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Projektarbeit, 2022
22 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis.
Tabellenverzeichnis.
1 Einleitung.
2 Theoretischer Rahmen.
2.1 Migration – ein andauerndes Phänomen.
2.1.1 Begriff der Migration.
2.1.2 Kurzer Anriss der deutschen Migrationsgeschichte.
2.2 Depressive Erkrankungen.
2.2.1 Charakteristische Symptome und Ursachen.
2.2.2 Kultureller Vergleich der Symptomatik einer depressiven Erkrankung.
2.2.3 Depressive Erkrankungen in Deutschland.
2.3 Gesundheitszustand von Migranten in Deutschland.
2.4 Migration in Korrelation mit depressiven Störungen.
2.4.1 Verlassen des Herkunftslandes.
2.4.2 Sprachbarrieren.
2.4.3 Diskriminierung.
2.4.4 Familiäre Beziehungsstrukturen.
2.4.5 Akkulturationsstress.
3 Fazit
Literaturverzeichnis.
Abb. 1: Statista. (2016, 2. März). Bevölkerungsanteil mit Depressionen in Deutschland nach Geschlecht und Alter 2011. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/221498/umfrage/bevoelkerungsanteil-mit-depressionen-in-deutschland-nach-geschlecht-und-alter/
Tab. 1: Glaesmer, H., Wittig, U., Brähler, E., Martin, A., Mewes, R. & Rief, W. (2008). Sind Migranten häufiger von psychischen Störungen betroffen? Psychiatrische Praxis, 36 (01), 16–22. https://doi.org/10.1055/s-2008-1067566
„Ubi bene, ibi partia. Wo es Dir gut geht, dort ist die Heimat“ (Aristophanes, Plutos, 408 v. Chr.).
Die permanente Mobilität prägt die menschliche Bevölkerung seit hunderten von Jahren. Ob freiwillig oder nicht, aufgrund von Kriegen oder wirtschaftlichen Krisen, migrieren Menschen nach Deutschland, um ein besseres, stabileres und glücklicheres Leben für sich und deren Kinder zu ermöglichen (Wiechers et al., 2019). Jedoch haben viele Migranten nach oder während des Migrationsprozesses mit seelischen Problemen zu kämpfen, aber warum? Wenn das Leben in der Bundesrepublik Deutschland so viel schöner erscheint, sollten dann nicht alle glücklich sein, die die Möglichkeit bekommen, in das Land einzureisen und hier bleiben zu dürfen?
Depressionen gelten als eine der häufigsten und teilweise auch bagatellisierenden Erkrankungen. Rund 16 bis 20 von 100 Menschen leiden im Laufe ihres Lebens unter einer depressiven Störung (Bundesgesundheitsministerium, 2022). Es ist allerdings nicht einfach eine Depression frühzeitig zu erkennen, da viele Faktoren eine Rolle spielen, die nicht nur erkannt, sondern auch richtig interpretiert werden müssen (Küchenhoff, 2017). Diese Interpretationen unterscheiden sich innerhalb der verschiedenen Kulturen, weshalb zahlreiche Migranten in Deutschland die symptomatischen Anzeichen zu spät oder gar nicht erkennen.
Infolgedessen bildet sich die Forschungsfrage, inwieweit die Ursachen depressiver Erkrankungen bei Migranten in Deutschland auf ihren Migrationsprozess zurückzuführen sind.
Die Autorin hält fest, dass die Forschung zu depressiven Erkrankungen in Deutschland steigt und sich entwickelt, die gezielte Datenerhebung und Auswertung bei Migranten in der Bundesrepublik bleibt indessen aus. Nach ihrer Auffassung ist es heutzutage fundamental, dass jeder Mensch der deutschen Bevölkerung dieselben Möglichkeiten bekommt, die eigene Gesundheit korrekt einzuordnen und dementsprechend zu behandelnd. Notwendig dafür sind hauptsächlich einheitliche Ergebnisse zur Diagnostizierung depressiver Erkrankungen.
„Wer den Schritt der Migration wagt, begibt sich auf eine abenteuerliche Reise, an deren Ende er keine andere Wahl hat als die, ein anderer zu werden als der, der er vor seiner Abreise war“ (Machleidt, 2013, S. 9).
