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Hausarbeit, 2022
29 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Thematische Einführung und Schaffung theoretischer Grundlagen
2.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung des Change-Managements
2.1.1 Erfordernisse und Ziele des Change-Managements
2.1.2 Integratives Modell auf Sach- und psychologischer Ebene nach Vahs
2.2 Flexibilisierung des Arbeitens durch flexible Formen
2.2.1 Definition des flexiblen Arbeitens
2.2.2 Flexibilisierungsformen des Arbeitens
2.3 Zusammenfassung der wesentlichen Befunde aus Kap. 2.1 bis Kap. 2.3
3 Entwicklung von Unterstützungsmaßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitens
3.1 Herleitung geeigneter Unterstützungsmaßnahmen von flexiblem Arbeiten
3.1.1 Flexibles Arbeitszeitmodell
3.1.2 Mobil-flexibles Arbeiten
3.1.3 Remote Working / Homeoffice
3.1.4 Open-Space-Konzept mit integrativem Desk Sharing
3.1.5 New Work-Ansatz
3.2 Zusammenwirkung der Unterstützungsmaßnahmen
3.3 Ableitung von Herausforderungen auf psychologisch-emotionaler Ebene
4 Kritische Reflexion, Diskussion und Limitation
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Definition von Change-Management als Weg von A nach B
Abbildung 2: Integrativer Ansatz nach Vahs
Heutzutage sind Megatrends wie die Globalisierung, der demografische und gesellschaftliche Wandel, wie auch die Digitalisierung immer noch in aller Munde. Diese Trends halten nach wie vor an und eröffnen bis heute lösungsorientierte Hilfestellungen und Ansätze bei ungeklärten Fragestellungen. Durch die Verlässlichkeit und der ständigen Verfügbarkeit von digitalen Technologien im Privat- wie auch im Arbeitsleben, werden Unternehmen in die Lage versetzt, sich den bisher unlösbaren Herausforderungen stellen zu können. Entsprechend stellen sich Unternehmen ggü. anderen Unternehmen besser - sie werden wettbewerbsfähiger - sobald sie digitale Herausforderungen bzw. Veränderungen gemeistert haben.1 Durch die aktuellen Veränderungen der Arbeitswelt, mitunter bedingt durch die Entwicklungen und Auswirkungen der Corona-Pandemie, werden die Stimmen von Arbeitnehmern nach flexiblere Formen des Arbeitens2 wie z. B. Gleitzeitmodellen, mobilem Arbeiten oder Homeoffice und digitalen Unterstützungsprogrammen zum kollaborativen Arbeiten sowie Onlinevideokonferenzen immer lauter.3 Nach Pfannstiel und Steinhoff werden Formen „[...] der virtuellen Teamarbeit in Zukunft durch die vermehrte Nutzung mobilen Arbeitens oder Homeoffice nach der Corona-Pandemie noch weiter zunehmen.“4
Die vorangegangene Thematik aus Kapitel (Kap.) 1, wie auch die aktuellen gesamtwirtschaftlichen und globalen Problematiken und Krisen5 stützen die Dringlichkeit für eine Flexibilisierung der Arbeitsformen.6 Um bei internen Veränderungen als auch bei unvorhersehbaren externen Einwirkungen als Unternehmen handlungs- und wettbewerbsfähig sowie produktiv sein zu können, gilt es die inner- und außerbetriebliche Zusammenarbeit über Standortgrenzen hinweg sicherstellen zu können. „Ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen in komplexen Märkten mit hoher Wettbewerbsintensität ist die Qualität der Zusammenarbeit im Unternehmen, die einerseits auf horizontaler Ebene zwischen den Kolleginnen und Kollegen stattfindet und sich andererseits auf vertikaler Ebene zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden feststellen lässt. Diese Kultur und Qualität der Zusammenarbeit sind am Ende mit maßgebend dafür, ob die Arbeit insgesamt als zufriedenstellend empfunden wird oder nicht.