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Hausarbeit, 2020
23 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung – Was sind Beziehungskonzepte? Was zeichnet Beziehungen aus?
2. Formen der Beziehungskonzepte
2.1. Eltern und Familie
2.2. Freundschaften und Peer-Groups
2.3. Liebe
2.4. Weitere Beziehungen
3. Bedeutung von Beziehungen aus psychologischer Sicht
4. Bezugspunkte für LER
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
Beziehungskonzepte unterliegen der psychischen Entwicklung, welche das ganze Leben andauert. Dabei sollte nicht das Alter selbst als Ursache bestimmter Entwicklungsrichtungen angesehen werden, sondern nur als zeitliche Dimension, in welcher Veränderungen stattfinden.1 In dieser Arbeit wird ebendiese zeitliche Dimension das Schulalter sein, welches sich von ca. 6 Jahren bis ca. 19 Jahren erstreckt. Mit dieser Zeitspanne gehen viele biologische und soziale Veränderungen einher, welche permanent zusammen wirken und gegenseitig Einfluss aufeinander nehmen.2 Kinder werden immer selbstständiger, wenn sie zu Jugendlichen werden. Dabei findet nicht nur eine Reorganisation der Persönlichkeit, sondern auch der Bindungen statt.3
Beziehungskonzepte umfassen sowohl direkte als auch indirekte Einflüsse auf Individuen. Bronfenbrenner hat dazu das ökologische Modell zur Systematisierung der Einflüsse durch Umweltmerkmale erstellt, in dessen Zentrum das Kind beziehungsweise das Individuum steht. Die Mikroebene umfasst die unmittelbare Umwelt mit Familie, Gleichaltrigen, die Schule,… Die Mesoebene umfasst die Wechselwirkungen der Mikrosysteme wie beispielsweise die Auswirkungen der Peergroups auf das Verhalten des Kindes gegenüber der Eltern. Die Exoebene umfasst Umwelten, denen das Individuum nicht unmittelbar angehört, durch die es aber über Angehörige der Mikroebene in Kontakt kommt, da diese beiden Ebenen angehören. Zum Beispiel können das die Eltern und deren Arbeitsplätze sein. Dies kann relevant sein, wenn die Eltern abends, nachts und/oder an Wochenenden arbeiten, da sich dies negativ auf die Kindesentwicklung auswirken kann. Die Makroebene umfasst die Gesamtkultur der Gesellschaft, der das Individuum angehört.4
Die erste Beziehung wird als Neugeborenes zur Mutter hergestellt. Der Mensch ist ein sozial ausgerichtetes Lebewesen, das als Neugeborenes eine Präferenz für die Mutterstimme hat. Eine Bindung ist ein zeitlich und räumlich überdauerndes Band, welches zwischen dem Kind und der jeweiligen Bezugsperson entsteht. Im frühen Kindesalter zeigt sich dies durch die Suche nach körperlicher Nähe, aber mit zunehmendem Alter wird dies durch emotionale Kommunikation mit Bindungspersonen ergänzt oder gar ersetzt. Eine beobachtbare Bindung zeigt sich bei negativen Gefühlen, die das Individuum nicht ausreichend regulieren kann. Die Bindung zu vertrauten Personen, zu welchen eine enge emotionale Beziehung besteht, entsteht durch Schutz und Unterstützung durch ebendiese. Das Kind würde bei Nicht-Bindungspersonen andere Reaktionen zeigen, was verdeutlicht, dass ein Auswechseln von Bindungspersonen nicht so einfach möglich ist und gleichzeitig deren Relevanz aufzeigt.5