Seit hunderten von Jahren prägt die Migration unsere Gesellschaft. Sie findet tagtäglich statt und ist ein Teil des normalen Lebens. Allerdings fällt der Begriff meist erst, sobald damit negative Schlagzeilen und Nachteile in Verbindung gebracht werden.
Doch was genau bedeutet Migration? Welche verschiedenen Facetten gibt es und wann darf jemand als Migrant oder Migrantin bezeichnet werden?
Im lateinischen bedeutet migratio Wanderung. Die klassische Definition beschreibt die Migration als räumliche Verlegung des Lebensmittelpunktes (Knipper & Bilgin, 2009).
Führt ein solcher dauerhafter Ortswechsel über eine Staatsgrenze, so handelt es sich um eine internationale Migration. Bei Bewegungen innerhalb dieser Grenze, wie etwa von einem Bundesland in das andere, spricht man von einer sogenannten Binnenmigration (Hax-Schoppenhorst & Jünger, 2010).
Da diese Definition sehr breit gefasst ist, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Hintergründe und Motive derjenigen, die beschließen ihr Heimatland zu verlassen, sich gleichermaßen unterscheiden, wie ihre Erwartungen und Wünsche, die sie an ihren Ortswechsel anknüpfen (Wiechers et al., 2019).
Mögliche Arten von Migranten sind beispielsweise:
Arbeitsmigranten, politische Migranten, Studierende oder Transmigranten.
Migrantinnen und Migranten sind somit diejenigen, die sich gerade in einem Ortswechselprozess befinden, ihren Lebensmittelpunkt also für einen dauerhaften Zeitraum ändern (Bildung, B. F. P., 2018).
Fraglich ist allerdings, wie lange man nach Abschluss dieses Migrationsprozesses noch als Migrant oder Migrantin betitelt wird.
Bis 2004 galten alle Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit als Migranten. Eingebürgerte Ausländer oder Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, die unmittelbar eine deutsche Staatsangehörigkeit erhielten, waren mithin von diesem Terminus ausgeschlossen (Sieben & Straub, 2018).
Das Statistische Bundesamt hat darauffolgend im Jahr 2005 die Kategorie des „Migrationshintergrundes“ eingeführt. Darunter fallen diejenigen, die selber keinem Migrationsprozess unterzogen wurden, jedoch Eltern oder Großeltern haben, die seit 1949 nach Deutschland ausgewandert sind (Bildung, B. F. P., 2018).
Aus statistischer Sicht machen Menschen mit Migrationshintergrund ca. 19 Prozent der deutschen Bevölkerung aus. Dieser Prozentsatz setzt sich aus zehn Prozent Deutschen mit Migrationshintergrund und neun Prozent Ausländern zusammen (Sieben & Straub, 2018).
Gleichwohl beachtlich ist schließlich, dass der Migrationsbegriff sich nicht ausschließlich auf den Ortswechsel und die Änderung des Lebensmittelpunktes bezieht; es bedeutet ebenfalls die herkömmlichen Systeme und Lebensweisen hinter sich zu lassen und sich in neue zu integrieren. Migration beinhaltet nicht nur die geografische, sondern auch die soziale Reise, dessen Ziel in der Findung einer neuen örtlichen sowie seelischen Heimat liegt (Sieben & Straub, 2018).
Besonders ursächlich für die – bis heute andauernde – Migration im 20. und 21. Jahrhundert sind Kriege und politische Unruhen in den Heimatorten (Zengin, 2016).
Daraus resultierend ergeben sich die erhöhten Zahlen an Flüchtlingen seit Anstieg der Migrationszahlen in der Bundesrepublik. Als Flüchtlinge werden diejenigen Menschen bezeichnet, die in ihrer Heimat um ihre Sicherheit fürchten müssen, aufgrund von politisch oder religiös bedingten Verfolgungen oder als Konsequenz von Kriegen, sodass sie gezwungen sind, dieses Land zu verlassen (Zengin, 2016).
