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Seminararbeit, 2020
39 Seiten, Note: 11,0
Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A.Einleitung
B.Grundlegender Überblick
I. Grundlagen und Entwicklung des Wettbewerbsrechts
II. Zweck und Wirkung von Kundenbewertungen im Online-Vertrieb
III. Voraussetzungen für die Anwendung des UWG
1. Geschäftliche Handlung
2. Mitbewerberstellung
C.Wettbewerbsrechtliche Problemfelder
I. Darstellung von Kundenbewertungen
1. Gefilterte Bewertungen
a. Das Sich-zu-eigen-machen
b. Die Rolle von Algorithmen
2. Gesamtbewertung
a. (Un-)Zulässigkeit gesamtdarstellender Kundenbewertungen
b. Lösungsansätze
II. Beabsichtigte Platzierung gefälschter Kundenbewertungen
1. Positive Fake-Bewertungen
2. Negative Fake-Bewertungen
3. Zwischenergebnis
III. IncentivierteKundenbewertungen
1. Lockende Aufforderung zur Bewertungsabgabe
a. Aggressive geschäftliche Handlung
b. UnzumutbareBelästigung
c. Nichtkenntlichmachung des kommerziellen Zwecks
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Übrigen bezieht sich die im Text gewählte männliche Form immer zugleich auf Personen aller Geschlechter, es wird allerdings zugunsten der besseren Lesbarkeit auf eine Mehrfachbezeichnung verzichtet.
Der Austausch von Meinungen ist unter Verbrauchern schon immer von enormer Wichtigkeit. Einst fand die Auswechselung von Kritik und Lob fast ausschließlich persönlich statt, auch bekannt unter dem Phänomen der Mundpropaganda. Durch die fortschreitende Digitalisierung hat sich das Spiegelbild der Verbraucherzufriedenheit mittlerweile vor allem in die uferlosen Grenzen des Internet verschoben. Durch die unermessliche Reichweite des Online-Vertriebs liegt es auf der Hand, dass die darin vorkommenden Kundenbewertungen eine beträchtliche Summe rechtlicher Problematiken und neu aufkommender Fragestellungen mit sich bringen.
Insbesondere steht über der ganzen Thematik die zentrale Abwägungsfrage, inwieweit Kundenbewertungen in ihren verschiedenen Gewändern wettbewerbsrechtlich zulässig sind. Denn parallel zur zunehmenden Relevanz von Nutzerbewertungen erfahren auch Missbrauchsszenarien eine steigende praktische Bedeutung.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich genau mit dieser Materie und untersucht Kundenbewertungen beim Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht. Dabei gibt sie zunächst einen grundlegenden Überblick (B.) und arbeitet darauf aufbauend vorrangig die wettbewerbsrechtlichen Problemfelder im Zusammenhang mit Kundenbewertungen aus (C.). Nachdem anhand eines erst vor kurzem entschiedenen BGH Urteils die wettbewerbsrechtliche Haftung von Händlern bezüglich unzulässiger Bewertungen Dritter geklärt wurde (D.), wird das Einschreiten des Bundeskartellamts in komprimierter Form thematisiert (E.). Abgeschlossen wird mit einem Fazit und einem Ausblick, besonders im Hinblick der fortscheitenden Technisierung (F.).
Um Kundenbewertungen beim Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen sinnvoll wettbewerbsrechtlich durchleuchten zu können, muss zunächst ein inhaltlich bezugnehmendes elementares Verständnis hergestellt werden.
Das im UWG verankerte Recht, welches als Wettbewerbsrecht oder Lauterkeitsrecht betitelt wird, besteht nach § 1 UWG zum Schutz der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren Geschäftspraktiken und sichert im Interesse der Allgemeinheit einen unverfälschten und freien Wettbewerb. Bis heute hat sich allerdings noch keine einheitlich festgelegte Terminologie durgesetzt. So spricht man oftmals nur vom Wettbewerbsrecht, was durchaus Verwirrung stiften kann, da das im GWB national geregelte Kartellrecht im europäischen Rechtsraum ausgerechnet auch als Wettbewerbsrecht tituliert wird.1 Der Leser muss weiterhin beachten, dass die im UWG vorkommenden Vorschriften durch die UWGNovelle vom 10.12.2015 elementar überarbeitet wurden.2 Insbesondere ist hierbei auf die Entwicklung des § 4 UWG hinzuweisen. Nach der a.F. wurden hierunter lediglich Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen aufgelistet, die durch die Strukturänderung auf nur noch vier Absätze ohne Beispielkatalog gekürzt wurde.
