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Seminararbeit, 2019
19 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen
2.1 Merkmale der Luftfracht
2.2 Allgemeine Luftfrachtlieferkette
3. Bedeutende Funktionen der Luftfracht
3.1 Geschwindigkeit
3.2 Sicherheit
3.2.1 System-Sicherheit
3.2.2 Die Sichere Lieferkette
3.3 Luftfracht kann alternativlos sein
3.4 Fracht mit besonderen Anforderungen
4. E-Commerce – Luftfracht Business
4.1 Aktuelle Probleme der Luftfahrt
4.2 Digitalisierung in der Luftfracht
5. Fazit
Literaturverzeichnis
AWB – Air Waybill
CBP – US Customs and Border Patrol Agency
eAWB – Electronic Air Waybill
IATA – International Air Transport Association
TSA – US Transportation Security Administration
ULD – Unit Load Device
Abbildung 1 Beispiele von ULDs
Abbildung 2 Akteure in der klassischen Luftfracht-Transportkette
1903 gelang es den US-Amerikanischen Brüdern Wright, erstmalig mit einem motorisierten Gefährt in die Luft abzuheben. 1910 bekamen sie eine Anfrage, 100 kg Seide zu einem etwa 100 km entfernten Händler zu fliegen. Dies war ein großes Spektakel und Menschen bezahlten damals Eintritt, nur um das Flugzeug landen zu sehen. Zugleich war somit die Luftfracht als neue Branche geboren, indem sie einen wirtschaftlichen Nutzen für die zuvor nur zur Unterhaltung benutzten Flugzeuge aufzeigte.1 Nur ein paar Monate später wurde die erste Luftfracht in Deutschland transportiert. Die druckfrische Ausgabe der Berliner Morgenpost kam so auf dem schnellstmöglichen Weg nach Frankfurt an der Oder. Seit diesem Zeitpunkt steigt die transportierte Menge an Luftfracht stetig an. Die folgenden Zahlen illustrieren beispielhaft, was die Luftfahrt heutzutage leistet. Jährlich werden an Bord von Flugzeugen rund 2300 Tonnen Zeitungen alleine von Lufthansa Cargo verladen2, 120.000 Tonnen Blumen aus Kenia schnell in viele Regionen der Welt gebracht, 62.500 Tonnen humanitäre Hilfsgüter transportiert und 460 Millionen Liter Wein aus den USA exportiert. Die Formel 1 würde, ohne die 300 Tonnen Equipment per Luftfracht in 20 Länder zu versenden keine Saison fahren können.3
Denkt man an die heutige internationale Logistik sind die großen Container-Seeschiffe vermutlich das Erste, was viele vor Augen haben. Mit etwa 90%4, gemessen am Volumen, transportiert die Seeschifffahrt in der Tat den Großteil der weltweit gehandelten Ware; die Luftfracht macht weniger als 1% aus.5 Schaut man sich jedoch den Wert der transportierten Ware an, entfallen tatsächlich 35% der jährlich transportierten Warenwerte auf die Luftfracht.6 Diese starke Divergenz zwischen transportiertem Volumen und Wert ist vor allem durch die einzigartigen Vorteile der Luftfracht bedingt, deren genauere Betrachtung Teil dieser Arbeit sein wird.
In den entwickelten Ländern leben die Menschen der heutigen Generationen vielfach losgelöst von geographischen Limitationen. Den Lebensmittelpunkt verlagern, Geschäftsbeziehungen aufbauen und alltägliche Produkte besorgen - all das kann ohne große Probleme auf globaler Ebene erledigt werden. Ermöglicht wird diese rasche Verbindung unterschiedlichster Teile der Welt auf virtueller Ebene durch das Internet. Auf physischer Ebene kann ein schneller Austausch nur durch die Luftfahrt garantiert werden. So sieht man auch ein stetiges Wachstum in Passagier- und Luftfrachtzahlen mit Wachstumsprognosen von weltweit durchschnittlich 4,2% pro Jahr bis 2038.7 Flugzeughersteller Boeing geht von 5,5% Wachstum im ostasiatischen Markt und 6,2% in China mit schnell wachsender sozialer Mittelschicht und anhaltend wachsender Industrie aus. Wie E-Commerce und Luftfracht Einfluss aufeinander nehmen, wird in Kapitel 4 betrachtet.
