Je wichtiger die Massenmedien für die gesellschaftliche Kommunikation werden, desto größer sind die Herausforderungen, vor welche auch die Rundfunkregulierung gestellt wird. Die zunehmende Kommerzialisierung des Mediensystems, soziokulturelle Veränderungen, Mängel staatlicher Regulierung und technische Entwicklungen erzwingen eine Anpassung der Ziele und Instrumente der Regulierung des Rundfunks.
Aus diesem Anlass beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem britischen Mediensystem nach der Medienreform im Jahr 2003.
Eine 2003 neu geschaffene Aufsichtsbehörde, die durch einen Praxisbezug und eine ökonomische Gesamtausrichtung von sich Reden macht, reguliert den britischen Medienmarkt seitdem zurückhaltend und vertraut auf sich selbstregulierende Marktkräfte. Die Regulierungsform der Selbst- bzw. Koregulierung wurde durch diese Reform in Großbritannien ins Leben gerufen.
Die Selbst- und Koregulierung scheint in rundfunkpolitische Diskussion zu einem Modewort zu avancieren. Medienunternehmen erhoffen sich einen Rückzug des Staates. Doch wie steht es um die Wirkung und die Durchsetzbarkeit von selbst auferlegter Regeln durch die Medien?
In der vorliegenden Arbeit soll dies erörtert und bewertet werden. Die neue Aufsichtsbehörde und der Ansatz der Selbstregulierung sind ein Teil der Medienreform aus 2003. Der Focus der Arbeit und die Forschungsfrage richten sich an die Regulierungsaufsicht und dessen medieninhaltliche Regulierung in Form von Selbstregulierung.
Das Forschungsinteresse der vorliegenden Hausarbeit richtet sich an eine Bewertung dieses reformierten Kommunikationssektors und bildet mit einer Diskussion um den Erfolg von Selbst- und Koregulierung den Hauptteil.
Mithilfe aktueller Literatur zu der Thematik der Selbstregulierung lässt sich keine konkrete Bewertung der nun sechsjährigen Arbeit der neuen britischen Aufsichtsbehörde abgeben. Jedoch reichen die vorliegenden Studien aus um eine Diskussion über die medienpolitische Reform und derzeitige Regulierungsformen zu führen.
GLIEDERUNG
1. EINLEITUNG
2. VERÄNDERUNGEN IM BRITISCHEN MEDIENSYSTEM
3. DISKUSSION UM DIE KRITIK UM DAS OFFICE OF COMMUNICATIONS
3.1. DIE SELBST- UND KOREGULIERUNG
3.2.1. SELBSTREGULIERUNG VERSUS KOREGULIERUNG
3.2.2. VOR- UND NACHTEILE DER SELBSTREGULIERUNG
4. BEWERTUNG DER ERGEBNISSE UND AUSBLICK
5. LITERATUR
1. Einleitung
Je wichtiger die Massenmedien für die gesellschaftliche Kommunikation werden, desto größer sind die Herausforderungen, vor welche auch die Rundfunkregulierung gestellt wird. Die zunehmende Kommerzialisierung des Mediensystems, soziokulturelle Veränderungen, Mängel staatlicher Regulierung und technische Entwicklungen erzwingen eine Anpassung der Ziele und Instrumente der Regulierung des Rundfunks.
Aus diesem Anlass beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem britischen Mediensystem nach der Medienreform im Jahr 2003.
Eine 2003 neu geschaffene Aufsichtsbehörde, die durch einen Praxisbezug und eine ökonomische Gesamtausrichtung von sich Reden macht, reguliert den britischen Medienmarkt seitdem zurückhaltend und vertraut auf sich selbstregulierende Marktkräfte. Die Regulierungsform der Selbst- bzw. Koregulierung wurde durch diese Reform in Großbritannien ins Leben gerufen.
Die Selbst- und Koregulierung scheint in rundfunkpolitische Diskussion zu einem Modewort zu avancieren. Medienunternehmen erhoffen sich einen Rückzug des Staates. Doch wie steht es um die Wirkung und die Durchsetzbarkeit von selbst auferlegter Regeln durch die Medien?
In der vorliegenden Arbeit soll dies erörtert und bewertet werden. Die neue Aufsichtsbehörde und der Ansatz der Selbstregulierung sind ein Teil der Medienreform aus 2003. Der Focus der Arbeit und die Forschungsfrage richten sich an die Regulierungsaufsicht und dessen medieninhaltliche Regulierung in Form von Selbstregulierung.