“7 Ferner hat die Corona-Pandemie mit dem Lockdown vielen Menschen das Bedürfnis nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance - der gleichgerichtete Ausgleich von Privat- und Berufsleben - in den Vordergrund des Bewusstseins gerückt. Das Berufs- und Privatleben im Gleichgewicht zu halten, hat nicht nur für junge Menschen einen hohen Stellenwert.8 9 Demnach kann gesagt werden, dass flexibles Arbeiten oder Homeoffice ein Ausdruck des Strebens nach einer Work-Life-Balance darstellt.9
Wie zuvor beschrieben, müssen sich Unternehmen stetig weiterentwickeln und Veränderungen umsetzen. Das Ziel dieser Arbeit beschreibt die Entwicklung von einem ChangeManagement Maßnahmenbündel zur Unterstützung der Flexibilisierung des Arbeitens. Der Begriff Change-Management (CM) wird nachfolgend in Kap. 2 thematisch eingeführt. Ferner gilt es eine fundierte Begründung dessen zu liefern, warum Unternehmen durch die aufgestellten Maßnahmen bei dem flexiblen Arbeiten unterstützt werden und warum die aufgestellten Maßnahmen jeweils einzeln und in ihrem Zusammenwirken als besonders geeignet angesehen werden, um die spezifischen Herausforderungen organisatorischer Veränderung bewältigen zu können. Zum anderen soll ersichtlich gemacht werden, welche Herausforderungen sich bei dem in dieser Arbeit thematisierten Veränderungsvorhaben auf der psychologisch-emotionalen Ebene ergeben und wie die konkreten Maßnahmen zur Bewältigung beitragen.
Das grundsätzliche methodische Vorgehen dieser Arbeit wurde unter Beibehaltung der festgelegten Zielstellung in Kap. 1.2 und durch eine in kritischer Distanz nach Quantität und Qualität durchgeführte Literaturrecherche festgelegt. Damit die Problemstellung aus Kap. 1.1 adäquat wissenschaftlich aufbereitet werden kann, stützen verschiedene literarische Werke den theoretischen Hintergrund dieser Arbeit. Demnach besteht die Arbeit aus fünf Kapiteln, beginnend mit den theoretischen Grundlagen über die Einführung, Erfordernisse und Ziele des CM, mit der Bündelung im integrativen Modell nach Vahs, welches innerhalb der Arbeit lediglich theoretisch erläutert wird. Eine praktische Anwendung wird nicht weiterverfolgt. Thematisch folgt in Kap. 2.2 die Einführung in die Flexibilisierung des Arbeitens mit Grundbegriffen und Ausprägungsformen. Kap. 2.3 dient der Zusammenfassung der wesentlichen Befunde und schließt das zweite Kapitel.
In Kap. 3 wird die Entwicklung von Unterstützungsmaßnahmen der Flexibilisierung des Arbeitens näher beleuchtet. Geeignete Maßnahmen (Flexibles Arbeitszeitmodell; mobil-flexibles Arbeiten; Remote Working / Homeoffice; Open-Space-Konzept mit integrativem Desk Sharing; New Work-Ansatz) werden unter Berücksichtigung des Nutzens und deren Herausforderungen beschreiben, um das flexible Arbeiten im Unternehmen langfristig sicherzustellen. Das Zusammenwirken der Maßnahmen wie auch die Ableitung von Herausforderungen auf psychologisch-emotionaler Ebene wird in Kap. 3.2 und 3.3 näher aufgezeigt, um das bisher statische Arbeiten im Unternehmen nachhaltig zu verändern.
Abschließend wird in Kap. 4 eine kritische Reflexion, Diskussion und Limitation bezugnehmend auf die Unterstützungsmaßnahmen durchgeführt. Geschlossen wird die Arbeit mit Kap. 5, indem das Fazit gezogen und der weitere Ausblick auf die Thematik dargestellt wird.