Da §1 LuftVG die Ortsveränderung mit Hilfe von Flugzeugen als Luftfahrt festlegt, kann der Luftfrachtverkehr als Teil davon als Ortsveränderung von Fracht und Post mit Luftfahrzeugen definiert werden.8 Grundsätzlich existieren zwei Formen von Fracht an Bord von Flugzeugen. Zum einen wäre dies der Transport mit Frachtflugzeugen, welche sowohl auf dem Main Deck (der obere Teil des Flugzeuges) als auch dem Lower Deck Fracht transportieren können. Bei speziellen Frachtflugzeugen wie der Antonov 225, kann auch nur das Main Deck existieren, welche sich dadurch für besonders große Ware eignen. Zum anderen wird auf vielen Passagierlinienflügen, neben dem Passagiergepäck auch Luftfracht im Lower Deck transportiert. Dies wird oftmals als „ Belly Cargo“ bezeichnet. Eine weitere Transportart in der Luftfahrt ist der Luftfrachtersatzverkehr (engl.: Road Feeder Service).9 Dieser findet in der Regel mit LKW statt und wird eingesetzt, wenn kurzfristige und meist temporäre Kapazitätsprobleme auf geplanten Strecken auftreten oder auch durch bessere Verbindungen weiter entfernte Abflugflughäfen ökonomischer sind und Ware dorthin transportiert werden muss. Zusätzlich dient er als kurzfristiger Ersatz, wenn Luftgebiete durch natürliche oder von Menschenhand geschaffenen Katastrophen plötzlich ausfallen.
Die Mitnahme an Bord von Passagierflugzeugen hat den Vorteil, dass bereits wenig Ware verschickt werden kann, ohne darauf warten zu müssen, dass für die Wirtschaftlichkeit der Airline eine höhere Auslastung erreicht wird. Auf diesem Weg wird inzwischen mehr als 50% der gesamten Luftfracht geflogen.10 Andererseits geht Flugzeughersteller Boeing davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren die Frachtflugzeug-Flotte sich fast verdoppeln wird. Frachtflugzeuge haben eine wichtige Rolle in der Luftfracht, da sie Fracht transportieren können, welche die im Lower Deck zulässigen Maße überschreiten oder außerhalb der von Passagiermaschinen beflogenen Routen oder der typischen Passagierflugzeiten benötigt wird. Zusammenfassend bieten sie Versendern also ein höheres Maß an Flexibilität.
In den letzten Jahren brachten sowohl Airbus mit dem A350, als auch Boeing mit dem 787 Dreamliner neue Flugzeugtypen auf den Markt, die wesentlich effizienter im Kerosinverbrauch sind und nun weitere Strecken mit weniger Kraftstoffverbrauch fliegen können. Es liegt im ureigenen Interesse der Airlines, effizientere Maschinen zu besitzen, da Kerosin einer ihrer Hauptkostenfaktoren ist. Die neusten Modelle von Flugzeugen sind oftmals Wide-Body Aircraft, welche viel Platz für Belly Cargo bieten. Dies sorgt für stetig steigenden verfügbaren Cargo-Platz. Finnair war eine der ersten Airlines, die eine A350-Flotte in Betrieb nahmen und kann so ihren Frachtplatz bis 2020 um 45% steigern, obwohl die bestellten A350 ausschließlich Passagierflugzeuge sind.11 Mit diesem Wissen wurde auch das neue Cargo Hub (siehe auch Kapitel 4.2) geplant und für weitere Ausbaumöglichkeiten offengehalten.
Damit der verfügbare Raum innerhalb der Flugzeuge optimal ausgenutzt wird, finden in der Luftfracht sogenannte Unit Load Devices (ULD) Anwendung. In Abbildung 1 sind exemplarisch einige Typen veranschaulicht. Diese existieren in unterschiedlichen Formen, sodass sie den Konturen der unterschiedlichen Frachträume besser entsprechen können. Primär dienen sie wie jedes logistische Ladehilfsmittel der Bündelung mehrerer Sendungen im Umschlag und der Beschleunigung des Be- und Entladens der Flugzeuge. Wie man in der Abbildung erkennen kann, gibt es sowohl ULD mit tragender, umschließender als auch abschließender Funktion. Letzterer kommt besondere Wichtigkeit in der in 3.2.2 besprochenen sicheren Lieferkette zu.