Seit Ende des 19. Jahrhunderts stieg der Bedarf an Arbeitskräften in Deutschland signifikant an. Aufgrund dessen wurden im zuvor von Auswanderern geprägten Deutschland kurz vor dem ersten Weltkrieg über 1,2 Millionen Wanderarbeiter, größtenteils aus Polen, okkupiert (Bade, 2017).
Das Ende des zweiten Weltkrieges führte am Anfang der 50er-Jahre zu einem sichtbaren Wirtschaftswachstum, sodass die osteuropäischen Arbeitskräfte nicht mehr genügten, um die als „Wirtschaftswunder“ bezeichnete Bundesrepublik Deutschland hinreichend zu unterstützen. Daraufhin wurde 1955 das erste Anwerbeabkommen mit Italien geschlossen und im Anschluss folgten in den nächsten Jahren weitere Abkommen mit Spanien (1960), Griechenland, der Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und dem damaligen Jugoslawien (1968) (Berlinghoff, 2018).
Es folgte die Einstellung der Anwerbung ausländischer Gastarbeiter im Jahr 1973, woraufhin die ursprünglich geplante Wiederkehr in das jeweilige Herkunftsland folgen sollte. Dies wurde jedoch nicht vollzogen, sodass nach einiger Zeit die Familienangehörigen nachzogen (Hax-Schoppenhorst & Jünger, 2010).
Depressive Störungen, welche kognitiv, affektiv und körperlich den Menschen beeinträchtigen, gehören weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen (Hax-Schoppenhorst & Jünger, 2010).
Abgeleitet wird der Begriff Depression vom lateinischen „depressio“, welches das Wort „deprimere“ beinhaltet, was soviel bedeutet wie „niederdrücken“. Verallgemeinert fühlen sich Menschen, die an Depressionen leiden, größtenteils bedrückt und niedergeschlagen (Trevisan, 2020).
Nahezu jeder erlebt sporadisch depressive Symptome, wie Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Dies kann allerdings nicht unmittelbar als depressive Störung eingestuft werden, da hierfür erst eine bestimmte Dauer und Intensität erreicht werden muss (Beesdo-Baum & Wittchen, 2011).
Je länger eine depressive Störung unbehandelt anhält, desto intensiver wird ihre Erscheinungsform, bis der Erkrankte schließlich jegliche Zuversicht auf eine Besserung seines Zustandes verliert; dies kann zu lebensbedrohlichen Zuständen führen, wenn bei dem Patienten eine suizidale Gefahr entwickelt wird (Wolfersdorf, 2010).
Zur Diagnostizierung depressiver Erkrankungen werden die international anerkannten Klassifizierungssysteme ICD-10 (International Classification of Diseases) sowie DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) genutzt.
Zu den Hauptsymptomen zählen unter anderem Herabgestimmtheit, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit und Müdigkeit. Alle Symptome sollten fast täglich für mindestens zwei Wochen am Stück auftreten, bevor eine behandlungsnotwendige depressive Störung in Betracht gezogen werden darf (Mehler-Wex, 2008).
Ursächlich für depressive Erkrankungen ist ein Zusammenspiel von psychologischen, biologischen und gesellschaftlichen Faktoren, deren Gewichtung oftmals einzelfallbezogen ist.
Nach Wolfersdorf sind auf neurobiologischer Ebene Serotonin und Noradrenalin von erheblicher Bedeutung, zumal es im Gehirn durch traumatische Erlebnisse zu einer sogenannten „Auslenkung“ der Neurotransmittersysteme kommt (Wolfersdorf, 2010, S. 76).
Erste depressive Erfahrungen werden überwiegend von scheinbar unlösbaren, überrumpelnden Situationen erzeugt, die vor allem durch soziale und gesellschaftliche Belastungen entstehen können (Hell, 2015).
Verschiedene Kulturen beherbergen unterschiedliche Symptomatik und Bezeichnungen psychischer Erkrankungen. Beispielsweise benennen euroamerikanische Kulturen die Störung des Affekts als Hauptmerkmal eines depressiven Zustandes, während anderen Ländern und Völkern bereits die Begriffsbestimmung einzelner Emotionen fehlt; im türkischen wird der Begriff „sikinti“ verwendet, um innere Ruhe oder Unwohlsein auszudrücken, obwohl die wortwörtliche Übersetzung ein Druck- oder Spannungsgefühl in der Brust impliziert (Hax-Schoppenhorst & Jünger, 2010).