Nach Harwardt lehnen viele Menschen „[...] Veränderungen ab oder neigen dazu, die möglichen Auswirkungen und Entwicklungen zu unterschätzen.“10 Dies begrüßt die Tatsache, dass es umso wichtiger ist, sich mit dem Thema Veränderung und dem Management auseinanderzusetzen. In den folgenden Kapiteln werden die theoretischen Grundlagen im Bezug auf das Veränderungsmanagement sowie der Flexibilisierung der Arbeitswelt für das Verständnis dieser Arbeit deskriptiv dargestellt.
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Zudem bestimmt der Wandel immer mehr den Unternehmensalltag. Damit dieser effektiv und effizient gesteuert werden kann, werden darauf ausgerichtete Managementtechniken benötigt, welche sich zusammenfassend unter dem Begriff „ Change-Management “11 betiteln lassen.12 Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich in kritischer Distanz zur Literatur zeigt, dass unterschiedliche Begriffsdefinitionen und -herleitungen existieren, welche die Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Jedoch konnten durch die eingehende Literaturrecherche inhaltliche Gemeinsamkeiten festgestellt werden, die in Abbildung (Abb.) 1 konsolidiert dargestellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Definition von Change-Management als Weg von A nach B.
Quelle: Eigene Darstellung in enger Anlehnung an Lauer 2019, S. 4 und Vahs/Weiand 2010, S. 7.
Unter CM kann gemäß Lauer, Vahs und Weiand, einheitlich die Ausgestaltung eines Weges verstanden werden, um von einem definierten Ausgangspunkt A (Ist-Zustand) ein zuvor festgelegtes Ziel B (Soll-Zustand) zu erreichen.13 Demnach wird CM als ganzheitlicher Ansatz definiert, indem die Vorbereitung, Analyse, Planung, Realisierung sowie Evaluierung und eine laufende Weiterentwicklung von ganzheitlichen Veränderungsmaßnahmen inkludiert sind14, um wie zuvor beschrieben, die Effektivität und Effizienz von allen Aktivitäten eines Unternehmens nachhaltig zu steigern.15 Ergänzend dazu stellt Moran und Bright- man heraus, dass CM auch verstanden werden kann als „[...] der Prozess, der kontinuierlichen Erneuerung der Ausrichtung, Struktur und Fähigkeiten einer Organisation, um die sich ständig ändernden Bedürfnisse externer und interner Kunden zu erfüllen.“16 Demnach muss jede Organisation klar definieren, wohin der eigene unternehmerische Weg in Zukunft führen soll und wie die Weichen bei Veränderungen gestellt werden sollen, damit der Change von der gesamten Organisation nachhaltig gemeistert werden kann.17 Nach Burnes kann zudem der organisatorische Wandel nicht von der Organisationsstrategie getrennt werden, und umgekehrt.18 Folglich stützen Vahs und Weiland diese Ansicht und gliedern das Veränderungsmanagement in die vier Handlungsfelder Strategie (Vision, Mission, Leitbild, etc.), Unternehmenskultur (Kommunikation und Führung), Unternehmensorganisation (Prozesse und Strukturen) und Technologie (Verfahren und Methoden) ein. Aufgrund dessen ist CM im Instrumentarium zur Steuerung von Change-Prozessen einzuordnen. Allen beschriebenen Handlungsfeldern bedingen somit das CM, bei dem alle Stakeholder dauerhaft mit einbezogen werden.19
Durch die rasanten weltweiten Veränderungen in einem dynamischen Umfeld steigt der Veränderungsdruck auf Unternehmen zunehmend, um in der Volkswirtschaft zukunftssicher und wettbewerbsfähig bestehen zu können.20 Die Wandlung von bestehenden Abläufen, Prozessen o. ä. wird in einem dynamischen Marktumfeld weiter voranschreiten. Dies zeigt sich durch die Veränderungen wie der Globalisierung, dem demografischen und gesellschaftlichen Wandel oder auch bei der Digitalisierung.21 Aufgrund der Dynamik und schnellen Änderungsrate des Wandels brauchen Unternehmen ein funktionierendes CM. Wie in Kap. 2.1 beschrieben, gilt es bei