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Ausarbeitung, 2021
21 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung
2. Gang der Untersuchung
3. Grundlagen
3.1 Kostenführerschaft
3.2 Differenzierung
3.3 Hybride Wettbewerbsstrategie
3.3.1 Arten von hybriden Wettbewerbsstrategien
3.3.2 Vor- und Nachteile von hybriden Wettbewerbsstrategien
3.3.3 Konzept der hybriden Wettbewerbsstrategien
4. Auf der Suche nach dem Erfolgsrezept in der Praxis
5. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
In der Wirtschaft stehen Unternehmen vor der Herausforderung ihre Produkte und Dienstleistungen am jeweiligen Markt erfolgreich und nachhaltig gegenüber Wettbewerbern zu positionieren. Aus diesem Grund spielt die Entwicklung von sollten Geschäfts- bzw. Wettbewerbsstrategien eine Rolle. Dabei kommt es auf die beabsichtigten Wettbewerbsvorteile, das anvisierte Wettbewerbsfeld und das Innovationsverhalten an.
Der amerikanische Ökonom Michael Porter hat mit seinen Überlegungen zu den Wettbewerbsstrategien das strategische Management nachhaltig beeinflusst und viele Jahre geprägt. Gemäß Porter unterscheidet man beim Aufbau eines nachhaltigen und erfolgreichen Wettbewerbsvorteils lediglich zwischen Kostenführerschaftsvorteile und Differenzierungsvorteile.1 Allerdings ist in der Praxis zunehmend eine Kombination dieser beiden generischen Wettbewerbsstrategien zu beobachten. Obwohl Studien, wie die von Thornhill/White (2007) oder Ebben/Johnson (2005), Porters Theorie der klaren Wettbewerbsstrategien belegen und zeigen, dass Dualstrategien oder hybride Strategien weniger erfolgreich sind, zeigen bekannte Beispiele wie Swatch, Toyota/Lexus oder Singapore Airlines, dass hybride Wettbewerbsstrategien durchaus erfolgreich sein können. Eine weitere Beobachtung im wirtschaftlichen Unternehmensumfeld ist, dass Unternehmen ihre klare Wettbewerbsstrategie im Laufe der Zeit an geänderte Rahmenbedingungen anpassen und die Strategie wechseln. So können des Öfteren Fälle beobachtet werden, bei denen ein Unternehmen zunächst eine Kostenführerschaftsstrategie verfolgt, dann aber zu einem späteren Zeitpunkt erfolgreich anfängt Differenzierungsvorteile zu nutzen.
Damit stellt sich die Frage, wovon diese unterschiedlichen Herangehensweisen abhängen. Gibt es ein „Erfolgsrezept“, das sich bei der Anwendung der hybriden Wettbewerbsstrategien erkennen lässt? Ist das Erreichen eines hohen Marktanteils durch eine anfängliche Strategie der Kostenführerschaft, der dann mit einer Differenzierungsstrategie ausgeweitet wird, eventuell ein solches „Erfolgsrezept“?
Diese wissenschaftliche Arbeit befasst sich mit dieser Fragestellung und ist auf der Suche nach einem „Erfolgsrezept“ in der wettbewerbsstrategischen Entscheidungsfindung. Dafür werden zunächst Grundlagen, wie eine Definition nach Porter zu den generischen Wettbewerbsstrategien und anschließend insbesondere der hybriden Wettbewerbsstrategie, erläutert. Dabei werden auch die verschiedenen Arten von hybriden Wettbewerbsstrategien dargestellt sowie Vor- und Nachteile einer hybriden Wettbewerbsstrategie beschrieben. Außerdem wird das Konzept von hybriden Wettbewerbsstrategien erläutert, wobei eine Unterteilung in simultane, multilokale oder sequenzielle hybride Wettbewerbsstrategie erfolgt. Auf Basis der so gewonnenen Kenntnisse werden auf der Suche nach einem Erfolgsrezept die unterschiedlichen wissenschaftlichen Meinungen zu dem Thema dargestellt und diese anhand eines Beispiels aus der Smartphone Branche untersucht. Zudem werden Auffälligkeiten beim Betrachten von Unternehmen mit hybriden Wettbewerbsstrategien in einen Kontext gebracht. Im Fazit werden die hybriden Wettbewerbsstrategien bewertet und letztlich eine logische Schlussfolgerung auf die Frage nach einem Erfolgsrezept gezogen.