Die Meinung des Kunden hat einen wichtigen Einfluss auf die Kaufentscheidung von potentiellen Konsumenten,3 da eine Vielzahl von Bewertungen ein eigentlich zuverlässiger Hinweis darauf sein sollte, wie die Ware oder Dienstleistung in ungefilterter Wirklichkeit ist. Der Präsident des Bundeskartellamts gab sogar bekannt, dass Kundenbewertungen im Online-Vertrieb neben dem Preis das bedeutsamste Entscheidungskriterium für Verbraucher sind.4 Die Bewertungen kommen überdies an die Bedeutung einer verbindlichen Verbraucherumfrage heran.5 Inwiefern der Kunde eine Möglichkeit zur digitalen Bewertungsabgabe hat, ist von den unterschiedlichen Konzepten der Unternehmer abhängig. Diese verschiedenen Darstellungen sind unter anderem von gesteigerter rechtlicher Relevanz.6 In der Praxis findet man von einem detaillierten Wortbeitrag in einem Freitextfeld bis zu einer kategorisierten Sternebewertung fast jede erdenkliche Form der Kundenbewertung.7 Egal, welche Gestaltung die Bewertung letztendlich annimmt, die Meinungsäußerung eines meist unbekannten Dritten wird beim ratsuchenden Konsumenten generell höher bewertet, als Aussagen vom Werbenden selbst.8 Dies hat zur Ursache, dass Äußerungen eines parteilosen Kunden mehr Vertrauen geschenkt werden kann, als eklatanter bezahlter Werbung.9 Die Meinung eines Konsumenten ist nämlich frei und ungeschönt. Kundenbewertungen gelten daher sowohl als wichtige und vertrauenswürdige Informationsquelle,10 sind aber auch ein sehr effektives Marketinginstrument und dienen gleichsam der neuen Kommunikationsform der Werbung.11 Das Austauschen von Meinungen über das Instrument der Kundenbewertungen ist dadurch auch geeignet, den Preis- und Leistungswettbewerb zu fördern.12 Insofern ist es für Unternehmen von zentraler Bedeutung, dass deren Kundenrezensionen vorwiegend positiv ausfallen.
Damit mögliche Verstöße durch Kundenbewertungen der wettbewerbsrechtlichen Kontrolle überhaupt unterworfen sind, muss ein Internetdienstleister in Abgrenzung zum früheren Rechtsinstitut der Störerhaftung selbst geschäftlich i.S.d. §21 Nr. 1 UWG handeln.13
Ferner ist die Gegebenheit einer Mitbewerberstellung nach § 2 I Nr. 3 UWG vorausgesetzt.14
Soll durch das Wiedergeben von Kundenbewertungen, der eigene Absatz des Unternehmers gefördert, die eigene Leistung oder ein weiteres geschäftliches Angebot attraktiver oder überhaupt bekannt gemacht werden, so ist eine geschäftliche Handlung i.S.d. §21 Nr. 1 UWG verwirklicht.15 Werden hingegen nur rein kommunikative Absichten verfolgt, so lässt sich noch keine geschäftliche Handlung annehmen.16 In der Praxis verschmelzen diese Übergänge allerdings recht schnell und es ist oftmals keine klare Grenze mehr zu ziehen.17
Dennoch lässt sich generell sagen, dass in den überwiegenden Konstellationen das mit Kundenbewertungen eng im zusammenhangstehende Bereitstellen und Betreiben einer Plattform für oder unter anderem mit Kundenbewertungsabgaben im Online-Vertrieb eine geschäftliche Handlung darstellt.18