einer Veränderung innerhalb eines Unternehmens eine optimale Ausgestaltung des Weges vom Ausgangszustand (Ist-Zustand) zu einem definierten Endzustand (Soll-Zustand) sicherzustellen und diesen zu erreichen.22 Zur Sicherung eines erfolgreichen und funktionierenden CM, bedarf es neben der Berücksichtigung sog. Hardfacts, die sich in Form des Controllings oder Prüfungs- und Steuerungsinstrumentarien zeigen auch die Berücksichtigung der Softfacts. Diese inkludieren bei einer Veränderung die Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Akzeptanz der beteiligten Mitarbeiter23 und das Prozessverhalten.24 Aufgrund des thematischen Bezugs dieser Arbeit wird lediglich der Softfact „beteiligte Mitarbeiter“ näher betrachtet. Für ein erfolgreiches Umsetzen des CM in einer Organisation ist es daher unerlässlich, mittels einem Akzeptanzmanagement motivational und informativ zu unterstützen.25 Das Bundesministerium des Innern (BMI), wie auch Lauer drücken aus, dass der Faktor Mensch bei den CM-Betrachtungen im Vordergrund steht und „[...] bei Veränderungen jeglicher Art immer auf die aktive Unterstützung der Mitarbeiter in einem Unternehmen zurückgegriffen werden muss.“26 Es ist bei der Planung sowie Durchführung interner Reorganisations- oder anderer Veränderungsmaßnahmen daher sehr wichtig, dass die betroffenen Beschäftigten im Verlauf (Prozess) der Veränderung so frühzeitig wie möglich mitgenommen werden.27 Mit den eigenen menschlichen Bedürfnissen, Vorstellungen und Erfahrungen kann es vorkommen, dass diese womöglich nicht mit der jeweiligen Unternehmensorganisation im Einklang stehen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass es keinen definierten und immer gleich standardisierten Ablauf oder Steuerungsplan für einen erfolgreich durchzuführenden Wandel im Unternehmen gibt. Somit ist das CM ein individuelles und komplexes Vorhaben.28 „Der Mensch ist die entscheidende Komponente im Änderungsgeschehen.“29 Der Erfolg der beabsichtigten Maßnahmen wird ohne die aktive Einbindung der beteiligten Mitarbeiter im Veränderungsprozess gefährdet. Dies kann negative Auswirkungen in Form von beispielsweise Unsicherheiten durch mangelnde Beteiligung haben, was Mitarbeiter misstrauisch werden lässt und womöglich eine ablehnenden Haltung gegen das Gesamtprojekt resultiert.30 Aufgrund dessen betreiben heutzutage viele Unternehmen ein kontinuierliches CM.
Das Ziel des CM wird von verschiedenen Autoren wie folgt beschrieben. Lauer beschreibt die Zielstellung als „[...] die im Rahmen des strategischen Managements abgeleitete optimale Anpassung umzusetzen.“31 Ferner beschreibt er das Ziel als eine nachhaltige Effekti- vitäts- und Effizienzsteigerung von all den Aktivitäten eines Unternehmens die einen unternehmerischen Wandel begünstigen.32 Burnes, Lewin, Pfannstiel und Steinhoff beschreiben das Ziel des CM als einen Weg bzw. Veränderungsprozess der erst dann abgeschlossen ist, wenn die Nutzung der Veränderung zur Normalität für die Beteiligten geworden ist.33 Vahs und Weiand hingegen beschreiben ähnlich zu Lauer das Ziel als „[...] ein Unternehmen von einem bestimmten Ist-Zustand zu einem erwünschten Soll-Zustand weiterzuentwickeln und so die Effizienz und Effektivität aller Unternehmensaktivitäten nachhaltig zu steigern.“34 Demnach kann daraus abgeleitet werden, dass gesamtheitlich von den zuvor genannten Autoren die Steigerung der Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens als strategisches Ziel der Unternehmensaktivitäten eingeordnet werden kann. Darunter existiert ein grundlegendes ergebnisorientiertes Ziel, welches darin besteht, einen bestimmten Ist-Zustand bis zum Erfolg (erwünschter Soll-Zustand) weiterzuentwickeln und währenddessen die Effizienz und Effektivität nachhaltig zu steigern.