Ferner hat eine in 30 Ländern durchgeführte Studie zur kulturvergleichenden Untersuchung depressiver Symptomatik in den 1960er-Jahren ergeben, dass 21 Länder die oben bereits erwähnten Symptome einer depressiven Erkrankung hervorbringen – die restlichen Länder, nicht-westlicher Kultur, hingegen wiesen diese Zeichen deutlich seltener auf. Dagegen sind körperliche Leiden, wie Müdigkeit und Gewichtsabnahme, mehrfach aufgetreten (Assion et al., 2018).
Durch diese Studie wurde deutlich, dass ungleiche Kulturen verschiedene Ansätze zur Symptomatik depressiver Störungen haben.
Da depressive Erkrankungen bereits in westlichen Kulturen schwierig zu diagnostizieren sind, lässt sich daraus die Komplexität der Erkennung dieser Krankheiten bei migrierten Patienten herauslesen (Assion et al., 2018).
„Auch heute noch wird die Depression häufig zu spät diagnostiziert“ (Müller, 2009, 513-514).
Ende 2019 lag der Anteil an Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in der Bundesrepublik bei 13,5%, also rund 11,2 Millionen; die Population mit Migrationshintergrund umfasste überdies fast 21 Millionen Personen (Statistisches Bundesamt, 2020).
Die rechtzeitige Erkennung und Behandlung einer depressiven Störung ist trotz permanenter Forschung und stetig wachsender Erkenntnisse in Deutschland nach wie vor ein komplexer Prozess.
Grund dafür ist die Vielfältigkeit der Symptome, die oftmals fälschlicherweise nicht unter eine mögliche depressive Erkrankung subsumiert werden. Überdies kann eine Depression mit der Psyche der Angehörigen korrelieren, da eine depressive Erkrankung nahestehender Personen auch bei Verwandten zu hoher seelischer Belastung führen kann (Müller, 2009).
Eine Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland hat in den Jahren 2008 bis 2011 in einer Stichprobe von 7988 Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren die depressiven Symptome identifiziert und festgestellt, dass bei 8,1% der Erwachsenen eine depressive Symptomatik vorzufinden ist (Busch et al., 2013).
Die aufgeführte Abbildung zeigt beispielweise den Bevölkerungsanteil mit Depressionen in Deutschland im Jahr 2011.
Was nicht zu sehen ist, ist der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, die ebenfalls von der Erkrankung betroffen sind.
2016 bildeten Menschen mit Migrationshintergrund etwa 22,5%, somit 18,6 Millionen Personen, der deutschen Gesamtbevölkerung (Statistisches Bundesamt, 2017).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bevölkerungsanteil mit Depressionen in Deutschland nach Geschlecht und Altersgruppe im Jahr 2011 (Statista, 2016).
Es stellt sich die Frage nach dem Anteil an Depressionen erkrankter Patienten mit Migrationshintergrund in Deutschland, sowie die Möglichkeit eines Zusammenhangs mit dem Migrationsprozess.
Allgemein kann nicht behauptet werden, dass die Einwohner Deutschlands mit Migrationshintergrund gesundheitlich besser oder schlechter gestellt sind als der Rest der Bevölkerung. In vielen Studien ist teilweise von einer niedrigeren Mortalität von Migranten die Rede. Epidemiologisch betrachtet spricht man hierbei vom sogenannten „Healthy-Migrant-Effect“ (Razum & Rohrmann, 2002).
Zurückzuführen ist dieses Phänomen vergleichsweise auf die Risiken und Entfernungen, die Migranten eingehen, sobald sie ihr Heimatland verlassen, um nach Deutschland zu ziehen. Aufgrund dessen sind die meisten Migranten in der Regel jung und belastbar, sodass sie im Vergleich zu deutschen Bürgern am Anfang gesundheitlich bessergestellt sind.
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