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Studienarbeit, 2022
18 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
1 Grundlagen
1.1 Historie und Einordnung der Industrie 4.0
1.2 Abgrenzung Industrie 4.0 und CPPS
1.3 Was ist Wirtschaftsethik?
1.3.1 Definition Wirtschaftsethik
1.3.2 Ziel und Zweck der Wirtschaftsethik
1.3.3 Ebenen der Wirtschaftsethik bei Betrachtung von CPPS
2 Veränderung der menschliche Arbeit in der Industrie 4.0
3 Chancen und Risiken beim Einsatz von CPPS
3.1 Chancen und Risiken
3.2 Analyse der Chancen und Risiken aus wirtschaftsethischer Sicht
4 Handlungsempfehlungen für das Management beim Einsatz von CPPS
5 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Komponenten und Stufen Industrie 4.0
Abbildung 2: Erforderliche Kompetenzen in der Industrie 4.0
„Die Fabrik der Zukunft wird zwei Angestellte haben, einen Menschen und einen Hund. Der Mensch ist dazu da, den Hund zu füttern. Der Hund, um den Menschen davon abzuhalten, die Geräte anzufassen.“ - Warren G. Benni
Dieses Zitat, welches auch als Witz verstanden werden kann, stammt von einem wichtigen amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler des letzten Jahrhunderts, Warren G. Benni (1925-2014). Im Kern soll diese Aussage zeigen, dass sich der Anteil an menschlicher Arbeit in den Fabriken dieser Welt reduziert, bis hin zu Fertigungen in denen keine physische menschliche Arbeitskraft mehr benötigt wird. Diese Entwicklung hat deutliche Auswirkungen auf die heutige und zukünftige Arbeitswelt. Neben den vielen Vorteilen die der technische Fortschritt den Unternehmen bringt, stellen sich auch einige Herausforderungen heraus, die betrachtet und gelöst werden müssen. Besonders die Anforderungen an Tätigkeiten, die durch Menschen erledigt werden müssen verändern sich deutlich.
Im Rahmen dieser Ausarbeitung werden Chancen und Risiken herausgearbeitet, welche sich durch die Einführung und Nutzung Cyber-physische Produktionssysteme (CPPS) ergeben. Daraus abgeleitet werden Handlungsempfehlungen für das Management eines Unternehmens betrachtet, die erfolgreichen Wandel, besonders im Hinblick auf das betroffene Personal, begleiten. Weiterhin sollen diese Veränderungen aus ethischem Blickwinkel beleuchtet werden.
Um die eben genannten Ziele dieses Assignments besser einordnen zu können werden im ersten Teil Grundlagen zu Cyber-physischen Produktionssystemen geklärt, sowie eine Einordnung im Hinblick auf den Begriff Industrie 4.0 vorgenommen. Weiterhin wird der Themenbereich der Wirtschaftsethik im Unternehmen thematisiert. Im zweiten Teil wird die Veränderung der Anforderungen an menschliche Arbeit, die sich durch die Bestrebungen der Industrie 4.0 ergeben, ausgeführt. Der dritte Abschnitt analysiert Chancen und Risiken für Unternehmen und Mitarbeiter beim Einsatz von CPPS im Kontext der Industrie 4.0 und zieht den Bogen zum wirtschaftsethischen Blickwinkel. Die Ableitung von Handlungsempfehlungen bildet den Kern des vierten Abschnitts und mit einer Zusammenfassung bzw. einem Ausblick wird die Ausarbeitung abgeschlossen.
Zur sprachlichen Darstellung folgt an dieser Stelle der Hinweis:
Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, wurde im Text auf die geschlechtsbezogene Formulierung verzichtet. Es sind selbstverständlich immer alle Geschlechter gemeint, obwohl nur eines der Geschlechter angesprochen wird.
Dieses Kapitel behandelt als erstes die Historie der industriellen Revolutionen, bis hin zur Industrie 4.0. Anschließend wird hierbei der Bogen zu den Cyber-physische Produktionssysteme gespannt und erklärt, inwiefern eine Abgrenzung der Begrifflichkeiten vorgenommen werden kann. Weiterhin wird Bereich der Wirtschaftsethik kurz vorgestellt, sowie im letzten Teil die erste Verknüpfung der beiden Themen Wirtschaftsethik und CPPS vorgenommen.