Ein ganzheitlicher, integrativer Ansatz kommt vor allem dann zum Tragen und wird vorteilhaft, wenn bei zunehmender Veränderungsgeschwindigkeit die Komplexität beherrschbar bleiben muss.35 Der folgende integrative CM-Ansatz wurde von Dietmar Vahs entwickelt und zeigt in Abb. 3, zwei Dimensionen als Sachebene und psychologische-Ebene, welche miteinander verknüpft sind, d. h. beide Dimensionen sollten aktiv und gleichermaßen in das Veränderungsmanagement mit einbezogen werden.36
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Integrativer Ansatz nach Vahs
Quelle: Eigene Darstellung in enger Anlehnung an Vahs 2009 und Vahs 2015.
In der psychologischen-Ebene integriert Vahs das 3-Phasen-Modell nach Lewin, welches systematisch die Veränderung der betrieblichen Leistungsfähigkeit während eines Veränderungsprozesses darstellt. Dieses bietet heutzutage immer noch für die meisten sozialen Veränderungsmodelle die Grundbasis.37 Lauer beschreibt diesen Ansatz als „[...] das „Urmodell“ aller Change-Management-Konzepte, die sogenannte Feldtheorie [,..]“.38 Im Zuge dessen werden zwei Kraftfelder im Modell als „ widerstrebende Kräfte “, mit dem Wunsch nach Stabilität und „ treibende Kräfte “, mit dem Antrieb nach Veränderung beschrieben, die sich wiederum gegenüberstehen. Dies wirkt sich mit der Zeit, von Phase eins bis Phase drei, unterschiedlich auf die Produktivität der Organisation (Betriebsleistung) aus. Sofern der Veränderungsprozess richtig im Unternehmen implementiert wurde, verändert sich nach einem temporären Produktivitätsverlust die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und die Betriebsleistung wird nachhaltig und langfristig positiv.39 Das Modell besteht aus den drei Phasen Auftauen (engl. unfreezing), Ändern (engl. changing) und Neustabilisierung (engl. restabilisation). Die erste Auftauphase stellt den Gleichgewichtszustand vor der eigentlichen Veränderung dar und verlangt, dass sich die Bereitschaft zur Veränderung bei den Beteiligten ausbaut. Erste Widerstände des Wandels gilt es zu überwinden.40 „Alte Gewohnheiten werden in Frage gestellt, neue Ideen diskutiert usw.“41 Hierbei werden Vorbereitungen getroffen, welche die Veränderung bedingen z. B. bei den beteiligten Mitarbeitern die Motivation für die Veränderung wecken.42 Sobald die Auftauphase durchlaufen wurde, beginnt die Änderungsphase des Wandels und somit die eigentliche Veränderung. In dieser Phase findet eine Bewegung zu einem neuen Soll-Zustand statt (vgl. Kap. 2.1), wie auch die Schaffung neuer Lösungen und Verhaltensweisen.43 Der Gleichgewichtszustand ändert sich demnach, dass die wiederstrebende Krafteinwirkung größer ist als die treibende Krafteinwirkung, was auf die nachteilige Änderungserwartung der Beschäftigten zurückzuführen ist. Die letzte Phase, die Neustabilisierungsphase dient dazu, den neu geschaffenen Gleichgewichtszustand wieder einzufrieren und somit Stabilität im Umfeld der Beteiligten zu schaffen. Nur nach erfolgreichem Abschluss dieser Phase kann das neue Gleichgewicht gehalten werden. Erst ab diesem Zeitpunkt ist es anzuraten, ein neues Change-Projekt zu starten. Bei diesem Ansatz ist das Gleichgewicht zwischen den beiden gegenüberstehenden Kräftearten anzustreben. Für den Fall, dass die rückwärtsgewandten Kräfte überwiegen