each state to be under the protection of an independent, effective state militia.“ S. 69.
Siehe ebenfalls Stuart R. Hays, The Right to Bear Arms, a Study in Judicial Misinterpretation, William and Mary Law Review No. 2, 1960. Hays kommt zu dem Schluss, dass das Entscheidung Waffen mit sich zu tragen ein individuelles Recht ist. S. 381.
[5] Hugh Scott, Leading Senator Admits Gun Law Mistake!, aus Guns & Ammo, March 1970, S. 46f
[6] Barack Obama, aus Chicago Defender vom 05.07.2001, zitiert nach FactCheck.BarackObama.com
[7] Hier ist die Staatstheorie des Republikanismus gemeint, die in keiner Weise mit der heutigen Republikanischen Partei in den Vereinigten Staaten von Amerika zusammenhängt.
[8] Siehe hierzu: Robert E. Shalhope, Toward A Republican Synthesis: The Emergence of an Understanding of Republicanism in American Historiography, William and Mary Quarterly No. 29, January 1972, S. 49-80 und Robert E. Shalhope, Republicanism and Early American Historiography, William and Mary Quarterly No. 39, April 1982, S. 334-45
[9] Robert E. Shalhope, The Ideological Origins of the Second Amendment, aus Gun Control and the Constitution. Sources and Explorations on the Second Amendment. Volume 3 Special Topics on Gun Control, Garland Publishing Inc., New York & London 1993, S. 75
- Arbeit zitieren
- Marc Grezlikowski (Autor:in), 2008, Waffenbesitz in den Vereinigten Staaten von Amerika – historische Bedeutung des „Second Amendment“ und heutige Auseinandersetzungen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/131722