Die International Air Transport Association (IATA) vertritt die Interessen des kommerziellen Passagier- und Frachtluftverkehrs. Für ihre Mitglieder, welche etwa 82% des weltweiten Luftverkehres ausmachen, entwickelt sie globale Standards, die dem weltweiten Handel zugutekommen. Insbesondere werden dabei Ziele und empfohlene Vorgehensweisen in Hinsicht auf Betriebssicherheit, Gefahrenabwehr, Effizienz und Nachhaltigkeit formuliert. Die IATA entwickelt Finanzsysteme und digitale Plattformen, welche weltweit in der Luftfahrt Einsatz finden. Sie arbeitet zudem mit Regierungen weltweit an legislativen Grundlagen und Zollbestimmungen mit dem Ziel, die Welt über Ländergrenzen hinweg für Fracht und Passagiere noch besser zu verbinden.12
In der Luftfracht wird der Air Waybill (AWB) benutzt, um mehrere Funktionen abzudecken. Er stellt den Beförderungsvertrag zwischen den Airlines und dem Versender da. Als Versender kann hier auch die beauftragende Luftfrachtspedition auftreten, wenn sie mehrere Aufträge konsolidiert und somit eine neue Sendung zusammengestellt hat.13 Der AWB dient zur Dokumentation von Empfang und Auslieferung der Ware seitens der Airline, der Abrechnung des Transportes und der Abfertigung im Zoll. Gesetzlich vorgeschrieben nach den Warschauer und Montrealer Abkommen sind jedoch nur Details zur Flugroute, dem Gewicht und eventuellen Haftungsbeschränkungen.14 Weitere wichtige und oftmals notwendige Daten wie Flugzeiten, Vor- und Nachlauf oder Beschreibung der Inhalte einer Sendung ergeben sich aus der IATA-Richtlinie 600a, die auch einen standardisierten AWB als Formular zur Verfügung stellt und welcher flächendeckend eingesetzt wird. Zunehmend werden diese jedoch durch digitale AWB ersetzt, welche in Kapitel 4.2 näher betrachtet werden.
Der AWB in Papierform illustriert mit seinen farblich codierten mehrfachen Kopien sehr gut die vielen beteiligten Parteien in der Transportkette, welche in Abbildung 2 gezeigt sind.15 Der Versender beauftragt eine Luftfahrtspedition die Transportkette zu organisieren, welche dann den Vor- und Nachlauf organisiert. Für den Hauptlauf ist die ebenfalls vom Spediteur ausgewählten Airline zuständig.16 Typischerweise werden die Waren per LKW zum bzw. vom Luftfrachtzentrum, welches meist direkt auf dem Flughafengelände oder in unmittelbarer Nähe in Form von sogenannten Airport-Logistikzentren angesiedelt ist, gefahren. Dies ist die Schnittstelle zwischen Vorlauf bzw. Nachlauf und Hauptlauf, bei der die Abfertigung stattfindet. In Exportrichtung werden die Sendungen hier in/auf ULDs konsolidiert (Build Up) und diese dann verwogen und auf die richtige Kontur geprüft. Sofern es nicht eine Sendung einer sicheren Lieferkette (siehe 3.2.2) ist, findet zuallererst die Sicherheitsprüfung statt. In der Gegenrichtung werden die ankommenden Sendungen dekonsolidiert (Break Down), verzollt und schließlich dem Nachlauf bereitgestellt.