Bei der Entwicklung einer Wettbewerbsstrategie werden die Dimensionen Inhalt, Prozess sowie Form unterschieden.2 Zum Bereich der inhaltlichen Dimension gehören wiederum die Fragen nach den angestrebten Wettbewerbsvorteilen (Kostenführerschaft oder Differenzierung), den anvisierten Wettbewerbsfelder und das Innovationsverhalten (Pionier oder Nachahmer). Somit betrachtet diese Ausarbeitung auf der Suche nach einem Erfolgsrezept bei der wettbewerbsstrategischen Entscheidungsfindung die inhaltliche Dimension und konkreter die branchenspezifische Ermittlung von Wettbewerbsvorteilen.
Von einer Kostenführerschaft wird gesprochen, wenn ein Unternehmen innerhalb seiner Branche die günstigste Kostenstruktur aufweist.3 Dazu gehört eine kostengünstige und effiziente Herstellung der verkauften Ware. Hilfreich bis zwingend notwendig ist dafür ein hoher Marktanteil, wodurch Skaleneffekte eine günstigere Produktion ermöglichen, sowie eine strenge Kostenkontrolle. Dadurch ist dieses Unternehmen in der Lage preislich auf dem Markt die günstigsten Produkte anzubieten und so einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz aufzubauen. Allerdings geht eine günstige Produktion auch immer mit Abstrichen einher. Das Unternehmen muss folglich vor allem Kunden ansprechen, welche dazu bereit sind auf bestimmte Leistungen zu verzichten, um Kosten zu sparen. Auf die dann reduzierten Ansprüche muss sich das Unternehmen fokussieren, um eine Wertkette aufzubauen und ein mindestens akzeptables Produkt anzubieten, ohne eine mangelnde Produktqualität aufzuweisen.
Bei einer Differenzierungsstrategie soll ein einzigartiges Produkt einen hohen Nutzen für den Kunden erzeugen, wodurch dieser bereit ist mehr Geld für dieses Produkt auszugeben oder mehr Produkte dieser Reihe zu kaufen.4 Der Wettbewerbsvorteil wird dadurch erzielt, dass der Kunde mithilfe der gekauften Produkte seine Bedürfnisse besser befriedigt, eigene Leistungen verbessert oder selber Kosten reduzieren kann. Dabei zählt eine operative Effizienz innerhalb des Unternehmens ebenfalls zu den Voraussetzungen.
Diese zwei generischen Wettbewerbsstrategien hat der amerikanische Professor Michael E. Porter zum Ausgangspunkt seiner theoretischen Untersuchung zu Systematisierung von Wettbewerbsvorteilen gemacht.5 Obwohl Porter eine Kombination der generischen Wettbewerbsvorteile ablehnt, da sich kein Unternehmen auf zwei unterschiedliche Dinge gleichzeitig konzentrieren könne und sich die Strategien gegenseitig ausschließen, kann in der Praxis die Kombination beobachtet werden. Diese Kombination der generischen Wettbewerbsstrategien wird Hybride Wettbewerbsstrategie genannt. Das Wort „hybrid“ stammt dabei aus der griechischen Sprache und bedeutet soviel wie „aus Verschiedenartigem zusammengesetzt“.6 Ein typisches Merkmal einer hybriden Strategie ist eine günstige Kostenstruktur, welche mit einer hohen Differenzierung kombiniert werden. Des Weiteren sind Unternehmen mit einer hybriden Strategie oft in reifen Branchen anzutreffen und besitzen zumeist eine hohe Marktdominanz.7
Mit Betrachten von hybriden Wettbewerbsstrategien fällt auf, dass es verschiedene Arten gibt eine Kombination von Kostenführerschaft und Differenzierung umzusetzen.8
Eine Möglichkeit ist eine preisliche Position in der Mitte bei einer gleichzeitigen Durchführung von Kostenführerschafts- und Differenzierungsansätzen. Diese Art ist bei der Automobilmarke Lexus zu erkennen. Lexus produziert und vertreibt Fahrzeuge mit einer höheren Qualität als der Mutterkonzern Toyota und ist damit dem gehobenen Segment zuzuordnen - vergleichbar mit Marken wie Mercedes oder BMW. Preislich findet sich Lexus aber eher im Mittelsegment wieder. Das hat den Vorteil, dass es damit eine deutlich größere Kundschaft ansprechen kann. Möglich ist diese Differenzierung dadurch, dass Toyota als Mutterkonzern aufgrund der Größe des Unternehmens einen Wettbewerbsvorteil z.B. beim Einkauf der benötigten Fahrzeugteile besitzt. Zudem kann es durch den Einsatz gleicher Produktionsplattformen für verschiedene Modelle sowie weiterer Lean-Production-Methoden qualitativ hochwertige Fahrzeuge kostengünstiger produzieren, um sie dann zu einem günstigeren Verkaufspreis als die Konkurrenz auf den Markt bringen. Diese Strategie wird oftmals auch Best-Cost-Strategie oder Best-Value-Strategie genannt.