Das Forschungsinteresse der vorliegenden Hausarbeit richtet sich an eine Bewertung dieses reformierten Kommunikationssektors und bildet mit einer Diskussion um den Erfolg von Selbst- und Koregulierung den Hauptteil.
Mithilfe aktueller Literatur zu der Thematik der Selbstregulierung lässt sich keine konkrete Bewertung der nun sechsjährigen Arbeit der neuen britischen Aufsichtsbehörde abgeben. Jedoch reichen die vorliegenden Studien aus um eine Diskussion über die medienpolitische Reform und derzeitige Regulierungsformen zu führen.
2. Veränderungen im britischen Mediensystem
Im Jahr 1997 setzte sich die britische Labourpartei erstmals folgenreich mit einer größeren Reform der Kommunikationssektoren hinsichtlich der Medienregulierung auseinander. Obwohl ein Jahr vorher noch der Broadcasting Act von 1996 mit konsequenzreichen Medienrechtsreformen verabschiedet worden war, gaben die immer noch verschwindenden Grenzen zwischen ehemals deutlich getrennten Mediensektoren Anlass für diese Neustrukturierung der Medienaufsicht.
Obwohl die Konzentrationstendenzen in der britischen Medienlandschaft durch schon frühere Neuregelungen zunahmen, wurden 1996 weitere Beschränkungen nach diesem Communications Act gelockert. Beispielsweise war es nun möglich als kommerzielles Medienunternehmen ungeachtet der Übertragungsmethode und der Kanalanzahl 15 % des Zuschaueranteils zu halten. Die strengen Verbote, nicht in fremde Mediensektoren investieren zu dürfen, wurden für ITV-Unternehmen[1] gelockert, was international gesehen schon wesentlich früher möglich war. (vgl. Hübner/Münch 1999: 166f)
Bis dahin war die Medienaufsicht in einem komplexen System in fünf klar definierte Institutionen[2] unterteilt, dessen Kommunikation zwischen ihren Zuständigkeiten schon seit einigen Jahren von Medienvertretern kritisiert wurde. Die damalige Labour-Regierung entschied sich das Ofcom[3] ins Leben zu rufen, eine Institution die nun schon seit 2003 als alleinige Aufsicht die genannten Institutionen verkörpert. Das Ofcom tritt als staatlicher unabhängiger Regulierer auf, von dem angenommen wird, dass er sich durch seine Alleinstellung besser an jegliche Veränderungen in der Technik und am Markt anpassen kann.
Die britischen Medienexperten Douglas Vick und William Doyle 2004 in einem Artikel in der Fachzeitschrift Media Perspektiven kritisieren, dass eine wesentlich näher liegende Option und ein logischer Schritt gewesen wäre, „das bestehende, relativ komplexe System der Medienaufsicht mit verschiedenen, jeweils für klar definierte Bereiche zuständigen Institutionen beizubehalten und lediglich eine verbesserte Kommunikation zwischen diesen Aufsichtsorganen herbeizuführen.“ (Vick/Doyle 2004: 38 in Media Perspektiven). Sie titeln diese Reform in der wissenschaftlichen Literatur mit dem „konvergierten Regulierung zum deregulierten Medienmarkt“ (ebd.). Nichtsdestotrotz bekam diese Medienreform den Zuspruch der Regierung und wurde so im Jahr 2000 im Weißbuch[4] verankert und 2003 durch Communications Act 2003 verabschiedet. (vgl. Roßnagel/Kleist/Scheuer 2007: 51f)
Der Communications Act 2003 war die bisher umfangreichste und für den Medienmarkt umfassendste Grundsatzrevolution der Medienaufsicht und wird so von Medienvertretern und -wissenschaftlern sehr kritisch beobachtet und diskutiert. (vgl. Vick/Doyle 2004: 38ff in Media Perspektiven).
Besonders an dieser Reform ist, dass sie zur Regulierung audiovisueller Inhalte in Richtung Selbst- und Co-Regulierung abzielt. Diese neue Gesetzeslage in Form des Ofcoms als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist auf verschiedene Ziele ausgerichtet, die sich auf den medialen Inhalt und den generellen Kommunikationssektor beziehen. Die „Sicherung des Zugangs, Bereitstellung von Universaldiensten, Wahlmöglichkeiten für den Verbraucher, Wettbewerbsfähigkeit […]“ (Roßnagel/Kleist/Scheuer 2007: 277) zählen neben den medieninhaltlichen Aspekten zu den Hauptzielsetzungen, die das Ofcom umsetzen und kontrollieren will. (vgl. Roßnagel/Kleist/Scheuer 2007: 277f)
Medieninhaltlich teilt sich der Communications Act in drei Ebenen, die sich entweder durch eine Selbstkontrolle der Medien selbst oder durch das Ofcom regeln.