Liegt ein Anspruch gegen einen direkten Konkurrenten vor, so ist eine unmittelbare Konkurrenzkonfliktlage und Mitbewerberstellung i.S.v. §21 Nr. 3 UWG unproblematisch anzunehmen.19 Dagegen lässt sich ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bei Ansprüchen gegenüber Plattformanbietern nicht ganz so leicht aufzeigen. Dies hat zur Ursache, dass die Portalbetreiber eigentlich nur als „neutrale Informationsvermittler“20 agieren.21 Gehören zur Kundenbewertungsdarstellung der Plattformen aber auch kommerzielle und vergütete Darstellungen, wie beispielsweise die bezahlte Präsentation von TOP-Platzierungen22 oder Vermittlungsleistungen, die dazu geeignet sind, die Attraktivität eines Unternehmens oder Angebots für geschäftliche Zwecke zu steigern oder ein anderes zu beeinträchtigen, so verlässt der Betreiber seine passive Position.23 Im Interesse des wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes kann der Kreis des konkreten Wettbewerbsverhältnisses allerdings sehr weit gezogen werden und es muss nicht zwingend ein „scharfes“ Konkurrenzverhältnis vorliegen.24
Prinzipiell lässt sich damit sagen, dass es für eine Mitbewerberstellung ausreicht, wenn die durch die Maßnahme angestrebten Vorteile einer Partei, die andere Seite wiederrum Nachteile erleidet, so dass eine Wechselwirkung entsteht, die sich eignet den fremden Wettbewerb zu beeinträchtigen und den Eigenen zu fördern.25
Die eigentliche Schwierigkeit verkörpert sich aber viel mehr in der Einordnung der wettbewerbsrechtlichen Problemfeldem im Zusammenhang mit Kundenbewertungen.
Inzwischen ranken sich nämlich rund um die Thematik von Kundenbewertungen unzählige wettbewerbsrechtliche Problematiken. Nachfolgend werden diese innerhalb der meist auftretenden Schwierigkeiten erörtert. Die Arbeit konzentriert sich zum einen auf die mannigfaltigen Bewertungsdarstellungen, als auch auf gefälschte und incentivierte Kundenbewertungen.
Um Nutzerbewertungen für den Verbraucher übersichtlicher darzustellen, werden die bereits abgegebenen Bewertungen oftmals in Kategorien selektiert oder in einer Gesamtübersicht wiedergegeben, bei deren Darstellung sich einige wettbewerbsrechtliche Risiken aufdrängen.
Vorerst ist auf die Filterung von Kundenbewertungen einzugehen, vor allem auch in Hinsicht auf den Einsatz von Algorithmen.
Wird durch eine gewisse Anordnung die Darstellung negativer Bewertungen verhindert oder positive Äußerungen einseitig dargestellt, so entsteht für den Verbraucher ein vorgetäuschtes übertrieben positiv verzerrtes Gesamtbild, welches unstrittig als irreführend i.S.d. § 5 I S. 2 Nr. 1 UWG anzusehen ist.26
Aber auch die Begutachtung einer neutralen Filterung ist mit rechtlicher Vorsicht zu genießen. Insbesondere sind hierbei die filtrierten Rezensionen von Bewertungsportalen ins engere Blickfeld zu ziehen.
Durch die vom unparteiischen Portalbetreiber gefilterte Darstellung von nur wettbewerbsrechtlich zulässigen Kundenbewertungen könnte zwar einer möglichen Verzerrung im Wettbewerb entgegengewirkt werden. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass der in seiner neutralen Position stehende Intermediär gerade die Pflicht zur Markttransparenz hat, um sämtliche Informationen so sachlich und unbearbeitet wie möglich darzustellen.27 In dieser Kontroverse ist zu untersuchen, inwieweit die eigentlich neutrale Filterung von Kundenbewertungen unlauter sein kann.