Die Beziehung zu den Eltern dauert meist das ganze Leben an, beziehungsweise geht noch darüber hinaus. Die Grundlagen dafür werden bereits im Säuglingsalter und in der frühen Kindheit gelegt. Eltern sind die zentralen Akteure der Bindungsbiografie und das Elternhaus ist das relevanteste Netzwerk von mindestens zwei Generationen.6 Die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung ist von den sozialen Erfahrungen abhängig, die das Kind im Laufe der Zeit mit den Eltern macht und umgekehrt. Deshalb ist die Qualität der frühen Bindungsbeziehung so wichtig, da diese auch nachhaltige Einflüsse auf die Entwicklung und das Sozialverhalten des Kindes hat.7 Langfristig bedeutet das, dass sichere und unsichere Bindungsmuster generalisiert werden und aus früheren Bindungserfahrungen ein inneres Arbeitsmodell für Kinder entsteht, das aussagt, wie Sozialbeziehungen für sie funktionieren. Dies steuert dann das Verhalten in sozialen Situationen, da es meist bis ins Jugend- und Erwachsenenalter bestehen bleibt. Sicher gebundene Kinder haben ein grundlegendes Vertrauen in ihre soziale Umwelt und ein positives Selbstbild. Solche Kinder kommen insgesamt im Leben besser zurecht, da sie neugieriger und unabhängiger sind und sich mit größerer Freude neuen Herausforderungen stellen. Sie nehmen in Peergruppen oft Führungspositionen ein, haben ein selbstsicheres Auftreten und eine höhere Sozialkompetenz als unsicher gebundene Kinder. Diese sichere Bindung ist eine wichtige Grundlage im Umgang mit Belastungen und einschneidenden Lebensereignissen. Gleichzeitig ist sie eine Voraussetzung für die Entwicklung effektiver Bewältigungsstrategien. Unsicher gebundene Kinder nehmen eine skeptische Grundhaltung sowohl sich selbst als auch ihren Mitmenschen gegenüber ein. Deswegen spielen sie seltener mit anderen Kindern und zeigen eher ein aggressives und impulsives Verhalten. Eine unsichere Bindungsbeziehung stellt einen Risikofaktor für weitere psychosoziale Entwicklung dar.8 Die Entwicklung im Kindesalter ist noch stark von den Eltern gelenkt, aber als Jugendliche und Erwachsene werden sie zunehmend zu aktiven Mitgestaltern.9 Die Familie fungiert quasi als Trainingslager für soziale Kompetenzen, da sie ein „fehlerfreundliches System“ ist, das bei Fehlern nicht sofort zu zerbrechen droht. Dennoch kann nicht alles in der Familie trainiert werden, was in gesellschaftlichen Institutionen notwendig ist.10 Weitere relevante Familienmitglieder sind, wenn vorhanden, die Geschwister. In der mittleren Kindheit wird mit ihnen noch mehr Zeit verbracht als mit den Eltern. Die Geburtenfolge ist dabei nicht irrelevant. Die Erstgeborenen stehen den Nachfolgenden in sozialen Fertigkeiten nach, eventuell weil diese keine älteren Geschwister hatten, mit denen sie Interaktionserfahrungen sammeln konnten. Für die Nachfolgenden kann es aber auch schwer sein, da sie in ein Gefüge kommen, in denen Rollen bereits besetzt sind, die sie sich erst erarbeiten oder erkämpfen müssen. Die Qualität der Geschwisterbeziehung hängt von vielerlei Faktoren ab. Eine sichere Eltern-Kind-Bindung und ein autoritativer Erziehungsstil stellen dafür günstige Voraussetzungen dar. Das Temperament ist auf der Ebene der Geschwister einer der wichtigsten Einflussfaktoren. Eine qualitativ gute Geschwisterbeziehung ist ein eigenständiges Subsystem mit vielen Sozialisationsfunktionen. Das sind beispielsweise die wechselseitige Regulation insbesondere bei aggressivem Verhalten, das durch die Geschwister gebotene Übungsfeld für Konflikte, gegenseitige Unterstützung, Betreuung und das Lernen voneinander. Aber es kann auch zu