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Hausarbeit, 2012
20 Seiten, Note: 1,0
Einleitung
1. Entstehungsgeschichte
2. Grundprinzipien lösungsorientierter Modelle
2.1 Konstruktivismus
2.2 Systeme
2.2.1 Autopoetische Systeme
2.2.2 Das Systemgefüge
2.3 Kybernetik
2.4 Zirkularität und Komplexität
3. Lösungsorientierte Kurztherapie
3.1 Lehrsätze
3.2 Therapeutische Prinzipien und Techniken
4. Kreative Techniken
3.2.1 Ressourcenaktivierung in der Kunsttherapie
3.2.2 Perspektiventwicklung in der Kunsttherapie
3.2.3 Problembewältigung in der Kunsttherapie
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Die Dinge sind nicht so,
wie sie sind.
Sie sind immer das,
was man aus ihnen macht.
Mies van der Rohe
Dieses Zitat beschreibt einen elementaren Grundsatz Lösungsorientierter Modelle. In klassischen pädagogisch-psychologischen Therapieansätzen steht der Störungsbegriff oftmals im Fokus der Aufmerksamkeit; in der Verhaltenstherapie wird beispielsweise stark störungsspezifisch interveniert. Lösungsorientierte Modelle, die stark mit den Inhalten der systemischen Therapie verknüpft sind, stellen den Menschen in seinem Systemgefüge in den Mittelpunkt. Der Therapeut fungiert als Berater seines Klienten, der die Gestaltung seines Lebens selbst in die Hand nehmen soll. Dabei spielt die Sprache zur Erschaffung von Wirklichkeit und Problemlösungen eine elementare Rolle.
Zunächst wird die Entstehungsgeschichte der Systemischen Therapie und der lösungsorientierten Modelle beschrieben. Nachfolgend werden die theoretischen Grundprinzipien systemischer Ansätze behandelt. Das Wissen über Konstruktivismus, Systeme, Kybernetik, Komplexität und Zirkularität ist grundlegend, um praxisorientierte Interventionen lösungsorientierter Modelle erfassen und anwenden zu können. Anschließend wird auf ein bekanntes Modell, das der Lösungsorientierten Kurztherapie, eingegangen. Den Abschluss bildet das Kapitel über die Möglichkeiten kreative Techniken, in den ansonsten stark sprachorientierten Ansatz mit einzubeziehen. Diese Techniken scheinen, nach Erfahrung der Autorin, gut geeignet für die Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung. Dadurch bekommt auch das Berufsfeld und das persönliche Interesse der Autorin Raum in dieser Arbeit.
Lösungsorientierte Modelle mit ihren verschiedenen Ausprägungszweigen und Anwendungsbereichen sind tief mit der Entwicklung und dem Bestehen der systemischen Therapie verwurzelt. In den 1950er Jahren vollzog sich in den unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen - nicht nur in der Psychologie, sondern auch in den Naturwissenschaften - eine Veränderung des Blickwinkels. Der Fokus der Aufmerksamkeit wurde von der Betrachtung des einzelnen, isolierten Objekts zunehmend zur Erfassung des objektinhärenten Systems hin gelenkt (Bamberger, 2005; Ludewig, 2002). „ Es zeigte sich, dass das Verhalten der Elemente [Anmerk. des Verf.: Objekte] solcher Systeme besser durch die Spielregeln der Kommunikation zwischen ihnen als durch die individuellen Eigenschaften erklärt werden können“ (Simon& Retzer, 1998 zitiert nach Bamberger, 2005, S.11). Das Interesse lag also nicht mehr auf dem isolierten Objekt (eine bestimmte Person), sonder auf dem Gefüge und dem Verhalten des kompletten Systems, dem das einzelne Objekt angehörig war (z.B. die Familie) (Bamberger, 2005).
Diese Herangehensweise an die Betrachtung der Lebenswirklichkeit aus einer anderen Perspektive, kann als Revolution in der Therapie' bezeichnet werden. Denn sie spaltet sich von den bisher vorherrschenden psychoanalytischen Denktraditionen, die das Individuum ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit stellen, ab. Ein neuer Gegenstand - das System - trat in den Fokus der therapeutischen Arbeit, wodurch sich ein neuer Therapiezweig bilden konnte: die Familientherapie (Bamberger, 2005). Die Forderung, den Menschen als beziehungsorientiertes Wesen zu verstehen und wahrzunehmen, ist die Basis dieser Therapieform. Das Verhalten der Menschen ist als Interaktionsprozess anzusehen, das auf Aktion und Reaktion gründet. Zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen gilt es, nicht mehr nur den Betroffenen isoliert zu betrachten, sondern ihn als Symptomträger für das Gesamtsystem anzusehen (siehe 2.1). Dieser neue Denkansatz forderte auch eine Veränderung des therapeutischen Settings. Das traditionelle Zweiersetting, Therapeut und Klient, wurde durch systeminhärente und problemrelevante Bezugspersonen erweitert.