Ein Unternehmer handeltjedenfalls immer dann unlauter, wenn er sich die Angaben Dritter zu eigenen macht und sich auf diese bezieht.28 Dies muss auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung sämtlich relevanter Umstände aus der Sicht eines verständigen durchschnittlichen Nutzers beurteilt werden.29 Übernimmt der Betreiber eines Bewertungsplattformdienstes nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte oder erweckt zumindest einen zurechenbaren Anschein, dass er sich mit den Inhalten Anderer identifiziert, so ist ein Sich-zu-eigen-machen gegeben.30
Dafür spricht vor allem, wenn der Anbieter eines Bewertungsportals die von Dritten hochgeladenen Einträge inhaltlich-redaktionell aufbereitet, deren Wahrheitsgehalt, bzw. Vollständigkeit überprüft oder die fremden Aussagen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet.31 Hingegen ist allein durch ein statistisches Auswerten von Kundenbewertungen, z.B. die Darstellung mit Durchschnittswerten oder einer „Weiterempfehlungsrate“ aufgrund der fehlenden inhaltlichen Einflussnahme des Websitebetreibers noch keine inhaltlich-redaktionelle Aufbereitung gegeben.32 Auch die Anwendung eines automatisierten Wortfilters oder eine nachträgliche Notice-and-take-down-Überprü- fung stellt noch kein Zu-eigen-machen dar, soweit die Handlung dazu dient, die Nutzungsbedingungen einzuhalten und dagegen verstoßende Bewertungen von einer Veröffentlichung auszuschließen.33 Ebenso führt eine Untergliederung in „empfohlene“ und „(derzeit) nicht empfohlene“ Beiträge, noch zu keinem Zu-eigen-Machen der hierin umfassten Meinungsäußerung, vorausgesetzt, der Portalanbieter übernimmt für die Inhalte keine erkennbare Verantwortung.34
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Rechtsprechung bisher keinen allzu strengen Maßstab an das Sich-zu-eigen-Machen von Kundenbewertungen angelegt hat.
Als Konsequenz ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten prinzipiell Zurückhaltung angebracht. Ein durchschnittlich informierter Verbraucher ist nämlich mit den grundlegenden Prinzipien eines Bewertungssystems vertraut und erkennt, dass es sich bei den Meinungsäußerungen gerade nur um persönliche Einschätzungen anderer handelt.35 Nach Aussage des BGH tritt der Verkehr auf subjektiv angehauchte Äußerungen mit ausgeprägter Achtsamkeit und erhöhter Skepsis gegenüber.36 Diesbezüglich vermeintlich aufkommende Fehlvorstellungen sind sodann hinzunehmen.37
Diese Erwägung steht allerdings im starken Widerspruch hinsichtlich der zu Anfang ausgeführten Wirkung von Kundenbewertungen, die als gerade auffallend zuverlässig und vertrauenswürdig eingestuft wurden.38 Infolgedessen ist es bedenkenswert, dass dem Publikum ein erweitertes Grundverständnis über das Zustandekommen und die Interpretation von Kundenbewertungen zugetraut,39 beziehungsweise sogar vielmehr zugemutet wird.
Für eine noch besser gefilterte Darstellung von Kundenbewertungen wenden die Unternehmen teilweise sehr komplexe, teilweise selbstlernende, Algorithmensysteme an, um auch die große Vielzahl an Bewertungen immer aktuell und übersichtlich abbilden zu können.40 Welche Rolle Algorithmen in Hinblick auf die rechtliche Untersuchung von Kundenbewertungen haben, hat die Justiz auch in diesem Jahr schon beschäftigt.41
In der Regel ist das Filtern von Nutzerbewertungen durch einen Algorithmus zwar rechtlich gebilligt,42 dennoch muss sich zwingend vergegenwärtigt werden, dass diese Programme die vom Menschen festgelegten Bewertungskriterien umsetzen.43 Wird der Algorithmus also mit falschen Daten „gefüttert“, so stellt dies wiederum eine unzulässige geschäftliche Handlung dar, zumal sich das Unternehmen sodann das algorithmische Arbeitsresultat zu eigen machen würde.44 Gleiches gilt freilich für den Einsatz anderer automatisierter Software.