In der historischen Vergangenheit wurden immer wieder industrielle Revolutionen beschrieben. Die Erste nahm in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhundert an Fahrt auf, denn durch Wasser bzw. Dampf betriebenen Arbeits- und Kraftmaschinen gelangen in der Eisen- und Stahlindustrie sowie Textilbranche große Durchbrüche. Um 1870 brachten die Entwicklung von Förder- und Fließbändern und die breite Nutzung der elektrischen Energie die industrielle Massenproduktion - dies wird als zweite industrielle Revolution angesehen. In seinen Ausläufen herrscht noch heute die dritte industrielle Revolution vor, welche geprägt ist durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sowie von Elektronik. Dies führte besonders zu vielen Automatisierungen in der Produktion. Auf der Hannover-Messe im Jahr 2011 wurde erstmals von der Industrie 4.0 gesprochen. Die „vier“ stellt einen Bezug zur fortlaufenden Nummer der industriellen Revolutionen dar. Diese sich anbahnende vierte Welle basiert auf grundlegenden Veränderungen in der IKT und Produktion hin zu einer intelligenten Fabrik.1 Dabei nimmt die Integration des Internets in bestehende Geschäftsmodelle und die Vernetzung von Wertschöpfungsketten eine zentrale Rolle ein. Durch die Verknüpfung von Produkten, Produktionsanlagen oder der Supply Chain entwickelte sich das „Internet der Dinge und Dienste“. Im Bereich der Fabriken entstehen intelligente, vernetzte
Produktionssysteme, welche auch als Cyber-physische Produktionssysteme oder Smart Factories bezeichnet werden.2
Da sich bestehende, sowie neu entstehende intelligente Fabriken in die bereits seit Jahrzehnten existierende, weltweite Prozesse und Institutionen einfügen und in allen anderen Bereichen tendenziell ähnliche Bestrebungen und Entwicklungen in den Bereichen der digitalen Transformation stattfinden, wird als zentraler Begriff für eine sich rasch ändernden Welt die „Digitalisierung“ genutzt. Der Begriff Industrie 4.0 bildet hierbei den Teilbereich der Produktionsarbeit ab.3
Um eine Struktur und einen Überblick über die Komponenten der Industrie 4.0 zu erlangen, hilft eine Einteilung in Stufen. Die Kombinationen der Technologien Ubiquitous Computing, Internet der Dinge und Dienste und Cloud Computing erlaubt auf der Stufe der Cyber-physischen Systeme (CPS) ein Zusammenspiel von Soft- und Hardwaresystemen zu einem intelligenten und komplexen Verbund. Die Objekte in diesen Systemen sind mit der Fähigkeit ausgestattet Daten und Informationen zu versenden und zu verarbeiten. Eine Echtzeitauswertung z. B. bei der Wartung oder Steuerung von Anlagen und Maschinen ist dadurch möglich. Der Verbund von mehreren CPS macht eine Steuerung der Produktion über ein CPPS (Stufe 2) möglich. Die einzelnen CPS sind vernetzt und kommunizieren miteinander (Maschine-zu-Maschine Kommunikation). Besonders für die Steuerung bzw. Überwachung dieser Systeme wird eine Kommunikation zwischen Mensch und Maschine benötigt, hierfür sind Schnittstellen wie beispielsweise Virtual Reality (VR) notwendig. Die Implementierung von CPPS in Produktionen der Unternehmen fordert neben den technischen Grundvoraussetzungen neuartige Denkweisen, neu gedachte Geschäftsprozesse oder auch gesamthafte Zukunftsvisionen.4 Dies ist auf Stufe 3 als Industrie 4.0 zusammengefasst und bildet wie oben beschrieben den Teilbereich der Produktion im Rahmen der Digitalisierung ab. Der Zusammenhang zwischen den Stufen ist in Abbildung 1 visualisiert. Um tiefer in die aufgezeigten Technologien einzutauchen wird an dieser Stelle auf die angegebene Literatur verwiesen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Komponenten und Stufen Industrie 4.0 5
Das Feld der Wirtschaftsethik ist sehr breit und kann in vollem Umfang in dieser Ausarbeitung nicht ausgeführt werden. Daher wird an dieser Stelle der Begriff der Wirtschaftsethik definiert und auf die Zielsetzungen eingegangen. Weiterhin wird, vorbereitend auf die Zielsetzung dieser Arbeit, eine erste Einordnung vorgenommen, inwiefern Wirtschaftsethik beim Einsatz von Cyber-physischen Produktionssystemen berücksichtigt werden kann.