Ausgehend von der Familientherapie wurden die Anfänge der Systemischen Therapie schon in den vierziger Jahren im englischsprachigen Bereich begründet (Bamberger, 2005). Mit Hilfe der Beiträge zur Kommunikationstheorie von Gregory Bateson entstand eine erste theoretische Grundlage. Durch die Einflüsse von Heinz von Foerster und dem radikalen Konstruktivismus von Ernst von Glasersfeld konkretisierte sich die Systemische Therapie. Ansätze von Paul Watzlawick fanden außerdem den Weg in das Fundament der Systemischen Therapie. Die Einflüsse der biologischen Systemtheorie von Humberto Maturana und der soziologisch - kommunikationstheoretischen Systemtheorie von Niklas Luhmann kamen in den 90er Jahren hinzu und festigten das gegenwärtige Verständnis der Systemischen Therapie (Ludewig, 2002; Schemmel, Selig, & Janschek-Schlesinger, 2008).
Neben der Entwicklung der systemischen Therapie entstanden auch mehrere alternative lösungsorientierte Modelle, die sich dadurch von der systemischen Therapie abgrenzen, dass sie einen expliziteren Fokus auf die Lösung vorhandener Probleme legen. Eines der bekanntesten ist das der ,Lösungsfokussierten/- orientierten Kurztherapie' (SFBT - Solution focused brief therapy), das 1980 von Steve de Shazer, Insoon Kim Berg und ihren Kollegen gemeinsam mit den Klienten des Milwaukee Brief Therapy Center entwickelt wurde. Die Wurzeln dieses Ansatzes liegen deutlich erkennbar in der frühen Arbeit von Milton H. Erickson und in der Philosophie von Wittgenstein. Des Weiteren sind auch Einflüsse des buddhistischen Denkens verankert. Das Konzept entstand hauptsächlich durch Induktion, empirische Vorgänge ableitend, im Gegensatz zu vielen gängigen Therapien, die durch deduktive, demnach theoriegestützte Ableitungen gebildet werden. „Die Entwickler dieser Therapiemethode haben im Laufe der Jahre hunderte von Therapiestunden beobachtet und dabei sorgfältig die Fragen, Verhaltensweisen und Emotionen festgehalten, die Klienten dazu bewegten, machbare und dem realen Leben angemessene Lösungen zu entwerfen und zu realisieren“ (De Shazer & Dolan, 2008, S. 22). Der Ansatz der lösungsorientierten Kurztherapie hat sich seit deren Entstehung weltweit als eine der führenden Kurztherapien etabliert (De Shazer & Dolan, 2008; Steiner & Berg, 2006).
Marianne und Kasper Bäschlin adaptierten die lösungsorientierte Kurztherapie, um sie in sozialpädagogischen Einrichtungen anwenden zu können und schufen dadurch den sogenannten ,Lösungsorientierten Ansatz' - kurz LOA.
Des Weiteren sind die Beiträge von Milton H. Erickson, dem Begründer der Hypnotherapie, die Ansätze der NLP, das sogenannte ,Neurolinguistische Programmieren', unter anderem von Richard Bandler und John Grinder begründet wurde und das Heidelberger Modell von Helmut Stierlin zu nennen (Gamber, 2001).
Wie die humanistische Psychologie, orientieren sich auch die lösungsorientierten Modelle an der Auffassung, dass der Mensch selbst der aktive Gestalter seiner eigenen Existenz ist. Dieser Vorstellung nach kann der Mensch auf Ressourcen zurückgreifen, die einerseits ihm inhärent sind und andererseits durch die Interaktion mit seiner Umwelt bestehen.
Die Gestaltung der eigenen Existenz wird als ein lebenslanger Prozess angesehen, den „man nicht nichtgestalten kann“ (Bamberger, 2005, S.44). Simon (1993, zitiert nach Bamberger, 2005) schildert dazu, dass sich lebende Systeme ihre Strukturen aktiv aufrecht erhalten müssen. Sind Strukturen allerdings von maladaptiven Mustern oder Problemen gekennzeichnet, kann die Arbeit mit lösungsorientierten Modellen eine Gestaltungshilfe bieten.