Allgemein muss trotz der derzeitig wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von eingesetzten Algorithmen kritisiert werden, dass die Anwendung eines derart komplexen Systems für einen durchschnittlichen Verbraucher nur schwer erkennbar ist und unter Umständen besonders irreführend sein kann. Außerdem kann es trotz der eigentlich zuverlässigen Programme dennoch zu mitunter fehlerhaften Ausnahmen kommen.45
Werden die Entscheidungsprozesse also von künstlichen neuronalen Netzen gesteuert, so sollten die Betreiber künftig dazu verpflichtet werden, die betreffenden Daten bis zu einem gewissen Maße zu dokumentieren und bei Nachfrage in einem der RL (EU) 2016/943 zum Schutz vor Geschäftsgeheimnissen vertretbaren Umfang offenzulegen.46 Diesbezüglich beschäftigt sich auch die erst am 12.7.2020 in Kraft getretene europäische P2B-VO47, die Regelungen zur Transparenz und Fairness von Plattforminhalten vorsieht. Nach Art. 5 der Verordnung sind Kriterien für die Offenlegung von Rankingkriterien bei Anbietern von Online Vermittlungsdiensten mit einzubeziehen.48
Gleichwohl muss erwähnt werden, dass eine zentrale Offenlegung dem angestrebten Zweck zuwiderlaufen könnte.49 Dies hat zur Ursache, dass sobald den Kandidaten die relevanten Faktoren zur Arbeitsweise eines Algorithmus[4] in Bezug auf Kundenbewertungen bekannt gemacht werden, sie sich hierauf auch einstellen können.50
Auch der Entwurf zur jüngsten GWB-Novelle setzt sich damit auseinander. Nach dessen Inkrafttreten wird es sodann die Herausforderung sein, die zum Zugang von Daten geplanten Regelungen zu wirklich effektiven Werkzeugen zugunsten der Freiheit des Wettbewerbs zu formen.51
Durch die große Masse an Kundenbewertungen kann sich der Verbraucher ebenso einen persönlichen Eindruck durch die Möglichkeit einer Gesamtbewertung bilden.
a. (Un-)Zulässigkeit gesamtdarstellender Kundenbewertungen
Mit einer Gesamtbewertung darf unumstritten nicht geworben werden, wenn hierin einzelne Bewertungen eingeflossen sind, auf die der Unternehmer eingewirkt hat.52 Durch das Werben mit einer hohen Gesamtanzahl an Bewertungen liegt ein solch irreführender Eindruck nahe, bei dem der Blick auf die Ware oder Dienstleistung für den Verbraucher verzerrt wird.53 Dies muss jedoch äußerst kritisch hinterfragt werden, da auf diese Weise generalisiert ohne nähere Ausführungen von einer Zurechnung der beeinflussten Gesamtbewertung ausgegangen wird,54 was sich in manchen Fällen aber freilich auch gerade anders herausstellen könnte.
Weiterhin ist eine Irreführung gemäß § 5 I S. 2 Nr. 1 UWG anzunehmen, wenn nicht alle Bewertungen im Gesamten wiedergegeben werden und der Portalbetreiber hierauf nicht oder nur unzureichend hinweist.55 Ein in der Juristik vorzuzeigender Musterfall ist die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit durch das Werben mit dem Versprechen „garantiert echte Meinungen“, da ein derartiger Slogan beim Verbraucher den Eindruck erweckt, dass in der Darstellung einer Durchschnittbewertung sämtliche Bewertungen ungefiltert veröffentlicht wurden56 und eben nicht nur größtenteils, auf Grundlage einer vom Betreiber bestimmten Einordnung in „vertrauenswürdigen und nützlichen Bewertungen“, stattfand.57
[...]
1 Lettl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn.l.
2 Müller, IP kompakt 1/2016, 2, 3.
3 Spindler/Schuster/Mzck/zlz/Vawys/owska, UWG § 5 Rn. 157.
4 BKartA, PM v. 23.5.2019, S. 1.
5 BGH NJW 2020, 1520, 1522 - Kundenbewertungen auf Amazon.
6 Föhlisch/Löwer, VuR 2020, 53,61; Smirra, ZUM 2020, 525, 530.
7 NK-UWG/Bas-se/Watt, §5aRn. 311; Ahrens/Richter, WRP 2011, 814, 814.
8 KBPIBornkamm/Feddersen, UWG § 5 Rn. 1.165.
9 Lichtnecker, GRUR2013, 135, 139.
10 Smirra, ZUM 2020, 525, 525.
11 Lichtnecker, GRUR 2013, 135, 137; Koch/Biggen, NJW 2020, 2921, 2921.
12 BGH NJW 2020, 1520, 1524 - Kundenbewertungen auf Amazon.
13 Auer-Reinsdorff/Conrad/Kremer, § 28 Rn. 98; Köhler, GRUR 2008, 1, 2.
14 Ohly, GRUR 2017, 441, 446.
15 BGHGRUR2015, 1129, 1131-Hotelbewertungsportal;HBHB/Go/Jmauu, § 8 Rn. 518; KBE /Bornkamm/Feddersen, UWG § 5 Rn. 2.153a.