Die Wirtschaftsethik untersucht die Verbindung zwischen ökonomischen Themen und dem menschlichen Handeln. Geleitet ist das menschliche Handeln durch gesellschaftliche Normen und Werte. Die Wirtschaftsethik kreiert daraus basierend wünschenswerte Regeln und Normen, die im System der Marktwirtschaft angewandt werden sollen. Sie schafft somit eine systematische Basis und schließt sowohl die individuelle, als auch die institutionelle Ebene des Handelns mit ein. Auf dieser Stufe geht es um makroökonomische Fragestellungen bezogen auf die Arbeitswelt, Wirtschaftsverfassung und der Umwelt. Daher stehen wirtschaftsethische Fragestellungen oft im Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik5 6
Ein grundlegender Zweck bzw. Aufgabe der Wirtschaftsethik ist die Gegenüberstellung der ökonomischen individuellen Interessen und dem Gemeinwohl. Auch die indirekte Förderung von ethischem Verhalten durch die Veranschaulichung der Produktivitätsvorteile für Unternehmen und Gesellschaft, die sich durch die Einhaltung von ethischen Verhaltensweisen ergeben, kann als weitere Aufgabe der Wirtschaftsethik gesehenen werden. In diesem Kontext ist die Betrachtung inwiefern ein wirtschaftliches Handeln in einer Situation der Gesellschaft, dem Unternehmen oder Menschen nutzt, eine Kernfrage der Wirtschaftsethik. Die Wirtschaftsethik erweitert somit die ökonomisch getriebenen Disziplinen der BWL und VWL und strebt eine Sicherstellung von Nutzen im wirtschaftlichen Verhalten und ökonomischen Entscheidungen an.7
Um sich klar zu machen auf welcher Ebene Wirtschaftsethik stattfindet, lohnt sich eine Einteilung in drei Stufen: Individual-, Institutionen- und Systemebene. Auf der Individualebene lassen sich Themen direkt an Mitarbeiter und Führungskräfte richten - denkbare Gebiete auf dieser Ebene können beispielsweise Korruption, Moralverlust oder Mobbing sein. Das Unternehmen ist auf der Ebene der Institutionen angesprochen. Hierbei steht das Verhalten des Unternehmens zu internen oder externen Themen im Mittelpunkt. Beispiele auf dieser Stufe können Themen zu Arbeits-, Team- und Organisationsstrukturen, Unternehmensleitbilder oder Unternehmenswerte sein. Auf der Systemebene der Wirtschaftsethik lassen sich Themen verorten, welche über das Unternehmen hinaus gehen und viele andere Stakeholder mit einbezieht. Es ist oft das gesamte Umfeld betroffen. Beispielhaft können hier Themen zu Wertewandel, Globalisierung oder zu sozialer Ungerechtigkeit angeführt werden. Besonders bei der Betrachtung komplexer Fälle ist zwar eine randscharfe Abgrenzung zwischen diesen Ebenen nicht immer möglich, allerdings ist es lohnenswert sich dieser Abgrenzung bewusst zu machen um eine Konfliktsituation besser zu verstehen und die geeigneten Instrumente zur Lösung des Konflikts anzuwenden.8
Übertragen auf den Einsatz von CPPS in den Produktionen der Unternehmen sind auf dieser Basis viele Konfliktfälle im Rahmen der Wirtschaftsethik denkbar, die sich auf den unterschiedlichen Ebenen einordnen lassen. Denkbar wäre ein gestiegener Kostendruck durch die Globalisierung auf die Produktion, die einen generellen Einsatz eines CPPS fordert, um Mitarbeiter einzusparen. Hier würde man sich zwischen System- und Institutionsebene bewegen. Daran anschließend könnte der Konflikt des gesunkenen Personalbedarf und der Umgang mit den Mitarbeitern selbst in der Situation auf der Institutionsebene oder auch auf Individualebene, durch persönliche Entscheidungen einer Führungskraft einordnen werden.