sollten, erfolgt nach dem Verständnis der Feldtheorie kein Wandel oder sogar eine Rückwärtsentwicklung.44 Auf der Sachebene in dem Modell nach Vahs, werden die Phasen Analyse, Planung, Umsetzung sowie Kontrolle und Weiterentwicklung (Vgl. Kap. 2.1) abgebildet und mit den Phasen des 3-Phasen-Modells nach Lewin passend verknüpft. Für den Fall, dass nur eine Dimension verändert oder sogar komplett ignoriert wird, entstehen Risiken bei Veränderungsprojekten, die im Ergebnis ein Scheitern verursachen können.45
Wie in Kap. 1 dargestellt wird die Flexibilisierung des Arbeitens bei Veränderungen immer wichtiger für die Beschäftigten. Eine internationale Studie der International Workspace Group mit mehr als 15.000 Teilnehmern aus verschiedenen Branchen zeigt, dass die Anwendung von flexiblen Arbeitsstilen im Jahr 2019 ein Konzept darstellte und von vielen Arbeitnehmern auf der ganzen Welt mittlerweile als neuer Standard angesehen wird (75%). Deutschland ist eines der Schlusslichter im Ranking: 68% der Befragten geben an, dass für Sie flexibles Arbeiten normal ist.46 “Businesses leaders globally clearly indicate that the bell has tolled for the regular fixed-office 9-5pm with more and more combinations of flexible working having become mainstream.”47 Diese Aussage stützt zudem die aufgezeigte Wichtigkeit des Wandels hin zu flexiblen Arbeitsformen. Feste Bürozeiten gilt es demnach zu mehr Flexibilität und mehr Kombinationen flexibler Arbeitsformen zu wandeln.
In der aktuellen Literatur zur Thematik des flexiblen Arbeitens ist keine eindeutige Definition darüber vorzufinden, weswegen verschiedene Meinungen und Beschreibungen von Autoren zur Definition herangezogen werden. Rump und Eilers beschreiben flexibles Arbeiten als „[...] Credo, um auf sich wandelnde Bedürfnisse bezüglich der Raumnutzung etc. reagieren zu können, aber auch die Zunahme von Meeting Areas, Presentation Areas, Team Zones etc. [,..]“48 Somit muss nicht an einem festen Arbeitsplatz gearbeitet werden, sondern man kann den Arbeitserfüllungsort selbstständig, je nach anfallender Arbeit wählen. Die beschriebene Dimension des Ortes können nach Rump und Eilers beispielsweise frei zugängliche Orte, dezentrale Co-Working-Zentren oder öffentliche Büroräumlichkeiten sein.49 Diese Beschreibung wird von Daum et al. gestützt und durch eine „[... ] weitreichende Entgrenzung im Raum-Zeit-Gefüge der Arbeitswelt [,..]“50 angereichert. Damit wird eine zweite Dimension der Zeit genannt, welche im Zusammenwirken mit der ersten Dimension (Ort) zur vollständigen Flexibilität eines zeitlich und örtlich-/räumlich unbeschränkten Arbeitens heranwächst. Durch den Einzug der Digitalisierung konnten die beiden Dimensionen zusammenrücken. Mit der digitalen Durchdringung vieler Arbeitsprozesse sowie der voranschreitenden Verbreitung mobil-vernetzter Arbeitsmittel ergaben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten für orts- und zeitflexibles Arbeiten. Bislang bestehende Grenzen zwischen Unternehmen und eigenem Wohnsitz, Arbeitszeit und Freizeit sowie Work-Life-Balance mit dem Ausgleich von Arbeits- und Privatleben51 werden damit herabgesetzt und fusionieren miteinander zum flexiblen Arbeiten.52 Nachfolgend werden die weiteren Formen des flexiblen Arbeitens eingehender beschrieben.