16 Smirra, ZUM 2020, 525, 528.
17 Schaub, GRUR 2020, 494, 497.
18 BGH GRUR 2007, 890, 892 - Jugendgefährdende Medienbei eBay.
19 UWG-HdB/Fr/tZÄCÂe, § 79, Rn. 173.
20 BGH NJW 2018, 1884, 1884 - Ärztebewertungsportal III.
21 Büscher, GRUR 2017, 433, 436, 438; Pukas, WRP 2019, 1421, 1427.
22 Hofmann, WRP 2020, 579, 579.
23 BGH GRUR 2015, 1129, 1130 f. - Hotelbewertungsportal; Smirra, ZUM 2020, 525, 528.
24 Jahn/Palzer, K&R 2015, 767, 768.
25 BGH GRUR 2014, 1114, 1116 - nickelfrei; Göttvagk^SLisQrlGötting/Hetmank, § 4, Rn. 37 BGH GRUR 2014, 1114, 1116 - nickelfrei; Göttvagk^SLisQrlGötting/Hetmank, § 4, Rn. 37.
26 Tamm/Tonner/Brönneke/Brönnefe, § 10 Rn. 67a; BKartA, Sektoruntersuchung Vergleichsportale, S. 131.
27 Deppenkemper,jM 2020, 283, 284.
28 HBHB/Breyer, § 5 Abs. B Rn. 98.
29 BGH GRUR2015, 1129, 1131 f. -Hotelbewertungsportal; GRUR2016, 209, 211 - Haftung lur Hyperlink; HBHB/ 'Goldmann, § 8 Rn. 464.
30 Lettl, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 44; Jahn/Palzer, K&R 2015, 767, 769.
31 BGH GRUR 2010, 616, 618 - marions-kochbuch.de; GRUR 2012, 74, 78 - Coaching Newsletter.
32 BGHGRUR2015, 1129, 1131 -Hotelbewertungsportal; Jahn/Palzer, K&R2015, 767, 769; Smirra, ZUM 2020, 525, 530.
33 BBBB/Goldmann, § 8 Rn. 464; Lettl, BB 2016, 2243, 2244 f.
34 BGH NJW 2020, 1587, 1587 - Bewertungsdarstellung.
35 BGH NJW 2020, 1520, 1522 - Kundenbewertungen auf Amazon.
36 KBF/KöA/er, UWG § 5a Rn. 7.80; Smirra, ZUM 2020, 525, 528.
37 BGH NJW 2020, 1520, 1522 - Kundenbewertungen auf Amazon.
38 Siehe oben.
39 Smirra, ZUM 2020, 525, 528.
40 https://www.otto.de und https://www.tripadvisor.de, s. Koch/Biggen, NJW 2020, 2921,Fn. 1, 31.
41 BGH NJW 2020, 1587 ff. - Bewertungsdarstellung.
42 Milker, ZUM 2017, 216, 218.
43 BGHNJW2020, 1587, 1591-Bewertungsdarstellung.
44 Spoen/e,jurisPR-ITR 17/2020 Anm. 2, S. 3.
45 Bw/fe/JurisPR-ITR 6/2020 Anm. 6, S. 2.
46 Vgl. Koch/Biggen, NJW 2020, 2921, 2925.
47 Auch Verordnung (EU) 2019/1150 genannt.
48 Dazu etwa Schaub, GRUR 2020, 494, 498.
49 Smirra, ZUM 2020, 525, 531.
50 Ernst, VuR 2019, 401, 402.
51 Lettl, WRP 2/2020,1.
52 Hugendubel/Zarm, IPRB 2020, 135, 137.
53 OLG Frankfurt/M. MMR 2019, 529, 530 - Whirlpool-Gewinnspiel.
54 Hugendubel/Zarm, IPRB 2020, 135, 138.
55 Büscher, GRUR 2017, 433, 440.
56 BGH GRUR 2016, 828, 830 - Kundenbewertung im Internet; HBHB/Öreyer, UWG § 5 Abs. K, Rn. 18.
57 OLGMünchenMMR2019, 704, 704; Gräbig, GRUR-Prax2019, 197, 199.