In der Fertigung eines Industriebetriebs werden die Produktionsfaktoren Arbeit, Betriebsmittel, Werksstoffe sowie der dispositive Faktor in der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zur Erstellung von Produkten und Dienstleistungen kombiniert. Beim vermehrten Einsatz von CPPS verändern sich die Anforderungen an diese Produktionsfaktoren und die Anteile können sich verschieben. Analoge und klassische Werkzeuge verschwinden verstärkt aus der industriellen Produktion und werden durch digitale Komponenten ersetzt. Beispielhaft können hier der Einsatz von mobilen Endgeräten zur Steuerung und Kontrolle der Fertigungsprozesse oder für die Maschinenwartung genannt werden. Weiterhin sind Einsätze von Virtual Reality bei der Simulation von Prozessen, der vermehrte Einsatz von Automatisierungssystemen oder 3D-Druckern in der Produktion denkbar. Neben der Anforderung die Prozesse in der Fertigung dadurch zielorientiert anpassen zu müssen, muss der Umgang mit den neu eingesetzten Technologien von den Mitarbeitern erlernt und akzeptiert werden.9
Der vermehrte Einsatz von Technologien aus dem Bereich 4.0 erhöht die Automatisierungsquote und somit auch das Automatisierungsrisiko in vielen Berufen oder Tätigkeitsbereichen. Inwiefern sich dieses Risiko in den Berufszweigen bemerkbar macht/machen wird, ist auch in der Vielzahl der Studien unterschiedlich angegeben. Stellvertretend wird an dieser Stelle ein Auszug aus einer Studie der Firma MHP aus dem Jahr 2017 aufgezeigt, die die Tendenz deutlich machen soll. Hier ist das Automatisierungsrisiko für Monteure mit ca. 86%, für technische Sachbearbeiter in der Fertigung mit etwa 94% und für Lagerarbeiter mit 57% angegeben. Wohingegen das Risiko für Entwicklungs- und Produktionsingenieuren mit 3,4% und Projektleitern mit nur 1,4% relativ gering anzusehen ist. Dies zeigt, dass herkömmliche Tätigkeiten verschwinden oder weniger gebraucht werden, wohingegen neue Berufe und Tätigkeitsfelder entstehen.10 11 Eine Übersicht welche Kompetenzfelder in der Industrie 4.0 besonders gefordert sind, ist in der Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Einsatz von CPPS im Rahmen von Industrie 4.0 birgt viele Chancen und Risiken für die Unternehmen und Mitarbeiter. Wie bereits im Kapitel 2 beschrieben veränderten sich Anforderungen an Tätigkeitsbereiche, Berufsbilder entstehen, verändern sich oder sind nicht mehr gefragt. In diesem Kapitel werden Chancen und Risiken beleuchtet, die durch den vermehrten Einsatz von CPPS in der Produktion entstehen. Hierfür werden einige Szenarien beschrieben, die als Chancen oder Risiken für Mitarbeiter oder das Unternehmen gesehen werden können. Anschließend wird zu den Ausführungen eine Analyse vorgenommen und eine Interpretation aus den wirtschaftsethischen Blickwinkel vorgenommen.
[...]
1 Vgl. Siepmann, 2016, S. 19f.
2 Vgl. Wagner, 2018, S. 4f.
3 Vgl. Wagner, 2018, S. 4f.
4 Vgl. Siepmann, 2016, S. 22f.
5 Vgl. Siepmann, 2016, S. 22.
6 Vgl. Dietzfelbinger, 2015, S. 209.
7 Vgl. Conrad, 2020, S. 19
8 Vgl. Dietzfelbinger, 2015, S. 16.
9 Vgl. Neuburger, 2019, S. 595f.
10 Vgl. Neuburger, 2019, S. 600f.
11 Neuburger, 2019, S. 604.