Wie zuvor beschrieben, handelt es sich bei der Flexibilität des Arbeitens um ein Gestaltungsspielraum der Dimensionen Zeit und Ort bzw. Raum. Damit ein positives Betriebsklima im Unternehmen herrscht, die Beschäftigten eine psychische wie physische gesunde Arbeitsleistung erbringen können sowie die Work-Life-Balance im geeigneten Ausgleich von Privat- und Berufsleben steht, ist es von äußerster Wichtigkeit, zeit- und ortsflexible Arbeitsformen in einer Organisation einzuführen. Gemäß einer Studie der Capgemini Deutschland GmbH mit 1.139 Befragten konnte ermittelt werden, dass flexible Arbeitsbedingungen und interne Unternehmensstrukturen maßgeblich die Selbstständigkeit, Eigeninitiative sowie Selbstführung fördern. Damit wird den Beschäftigten ein hochgradiger Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum eingeräumt.53 Allgemein sind Flexibilisierungsformen in unterschiedlichen Branchen und Organisationsgrößen realisierbar.54 Voraussetzung für den Erfolg ist hierbei eine sorgfältige „[...] Gestaltung durch die Beteiligten selbst, große Disziplin aller, eine große Medienkompetenz und eine dauerhafte Auseinandersetzung mit Themen wie Rückmeldung, Erreichbarkeit, Vertrauenskultur und Präsenzorientierung.“55 Nach Kaudela-Baum et al. gibt es verschiedene Formen von Flexibilisierung wie die örtliche, räumliche, organisationale und technische Flexibilität.56
Bei der örtlichen Flexibilisierung können wie in Kap. 2.2.1 gezeigt, nach Rump und Eilers unabhängig vom Unternehmensstandort andere Standorte wie z.B. frei zugängliche Orte, dezentrale Co-Working-Zentren oder öffentliche Büroräumlichkeiten genutzt werden, um die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen.57 Hierbei ist der Erbringungsort der Arbeitsleistung vom Leistungserbringer frei wählbar. Zur örtlichen Flexibilisierung zählen Gestaltungsmöglichkeiten wie mobil-flexibles Arbeiten (Vgl. Kap. 3.1.2) oder Home-Office (Vgl. Kap. 3.1.3), welche in deutschen Unternehmen durch die Auswirkungen der Corona- Pandemie immer mehr an Akzeptanz dazugewinnen.58
Sobald es Beschäftigten möglich ist, sich innerhalb eines Standortes unterschiedliche Arbeitsplätze zu schaffen, z. B. in Besprechungsräumen, Sofainseln, Konzentrationsräumen o. ä., ist diese Arbeitsform in die räumliche Flexibilisierung einzuordnen. Dem Beschäftigten ist somit kein fester Arbeitsplatz zugeordnet, man spricht auch von dem Wandel des Arbeitsplatzes.59 Im Unternehmen existiert dann eine offene Bürowelt, die das Teilen von Arbeitsplätzen begünstigt (Vgl. Kap. 3.1.4).60
Die organisationale Flexibilisierung beschäftigt sich mit der flexiblen Gestaltung des kol- laborativen Arbeitens. Damit die Flexibilität gewährleistet werden kann, erhöht sich mit steigender Komplexität des Umfeldes der Grad der Dezentralisierung in Unternehmen.61 Mit der Digitalisierung wurden hierfür vermehrt Möglichkeiten geschaffen.62 Die Neustrukturierung, Reorganisation sowie Aufgabenbearbeitung von bisherigen Abläufen und eine aufeinander abgestimmte geeignete technische Infrastruktur63 mit Netzwerk, Drucker, Scanner, Telefon, Beamer, Besprechungsräume, etc. fördern nicht nur die organisationale Flexibilisierung sondern auch die Bildung einer temporären Gemeinschaft.64
Abschließend wird die technische Flexibilisierung dargestellt. Die technische Ausstattung, wie auch die digitale Vernetzung ist von zentraler Bedeutung für agile und moderne Unternehmen.65 Agil arbeitende Unternehmen brauchen eine geeignete digitale Architektur mit einer entsprechenden technischen Ausstattung sowohl im Unternehmen als auch im Homeoffice oder beim mobil-flexiblen Arbeiten an unterschiedlichen Orten.66
Die aufgeführten flexiblen Arbeitsformen, welche durch den digitalen Wandel verstärkt möglich sind, unterstützen Unternehmen dabei, nach dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip agil und flexibel sowie gleichzeitig wettbewerbsfähig, innovativ und zukunftsorientiert zu sein.67
[...]