Alternativ kann ein Unternehmen auch eine Strategie verfolgen, bei der es eine Premium- und eine Billigmarke in den Markt bringt. Diese Strategie verfolgt der Konzern Singapore Airlines, welches unter dem eigenen Namen Premium-Flüge anbietet und unter Tochtergesellschaft Silkair günstigere Flüge.
Zusätzlich besitzt ein Unternehmen die Möglichkeit ein möglich breites Spektrum an Produkten anzubieten. So decken die beiden führenden Schweizer Detailhändler (Einzelhändler) Coop und Migros mit exklusiven Eigenmarken nicht nur die obersten Preissegmente ab, sondern mit günstigen Produkten auch das unterste Preissegment.
Die letzte beobachtete Option ist eine Kombination von First-Mover- und Fast-Follower-Strategien. Dabei erarbeitet sich ein Unternehmen beispielsweise mit Innovationen in Logistikprozessen einen Wettbewerbsvorteil und kopiert zusätzlich kurz nach Veröffentlichung Innovationen der Konkurrenz.
Gemäß Porters „Stuck in the middle“-These sind Geschäftsbereiche nur aufgrund eines Kostenvorsprungs oder einer klaren Differenzierung erfolgreich. Ein Unternehmen, welches beide Wettbewerbsvorteile verbindet, kann seiner Meinung nach nicht langfristig erfolgreich agieren, da es sich in einer schlechten strategischen Position befindet, welche die Wettbewerbsfähigkeit und somit die eigene Rentabilität gefährdet.9 Porter kommt zudem zu der Überzeugung, dass eine unklare Positionierung negative Effekte auf den Unternehmenserfolg hat.10 Diese Theorie begründet er mit der eigens aufgestellten „Unvereinbarkeitshypothese“.11
Jedoch stellt sich die Frage, warum einige Unternehmen auf eine Kombination der generischen Wettbewerbsvorteile setzen und damit Erfolg haben. Während Studien, wie bspw. die von Thornhill/White aus dem Jahr 2007 und die von Ebben/Johnson aus dem Jahr 2005, Porters Theorie unterstützen und eine eindeutige Strategie empfehlen12, widersprechen andere Studien wie bspw. die von Miller/Dess dieser Theorie und empfehlen eine Kombination einer branchenweiten Differenzierung mit Kostenführerschaftsstrategie.13
Grundsätzlich lässt sich jedoch aufgrund der Ergebnisse gewisse Muster erkennen. Zum einen fällt es Unternehmen mit einer klaren Positionierung einfacher die eigene Wertkette auf die Strategie anzupassen und sich gegenseitig unterstützende Wertaktivitäten zu bilden.14 Des Weiteren ist die Komplexität bei der Verfolgung zweier Strategien höher, was zu Konflikten unter den Mitarbeitern führen kann. Ein weiterer Punkt ist, dass ein Unternehmen, welches zwei Strategien verfolgt auf zwei Seiten durch die Konkurrenz angreifbar. Außerdem ist bei Produkten, welche sich auf zwei unterschiedliche Strategien beziehen, nicht nur eine Kannibalisierung untereinander möglich, sondern auch eine Verwässerung des Produkts- oder Unternehmensimages. Genauso ist die Organisationskultur angreifbar, wenn unterschiedliche preisliche oder qualitative Strategien verfolgt werden.