Streit und Rivalitäten zwischen Geschwistern kommen, weswegen kurz- und langfristige Folgen möglich sind, wie zum Beispiel Ängstlichkeit, depressive Symptome und Delinquenz.11 Ab dem Schulalter hat die Familie nur noch einen indirekten Einfluss auf Gleichaltrigenbeziehungen. Dennoch werden die Orientierungsgrundlagen durch die erste emotionale Beziehung gelegt; die Eltern. Dabei spielt deren Erziehungsstil eine wichtige Rolle. Beim autoritativen Erziehungsstil sind die Kinder weniger ängstlich und depressiv und zeigen selten delinquentes Verhalten. Beim autoritären Erziehungsstil zeigen Kinder häufig antisoziales Verhalten. Sie werden oft von Peers abgelehnt, sind eher zu Gewalt bereit und zeigen häufiger delinquentes Verhalten. Eine sichere Bindung zu den Eltern stellt einen positiven Einfluss bei der Integration Jugendlicher ins Peersystem dar. Jugendliche mit positiven Bindungserfahrungen sind langfristig sozial kompetenter, werden als Spielkameraden von Gleichaltrigen bevorzugt, weisen hohe Führungsqualitäten auf und neigen zu weniger deviantem Verhalten als Gleichaltrige mit unsicheren Bindungserfahrungen.12 Zwischen der Kindheit und dem Jugendalter finden Veränderungen in der Kontakthäufigkeit, in der emotionalen Relevanz der Beziehung zu den Eltern, in der Autonomie und in den Konflikten mit den Eltern statt. Die verbrachte Zeit ohne die Eltern nimmt zwischen der Kindheit und dem Jugendalter zu, jedoch verringert sich die Zeit, die das Kind mit dem einzelnen Elternteil verbringt, nur langsam. Die Eltern bleiben trotzdem relevante Interaktionspartner, welche noch bis zum späten Jugendalter gleichbedeutend mit Freunden als primäre Ansprechpartner sind.13 Früher nahm man an, dass die Elternbeziehung zugunsten der Peergroups an Bedeutung verliert. Zwar verbringen Jugendliche weniger Zeit mit der ganzen Familie, aber die Wichtigkeit verringert sich nicht, sie wird nur umgelagert. Ins Zentrum rücken Gespräche über die Schule, Zukunftspläne, berufliche Ziele, Religion und Krisen. Gleichaltrige haben diesbezüglich eine höhere Priorität bei aktuellen Lebenslagen und im Alltag. Die kulturellen Werte und Erwartungen des Elternhauses decken sich jedoch weitestgehend mit denen des Freundeskreises, weswegen Kinder häufig Freundschaften im Sinne der Eltern wählen. Dadurch kommt es auch nur eher selten zu einer Entfremdung durch Peers.14 Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass Jugendliche die meiste Zeit des Tages mit Gleichaltrigen verbringen; mehrere Stunden in der Schule und danach noch in der Freizeit. Heutzutage sind dennoch Eltern vielfach der erste wichtige Ansprechpartner für Fragen rund um die Pubertät und Sexualität, insbesondere für junge Jugendliche.15 Jugendliche sind nicht einfach nur Gleiche untereinander, sondern sind Teil eines generationalen Gefüges, zu denen auch die Erwachsenen zählen, die verschiedene Rollen, Positionen und Gestalten einnehmen.16
[...]
1 Vgl. Pinquart S. 18.
2 Vgl. Pinquart S. 26.
3 Vgl. Fend S. 269-270.
4 Vgl. Pinquart S. 33-35.
5 Vgl. Pinquart S. 198-199.
6 Vgl. Deppe S. 19.
7 Vgl. Jungbauer S. 56.
8 Vgl. Jungbauer S. 64-65.
9 Vgl. Pinquart S. 35.
10 Vgl. Fend S. 303-304.
11 Vgl. Lohaus S. 248-250.
12 Vgl. Deppe in Handbuch Peerforschung S. 280-281.
13 Vgl. Pinquart S. 211.
14 Vgl. Deppe in Handbuch Peerforschung S. 279-280.
15 Vgl. Jungbauer S. 174.
16 Vgl. Deppe S. 18-19.