1 Vgl. Harwardt 2022, S. 13.
2 Vgl. Maile 2021, S. 247.
3 Vgl. Pfannstiel/Steinhoff 2022, S. 68.
4 Pfannstiel/Steinhoff 2022, S. 68.
5 Der andauernde Ukraine-Konflikt sowie die Corona-Pandemie.
6 Vgl. Hofmann et al. 2016, S. 124.
7 Breyer-Mayländer/Horneber 2022, S. 147.
8 Vgl. Hrsg. BMI 2017b, S. 1.
9 Vgl. Harwardt 2022, S. 169.
10 Harwardt 2022, S. 2.
11 Deutsche Übersetzung: engl. Change-Management = Veränderungsmanagement.
12 Vgl. Lauer 2019, S. 3.
13 Vgl. Breyer-Mayländer/Horneber 2022, S. 38.
14 Vgl. Hrsg. BMI 2012, S. 64.
15 Vgl. Vahs/Weiand 2010, S. 7.
16 Moran/Brightman 2000, S. 66.
17 Vgl. Todnem 2005, S. 369-380.
18 Vgl. Burnes 2004, S 15.
19 Vgl. Vahs/Weiand 2010, S. 7.
20 Vgl. Graumann et al. 2022, S. 218.
21 Vgl. Harwardt 2022, S. 13.
22 Vgl. Lauer 2019, S. 4.
23 Vgl. Daum et al. 2020, S. 126.
24 Vgl. Lauer 2019, S. 3.
25 Vgl. Hrsg. BMI 2012, S. 64.
26 Lauer 2019, S. 3.
27 Vgl. Lauer 2019, S. 3.
28 Vgl. Lauer 2019, S. 3.
29 Hrsg. BMI 2012, S. 64.
30 Vgl. Hrsg. BMI 2012, S. 64.
31 Lauer 2019, S. 4.
32 Vgl. Vahs/Weiand 2010, S. 7.
33 Vgl. Pfannstiel/Steinhoff 2022, S. 205.
34 Vgl. Butzer-Strothmann/Ahlers 2020, S. 251.
35 Vgl. Butzer-Strothmann/Ahlers 2020, S. 152.
36 Vgl. Vahs 2015, S. 373 ff.
37 Vgl. Lauer 2019, S. 66.
38 Lauer 2019, S. 65.
39 Vgl. Kowalski 2020.
40 Vgl. Schreyögg/Geiger 2016, S. 369.
41 Schreyögg/Geiger 2016, S. 369.
42 Vgl. Lauer 2019, S. 68.
43 Vgl. Kowalski 2020.
44 Vgl. Lauer 2019, S. 66.
45 Vgl. Vahs 2015, S. 373 ff.
46 Vgl. Hrsg. IWG 2019, S. 9.
47 Hrsg. IWG 2019, S. 9.
48 Rump/Eilers 2022, S. 131.
49 Vgl. Rump/Eilers 2022, S. 131.
50 Daum et al. 2020, S. 15.
51 Vgl. Hrsg. BMI 2017b, S. 1.
52 Vgl. Daum et al. 2020, S. 15-16.
53 Vgl. Hrsg. Capgemini Consulting 2017, S. 25.
54 Vgl. Hofmann et al. 2016, S. 125.
55 Hofmann et al. 2016, S. 125.
56 Vgl. Kaudela-Baum et al. 2022, S. 20.
57 Vgl. Rump/Eilers 2022, S. 131.
58 Vgl. Daum et al. 2020, S. 100.
59 Vgl. Wörwag/Cloots 2020, S. 341.
60 Vgl. Franken 2016, S. 69.
61 Vgl. Franken 2016, S. 18.
62 Vgl. Daum et al. 2020, S. 100.
63 Vgl. Wörwag/Cloots 2020, S. 273.
64 Vgl. Franken 2016, S. 70.
65 Vgl. Franken 2016, S. 153.
66 Vgl. Rump/Eilers 2022, S. 114.
67 Vgl. Daum et al. 2020, S. 12.