Auf der anderen Seite belegen empirische Beobachtungen, welche Vorteile aus einer hybriden Wettbewerbsstrategie erfolgen können. Bei einer klaren Strategie greift oftmals das sog. Strategieparadoxon: Hohe Commitments in Form von hohen Investitionen schrecken zwar einerseits Konkurrenten davor ab, die Strategie zu imitieren, behindern aber andererseits diese Unternehmen bei einer notwendigen Anpassung oder Veränderung der eigenen Strategie bei Marktveränderungen. Diesem Paradoxon können Unternehmen mit einer hybriden Strategie ausweichen.15
Zusätzliche Innovationen der vergangenen Jahre legen erfolgreiche hybride Strategien nahe. So erlauben Innovationen wie bspw. Mass Customization die kostengünstige Massenproduktion von individuellen, auf einzelne Kundenwünsche ausgerichtete, Produkte.
Ein ähnlicher Prozess ist in der Automobilbranche zu beobachten. Dort werden Komponentenplattformen unternehmensübergreifend standardisiert hergestellt und anschließend mit unternehmensindividuellen Differenzierungsmerkmalen versehen. So können auf der einen Seite Kosten eingespart werden und auf der anderen Seite Differenzierungen vollzogen werden.
Vorteile durch eine unklare Positionierung lässt sich bei Unternehmen wie Aldi beobachten. Zunächst als Discounter auf den Markt gekommen, erzielte das Unternehmen schnell einen hohen Marktanteil. Diesen Marktanteil nutze Aldi anschließend aus, um Produktdifferenzierungen durchzusetzen und zusätzliche Kundensegmente zu bedienen. Damit sich ein Wettbewerber dagegen zur Wehr setzen könnte, müsste er eine Anpassung der eigenen Strategie vornehmen. Das kann aufgrund des zuvor beschriebenen Strategieparadoxon besonders bei hybriden Unternehmen einfacher umgesetzt werden.
Ein ähnliches Beispiel wie Aldi bietet auch die chinesische Marke Huawei. Gestartet als preisgünstiger Anbieter von Telefonen und Handys, gewann das Unternehmen verbunden mit dem seit Längerem stark wachsendem Markt in China einen hohen Marktanteil. Das Unternehmen bemerkte jedoch auch, dass sich parallel zum Marktwachstum auch die Bedürfnisse der Kunden änderte. Die Kunden wünschten sich zunehmen Produkte im mittleren Preissegment. Durch die Befriedigung dieser Wünsche könnte sich ein Unternehmen vom unteren Preissegment abgrenzen, ohne sich aus dem hohen Preissegment verabschieden zu müssen. Huawei erkannte dies und fing an in jenes Mittelsegment zu differenzieren. Dieser Fall zeigt, dass die hybride Wettbewerbsstrategie bei wachsenden Märkten, wie sie auch in Indien, Russland oder Brasilien zu finden sind, mit einem aufstrebenden Mittelsegment aufgrund ihrer Flexibilität erfolgreich sein kann.
Während jedoch das Mittelsegment in manchen Ländern boomt, verschwindet es in anderen Ländern zunehmend. Besonders in westeuropäischen Ländern, den USA und Japan ist zu beobachten, dass die Menschen zunehmend qualitativ akzeptable Billigprodukte kaufen und sich nur noch gelegentlich Premiumprodukte erlauben. Unternehmen im Mittelsegment erleiden dort oftmals das von Porter formulierte „Stuck-in-the-middle“-Problem. Das Unternehmen Electrolux, welches vor allem im Mittelsegment zu finden war, hat sich diesem Problem gestellt und angefangen mit standardisierten Produkten und geringem Marketingaufwand das untere Preissegment zu bedienen und gleichzeitig hochwertige und individuelle Produkte für den Premiumsektor zu fertigen.16
[...]
1 Vgl. Porter, M.E. (1985)
2 Vgl. hierzu und zum folgenden Lombriser/Abplanalp (2018), S.268
3 Vgl. Porter, M.E. (2014)
4 Vgl. Porter, M.E. (2014)
5 Vgl. Porter, M.E. (1998), S.62-77
6 Vgl. Mackensen, L. (1988), S.207
7 Vgl. Lombriser/Abplanalp (2018), S.284
8 Vgl. hierzu und zum folgenden Lombriser/Abplanalp (2018), S.282f.
9 Vgl. Proff, H. (1997), S.205
10 Vgl. Porter, M.E. (1985), S.12 u. S.16
11 Vgl. Corstel/Will (1995), S.2
12 Vgl. Thornhill/White (2007)
13 Vgl. Miller/Dess (1993)
14 Vgl. hierzu und zum Folgenden Markides/Charitou (2004)
15 Vgl. Raynor, E. (2007), S. 51ff.
16 Vgl. Knudsen, T. (2004), S.77