Die Theoreme der systemischen Therapie (Konstruktivismus, Kybernetik und Zirkularität) geben den lösungsorientierten Modellen die theoretische Basis, um erklären zu können, wie die Methoden und Techniken in der praktischen Arbeit zum Problemlösen beitragen können (Bamberger, 2005)
Angenommen zwei Menschen betrachten in der selben Situation den selben Stuhl - sehen sie beide die selbe Realität?
Unter die biologischen Voraussetzungen um systemisches Denken zu etablieren, fällt das ,Beobachten' und das darauf aufbauende ,Erkennen'. Beobachten findet beim menschlichen Beobachter statt. Es meint nicht nur, etwas zu sehen oder genauer zu betrachten, sondern auch Unterscheidungen zu treffen. Unterscheidungen werden im Nervensystem des Beobachters getroffen; gäbe es keine Unterscheidungen, gäbe es auch keine Kognition; somit kein ,Erkennen' und keine eigene Realität. Ein kleiner Teil der Unterscheidungen, die das Nervensystem des Beobachters bildet, wird als Erfahrung abgespeichert, ein noch geringerer Teil wird ,linguirt'. ,Linguiren' meint, eine dem menschlichen Wesen vorbehaltene Möglichkeit, eine Übereinstimmung in Sprache auszudrücken. Die Unterscheidungen in Sprache bildet so die Kognition des Beobachters und ist der einzige Weg, Zugang zur eigenen Realität zu erlangen (Ludewig, 2002; Reich, 2002).
Beobachten ist der Ursprung von ,Erkennen'. Mit ,Erkennen' ist gemeint, dass der Beobachter sich eine Vorstellung über die Welt machen kann. Sie entsteht durch das Gefüge der Koppelung von Nervensystem, psychischem System und sozialem System. „Systemisches Denken betrachtet den Beobachter als Ursprung jeden Erkennens und so auch jeder Realitätsbehauptung“ (Ludewig, 2002, S. 19). Die Vorstellung der Welt ist allerdings nicht die objektive Realität, sondern immer nur ein subjektiv erschaffenes Bild, das sich aus den Erfahrungen, dem individuellen Befinden und der sozialen Wahrnehmung zusammensetzt (Reich, 2002). Der Beobachter kann seine Vorstellungen nur mit anderen von ihm bereits geschaffenen Vorstellungen vergleichen. Daher ist es ihm nie möglich, die Realität vollkommen zu erfassen. Glaserfeld nennt dies den radikalen Konstruktivismus (Ruf, 2005).
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Beide Menschen können nur versuchen, sich den Stuhl gegenseitig aus ihrer subjektiven Wahrnehmung heraus zu beschreiben (,Linguiren‘). Sie haben nicht die selbe Realität des Stuhls vor Augen, denn beide haben in ihrem Leben unterschiedliche Stühle gesehen, die sie mit diesem Stuhl vergleichen können, sie haben unterschiedliche Erfahrungen und verschiedene Befindlichkeiten und Wahrnehmungen (Reich, 2002).
Demnach ist auch ein Problem keine unabänderliche definitive Gegebenheit, sondern eine kontextabhängige Konstruktion der Wirklichkeit des jeweiligen Menschen. Diese Erklärung eröffnet die Möglichkeit, Probleme umzukonstruieren und dadurch Lösungskonstruktionen zu schaffen (Bamberger, 2005). Dieses Denkkonstrukt impliziert die Tatsache, dass eine absolute Wahrheitsvorstellung weder möglich noch angestrebt werden sollte.
Für die lösungsorientierte Beratung bedeutet dies, dass der Therapeut seine Fragen in ,Wie‘- Form formulieren sollte, um den Prozess der Entstehung nachvollziehen zu können. Lösungsorientierte Modelle schließen demnach die Vergangenheit nicht aus, allerdings sind sie stärker auf die Gegenwart und die Zukunft gerichtet. Des Weiteren muss er sich darüber bewusst sein, dass eine Pluralität und Differenz von Wahrheitsauffassungen besteht, die keinesfalls als hemmend für den Beratungsprozess anzusehen sind, sondern vielfältigere Möglichkeiten der Lösungsorientierung bieten. Darüberhinaus steht die Autonomie des Klienten im Zentrum; er ist der Konstrukteur seines Lebens und steuert dieses selbst. Der Therapeut bietet lediglich Gestaltungshilfen, die den Prozess der eigenen Problemlösefähigkeit unterstützen (Pörksen, 2011).
Schubert und Klein (2011) sprechen von einem System, wenn die Teile, seine Einzelheiten, seine Komponenten oder auch Bedingungsfaktoren sich regelhaft verhalten und dadurch einen strukturierten Zusammenhang, also eine Ganzheit, bilden.
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