Einer der größten Vorteile, die der Luftverkehr über andere Verkehrsträger hat, ist die hohe Geschwindigkeit über lange Strecken. Während heutzutage globale Supply Chains und der im Kapitel 4 behandelte E-Commerce dieses Potential ausnutzen, gibt es noch weitere Rollen, die die Luftfracht dank des Geschwindigkeitsfaktors übernimmt. Ohne Luftfracht wäre One-Day Delivery, wie sie verschiedene Integratoren anbieten, undenkbar. Jede Nacht fliegt FedEx 6 Millionen Pakete mit über 600 Maschinen rund um die Welt.17 Damit ist es kein Problem, ein Paket in unter 18 Stunden von einer Küste der USA zur anderen zu bringen. Selbst die für die heutige Gesellschaft völlig normalen Transitzeit von wenigen Tagen für den normalen internationalen Versand von Paket und Briefen, wäre ohne den Einsatz von Flugzeugen unvorstellbar. Die Preisersparnisse gegenüber den One‑Day‑Expresslieferungen werden hier durch die Bündelung über die Zeit oder die Verwendung von Hub-Systemen mit längeren Laufzeiten aber größerem Bündelungspotenzial erreicht. Wie hoch die Bedeutung von Luftfracht für die Postunternehmen ist, kann daran erkannt werden, dass die jeweiligen Hauptdrehkreuze von FedEx (Memphis, Rang 2), UPS (Louisville, Rang 7) und der im Vergleich kleine Flughafen Leipzig/Halle dank der Funktion als DHL-Hub auf Rang 26 der weltweiten Liste der Top 30 Luftfrachtflughäfen sind.18
Eine wichtige Rolle spielt die hohe Geschwindigkeit auch bei Naturkatastrophen, wenn Hafenanlagen oder Teile des Straßennetzwerkes unbenutzbar geworden sind. Flugzeuge können dann die Versorgung übernehmen und Hilfskräfte in das Gebiet bringen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine noch ausreichend ausgebaute Start- und Landebahn existiert. Nach dem Erdbeben in Haiti im Jahr 2010 konnten die humanitären Organisationen eine Supply Chain für sämtliche benötigten Materialien aufbauen, obwohl der Hafen zerstört war. Helfer und Materialien konnten auf diese Weise schnell von überall in der Welt, aber besonders aus den nahegelegenen Vereinigten Staaten von Amerika nach Haiti gebracht werden. Auch in besonders abgelegenen Gebieten, wo es kein oder nur ein schlecht ausgebautes Straßennetz gibt, können Flugzeuge die Reaktionszeit in Katastrophenfällen drastisch verkürzen. So war es für die großen humanitären Organisationen nach den Überschwemmungen in Pakistan 2010 nur deswegen möglich zu helfen, weil sie mit Flugzeugen das im Hinterland befindliche betroffene Gebiet erreichen konnten.19
Allein schon die Schnelligkeit der Flugzeuge schafft eine erhöhte Sicherheit, da sich Sendungen zwangsläufig weniger Zeit im Transport befinden, bei dem Diebstahl, Schäden oder Produktspionage stattfinden könnten. Zusätzlich herrscht jedoch in der gesamten Luftfahrt ein sehr hoher Sicherheitsstandard.
Verglichen zu Zügen und in gewissem Maße auch zu Schiffen ist es schwerer, physischen Zugang zu Flugzeugen und somit der Luftfracht selbst zu bekommen. Zum einen befinden sich die Flugzeuge während des Prozesses des Transportes in konstanter Bewegung und können in der Luft nicht einfach stehen bleiben. Zum anderen ist es wesentlich schwieriger, auf ein Flughafengelände zu gelangen, als beispielsweise auf einen Bahnhof, da man, um auf die „Luftseite“ des Flughafens zu gelangen, zwangsläufig die Sicherheitskontrollen passieren muss.
[...]
1 Vgl. Stimson, R. (2019), online.
2 Vgl. Gandzior, A. (2011), online.
3 Vgl. IATA (2017), S. 4f.
4 Vgl. International Chamber of Shipping (2015), S. 16.
5 Vgl. Boeing (2019), S. 26.
6 Vgl. Sales, M. (2017), S. 1.
7 Vgl. Boeing (2019), S. 27.
8 Vgl. Bernecker, T. (2017), S. 12.
9 Vgl. ebenda, S. 119f.
10 Vgl. Boeing (2019), S. 28.
11 Vgl. Finnair Cargo Oy (2018a), online.
12 Vgl. IATA (2019a), online.
13 Vgl. Bernecker, T. (2017), S. 133.
14 Vgl. ebenda, S. 131.
15 Vgl. Hargrave, M, online.
16 Vgl. Bernecker, T. (2017) S. 104-107.
17 Vgl. Wendover Productions (2018), online.
18 Vgl. Air Cargo World (2019), online.
19 Vgl. Wendover Productions (2019), online.