Die Aufsicht der ersten und zweiten Ebene liegt im Verantwortungsbereich des Ofcoms, die sich hier um die inhaltliche Regulierung, die „negative content regulation“ (www.ofcom.org), und als zweites die Programmquoten, die der Umsetzung der Fernsehrichtlinien dienen, kümmert.
Die dritte Regulierungsebene vertraut man in Form der Selbstkontrolle den Sendern und Medienunternehmen selbst an, was dazu führte, dass man in diesem Zusammenhang von einer “light-touch-Regulierung“ (Prosser 2003: 16) spricht. Die Medienveranstalter geben gegenüber des Ofcoms eine jährliche Eigenbewertung ihrer Programmpolitik ab, in welcher dargelegt wird, ob das Programm den Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Auftrags, dem „public service remit“ (ebd.) gerecht wurde. (vgl. Prosser 2003: 16f)
Eine Regierungserklärung aus dem Jahr 2004 fasst diese neue Kontrollstrategie und das Medienklima wie folgt zusammen:
“The provisions of the Communications Act set out a clear framework for the future of Public Service Broadcasting. They envisage increased self-regulation within the overall context of Ofcom's responsibilities for promoting the fulfillment of the purposes of public service television broadcasting in the United Kingdom.” (http://www.parliament.the-stationery-office.com/pa/cm200304/cmselect/cmcumeds/585/58504.htm)
Die BBC[5] ist als einzige Medienanstalt von diesem Regulierungsauftrag in der Form befreit.
Die BBC spielt auch im Weiteren eine Sonderrolle, sowohl in ihrer Regulierung als auch als einziges öffentlich-rechtliches Medium Großbritanniens. Diese Sonderstellung soll jedoch hier nicht tiefer beleuchtet werden und stattdessen der Blick hinsichtlich der Einflussfelder des Ofcoms vertieft werden. Da sich die BBC nicht an der inhaltlichen Selbstkontrolle in Großbritannien beteiligt, wird sie in dieser Arbeit dementsprechend Beachtung finden. Das Augenmerk sei hier mit Verweis auf die Forschungsfrage auf das Ofcom gerichtet.
Im Folgenden soll deshalb weniger auf die Einzelheiten der Regulierung eingegangen werden, sondern vielmehr auf eine Auseinandersetzung mit der Grundgedanken dieser Reform. Nach einer tieferen Diskussion um die Vor- und Nachteile des Communications Acts 2003 wird der Aspekt der Selbstregulierung und Koregulierung[6] eine gesonderte Rolle spielen und tiefer diskutiert.
Da eine Betrachtung jeglicher Reformaspekte des Communications Act 2003 den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, speist sich die begleitende Forschungsfrage allein aus dem Thema der Selbstregulierung. Neben weiteren Reformen hinsichtlich des Medienmarktes ist die Deregulierung in Form von Selbstregulierung der Fernsehmarktteilnehmer ein viel umstrittener Punkt. Mittels einer Hinführung über die mit der Forschungsfrage in Bezug stehenden Kritikankerpunkte der Reform, beschäftigt sich diese Ausarbeitung mit einer Forschungsfrage hinsichtlich der Selbst- und Koregulierung. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Fragestellung, inwiefern diese staatliche Machtabgabe der inhaltlichen Qualitätskontrolle an die Sender Risiken bürgt und auf anderen Ebenen negative Auswirkungen haben könnte.
[...]
[1] Independent Television (ITV) sind neben den Sendern five, Channel 4 und Sky unabhängig voneinander agierenden kommerziellen Fernsehstationen in Großbritannien.
[2] Independent Television Commission (ITC), Radio Authority (RA), Office of Telecommunication (Oftel), Broadcasting Standards Commission (BSC), Radiocommunication Agency
[3] Abkürzung für Office of Communication
[4] schriftliche Zusammenstellung von politischen Vorschlägen und Konzepten zu einem bestimmten Bereich.
[5] British Broadcasting Corporation
[6] Koregulierung alias Co-Regulierung, Coregulierung, Ko-Regulierung (keine einheitliche Schreibweise in der deutschen Rechtschreibung vorgegeben)